Unsinn der Woche: Ute Scheub klärt uns über das Patriarchat auf

Ich gebe zu, nachdem ich das, was Ute Scheub da zu Papier gebracht hat, gelesen habe, war ich sprachlos. Zum Glück hält ein solcher Zustand bei mir nicht lange an, und deshalb können sich die Leser dieses blogs in den folgenden Zeilen ein Bild von dem machen, was mich sprachlos gemacht hat. Um auch gleich alle Unvoreingenommenheit bei Lesern zu tilgen: Sprachlos hat mich der absolute und konsistente Unsinn gemacht, der da von Zeile zu Zeile entwickelt wird. Die Konsistenz ist das, was die Sprachlosigkeit in erster Linie produziert. Die meisten, die Unsinn reden, merken an einem Punkt, dass sie sich in etwas Hineingeredet haben und sind dann entweder ruhig, versuchen, den Unsinn zu relativieren oder geben schlicht zu, dass das jetzt Unsinn war. Nicht so Ute Scheub. Sie nimmt ihre Leser auf eine gnadenlose Reise durch alle Schattierungen von Unsinn mit, bis zum bitteren, unsinnigen Ende.

Der Beitrag von Ute Scheub hat mich an das Buch “Asylums: Essays on the Social Situation of Mental Patients and other Inmates”  von Erving Goffman erinnert (Goffman & Helmreich, 2007) und an eine ethnomethodologische Studie von Harold Garfinkel, auf die ich hier schon zu sprechen gekommen bin. Die Crux der Arbeiten von Goffman und Garfinkel besteht darin gezeigt zu haben, dass Insassen in Irrenanstalten ausgehend von einer falschen Prämisse eine perfekt rationale Welt zusammenbauen und nur aufgrund der “irren Prämisse”, die am Anfang ihres Gedankengebildes steht, von der “normalen Außenwelt” unterschieden werden können. So ist ein Insasse davon überzeugt, von CIA und FBI verfolgt zu werden, und alle seine irren Handlungen können vor diesem Hintergrund erklärt werden, machen vor diesem Hintergrund Sinn.

Die Prämisse, die Ute Scheub uns in ihrem Text zumutet, und auf die sie ihren ganzen Text gründet, lautet: Es gibt ein Patriarchat, eine gewaltsame Männerherrschaft und unter dieser gewaltsamen Männerherrschaft leiden nicht nur Frauen, sondern auch “immer mehr” Männer. Auch wenn Dr. habil. Heike Diefenbach unumstößlich und ein für alle Mal gezeigt hat, dass es das “Patriarchat” nicht gibt, nie gegeben hat und auch kein Wissenschaftler, der diese Bezeichnung mit einigem Recht und mit Stolz trägt, den Begriff des Patriarchat benutzen will, will ich an dieser Stelle, quasi in Reminiszenz an ethnomethodologische Forschungen Frau Scheub den Gefallen tun und ihre Prämisse an dieser Stelle einmal hinnehmen, schon aus darstellerischen Zwecken. Und nun bitte ich die Leser, sich anzuschnallen, denn ich gedenke nunmehr ein Stakkato von Sätzen folgen zu lassen, die “die Erkenntnisse” von Frau Scheub darüber zusammenstellen, was alles Furchtbares aus dieser Prämisse der Existenz des furchtbaren Patriarchats folgt:

  1. Männerherrschaft führt dazu, dass Männer ein verkürztes, stressiges, schlechtes Leben haben, kürzer als das Leben von Frauen.
  2. Das Patriarchat wird gestützt von einer kleinen Gruppe von Topmachos, die Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft und Militär einnehmen, sich einen “ganzen Stall von Geliebten halten” und ihre Position über Seilschaften abstützen.
  3. “Vielen Männern sind diese Zusammenhänge aber überhaupt nicht klar…. Patriarchalische Strukturen sind untrennbar mit Macht und Herrschaft verbunden”.
  4. Die schlimmsten unter den Männerherrschern sind Maskulisten. Sie “sprechen an Stammtischen dem Alkohol offenbar so gerne zu, dass sie die Kanzlering nicht nur doppelt, sondern zigfach sehen”, und sie sind rechtspopulistisch oder rechtsradikal. Das hat Hinrich Rosenbrock geschrieben.
  5. “Männer”, also nicht die Männerherrscher, die anderen Männer, leiden unter Rollenzwängen und manchmal mörderischer “innermännlicher Konkurrenz” (gemeint ist inter-männerlicher).
  6. Viele Männerherrscher sind auch nicht in Spitzenpositionen, sondern im Knast, und dort vergewaltigen sie andere Männer und: “Nichts ist für das Patriarchat bedrohlicher zu thematisieren als die Vergewaltigung von Männern durch Männer”.
  7. “Staaten verolgen eine friedliche Außenpolitik, wenn viele Frauen in ihren Parlamenten vertreten sind, wenn diese schon lange das Wahlrecht haben, wenn ein hoher Prozentsatz von ihnen bezahlt arbeitet und die Geburtenrate niedrig ist”.
  8. Das Patriarchat macht wütend, aggressiv, gewalttätig unglücklich, krank und dick – Letzteres aufgrund von Frustessen. Dort aber, wo Frauen gestärkt werden, leben auch Männer besser”

Ja. Kurze Pause zum Verdauen, und wer ein Bier trinken will, kann ruhig eines trinken, der Rest des Textes läuft nicht weg.

Nun, was macht man mit einer derartigen Ansammlung von Unsinn? Ich habe mich, wie die Ziffern in der Aufzählung oben zeigen, dazu entschlossen, die “message” von Frau Scheub Schritt für Schritt zu besprechen. Hier ist das Ergebnis:

  1. Man nehme einen Begriff, der angeblich die gesellschaftliche Wirklichkeit beschreibt, sagen wir: Demokratie anstelle von Männerherrschaft. Niemand wird bestreiten, dass Deutschland eine Demokratie ist. Dennoch sterben Männer in Deutschland im Durchschnitt (der Durchschnitt ist wichtig, Frau Scheub, denn manche Männer werden älter als manche Frauen) früher als Frauen. Also wirkt sich Demokratie negativ auf die Lebenserwartung von Männern aus. Im absolutistischen Zeitalter wurden Männer im Durchschnitt älter als Frauen, also will ich meinen König wieder. Jetzt könnte man einwenden, dass im absolutistischen Zeitalter das Kindbettfieber Frauen dahingerafft hat, noch bevor sie Zeit hatten, alt zu werden. Genau! Und heute haben Männer aufgrund der Tatsache, dass sie Berufe ausüben, die sich negativ auf die Lebenserwartung auswirken, eine geringere Lebenserwartung. Das hat wenig mit Männerherrschaft, aber viel mit Familien, die gefüttert werden wollen, zu tun. Nur am Rande sei bemerkt, dass die Männerherrschaft, von der uns Frau Scheub erzählt, offensichtlich Männer negativ beeinflusst, Frauen dagegen positiv, denn die Männerherrschaft rafft “die Männer” frühzeitig dahin, während “die Frauen” lustig bis ins hohe Alter leben. Ist halt ein Widerspruch, aber, da es Frau Scheub nicht interessiert, ob sie Widersprüche produziert oder nicht, soll uns das auch nicht weiter stören.
  2. Die Topmachos und ihr Stall voller Geliebter sprechen eigentlich für sich, aber ich muss dennoch die Frage stellen, woher Frau Scheub ihre Erkenntnis hat: Gehört Sie in den beschriebenen Stall? Hat Sie eine Umfrage unter Topmachos gemacht? Konnte Sie eine Seilschaft infiltrieren und unerkannt unter die Topmachos aufsteigen? Fragen über Fragen.
  3. Dass die Zusammenhänge vielen Männern nicht bekannt sind, macht nichts, denn es gibt ja Ute Scheub, die uns darüber aufklärt, dass ein Begriff wie Patriarchat, der als Form der Herrschaft definiert ist, untrennbar mit Herrschaft und Macht verbunden ist. Das hat in etwa den Erkenntniswert, den die Feststellung hat, dass Gesetze etwas mit Rechtssetzung zu tun haben. Es wäre eher verwunderlich, wenn von einem Begriff mit eindeutiger Defnition, sagen wir Intelligenz, behauptet würde, er habe nichts mit Dummheit zu tun.
  4. Maskulisten und Rosenbrock… Ich habe keine Lust mehr, mich zu dieser Magisterarbeit zu äußern. Dazu ist alles gesagt. Daher nur der Einwurf: Es zeichnet einen Journalisten aus, dass er seine Quellen prüft und nicht einfach zusammenklaubt, was ihm in die Finger kommt. Insofern, darf ich an dieser Stelle wohl und begründet feststellen, das Frau Scheub sich nicht als Journalist qualifiziert.
  5. Männer gibt es als Männerherrscher und als Männerbeherrschte. Erstere sind schlecht, letztere sind arm und gut. Aber weil Letztere eigentlich gerne Erstere sein wollen, halten sie sich an Rollenvorstellungen und begeben sich in mörderische Konkurrenz, z.B. im Sportverein. Ja, so ist das.
  6. Neben den Männerbeherrschern und den Männerberherrschten gibt es noch Männergefangene, die in Gefängnissen sitzen und in gefangene Männerbeherrscher und gefangene Männerbeherrschte unterschieden werden. Und weil das noch nicht reicht, vergewaltigen gefangene Männerbeherrscher die gefangenen Männerbeherrschten und vermutlich sind die Männerbeherrscher in Freiheit schuld, denn sie haben die gefangenen Männerbeherrscher in die Gefängnisse geschickt und auf die sich dort schon befindlichen gefangenen Männerbeherrschten gehetzt. Was aber, wenn ein Beherrschter einen Beherrscher dazu bringt, ihn zu vergewaltigen? Wird dann der Beherrschte zum Herrscher, und der Herrscher degeneriert zum Beherrschten, und in welchem Verhältnis stehen gefangene Männerbeherrscher zu beherrschten Männern in Freiheit? Wieder: Fragen über Fragen.
  7. Das mit den Staaten, den friedlichen Staaten, gefällt mir besonders gut, denn die geringe Fertilität, das Wahlrecht für Frauen (übrigens das Ergebnis des Ersten Weltkriegs), die Erwerbsbeteiligung von Frauen und die sichere Etablierung von Frauen im öffentlichen Leben sind das Ergebnis des Kapitalismus, und ich hätte nicht gedacht, dass Frau Scheub eine glühende Verfechterin des Kapitalismus ist. So kann man sich irren. Aber vermutlich weiß sie das gar nicht, so wie die vielen Männer, die nicht wissen, dass sie von andern Männern und deren Patriarchat unterdrückt und geschädigt werden.
  8. Adipositas wegen dem Patriarchat. Das ist gut. Vermutlich merken die Leser, dass ich zwischenzeitlich wirklich jeden Versuch aufgegeben habe, diesen Unsinn ernsthaft zu besprechen. Ich muss zugeben, das überfordert mich. Ich habe ein Quantum von Unsinn, das ich vertrage, ist es überschritten, dann sehe ich mich berechtigt, to make fun of it: Das Patriarchat führt also zu Adipositas, wegen Frustessen, vermutlich bei den Männerbeherrschten… Mir scheint, Frau Scheub, Inhaberin intimer Kenntnisse über Geliebtenställe von Topmachos und Kennerin der Vergewaltigungskultur in Zuchthäusern, ist hier einem wirklichen Problem auf der Spur, nämlich der wirklichen Erklärung von Adipositas. Frustessen wegen Patriarchat, das muss es sein. Und deshalb müssen wir das Patriarchat abschaffen, damit wir lauter schöne, schlanke Menschen haben… Warum erinnern mich Frau Scheub und ihre Phantasien nur an Leni Riefenstahl?

Nun noch ein ernsthafter Abschluss. Man kann Unsinn, wie den von Frau Scheub eigentlich nicht ernstnehmen. Aber man muss ihn ernstnehmen, denn der darin zum Ausdruck kommende Kollektivismus, bei dem Individuen in in der Regel nicht mehr als zwei Gruppen eingeteilt werden (damit man gut und böse zuordnen kann), denen dann eindeutige und von allen geteilte Eigenschaften zugewiesen werden können, ist die Grundlage von Faschismus, Faschismus, der sich vornehmlich durch eine unglaublich einfache Welt auszeichnet, die z.B. von bösen Topmanagern und guten Frauen, von vergewaltigten Männern und deren Vergewaltigern bevölkert ist. Und immer kommt mit der Einteilung eine Bewertung einher und natürlich, denn wir leben nicht in den 1930er Jahren, der gezähmte Aufruf, das Übel an der Wurzel zu packen, also das Patriarchat zu beseitigen, das allem zu Grunde liegen soll und eigentlich doch nur aus “Topmachos” besteht. Und da das Patriarchat ein Hirngespinnst ist, das es auch bei wiederholter Beschwörung nicht gibt, bleiben nur die Topmachos übrig, wenn es darum geht, das Patriarchat zu beseitigen. Ist auch einfacher, denn Individuen kann man einfach abholen und einsperren und umerziehen oder eliminieren, wenn sie partout nicht einsehen wollen, was gut für sie ist, aber hatten wir das nicht schon einmal?

P.S.

Frau Dr. habil. Heike Diefenbach hat den Gedanken entwickelt, dass hinter den Topmachos Horden von Frauen stehen, die sie dazu bringen, sie als Geliebte in Ställen zu halten. Folglich sind es nicht die Topmachos, die alles Böse dieser Welt zu verantworten haben, sondern die hinter ihnen stehenden Ställe voller Geliebter. Daher sind die Geliebten aus den Ställen in entsprechende Umerziehungslager zu überführen, und sind die Topmachos erst einmal ohne ihre Geliebtenställe, dann sind sie ganz nette und nicht-patriarchalische Männer.

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