Noch ein Gender-Mythos in Scherben: Gender Pay Gap = Mama Pay Gap

Während Anthony Downs (Economic Theory of Democracy) im Wesentlichen der Überzeugung ist, dass Ideologien von politischen Akteuren erfunden werden, um eine einfach Form der Verständigung mit desinteressierten Wählern herstellen zu können, bin ich der Meinung, dass diese Annahme zu kurz greift und der Tatsache nicht gerecht wird, dass Ideologien in weiten Teilen dazu da sind, desinteressierte Wähler an der Nase herum zu führen, sie an ihrer affektiven Empfänglichkeit zu packen, in dem den Wählern versprochen wird, die Wahl von Partei XY mache sie entweder zum besseren Menschen oder adele sie in sonstiger Weise. Dementsprechend ist es für die Produzenten von Ideologien wichtig, emotionale Appelle an ihre potentiellen Wähler zu senden, um ihnen zu zeigen, wie man sich als guter Wähler/Anhänger/Follower darstellen kann.

Campbell MythAn einer zentralen rhetorischen Figur des Genderismus wird dies besonders deutlich: dem Gender Pay Gap. Das Gender Pay Gap hat zwischenzeitlich Heiligkeitsstatus, auch wenn sich die katholische Kirche immer noch weigert, die vom Gender Pay Gap Betroffenen zu Märtyrern zu erklären. Das Gender Pay Gap hat alles, was den Kern einer Ideologie auzeichnet: Es appelliert an Emotionen, Gerechtigkeitsempfinden, ermöglicht Followern Gutheitsbekundungen, und denen, die den Gender Pay Gap propagieren, ermöglicht es offenes Nutznießen unter dem Schutze des Fetisch “Gender Pay Gap”.

Damit die Heiligkeit und Unantastbarkeit des Gender Pay Gap erhalten bleibt, ist ein kontinuierlicher Strom von Stützmaßnahmen erforderlich; Neuestes Beispiel ist ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion im Bundestag mit dem Titel “Gesetz zur tatsächlichen Durchsetzung des Engeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer (Entgeltgleichheitsgesetz)”. Wie der Titel schon nahe legt, haben alle Gesetze, die bislang erlassen wurden, und unter deren Schirm man bislang von “Gleichstellung” nutznießen kann, wie dies z.B. im Rahmen des Professorinnenprogramms geschieht, nach Ansicht der SPD-Fraktion nicht dazu geführt, dass tatsächliche Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen hergestellt wurde (was ein hinreichender Grund wäre, die entsprechenden Nutznießer-Programme abzuschaffen). Wer den Gesetzentwurf liest, weiß auch warum dies nach Ansicht der SPD-Fraktion bislang nicht gelungen ist: Die bösen Unternehmen unterminieren alle Versuche der guten Gleichsteller. Entsprechend kann man den Gesetzentwurf dahingehend zusammenfassen, dass einmal mehr versucht wird, in die unternehmerische Freiheit einzugreifen und Unternehmen nunmehr zur “Betrieblichen Prüfung der Entgeltgleichheit” (§6) bzw. zur “Erstellung eines Prüfberichts” (§7) zu zwingen. Zentral sind in jedem Fall “sachverständige Personen”, bei denen – im Sinne des Gesetzentwurfes – es sich um “Personen mt einer besonderen Sachkunde und fachlichen Expertise auf dem Gebiet der Entgeltgleichheit” handeln soll (§3 Abs. 9). Wem das wie eine Tautologie vorkommt, dem sei gesagt, das liegt daran, dass die Genossen hier eine Tautologie formuliert haben, eine Tautologie, die Äquivalent zur Aussage ist, ein Irrer ist eine Person die sich verhält wie ein Irrer.

Im Entwurf ist übrigens von gleicher oder gleichwertiger Arbeit die Rede - eine kleine
Im Entwurf ist übrigens von gleicher oder gleichwertiger Arbeit die Rede – eine kleine “unter-der-Hand-Änderung”.

Aber mit dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion soll ja auch keine sprachliche oder konzeptionelle Klarheit geschaffen werden. Vielmehr verfolgt die Fraktion zwei Ziele: Erstens soll unternehmerische Freiheit beseitigt werden. Zweitens sollen Stellen für “sachkundige Personen” geschaffen werden. Regelmäßig, wenn es darum geht, den eigenen Nepotismus zu legitimieren, greifen Genderisten auf die Dienste von “Sachverständigen” zurück, die die Ideologie, der gerade gehuldigt wird, “wissenschaftlich” legitimieren sollen. Dies scheint mir der einzige Grund dafür zu sein, dass im Bundestag Ausschüsse besetzt werden, die sich mit Gesetzentwürfen von Fraktionen befassen und Anhörungen durchführen, zu denen sie u.a. Personen laden, die man aufgrund der Position, die sie besetzen, für Wissenschaftler halten könnte.

Und so hat auch der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion eine öffentliche Anhörung erfahren, zu der eine Reihe von “Sachverständigen” geladen waren, darunter:

  • “Prof. Dr. Heide Pfarr” von der – wie auf der Seite des Bundestags zu lesen ist: Hans-Böckler Stiftung
  • “Dr. Christina Boll” vom Hamburgischen WeltWirtschaftsinstitut

Da ich bislang nicht wusste, dass die Hans-Böckler Stiftung auch schon Professuren vergibt, habe ich mich ein wenig über “Prof.” Dr. Heide Pfarr kundig gemacht. Auf den Seiten der Friedrich-Ebert-Stiftung habe ich u.a. den folgenden Hinweis gefunden: “Seit 1995 ist sie – neben der Professur in Hamburg – wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung und Mitglied der Geschäftsführung dieser Stiftung.” Die Universität Hamburg an der Heide Pfarr nach Erkenntnis der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Nebentätigkeit als Professor (vermutlich halbtags) ausüben soll, weiß folgendes zu Heide Pfarr zu berichten: “Prof. Dr. Heide PFARR, an der Universität Hamburg tätig seit 01.08.1978 in der Funktion einer Universitätsprofessorin für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Fakultät für Rechtswissenschaft, von 1984 bis 1986 als Vizepräsidentin, tritt mit Ablauf des 31.03.2010 in den Ruhestand”. Damit ist nicht nur die Generation, zu der Pfarr gehört, bestens beschrieben.

Soviel zur Person. Nun zu den Stellungnahmen beider “Sachverständiger” zum SPD-Entwurf. Aus der Stellungnahme von Heide Pfarr lernen wir, dass:

“…mindestens ein Drittel bis die Hälfte des Gender Pay Gaps auf Einkommensdiskriminierung zurückzuführen” ist.

Diese Aussage ist eine Reaktion darauf, dass neben dem unbereinigten Gender Pay Gap zwischenzeitlich auch ein bereinigtes Gender Pay Gap erfunden wurde. Nimmt man ersteres dann kommen 22% zusammen, die die Bruttostundenlohnhöhe aller erwerbstätigen Männer von der Bruttostundenlohnhöhe aller erwerbstätigen Frauen trennen. Berücksichtigt man Variablen wie Bildung, Alter und Berufserfahrung, dann fallen im bereinigten Gender Pay Gap nur noch 8% Unterschied an. Konfrontiert mit dieser empirischen Tatsache behauptet Frau Pfarr nun also, dass die 8% auf Einkommensdiskriminierung zurückzuführen seien.

Flying elephantsDiese Behauptung, so häufig sie von Genderisten auch aufgestellt wird, wurde bis zum heutigen Tag nicht geprüft, was bei mir den Verdacht nahe legt, dass Genderisten die Fähigkeit zur Wahrnehmung durch ihre nicht unbeträchtliche Fähigkeit zur Einbildung ersetzt haben, denn normalerweise läuft in Menschen ein Programm, das Philosophen aller Jahrhunderte als Wissensbegierde bezeichnet haben. Wenn man nicht weiß, ob eine Behauptung zutrifft, dann prüft man seine Behauptung an empirischen Daten, sucht z.B. nach Frauen, die im Hinblick auf ihr Entgelt diskriminiert werden. Diese Vorgehensweise in systematisierter Form wird auch als Wissenschaft bezeichnet, aber ich vergaß, Frau Pfarr ist ja “Prof.” bei der gewerkschaftseigenen Hans Böckler Stiftung.

Nun, was Genderisten gewöhnlich nicht in den Sinn kommt, worauf aber Catherine Hakim bereits in den 1990er Jahren hingewiesen hat, auch Frauen treffen Entscheidungen. Sie sind gar nicht die kleinen Dummchen, die von bösen Männern benachteiligt werden, sondern verfolgen eigene Ziele. Und so haben nach Ergebnissen von Catherine Hakim gerade einmal rund 20% der Frauen ein Interesse an einer beruflichen Karriere. Der verbleibende Rest ist unentschieden zwischen Familie und Beruf oder zieht die Familie dem Beruf vor. Damit haben Frauen eine Wahlentscheidung, die sich Männern, von denen nach wie vor erwartet wird, dass sie arbeiten gehen, nicht haben, und man würde erwarten, wäre man ein Individualist, dass sich die größere Entscheidungsfreiheit, die Frauen nun einmal haben, in der Realität auch in den Outcomes, die mit einer Abwahl einer Berufskarriere, also z.B. der Höhe des Einkommens, niederschlägt (Mir soll hier bitte niemand kommen und sagen, Männer könnten ja auch zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern. Erstens gibt es bei Fertilität gewisse biologische Grenzen, die nicht überwunden werden können. Zweitens könnte man ebenso berechtigt sagen, dass Frauen ihre Kinder ja nicht selbst austragen, sondern an entsprechende Gerätschaften oder spezialisierte Leihmütter delegieren könnten, und drittens heiraten Frauen immer noch hypergam, d.h. sie erwarten von ihrem Partner einen höheren sozialen Status. Während es also den Manager gibt, der mit der Friseuse verheiratet ist, warte ich noch auf die Professorin, die einen Fabrikarbeiter heiratet). Kollektivisten, wie Frau Pfarr, kommt eine solche Idee nicht, auch deshalb nicht, weil sie leistungsfeindlich sind und nie auf die Idee kommen würden, dass für bessere Leistungen auch höhere Löhne gezahlt werden müssen.

Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, was mich zur Stellungnahme der Sachverständigen Christina Boll bringt, der ich die folgende Abbildung entnommen habe:

Mama Pay Gap

Die Abbildung ist in vielerlei Hinsicht vernichtend für den Mythos des Gender Pay Gaps. Es handelt sich bei den ausgewiesenen aggregierten Bruttostundenlöhnen um weitgehend bereinigte Bruttostundenlöhne, also um Bruttostundenlöhne, bei denen zwischen Männern und Frauen ein Gender Pay Gap von 8% errechnet wird. Wie sich zeigt, sind die Unterschiede zwischen Frauen, die ihre volle Energie dem Beruf schenken (warum Boll hier von Karrierefrauen spricht und diese mit Mütter und nicht mit Nicht-Karrierefrauen, wenn schon, kontrastiert, ist mir nicht nachvollziehbar, denn die Bereitschaft, die Verantwortung für die eigene Versorgung zu übernehmen, ist nichts, was zur Karrierefrau prädestiniert, sondern etwas, was den Nicht-Schmarotzer vom Schmarotzer unterscheidet), im Vergleich zu Frauen, denen der Sinn nicht nach Arbeit, sondern nach Familiengründung steht, in allen betrachteten Fällen größer als 8%.

ABV-KartevornDies zeigt sehr deutlich, was das Gender Pay Gap wirklich ist: Ein Ergebnis unterschiedlicher individueller Entscheidungen. Wer sich für Kinder entscheidet, kann nun einmal nicht mit der selben Energie in seinem Beruf arbeiten. Er hat Fehlzeiten, weniger Humankapital, weniger Fähigkeit und weniger Erfahrung, und all das schlägt sich in einer geringeren Leistungsfähigkeit nieder, die wiederum einen geringeren Stundenlohn nach sich zieht, und zwar gerechter Weise, denn wer sich für Familie und gegen Beruf entschieden hat, hat damit deutlich gemacht, wo seine Prioritäten liegen, und er hat auf den Zugewinn an Erfahrung und Humankapital, den er haben würde, würde er sich nicht seiner eigenen Fertilität widmen, bewußt verzichtet. Ich habe noch selten eine Abbildung gesehen, die dieses Mama Pay Gap deutlicher zeigt als die Abbildung oben. Und ich habe noch nie einen Gesetzentwurf gesehen, der die Leistungsfeindlichkeit derer, die ihn erarbeitet haben, deutlicher macht, als der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Tatsächlich wollen die Genossen also, dass Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden und in der Zeit, die andere Frauen zu Hause verbringen, um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern, Erfahrung, Wissen, sprich Humankapital sammeln, das sie einfach wertvoller für ihre Unternehmen macht als die Frauen, die nach Mutterschaftsurlaub und Elterzeit wieder mit halber Kraft am Arbeitsplatz erscheinen, nicht besser bezahlt werden als Mütter. Eine offenere und heftigere Form der Ungerechtigkeit gegenüber und Diskriminierung von leistungswilligen und leistungsfähigen Frauen ist kaum vorstellbar.

Und als Urheber dieser Ungerechtigkeit tritt ausgerechnet eine Partei auf, die sich in den Fussstapfen einer Arbeiterbewegung wähnt, einer Bewegung, die durch Arbeiterbildungsvereine deutlich gemacht hat, wie wichtig Leistung und Humankapital für sie sind. Da sich die SPD zu einer Mama-Schutz-Truppe entwickelt hat, schlage ich auch eine entsprechende Namensänderung vor, SM – AGL: Sozialdemokratisches Mütterwerk – Anti-Gerechtigkeits Liga, ehrlicher wäre dieser Name alle Mal.

Literatur

Hakim, Catherine (2002) Work-Lifestyle Choices in the 21st Century. Preference Theory. Oxford: Oxford University Press.

Hakim, Catherine (1991). Grateful Slaves and Self-Made Women: Fact and Fantasy in Women’s Work Orientations. European Sociological Review 7(2): 101-121.

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