Die Sucht nach Gemeinschaft: Neues Bild mentaler Störung?
Wird demnächst eine neue Sucht in das US amerikanischen Diagnostics and Statistical Manual for Mental Disorders (DSM-IV) aufgenommen? Derzeit ist man in der American Psychiatric Association damit beschäftigt, darüber zu diskutieren, ob die erst kürzlich, dafür aber in schnell wachsender Zahl diagnostizierte Störung der “community addiction”, was man mit “Gemeinschafts-Sucht” übersetzen könnte, in die überarbeitete Version der DSM-IV, die demnächst erscheinen soll, aufgenommen wird. Die Aufnahme der “Gemeinschafts-Sucht” hätte weitreichende Folgen, da sich die Weltgesundheitsorganisation mit ihrer ICD-Klassifikation [International Classification of Diseases] am US-amerikanischen DSM-IV orientiert. Wir haben bei ScienceFiles, die Entwicklung in den USA mit Interesse verfolgt und wollen mit diesem Post die ersten sein, die die “Gemeinschafts-Sucht” nach Europa bringt.
Hintergrund
Gemeinschafts-Sucht findet sich in zunehmendem Maße unter jungen und mittelalten Personen, deren Sozialisation beginnend mit den 1980er Jahren und unter dem Einfluss der herrschenden pädagogischen Ansätze von Kommunitarismus und Konstruktivismus erfolgt ist. Der Kommunitarismus geht bekanntlich davon aus, dass ein Individuum nur im Rahmen einer Gemeinschaft seine Fähigkeiten entfalten kann. Menschen, so kommunitaristische Autoren wie Amitai Etzioni oder Alasdair MacIntyre, seien soziale Wesen, die nur im Bezug auf andere Menschen und mit anderen Menschen Glück und Zufriedenheit finden und erleben könnten. Der Kommunitarismus richtet sich damit gegen die Vereinzelung und Atomisierung von Individuen, wie sie aus der Sicht von Kommunitaristen von individualistischen liberalen Theorien hervorgebracht wird.
Wirkung
Die kommunitaristische Vorstellung vom Menschen als sozialem Wesen hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen ihren Niederschlag gefunden. Altruismus und Nächstenliebe sollen zu den wichtigsten individuellen Werten werden, die Ausrichtung auf die Gemeinschaft die Triebfeder menschlicher Existenz. Ihren Niederschlag finden diese Prämissen in einer Vielzahl von Projekten, deren Ziel darin besteht, das individuelle Engagement für und die individuelle Mitarbeit in der Gemeinschaft zu steigern. Federführend in Deutschland ist hier das BMFSFJ, das mit der Institutionalisierung des Bundesfreiwilligendienstes eine Vorreiterfunktion einnimmt. Auch in der Architektur haben sich Bauweisen etabliert, die Gemeinschaft befördern sollen und z.B. Miet- und Eigentumswohnungsanlagen im Rechteck um einen gemeinsamen Innenraum mit Kinderspielplatz anordnen. Ergänzt wird das Ensemble durch Gemeinschaftsräume und Gemeinschaftstätigkeiten, die dem Unterhalt der Wohnanlagen dienen.
Negative Auswirkungen und Erscheinungsbild der Störung
Eine Reihe von Forschungsergebnissen aus den USA zeigt, dass Kommunitarismus, die unbedingte Ausrichtung des Individuums auf die Gemeinschaft, auf seine soziale Funktion in der Gemeinschaft, sich negativ auf die Individualität von Personen auswirken kann und dass die negativen Effekte bis hin zur Sucht reichen können, bei der die davon betroffenen Individuen ihr gesamtes Dasein in den Dienst der Gemeinschaft stellen und ihrem eigenen Leben keinerlei Sinn mehr zu geben vermögen, jenseits des Daseinszwecks, den sie in der Gemeinschaft anderer erleben. Wie der Psychiater Ervin G. Hausman bei einer Reihe seiner Patienten festgestellt hat, sind die Folgen von Gemeinschafts-Sucht erheblich und gehen bis zur Selbstverleugnung und Selbstschädigung. So klagten die Patienten von Hausman regelmäßig über Schlaflosigkeit und Alpträume und zeigten generell eine phobische Angst vor dem Alleinsein. Die Angstzustände, die manche an Gemeinschafts-Sucht leidenden Patienten erlebten sowie die Schlaflosigkeit hatten zur Folge, dass die akademischen und beruflichen Leistungen der Patienten schlechter wurden. Im Extremfall hatte die Gemeinschafts-Sucht Arbeitslosigkeit und in einem Fall den kompletten Zusammenbruch und die Institutionalisierung des Patienten zur Folge. For diesem Hintergrund hat sich Dr. Hausman mit einer ersten Liste von Symptomen, die einer Anamnese zu Grunde gelegt werden können, an die American Psychiatric Association gewendet und die Prüfung der Aufnahme von “Gemeinschafts-Sucht” in die überarbeitete Version der DSM-IV beantragt.
Anamnese
Das Krankheitsbild der “Gemeinschafts-Sucht” untergliedert sich in fünf Bereiche:
Ein Kontrollverlust, der sich darin niederschlägt, dass Patienten sich nicht selbst beschäftigen können und einen Lebenssinn nurmehr mit Bezug auf die Gemeinschaft generieren können;
Entzugserscheinungen, die den Patienen nervös, gereizt und unfähig machen, außerhalb einer Gemeinschaft zu funktionieren;
Eine Toleranzenwticklung, die immer höhere “Dosen von Gemeinschaft” notwendig macht, um Erfüllung zu finden und alleinige Beschäftigung immer unerträglicher werden lässt;
Negative Konsequenzen auf die Arbeit/Leistung des Patienten;
Negative soziale Konsequenzen;
Die fünf Bereiche der “Gemeinschafts-Sucht” bringen gemeinsam “Gemeinschafts-Sucht” hervor. Die Diagnose von “Gemeinschaft-Sucht” erfolgt über einen standardisierten Befragungsbogen sowie über eine Reihe von Kontrollfragen, die Hausmann seinen Psychiater-Kollegen ans Herz legt, darunter Fragen, wie: Wann hatten Sie zum letzten Mal Zeit für sich selbst? Hätte Ihr Leben auch ohne Familie und Freunde einen Sinn? Die standardisierte Form des “Gemeinschafts-Sucht”-Fragebogens macht es möglicht, nicht nur akute Fälle von Gemeinschafts-Sucht, sondern auch Personen zu identifizieren, die in der Gefahr stehen, “Gemeinschafts-Sucht” zu entwickeln.
Wir haben bei ScienceFiles in den letzten Tagen intensiv daran gearbeitet, das englische Original der standardisierten Erfragung von “community addiction” in eine deutsche Form zu übertragen und haben eine Online-Befragung entwickelt, die zum ersten Mal für Deutschland die Verbreitung von Gemeinschaftssucht untersuchen soll. Die Ergebnisse der Untersuchung werden wir in einem wissenschaftlichen Beitrag zusammenfassen, den wir im American Journal of Psychiatry veröffentlichen wollen. Die Leser von ScienceFiles werden nach Abschluss der Online-Befragung und nach Erstellung des Beitrags einen Exklusiv-Beitrag auf ScienceFiles zu lesen bekommen.
Damit die erste Studie, in der für Deutschland die Existenz und Verbreitung von Gemeinschafts-Sucht nachgewiesen und untersucht werden soll, ein Erfolg wird, bitten wir die Leser von Sciencefiles sich an unserer Online-Befragung zu beteiligen. Die Online-Befragung findet sich unter dem folgenden Link:
Hausman, Ervin G. (2008). Can’t Live Without Them: Community Addiction is a New Mental Disorder. New York: NYU School of Medicine.
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Das ganze klingt irgendwie noch witzig: Soll hier dem Menschen, verstanden als soziales (vulgo sozial handelndes) Wesen das Wasser zugunsten des Homo oeconomicus abgegraben werden, der lediglich ein ‘Nutzen optimierendes Tier’ (Sloterdijk) ist? Ist die Ausrichtung des Individuums auf so etwas wie eine Gesellschaft oder das Gemeinwesen in Wirklichkeit nicht viel mehr, als eine psychopathologische Störung? Und wenn ja: Warum sollte der Homo oeconomicus (Leviathan) nicht auch ICD-klassifiziert werden- aus genau den umgekehrten Gründen, notabene? Warum bin ich nicht erstaunt, dass diese Idee ausgerechnet aus dem angelsächsischen Raum kommt?
Die Psychiater mögen noch unzählige weitere Diagnosen erfinden, das ändert nichts an der immer gleichen Grund-Ursache, an DER EINEN Krankheit der zivilisierten Gesellschaft, der “Kollektiven Zivilisations-Neurose”, die die tiefere Ursache aller sogenannten “Krankheiten” ist, die genau genommen nur verschiedene SYMPTOME der EINEN Krankheit ist und die darin besteht, dass die Menschen der zivilisierten Gesellschaft Opfer eines dramatischen Mangels an (heilender) Lebens-Energie sind.
Lebens-Energie ist FEINstoffliche Energie und den Bereich des FEINstofflichen hat die große Mehrheit der Wissenschaftler nicht “auf dem Zettel”. Deshalb haben sie noch immer nicht die tieferen Ursachen der dramatisch zunehmenden psychischen Störungen lokalisiert und können keine wirksame Prävention empfehlen. Derweil bewegt sich die Kollektive Neurose in den Bereich des exponentiellen Wachstums und die nächste Kollektive Psychose steht vor der Tür…
Das ist ein Witz, oder? Kein Witz?
Da plagt sich ein Bildungssystem mit Stuhlkreisen und Schulkonferenzenund deren “Erfolge” werden mit einer psychischen Störung diagnostiziert.
Muhahahah. Diabolisch. Dr. Eeeeeeevil lässt grüssen.
vielen Dank dafür, dass sie auf dieses Problem öffentlich hinweisen.
Selbst bin ich eher Einzelgänger und habe mich daher im Rahmen meines Studiums mit der Dyade Individuum-Kollektiv beschäftigt. Das von Ihnen erwähnte Buch von Ervin Hausman, was in Deutschland leider kaum zu beschaffen ist, hat mir bei meinen Forschungen sehr geholfen. Hausman beschreibt sehr anschaulich die Nachteile des kommunitaristischen Systems: Jeder Mensch kommt zu leicht in die Lage, nur noch für andere da und verliert sich dabei selbst.
Ich habe auch Ihren Fragebogen ausgefüllt, dabei ist mir aufgefallen, dass Sie dem Person-Environment-Fit keine Rechnung tragen. Eines der zentralen Probleme bei der Community Addiction ist nämlich auch die beliebige Wahl der eigenen Kreise, und diese bieten mitunter kaum Unterstützung. Ein meines Erachtens guter Zusammenfassungsartikel ist dieser hier: Beasley, C.R./Jason, L.A./Miller, S.A. (2012), The General Environment Fit Scale, in: American Journal of Community Psychology, Vol. 50, No. 1-2, S. 64-76
Ich hoffe sehr, dass sich die APA an den aktuellen Forschungsergebnissen orientiert und die Community Addiction als Krankheit anerkannt wird. Bis dahin kann man den Betroffenen nur ans Herz legen, was Hausman schreibt (frei übersetzt): Zwischen dir und deinem Ziel steht nur eins: Gesellschaftszwang.
Vielen Dank, ein wunderbarer Artikel! Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein großes Problem damit habe, wenn ich die armen Leute sehe, die es nicht schaffen, ohne Andere zu sein.
Ich war immer von Natur aus gesellig, aber als mir vor zwei Jahren mein Therapeut empfahl, an einem ganzheitlichen Selbstfindungsseminar teilzunehmen, wurde mir erst klar, wie sehr ich an meinem Umfeld hing und mich ohne die Leute um mich rum kaum noch selbst definieren konnte.
Seit ich mir öfter mal die Zeit nehme, für mich zu sein, ganz alleine und ohne Störungen oder Fremde, muss ich ehrlich sagen, dass ich mit mir selbst zufriedener als vorher bin und auch viel selbstbewusster. Das lässt sich vielleicht nicht so auf jede gesellige Person übertragen (speziell wenn bereits negative Erfahrungen bezüglich des Alleinseins aus der Kindheit vorliegen), aber mir geht es so wirklich gut!
Und wenn meine Freunde beim gemeinsamen Ausgehen verlauten lassen, dass sie heute extra früh von der Arbeit gegangen sind, um sich in kleinerer Runde schon vor dem eigentlichen Treffen zusammenzufinden, damit sie mehr in Gesellschaft sind, dann tun sie mir ehrlich leid.
Mit einigen habe ich schon versucht, darüber zu sprechen, dass das total krankhaft wirkt (also nicht ihr Verhalten an sich, sondern dass sie ständig nur davon reden, wen sie wann treffen oder nicht). Die wenigsten verstehen das, und die, die es einsehen, geben es zwar zu, sagen aber, sie hätten eben nicht so ein Selbstbewusstsein wie ich.
Und genau solchen Menschen schadet diese ständige Berieselung mit sozialen Verhaltensprogrammen enorm. Dieser Gedanke, dass nichts wichtiger ist als in Gesellschaft zu sein, schleicht sich in den Kopf und alles dreht sich nur noch darum.
Falls jemand weiß, wie man einer betroffenen Person hier sinnvoll helfen kann, wäre ich super dankbar 🙂
so wie der affe in der sippe lebt oder die meise im trupp so ist auch der mensch kein einzelwesen. er ist einfach nicht dafür gemacht, und er war es nie, in allen kulturen, zu allen zeiten, für sich alleine zu sein oder nur mit dem Partner zu zweit.
diese krankhafte Degeneration der Neuzeit, die Vereinzelung, entspricht auch nicht der natur des menschen, denn der ist ja auch nur ein höher entwickeltes, aber ein tier. Das ist er.
Da gibt es nix zu pathologisieren, der Mensch wird seltsam, wenn er viel allein ist.
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Unser Dank ist Ihnen gewiss! Und Sie können sicher sein, dass Sie auch im nächsten Jahr ScienceFiles in gewohntem Umfang lesen können.
Das ganze klingt irgendwie noch witzig: Soll hier dem Menschen, verstanden als soziales (vulgo sozial handelndes) Wesen das Wasser zugunsten des Homo oeconomicus abgegraben werden, der lediglich ein ‘Nutzen optimierendes Tier’ (Sloterdijk) ist? Ist die Ausrichtung des Individuums auf so etwas wie eine Gesellschaft oder das Gemeinwesen in Wirklichkeit nicht viel mehr, als eine psychopathologische Störung? Und wenn ja: Warum sollte der Homo oeconomicus (Leviathan) nicht auch ICD-klassifiziert werden- aus genau den umgekehrten Gründen, notabene? Warum bin ich nicht erstaunt, dass diese Idee ausgerechnet aus dem angelsächsischen Raum kommt?
Die Psychiater mögen noch unzählige weitere Diagnosen erfinden, das ändert nichts an der immer gleichen Grund-Ursache, an DER EINEN Krankheit der zivilisierten Gesellschaft, der “Kollektiven Zivilisations-Neurose”, die die tiefere Ursache aller sogenannten “Krankheiten” ist, die genau genommen nur verschiedene SYMPTOME der EINEN Krankheit ist und die darin besteht, dass die Menschen der zivilisierten Gesellschaft Opfer eines dramatischen Mangels an (heilender) Lebens-Energie sind.
Lebens-Energie ist FEINstoffliche Energie und den Bereich des FEINstofflichen hat die große Mehrheit der Wissenschaftler nicht “auf dem Zettel”. Deshalb haben sie noch immer nicht die tieferen Ursachen der dramatisch zunehmenden psychischen Störungen lokalisiert und können keine wirksame Prävention empfehlen. Derweil bewegt sich die Kollektive Neurose in den Bereich des exponentiellen Wachstums und die nächste Kollektive Psychose steht vor der Tür…
Das ist ein Witz, oder? Kein Witz?
Da plagt sich ein Bildungssystem mit Stuhlkreisen und Schulkonferenzenund deren “Erfolge” werden mit einer psychischen Störung diagnostiziert.
Muhahahah. Diabolisch. Dr. Eeeeeeevil lässt grüssen.
Lieber Herr Klein,
vielen Dank dafür, dass sie auf dieses Problem öffentlich hinweisen.
Selbst bin ich eher Einzelgänger und habe mich daher im Rahmen meines Studiums mit der Dyade Individuum-Kollektiv beschäftigt. Das von Ihnen erwähnte Buch von Ervin Hausman, was in Deutschland leider kaum zu beschaffen ist, hat mir bei meinen Forschungen sehr geholfen. Hausman beschreibt sehr anschaulich die Nachteile des kommunitaristischen Systems: Jeder Mensch kommt zu leicht in die Lage, nur noch für andere da und verliert sich dabei selbst.
Ich habe auch Ihren Fragebogen ausgefüllt, dabei ist mir aufgefallen, dass Sie dem Person-Environment-Fit keine Rechnung tragen. Eines der zentralen Probleme bei der Community Addiction ist nämlich auch die beliebige Wahl der eigenen Kreise, und diese bieten mitunter kaum Unterstützung. Ein meines Erachtens guter Zusammenfassungsartikel ist dieser hier: Beasley, C.R./Jason, L.A./Miller, S.A. (2012), The General Environment Fit Scale, in: American Journal of Community Psychology, Vol. 50, No. 1-2, S. 64-76
Ich hoffe sehr, dass sich die APA an den aktuellen Forschungsergebnissen orientiert und die Community Addiction als Krankheit anerkannt wird. Bis dahin kann man den Betroffenen nur ans Herz legen, was Hausman schreibt (frei übersetzt): Zwischen dir und deinem Ziel steht nur eins: Gesellschaftszwang.
Vielen Dank, ein wunderbarer Artikel! Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein großes Problem damit habe, wenn ich die armen Leute sehe, die es nicht schaffen, ohne Andere zu sein.
Ich war immer von Natur aus gesellig, aber als mir vor zwei Jahren mein Therapeut empfahl, an einem ganzheitlichen Selbstfindungsseminar teilzunehmen, wurde mir erst klar, wie sehr ich an meinem Umfeld hing und mich ohne die Leute um mich rum kaum noch selbst definieren konnte.
Seit ich mir öfter mal die Zeit nehme, für mich zu sein, ganz alleine und ohne Störungen oder Fremde, muss ich ehrlich sagen, dass ich mit mir selbst zufriedener als vorher bin und auch viel selbstbewusster. Das lässt sich vielleicht nicht so auf jede gesellige Person übertragen (speziell wenn bereits negative Erfahrungen bezüglich des Alleinseins aus der Kindheit vorliegen), aber mir geht es so wirklich gut!
Und wenn meine Freunde beim gemeinsamen Ausgehen verlauten lassen, dass sie heute extra früh von der Arbeit gegangen sind, um sich in kleinerer Runde schon vor dem eigentlichen Treffen zusammenzufinden, damit sie mehr in Gesellschaft sind, dann tun sie mir ehrlich leid.
Mit einigen habe ich schon versucht, darüber zu sprechen, dass das total krankhaft wirkt (also nicht ihr Verhalten an sich, sondern dass sie ständig nur davon reden, wen sie wann treffen oder nicht). Die wenigsten verstehen das, und die, die es einsehen, geben es zwar zu, sagen aber, sie hätten eben nicht so ein Selbstbewusstsein wie ich.
Und genau solchen Menschen schadet diese ständige Berieselung mit sozialen Verhaltensprogrammen enorm. Dieser Gedanke, dass nichts wichtiger ist als in Gesellschaft zu sein, schleicht sich in den Kopf und alles dreht sich nur noch darum.
Falls jemand weiß, wie man einer betroffenen Person hier sinnvoll helfen kann, wäre ich super dankbar 🙂
so wie der affe in der sippe lebt oder die meise im trupp so ist auch der mensch kein einzelwesen. er ist einfach nicht dafür gemacht, und er war es nie, in allen kulturen, zu allen zeiten, für sich alleine zu sein oder nur mit dem Partner zu zweit.
diese krankhafte Degeneration der Neuzeit, die Vereinzelung, entspricht auch nicht der natur des menschen, denn der ist ja auch nur ein höher entwickeltes, aber ein tier. Das ist er.
Da gibt es nix zu pathologisieren, der Mensch wird seltsam, wenn er viel allein ist.