“MEHR Männer in Kitas” – Ein Rohrkrepierer

Trotz des derzeitig herrschenden Interregnum gibt es zuweilen Pressemeldungen, deren Zweck wohl darin bestehen soll, das Vorhandensein reger Aktivität in Ministerien vorzutäuschen oder zu belegen. Eine solche Pressemeldung stammt vom 9. Oktober und kommt aus dem Hause, das sich vornehmlich allen außer Männern widmet, was auch besser ist, denn wenn sich das BMFSFJ mit Männern oder Jungen beschäftigt, dann ausschließlich zu Zwecken der Umerziehung.

Maenner in Kitas 2Das, wenn man so will, Flagschiff der Umerziehung ist der Versuch, mehr Männern dazu zu bewegen, sich in Kindertagesstätten zu verdingen, “MEHR Männer in Kitas” in der infantilen Sprache, die man beim BMFSFJ bevorzugt. Entsprechend ist man seit Jahren bemüht, mehr Männer in die schlecht bezahlten und vermutlich wenig fordernden Jobs in Kindertagesstätten zu bekommen, und aktuell gibt es die besagte Pressemeldung, die wohl als Erfolgsmeldung gedacht ist.

Die Initiative “MEHR Männer in Kitas”, bei der bereits der Name für fehlende Ernsthaftigkeit steht, hat eine erste Erkenntnis erbracht: “Immer mehr Eltern wünschen sich auch männliche Erzieher für ihre Kinder”. Offensichtlich sind es so viele “mehr Eltern”, dass man ihre Zahl nicht mehr mit den Möglichkeiten arabischer Ziffern abbilden kann, weshalb gänzlich auf die Nennung verzichtet wird (Auch die Quelle der Erkenntnis fehlt. Es ist halt eine offizielle Pressemeldung und damit der amtliche Versuch, ohne die Angabe von Belegen mit schlichten Behauptungen und verdrehten Fakten, einen bestimmten Eindruck zu erwecken.).

Die Initiative “MEHR Männer in Kitas” hat bundesweit 16 Modellprojekte auf die Beine gestellt und mehr als 210.000 Interessierte und Eltern sollen erreicht worden sein. Ein Grund zum Feiern für Lutz Stroppe, Staatssekretär im BMFSFJ: “Mit der Initiative ‘MEHR Männer in Kitas’ haben wir wichtige Pionierarbeit geleitet. Nun gilt es, den positiven Trend zu verstetigen”, so sagt er und fährt fort: “Insgesamt wollen wir die Qualität von Betreuung, Erziehung und Bildung in den Kitas verbessern. Dazu müssen wir den Erzieherberuf aufwerten – von der Ausbildung über Qualifizierungsmöglichkeiten bis zur Vergütung”.

Maenner in kitas 3Man sieht, eine infantile Sprache ist im BMFSFJ durchweg verbreitet. Selbst gestandene Staatssekretäre retardieren, wenn es um Kinderbetreuung geht. Wie wichtig die Pionierarbeit gewesen sein muss, zeigt sich daran, dass die Verhältnisse in Kindertagesstätten nach wie vor schlimm sein müssen, wenn selbst ein Staatssekretär der Ansicht ist, man müsse nun wirklich die Qualität von Betreuung, Erziehung und BIldung in den “Kitas” verbessern. Und weil man das mit dem derzeitigen, zu 97% weiblichen Personal nicht zu können scheint, müssen leistungsfähige Fachkräfte, die man nicht so billig bekommt, wie das derzeitige Personal, geworben werden.

Ist die Initiative “MEHR Männer in Kitas” gar aus der Not geboren? Steht dahinter die EInsicht, dass nur männliches Fachpersonal die Misere in Kindertagesstätten beseitigen und die Qualität von Betreuung, Erziehung und Bildung zu verbessern vermag?

Wie dem auch sei, die Erfolge der Initiative “MEHR Männer in Kitas” sind eher dürftig. 13 Millionen Euro haben der Europäische Sozialfonds und das BMFSFJ in die Initiative gesteckt und die Erfolgsmeldung, die Lutz Strobbe am 9. Oktober zu verkünden hat, liest sich eher wie der Versuch, eine Leiche als Performance-Künstler zu verkaufen:

“Drei Jahre nach Start des Modellprojekts sind bundesweit rund 20.000 Männer in Kindertagesstätten tätig, davon gut drei Viertel als ausgebildetet Fachkräfte. Damit konnte seit Beginn des Modellprogramms “MEHR Männer in Kitas” die Zahl der Erzieher um mehr als die Hälfte gesteigert werden. Berücksichtigt man die durchschnittliche Ausbildungszeit von drei Jahren, wird sich der Anteil der männlichen Erzieher von derzeit 3,6 Prozent bei Anhalten des Trends weiter erhöhen”.

Ich mag besonders den letzten Satz, der mit viel Brimborium nichts anderes als eine Leerformel darstellt, denn auch wenn man die durchschnittliche Ausbildungzeit nicht berücksichtigt, wird dann, wenn die Anzahl der männlichen Erzieher weiter steigt, festzustellen sein, dass die Anzahl der männlichen Erzieher weiter steigt, selbst im BMFSFJ wird dies festzustellen sein – vermutlich…

Koordinationsstelle Maenner in kitasFast verschämt kommen die 3,6% männliche Erzieher in Kindertagesstätten daher. Und die Erfolgsbilanz wird auch nicht besser, wenn man berücksichtigt, dass die Forschung der Koordinationsstelle Männer in Kitas für 2012 einen Anteil von 3,8% männlicher Erzieher berechnet hat, die neuerlichen Zahlen für 2013 also einen Rückgang um 0,2% zeigen und somit eine Umkehrung des Trends.

Aber ich will mich gar nicht mit dem Kleinklein aufhalten und auch nicht fragen, ob ein Anstieg von 2,4% auf 3,6 Prozent einen Erfolg darstellt. Das wäre doch gar zu kleinlich. Wenn sich das BMFSFJ über 3,6 Prozent freuen will und daraus einen Erfolg ableiten will, dann sollten wir die Herrschaften (was ist eigentlich der Gender korrekte Begriff für Herrschaft? Geschlechtschaft? Mann- und Frauschaft? Grafschaft? Damschaft?) dort lassen. Manche backen eben kleine Brötchen, sehr kleine Brötchen und müssen auch mit nichts oder ganz wenig zufrieden sein.

Dennoch kann ich es mir nicht verkneifen, die Erfolgs-Entwicklung des Programms “MEHR Männer in Kitas” in Zahlen und einer Abbildung zu dokumentieren. Nutzt man die Daten des Statistischen Bundesamts, nämlich die Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe: Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege am 01.03.2010 sowie dieselben Daten für das Jahr 2013, dann lassen sich die in der Abbildung dargestellten Trends berechnen.

Maenner in Kitas anzahl

Wie man sieht erfolgt in Kindertagesstätten derzeit ein Personalzuwachs von jährlich rund 20.237 Angestellten. Darunter finden sich jährlich rund 1.600 Männer. Das Projekt “MEHR Männer in Kitas läuft seit nunmehr drei Jahren (und jetzt aus), drei Jahre, in denen mindestens 13 Millionen Euro aus Steuermitteln verbraten wurden. Geht man davon aus, dass der berechnete Trend nichts mit dem Programm zu tun hat, denn der jährliche Zuwachs an Männern unter dem Personal der Kindertagesstätten zeigt sich seit 2006 und nimmt die drei Jahre Projektlaufzeit als Grundlage, dann sind seit 2010 8.708 Männer als neue Mitarbeiter in Kindertagesstätten, ob in einer Verwaltungs- oder einer Betreuungsfunktion hinzugekommen. Subtrahiert man den normalen Trendzuwachs von 4,800 Männer ( 3 * 1.600 ) dann ergibt sich ein Zuwachs von 3.908 Männern, der auf die Initiative “MEHR Männer in Kitas” zurückgeführt werden kann oder könnte. Bei einem Einsatz von Steuergeldern in Höhe von 13 Millionen Euro wurde jede neue von einem Mann besetzte Stelle in einer Kindestagesstätte damit mit 3.326 Euro subventioniert, viel Geld für wenig Sichtbares.

Aber wenn es um Ideologie geht, dann wird mit Steuergeldern hantiert als fiele das Geld vom Himmel. Mehr noch: Der ganz offensichtlich gescheiterte Versuch, Männer für die Arbeit in Kindertagesstätten zu begeistern, wird zum Erfolg uminterpretiert und selbst prozentuale Rückgänge durch einen Wechsel der Prozentuierungsbasis zu steigenden Tendenzen umgedeutet. Wenn es um die Ideologie geht, dann bleibt keine Möglichkeit, die Wahrheit zu beugen, ungenutzt, und Fakten wie z.B. die, dass der stärkste Zuwachs an Männern, der in Kindertagesstätten zwischen 2010 und 2013 zu beobachten ist, zum einen auf der Leitungsebene zu beobachten (anteilig) ist, zum anderen bei den Zweit- bzw. Extrakräften (zahlenmäßig), also bei Aushilfskräften, fallen eben einmal unter den Tisch.

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