Blanker Rassismus: FU-Berlin betreibt offene Diskriminierung

von Dr. habil. Heike Diefenbach und Michael Klein

Die Diskriminierung von Männern ist gängige Praxis an Universitäten, jedenfalls an den deutschen Universitäten, an denen das Professorinnenprogramm umgesetzt wird und männliche Bewerber explizit von der Bewerbung auf Professuren ausgeschlossen werden. Mit 150 Millionen Euro finanziert das Bundesministerim für Bildung und Forschung diese offene Diskriminierung.

fu_logoDer FU-Berlin geht diese Form der Diskriminierung offensichtlich nicht weit genug. In einer unglaublich offenen und dummen Art und Weise werden an der FU-Berlin “Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten”, “chronisch Kranke”, Behinderte” “internationale Stduenten” und selbstverständlich “Studenten mit Migrationshintergrund” als Problemstudenten stereotypisiert und als Konsequenz diskriminiert, und zwar in einer Art und Weise, die man kaum mehr von Rassismus unterscheiden kann.

Edwin M. Lemert hat vor Jahrzehnten (es war im Jahre 1951) den Begriff der sekundären Devianz eingeführt. Sekundäre Devianz folgt – logischer Weise – der primären Devianz, also einer Abweichung in Form von (je nach Zeitgeist) Homosexualität, Kriminalität, Drogengebrauch usw. Als Folge seiner Abweichung wird der Abweichende als deviant stigmatisiert, und: „Ist das Individuum einmal als deviant stigmatisiert oder etikettiert, dann wird es durch die Reaktion der anderen, konformen Mitglieder der Gemeinschaft gezwungen, sich mit diesem Etikett auseinanderzusetzen. Eine wichtige Rolle spielt deren Stereotyp von Devianz, ihre Vorstellung von dem, was Abweichung ist und wie man sich einem Abweicher gegenüber zu benehmen habe“ (Lemert, 1975, S.435). Ist ein Devianter auf Grund einer primären Devianz erst einmal als Devianter stereotypisiert, dann folgt die sekundäre Devianz quasi automatisch, da die Konformen es dem Devianten durch Stereotypisierung verwehren, sich in die Normalgesellschaft wieder einzugliedern.

Edwin M LehnertWas derzeit an der FU-Berlin geschieht, ist in unseren Worten eine sekundäre Stereotypisierung, analog zur sekundären Devianz, wie sie Lemert formuliert hat. Die sekundäre Stereotypisierung weicht insofern von der Beschreibung Lemerts ab, als Devianz bei Lemert eine abweichende Handlung durch einen Devianten voraussetzt. Die FU-Berlin hat die Handlungen von Individuen durch Zuschreibungen ersetzt. Man muss nicht mehr deviant sein, man wird zum Devianten gemacht, zum besonders Pflegebedürftigen, zum Abweichler von der (Mittelschichts-)Norm, die man an der FU-Berlin als essentielle Wahrheit zementieren will. Damit erfüllt die FU-Berlin alle Kriterien von Rassismus, und der Gegenstand dieses Rassismus, dieser sekundären Stereotypisierung sind Studenten aus Nichtakademiker-Haushalten, behinderte Studenten und Studenten mit Migrationshintergrund. Sie alle, so wollen es die Didaktischen Empfehlungen zur “Diversität in der Lehre”, über die sich bereits Dr. Dr. Peter Riedlberger auf Telepolis aufgeregt hat, sind besonderer Pflege bedürftig, denn sie sind anders.

Wie so oft, wenn offen diskriminiert werden, ja, wenn andere zum Gegenstand von Rassismus werden, steht Diversität Pate. So ist es im Professorinnenprogramm, mit dem vermeintlich Diversität hergestellt werden soll, so ist es bei den Didaktischen Empfehlungen der FU-Berlin, mit der Diversität behandelt werden soll. Beiden ist die Willkür gemeinsam, die der je spezifischen Definition von Diversität unterliegt. Während im Professorinnenprogramm Geschlecht als Merkmal von Diversität gilt, ist die Liste der Abweichung, die die FU-Berlin bemüht, länger, umfasst die soziale Herkunft, umfasst Behinderungen aller Art, und sie umfasst die ethnische Herkunft. Interessanter Weise sind mentale und kognitive Fähigkeiten, die an Universitäten von besonderer Bedeutung sein sollten, kein Gegenstand, der problematisiert werden soll.

Hund_RassismusSo wäre es doch naheliegend, didaktische Empfehlungen zum Nachhilfe-Unterricht für Mittelschichtskinder, die kognitiv dem Lehrstoff nicht folgen können, anzubieten, aber auf diese Idee kommen die Mittelschichtsangehörigen, die an der FU u.a. die soziale und ethnische Zugehörigkeit problematisieren, nicht. Sie sind Essentialisten, sie sehen Diversität als einerseits vererbt und entsprechend nicht veränderbar und andererseits als Ausdruck von Mangel: Arbeiterkind = abweichend von der Mittelschichtsnormalität und somit problematisch, Migrantenkind = abweichend von der Mittelschichtsnormalität und somit problematisch, Sehbinderter = abweichend von der Mittelschichtsnormalität und somit problematisch, Höhrbehinderter = abweichend von der Mittelschichtsnormalität und somit problematisch, Gehbehinderter = abweichend von der Mittelschichtsnormalität und somit problematisch usw. usf. Man beachte, dass die Problematisierung von Diversität mit einer Hierarchisierung einhergeht, denn die Probleme entstehen aus der Abweichung von der Mittelschichtsnormalität, die als non plus ultra gesetzt wird. Das nennt man normalerweise Rassismus, wir nennen es zudem sekundäre Stereotypisierung, weil dieser Begriff deutlich macht, dass Dritten etwas angetan wird.

Studenten mit Migrationshintergrund, Studenten aus Nichtakademiker-Haushalten, Hör-, Seh- und Gehbehinderte werden von den Verantwortlichen an der FU-Berlin, die sich nach unserer Ansicht als Rassisten qualifizieren, als Problemkinder stigmatisiert, die einer besonderen Behandlung bedürfen. Die Stigmatisierung erfolgt nicht etwa auf Grundlage von Verhalten, von Leistungsdefiziten, nein die Leistungsdefizite werden den entsprechenden Studenten aufgrund ihrer vermeintlichen Andersartigkeit askribiert. Sie sind ein Problem für Universitäten, weil sie einen Migrationshintergrund haben, weil sie aus Nichtakademiker-Haushalten kommen, weil sie Hör-, Geh- oder Sehbehindert, weil sie anders sind. Zu keinem Zeitpunkt kommt den Verantwortlichen an der FU-Berlin der Gedanke, man müsse erst prüfen, ob jemand ein Problem an der Universität hat und entsprechend die Wirklichkeit konsultieren. Zu keinem Zeitpunkt kommen sie auf die Idee, dass die Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten, mit Migrationshintergrund, mit Hör-, Geh- oder Sehbehinderung offensichtlich so leistungsfähig, so resilient gegen Versuche der Stereotypisierung durch Mittelschichts-Gutmeiner sind, dass sie es bis an die Universität geschafft haben, obwohl man bereits in Grundschulen versucht, sie mit Verweis auf ihre Herkunft und ihr Elternhaus und ihre Probleme, vom Besuch weiterführender Schulen abzuhalten (z.B. im Rahmen der Grundschulempfehlung). Weil diese “primäre Stereotypisierung” offensichtlich nicht funktioniert hat, weil es die entsprechenden Kinder dennoch auf die Universität geschafft haben, werden sie nunmehr zum Opfer sekundärer Stereotypisierung, in einer besonders perfiden Art und Weise, die die Vorurteile, den Rassismus offenlegt, den Mittelschichts-Gutmeiner anderen entgegentragen.

Ein Blick auf die Didaktischen Empfehlungen für Dozenten genügt:

  • Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten stellen nach Meinung der Mittelschichts-Rassisten häufig “dumme Fragen”, nur so macht der Hinweis Sinn, Dozenten sollten den entsprechenden Kindern aus Nichtakademiker-Haushalten sagen, dass es keine “dummen Fragen” gebe. Kinder mit Migrationshintergrund sind genauso dumm, denn bei ihnen findet sich derselbe Hinweis.
  • Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten sind illiterat, flegmatisch und lernbehindert, denn sie sind nach Ansicht der Mittelschichts-Rassisten nicht in der Lage, Fremdwörter und Fachbegriffe zu verstehen, es ist ausgeschlossen, dass sie entsprechende Begriffe kennen und noch mehr ausgeschlossen ist es, dass sie, wenn sie die Begriffe nicht kennen, die entsprechenden Begriffe nachschlagen. Sie sind eben Angehörige einer zurückgebliebenden Spezies, die man mit besonderer Sorgfalt anfassen muss.
  • Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten und mit Migrationshintergrund sind nach Ansicht von Mittelschichtler-Rassisten zu schüchtern, um sich zu Wort zu melden und erstarren vor Ehrfurcht, wenn sie die Mittelschichtsbildungs-Institution “Universität” betreten, diese fremde Welt voller genialer Mittelschichts-Dozenten und Mittelschichtsstudenten. Und während sie erstarren, beginnen sie zu zweifeln, und deshalb muss man ihnen sagen, dass “sie in der Hochschule genau am richtigen Ort sind, sich für das richtige Studienfach entschieden haben”. Paternalistischer und dümmer geht es nicht mehr.

NichtakademikerhaushaltWir sind beide Kinder aus Arbeiterfamilien, diejenigen, die mit dem Hinweis auf die “Nichtakademiker-Haushalte” eigentlich gemeint sind, diejenigen, von denen die Mittelschichts-Rassisten denken, dass sie an Universitäten eigentlich völlig fehl am Platze sind, aber wo sie schon einmal da sind, ganze 15% von Ihnen nach der neuesten Erhebung des Studentenwerks, kann man sie sich auch zu Nutze machen und Projektgelder für die Förderung all dieser Behinderten einsetzen, all derjenigen, die von der Mittelschichtsnorm abweichen, die ein Merkmal aufweisen, das für Mittelschichts-Rassisten als Behinderung gilt, also: soziale, ethnische Herkunft, körperliche Behinderung, chronische Erkrankung oder Geburt im Ausland, um sich selbst ein entsprechendes Auskommen zu sichern. Derrartiger Paternalismus, derartiger Rassismus, der nur dazu dient, sich selbst auf Kosten Dritter zu produzieren, ist widerwärtig, dumm und schon einmal da gewesen.

FU_EmpfehlungenMan sieht es Arbeiterkindern in der Regel nicht an, dass sie aus Arbeiterfamilien kommen. Man sieht es Kindern mit Migrationshintergrund nach nunmehr vier Generationen in der Regel nicht an, dass ihre Ur-Großeltern aus der Türkei oder Griechenland oder Spanien eingewandert sind. Man sieht es Hörgeschädigten nicht an, dass sie schlecht hören, Sehgeschädigten in der Regel nicht, dass sie schlecht sehen, internationalen Studenten nicht, dass sie aus dem Ausland kommen. Diese Nicht-Visibilität haben all diese Gruppen, die man an der FU-Berlin auserkohren hat, um sie als Problemkinder zu stigmatisieren, gemeinsam. Wie also erkennt man als Dozent, der all die hehren Vorschläge beherzigen soll, die die Mittelschichts-Gutmeiner zusammengeschustert haben, die Zielgruppe? Ein gelber Stern wäre eine Möglichkeit. Aber gelbe Sterne sind aufgrund ihrer Geschichte obsolet. Man könnte unterschiedliche Farben von Sternen verteilen, grüne Sterne für Migrationshintergrund, rote für Arbeiterkinder, schwarze für Sehbehinderte usw., aber selbst das haben die Nazis bereits diskreditiert.

Die Problematik, die sich mit der Identifizierung der Problemkinder verbindet, zeigt abschließend und deutlich, dass die “Didaktischen Empfehlungen” blanker Rassismus sind, der auf Essentialismus aufbaut, wie ihn auch die Nazis hatten. Somit stellt sich abschließend die Frage, wie viele Generationen man zurückgehen muss, um z.B. eine soziale Abstammung, die keinen Migrationshintergrund mehr beinhaltet bzw. arbeiterfrei ist, nachzuweisen. Drei? Zwei? Sicher haben die Verantwortlichen an der FU-Berlin auf diese Frage eine Antwort.

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