Untersuchung zeigt die wahre Motivation der Gutmenschen

Das “Soziale” ist der Schrein der Moderne, der Tabernakel des Guten und Reinen, hinter dem sich eine Horde von Gutmenschen versammelt hat. Das “Soziale” wird zunehmend überhöht, soweit, dass Menschen kein Recht auf eine eigene Exsitenz mehr zugestanden wird, sofern sie sich nicht in das “Soziale” einordnen, das nicht nur vorhanden ist, sondern als “Gemeinschaft” bereits Ansprüche auf z.B. individuelles Eigentum erhebt. Das “Soziale” als das, was den Menschen angeblich ausmacht, soll fest im öffentlichen Bewusstsein fixiert werden: “Du bist nichts ohne deine Gemeinschaft.” “Der Mensch ist ein soziales Wesen.” Allein die Suchanfragen, in denen “der Mensch ist ein soziales Wesen” in welcher Variation auch immer gesucht wird, die auf ScienceFiles führen, sind so hoch, dass es uns das Fürchten lehrt, vor dem, was da in Deutschland gelehrt werden soll bzw. gelehrt wird.

wandervogel_gDas “Soziale” ist nicht nur existent, man kan sich auch am “Sozialen”, an der Gemeinschaft vergehen. Banker, Uli Hoeneß, alle, die nicht “solidarisch” sind, wenn Dritte zur Solidarität aufrufen, vergehen sich an der Gemeinschaft, sie schädigen die Gemeinschaft und sind auf dem besten Weg, als “Volksschädling” wiederentdeckt zu werden. Und natürlich müssen diese Vergeher an der Gemeinschaft, diese Feinde des Sozialen bestraft werden. Die Forderungen danach, “Besserverdienende” höher zu besteuern, Bankern, die Bonuszahlungen zu streichen, Spekulateuren ihren Gewinn zu entziehen und vieles mehr, sind Formen der Bestrafung, Formen einer Bestrafung, die insofern  problematisch ist, als sie von Personen gefordert wird, denen keinerlei Nachteil durch das Verhalten von Banker X oder Uli Hoeneß entstanden ist und auch nicht entstehen wird. Dennoch fordern diese Personen die Bestrafung Dritter.

Warum?

Eine Erklärung, die von einer Reihe von Forschern vorgebracht wurde, allen voran die beiden Züricher Ökonomen Ernst Fehr und Urs Fischbacher, ist seit wenigen Jahren unter dem Begriff “altruistische Bestrafung” bekannt. Altruistische Bestrafung besagt im Wesentlichen, dass Unbeteiligte einen (vermeintlichen) Übergriff auf einen Dritten bestrafen oder bestraft sehen wollen, weil dadurch gegen Fairnessregeln verstoßen wird. Wenn sich also Hans Moser auf Kosten von Fritz Fischer bereichert, dann sind altruistische Bestrafer zur Stelle und sorgen für “Fairness”, in dem sie Hans Moser bestrafen oder die Bestrafung von Hans Moser fordern. Demnach wären alle, die die Bestrafung von Uli Hoeneß fordern, altruistische Bestrafer, die zwar selbst keine Vorteile davon haben und auch keine Kosten davon, dass Uli Hoeneß bestraft wird, die aber “für die Gemeinschaft” eintreten und “die Gemeinschaft” zu ihrem Recht kommen lassen wollen.

Wir_statt_GierInteressanter Weise ist dieser Einsatz für die Gemeinschaft, diese Forderung der Bestrafung der Vergeher gegen die Gemeinschaft genau das, was von Bündnis 90/Die Grünen, von Gewerkschaften und von einer Reihe von selbsternannten Schützern der Gemeinschaft zu hören ist, und natürlich nehmen sie für sich altruistische Motive in Anspruch, denn sie haben nichts davon, dass Uli Hoemeß, Hans Moser oder Banker X bestraft werden, nein, sie kämpfen für Fairness, zuweilen behaupten sie auch, für Gerechtigkeit, besonders gerne für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen, und immer kämpfen sie für andere, nie für sich selbst, reine Altruisten sind sie, wahre Gutmenschen.

Sind Sie das wirklich?

EnviousEine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung von Eric J. Pedersen, Robert Kurzban und Michael E. McCullough, die in der Mai-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen wird, räumt massiv mit dem Mythos der altruistischen Bestrafer, ja mit dem Mythos des sozialen Menschen als solchem auf. In drei verschiedenen Experimenten mit 315 Studenten, 538 Bürgern und abermals 394 Studenten, können die Autoren nicht nur zeigen, dass es kaum altruistische Bestrafung gibt, sondern sie können auch zeigen, dass die wenigen Personen, die Dritte bestrafen, ohne dass sie etwas davon haben, von einem ganz eigenen Motiv getrieben sind: Neid.

Wenn die Probanden in den Experimenten der drei Autoren mit einer Situation konfrontiert waren, in der sie eine ungerechte Behandlung von O durch D beobachteten und ihnen anschließend die Möglichkeit gegeben wurde, die ungerechte Behandlung von O durch eine altruistische Bestrafung von D zu “revidieren”, dann zeigte sich, dass nur ein sehr kleiner Teil der Probanden ein Interesse daran hatte, zu bestrafen: “…humans do not impose meaningful amounts of third-party punishment on behalf of absolute strangers. The nominal and statistically non-significant amount of punishment we did observe was apparently motivated by envy because of a comparatively unfavourable personal outcome rather than by moralistic anger” (6-7).

Das ist ein vernichtendes Zeugnis für Gutmenschen, die ausnahmslos behaupten, im altruistischen Dienst am Nächsten, an der Gemeinschaft oder an was auch immer unterwegs zu sein und die darüber hinaus die Bestrafung Dritter fordern, die ihre Mission als Gutmensch als “Schädlinge” an der Gemeinschaft oder als unfair oder als was auch immer identifiziert hat. Dahinter, so zeigen die Ergebnisse von Pedersen, Kurzban und McCullough steht blanker Neid, Neid, weil die nämlichen Gutmenschen im Hinblick auf Ressourcen, die sie sehr hoch einschätzen, schlechter abgeschnitten haben, als ihr Opfer, das Sie zum Feinde der Gemeinschaft stilisiert haben, um ihren Neid auszuleben.

Diese Erklärung hat Gutmenschen zum Gegenstand, die sich einen unmittelbaren Vorteil (und wenn er nur darin besteht, sich erleichtert und anderen schlecht gemacht zu haben) versprechen, wenn sie ihren Neid auf andere, zumeist in Form derogativer Ausbrüche gegenüber denjenigen, die gerade am öffentlichen Pranger stehen, öffentlich machen. Darüber hinaus gibt es noch eine Gruppe von opportunistischen Gutmenschen, die sich z.B. in Parteien finden und die ihren Nutzen daraus ziehen, dass sie den beschriebenen Neid ausnutzen wollen, um ihre ideologischen Ziele zu verwirklichen, indem sie z.B. eine höhere Besteuerung von “Besserverdienenden”, wer auch immer sie sein mögen, fordern. Was moralisch verwerflicher ist, den eigenen Neid als “Sorge um die Gemeinschaft” zu verpacken oder diesen Neid für die eigenen ideologischen Zwecke auszunutzen, ist eine Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss.

Pedersen, Eric J., Kurzban, Robert & McCullough, Michael E. (2013). Do Humans Really Punish Altruistically? A Closer Look. Proceedings of the Royal Society B: Biological Science.
doi://dx.doi.org//10.1098/rspb-2012.2723

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