Gender Pay Gap: Ideologie und Wirklichkeit

Nicht nur im Bundesministerium für Familie, Senoiren, Frauen und Jugend macht die Geschichte vom Gender Pay Gap die Runde. Die EU hat diesem vermeintlichen Mißstand eine ganze Seite gewidmet. (Darüber habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben). In einer Broschüre , die zum Ende des letzten Jahres veröffentlicht wurde, hat sich das Bundesministerium für … (vieles) mit dem Wissen, das in der Bevölkerung über das Gender Pay Gap vorhanden ist, auseinandergesetzt und dabei festgestellt, dass “[d]as konkrete Wissen zu Entgeltungleichheit” relativ gering ist (8). Ein weiterer “zentraler Befund” besteht in der Erkenntnis, dass “Entgeltungleichheit … Folge tradierter Rollenvorstellungen ist” (9).

Die Entgeltungerechtigkeit, von der die Bevölkerung so wenig Konkretes zu erzählen weiß, nimmt in der Publikation des Bundesministeriums interessante Konkretheit an. So findet man auf Seite 13 eine Tabelle, die Bruttomonatsverdienste (also Verdienste vor Abzug der Steuer) abbildet und der zu entnehmen ist, dass männliche Arbeitnehmer im Jahr 2006 3.234 Euro und weibliche Arbeitnehmer 2.587 Euro und somit 20% weniger verdient haben. Die Aufstellung der Differenzen in den monatlichen Bruttobezügen findet sich noch für die verschiedensten Berufe vom Koch bis zum technischen Zeichner. Überall verdienen weibliche Arbeitnehmer weniger als männliche Arbeitnehmer. Eine Ungerechtigkeit – oder nicht?!

Einmal davon abgesehen, dass die Tabellen auf Bruttolöhnen basieren und somit unterstellen, die steuerlichen Abzüge von männlichen und weiblichen Arbeitnehmer wären die gleichen, ist das Verwunderlichste an dieser Aufstellung, dass sie das Gender Pay Gap belegen soll. Wenn im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tatsächlich jemand dieser Ansicht sein sollte, dann weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll, denn dass dort noch nie jemand etwas von unterschiedlicher Qualifikation, unterschiedlicher Erfahrung, unterschiedlichem Humankapital gehört zu haben scheint, ist eigentlich ungeheurlich und lässt einiges an Rückschlüssen auf die dort Beschäftigten zu.

Aber damit will ich mich gar nicht aufhalten. Um die Unsinnigkeit der Darstellung in der Broschüre des Bundesministeriums und damit die Unsinnigkeit des Gender Pay Gaps aufzuzeigen, genügt es nämlich, sich bei EUROSTAT ein paar Daten über Deutschland zu besorgen, Daten zur wöchentlichen Arbeitszeit und Daten zur Anzahl der Arbeitnehmer, die Überstunden machen. Für Deutschland zeigen diese Daten, dass männliche Arbeitnehmer pro Woche durchschnittlich 38,7 Stunden arbeiten, während weibliche Arbeitnehmer es auf 30,4 Stunden bringen. Damit arbeiten männliche Arbeitnehmer in Deutschland 27,3% mehr als weibliche Arbeitnehmer, was angesichts eines Gender Pay Gap von nur 20% bedeutet, dass männliche Arbeitnehmer länger arbeiten müssen als weibliche Arbeitnehmer, um dasselbe Bruttoverdienst zu erreichen.

Wenn sich also in Deutschland ein Gender Pay Gap geöffnet hat, dann zu ungunsten von männlichen Arbeitnehmern. Schließlich sind 5,2% der männlichen Arbeitnehmer gezwungen, Überstunden zu machen, während dies nur auf 2,4% der weiblichen Arbeitnehmer zutrifft. Auch von den Überstunden würde man erwarten, dass sie sich in einem unterschiedlichen Bruttoverdients niederschlagen.

Angesichts der Einfachheit, mit der das so genannte Gender Pay Gap erklärt werden kann, stellt sich die Frage, was die ideologisch verquaste Broschüre, die den Anlaß zu diesem Beitrag gegeben hat, eigentlich erreichen will und wieso die Autoren dieser Broschüre nicht in der Lage oder unwillig sind, die einfachen Verbindungen herzustellen, die ich hier hergestellt habe. Als Erklärung bleibt eigentlich nur die Vermutung, dass hier pseudo-wissenschaftlich verpackte, vermeintliche Erkenntnisse genutzt werden sollen, um ideologische Kriege zu führen, was die Eingangs zitierte Feststellung besagter Broschüre, nach der die Bundesbürger wenig Konkretes zum Gender Pay Gap zu berichten wissen und deshalb mit Konkretem versorgt werden sollen, geradezu perfide erscheinen lässt.

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