Kein Preis vom BMFSFJ

miffed michaelHeute bin ich wirklich miffed, wie es im Englischen so schön heißt (Wieder so ein Wort, das man nicht ins Deutsche übersetzen kann. Es meint wohl so viel wie angesäuert, verschnupft, aber mit einem spaßigen Grundton). Denn: Gestern hat das BMFSFJ den Deutschen Engagementpreis 2012 verteilt, dessen Ziel darin besteht, “bürgerschaftliches Engagement ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken”. “Jeder”, so hat Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie und all die anderen (nicht Männer!) gesagt, “der sich freiwillig für andere einsetzt, ist eine unverzichtbare Stütze unserer Gesellschaft. Ich möchte”, so fährt er fort, “dass wir diese Leistungen stärker anerkennen und fördern”.

Und an wen hat der Herr Stroppe den Engagement-Preis verliehen? An die Initiative Storch Heinar, die über die Gefahren des Rechtsextremismus aufklärt. An ZIP – Zusammen in Parchim; ZIP sorgt dafür, dass sich Selbsthilfegruppen in Parchim vernetzen. An die Stadt Pirmasens, die etwas gegen Jugendarbeitslosigkeit tut; an RWE, das individuelles Engagement unter Mitarbeitern fördert; an Kickfair, die Straßenfussball spielen und an die Interessengemeinschaft Golzheim: “Um nicht Stimmen aus rechtsextremen Kreisen zu erhalten, die den Gewinn von Storch Heinar verhindern wollten, zog das Projekt seine Teilnahme am Online-Voting zurück”. Interessant – oder?

Preisträger 2012  für bürgerschaftliches Engagement
Preisträger 2012 für bürgerschaftliches Engagement

Aber, wie gesagt, ich bin miffed und mit Recht, denn ScienceFiles hat keinen Engagement-Preis bekommen. Dabei ist ScienceFiles voller Engagement. In vielen Beiträgen haben wir über die Fehler, die falschen Prämissen, die vielen Kostgänger und die zahlreichen nepotistischen Tendenzen im BMFSFJ berichtet. Und ScienceFiles sind vernetzt, vernetzter als es ZIP je sein könnte. Mehr als 170 Seiten verlinken aktuell und dauerhaft auf ScienceFiles. Und wir sind neuerdings im eBuzzing gelistet, Platz 72 unter den Wissenschaftsblogs – aus dem Nichts.

Gut, wir spielen nicht Strassenfussball, aber ich bin Fan von Tottenham Hotspurs und Dr. habil. Heike Diefenbach ist Fan vom FC Arsenal, und somit tragen wir beide zur Verständigung zwischen zwei rivalisierenden Fangruppen aus dem Norden von London bei. Wenn das kein Engagement ist? Und nicht zu vergessen, wir haben unsere Teilnahme am Engagement-Preis des BMFSFJ zurückgezogen. Nein, nicht wirklich, wir haben nie teilgenommen, aber da die Nichtteilnahme vom BMFSFJ im Fall von “Interessengemeinschaft Golzheim” mit einem Preis ausgezeichnet wurde, verlange ich, dass auch die Nichteilnahme von ScienceFiles endlich mit einem Preis ausgezeichnet wird. Und natürlich müssen all die anderen, die nicht an der Abstimmung zum Engagement-Preis angetreten sind, einen Preis erhalten, denn sie alle haben verhindert, dass aus rechtsextremen Kreisen Stimmen auf sie entfallen, damit die Initiative Storch Heinar keinen Preis erhält.

Storch Heinar - Preisträger 2012 - bürgerschaftliches Engagement
Storch Heinar – Preisträger 2012 – bürgerschaftliches Engagement

Vermutlich ist es illusorisch darauf zu warten, bis ScienceFiles aus dem BMFSFJ einen Preis erhält. Deshalb denke ich hier einmal einen Preis von ScienceFiles an, für den wir dann nur noch jemanden benötigen, der ihn finanziert (Freiwillige bitte melden!). Wir loben einen Preis für denjenigen aus, der sich durch die nepotistischen Strukturen des BMFSFJ liest und zusammenstellt, wer alles am Tropf des Ministeriums hängt. Wenn derjenige, der dies tut, dann noch herausfinden könnte, wieso der Rückzug der Interessengemeinschaft Golzheim aus der Online-Abstimmung über den Engagement-Preis nicht verhindert hat, dass die Initiative Storch Heinar einen Preis erhalten hat, um so besser. Schließlich, aller guten Dinge sind drei, muss der Preisträger eine Definition von bürgerschaftlichem Engagement vorlegen, die nicht dadurch auffällt, dass sie obrigkeits-lastige Strukturen und politische Korrektheit unterstützt. Aus dieser Definition wiederum sollen Projekte entstehen, in denen sich richtiges bürgerschaftliches Engagement und nicht genehmes bürgerschaftliches Engagement niederschlägt. Ich denke dabei z.B. an das, was Almond und Verba einst “the civic culture” genannt haben, also:

  • Bürgerschaftiches Engagement zeichnet sich z.B. durch die Kontrolle der Exekutive aus. Mögliche Projekte wurden oben schon angedacht: (1) Verschwendung von Steuergeldern durch Ministerien; (2) Nepotismus in Ministerien; (3) Das Mysterium der Expertengremien (Expertengremien fallen in Ministerien ständig an. Aber sie umgibt der Dunst des Unbekannten: Kaum jemand weiß, wer sich in ihnen befindet, oder wenn man weiß, wer sich in ihnen befindet, dann weiß man regelmäßig nicht, warum sich die Betreffenden in den Expertengremien befinden, wofür sie sich in den Gremien befinden und welche Kriterien bei ihrer Auswahl angelegt wurden.); (4) Die Qualifikation von Ministern usw..
  • Bürgerschaftliches Engagement zeichnet sich z.B: durch die Aufeckung von unbeabsichtigten Folgen politischer Handlungen aus. Mögliche Projekte widmen sich z.B. (1) dem Niedergang der Grundschulen als Lernort und dem Zusammenhang zwischen dem Niedergang und der Feminisierung der Grundschule (Da, jetzt habe ich es geschrieben und ab jetzt, ab jetzt, darf auch z.B. Marcel Helbig behaupten, dass ich von der Feminisierung der Grundschule geschrieben habe.); oder (2) dem Zusammenhang zwischen zunehmender Bevormundung der Bevölkerung durch Politiker und der zunehemenden Flucht in Privatheit durch dieselbe;
  • ArzbergLast but not least: Bürgerschaftliches Engagement richtet sich überhaupt nicht auf das, was Politiker als politisch korrekt und wünschenswert erachten, sondern auf das, was sie nicht interessiert und wovon sie auch keine Ahnung haben, z.B. das Engagement für herrenlose Katzen, wie es im Tierheim Arzberg seit Jahrzehnten aus Eigeninitiative und ohne finanzielle Unterstützung offizieller Stellen erfolgt, oder das Engagement gegen den täglichen Terror, dem alte Menschen z.B. durch aggressive Werbpraktiken am Telefon oder durch die ständige Flut behördlicher und unlesbarer Briefe ausgesetzt sind, gegen den im Privaten und von Freunden und Bekannten vorgegangen wird.

Der Unterschied zwischen richtigem bürgerschaftlichem Engagement und genehmem bürgerschaftlichen Engagement besteht übrigens darin, dass richtiges bürgerschaftliches Engagement Bürgern und Steuerzahlern zu Gute kommt, während genehmes bürgerschaftliches Engagement nur dem Ego der Insassen von Ministerien zu Gute kommt.

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