Die Nutznießer der Diffamierungs-Spirale: Vielfalt macht Schule

In einem der letzten Posts haben wir unsere Theorie der Diffamierungs-Spirale aufgestellt. Wie die Zugriffszahlen auf diesen Beitrag zeigen, die ihn mit rund 10.000 Lesern schon jetzt auf Platz 5 der ScienceFiles-All-Times-Charts katapultiert haben, haben wir mit der Diffamierungs-Spirale einen Nerv getroffen.

black hole spiralDer Kern der Diffamierungs-Spirale besteht darin, dass ein öffenlicher Diskurs, der mit Argumenten begonnen wird, von Politikern oder anderen, die mit einer PR-Abteilung ausgestattet sind, die direkten Zugriff auf die Meldungen von öffentlich-rechtlichen und auch vielen Print-Medien zu haben scheinen, gekapert wird. Die Form, in der die bis dahin sachliche Diskussion übernommen wird, ist dabei immer dieselbe: Die Urheber der Argumente werden mit ad-hominem Fehlschlüssen als “rechts”, “homophob”, “anti-XY”, “faschistisch” oder welche Form der Diskreditierung gerade in Mode ist, belegt. Ein weiteres Kriterium, das denjenigen identifiziert, der die Diffamierungs-Spirale zu seinen Gunsten anstoßen will, besteht darin, dass er keinerlei Begründung angibt. Seine Behauptungen, etwas oder jemand sei “rechts”, “homophob”, “anti-XY” oder “faschistisch” bleiben unbegründet.

Regelmäßig folgt dieser affektiven Übernahme eines bis dato rationalen Diskurses ein entsprechender Aufschrei in den Medien (in Kommentar- oder Enthüllungsform), gefolgt von dem Auftreten eines Affektiven-Mobs, dem es nur darum geht, andere mit den bereitgestellten Begriffen, also als “rechts”, “homophob”, “anti-XY” oder “faschistisch” zu belegen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Gegenstand, der ursprünglich behandelt wurde, vergessen oder unbekannt, es geht nicht um eine rationale Auseinandersetzung, sondern darum, seine eigene Zugehörigkeit zur Gruppe der Guten in Abgrenzung zur Gruppe der Rechten, der Homophoben, der Ant-XYs oder der Faschisten deutlich zu machen.

Egal, wie berechtigt oder unberechtig das ursprüngliche Anliegen auch war, eine rationale Auseinandersetzung darüber ist nicht mehr möglich. Im öffentlichen Diskurs herrscht der Affekt mit seiner ganzen Irrationalität.

Die beschriebene Form der Diffamierungs-Spirale zeigt sich häufig, und wer Diskurse verfolgt, kann sie in vielen Bereichen am Werk sehen. Besonders wirkungsvoll sind derzeit Begriffe wie “rechtsextremistisch”, “rechte Männlichkeit”, “Maskulismus” usw.

Nun stellt sich die Frage: Wer profitiert von Diffamierungs-Spiralen?

Profiteure kommen in drei Formen vor:

  • Politiker oder wer auch immer die Diffamierungs-Spirale lostritt, profitieren, weil es ihnen damit gelingt, eine rationale Diskussion über ihre Politiken oder Sachprobleme zu verhindern. Entsprechend können sie ungeachtet aller Gegenargumente gegen z.B. die Auswirkungen ihrer Politiken weiter wurschteln.
  • Die affektiven Mitläufer der Diffamierungs-Spirale profitieren durch die Übernahme einer sozialen Identität, wie dies Tajfel und Turner beschrieben haben. Da ihnen im täglichen Leben eine stabile personale Identität fehlt, können derart affektiv getriebene Menschen sich nur über die Gruppenzuordnung ein Bild von sich selbst machen
  • dissensSchließlich gibt es noch direkte Profiteure der Diffamierungs-Spirale, solche, die davon leben, dass sie Programme entwickeln, um diejenigen, die mit einer Diffamierungs-Spirale als fiktive Gegner aufgebaut werden, zu bekämpfen oder der Verbreitung der entsprechend aufgebauten Schlechtigkeit entgegen zu treten.

Die zuletzt genannten Profiteure stehen in einer sich gegenseitig verstärktenden Nutznießer-Beziehung zu Politikern. Denn haben Politiker gerade wieder z.B. mit einer Diffamierungs-Spirale dafür gesorgt, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, hinter jedem Baum lauere ein Kinderschänder, man können nicht mehr unbehelligt durch Innenstädte laufen, weil Neonazis einem auflauern, man müsse massiv gegen Rechtsextremismus vorgehen, weil Rechtsextreme großen Zulauf hätten oder in deutschen Ehen sei es an der Tagesordnung, dass der “Haustyrann” sein Ehefrau-Opfer verprügelt, dann ist der nächste Schritt natürlich auch klar. Es werden Mittel bereit gestellt, um die beschriebenen Schrecklichkeiten zu beseitigen oder, wie es regelmäßig heißt, präventiv zu wirken.

Prävention ist eine tolle Sache, denn man muss weder zeigen, dass das, was verhindert werden soll, überhaupt in relevantem Maße derzeit vorhanden ist, bereits das Zerrbild einer phantasierten Gefahr reicht hin, noch muss man zeigen, dass die Präventionsmaßnahmen sinnvoll oder wirkungsvoll sind, denn man tut ja mit Prävention sein Bestes und wenn es nicht klappt, dann war das Präventionsopfer eben renitent.

Dazu ein Fallbeispiel:

vielfalt macht schuleVielfalt_Macht_Schule so heißt ein Projekt, das von Dissens e.V. getragen und aus dem Bundesprogramm “Toleranz fördern – Kompetenz stärken” gefördert wird. Letzteres Programm ist eine Reaktion auf die vielfältig beschworene allgegenwärtige Gefahr des Rechtsextremismus und die Tatsache, dass sich manche Deutsche das Recht nehmen, Homosexualität für sich abzulehnen. Kompetenz stärken ist entsprechend mit, das Nachplappern, was politisch korrekt ist, zu übersetzen. Dieses Bundesprogramm ist somit eine Reaktion auf eine Diffamierungs-Spirale in deren Verlauf eine Hysterie im Hinblick auf z.B: Rechtsextremismus erzeugt wurde, die nunmehr ausgenutzt wird, um Programme aufzulegen und Projekte wie “Vielfalt_Macht_Schule” zu finanzieren.

Vielfalt_Macht_Schule dient der Geschlechter reflektierenden Arbeit an Schulen und der Prävention von Rechtsextremismus und richtet sich mit einer Fortbildungsreihe, die pro Person 56 Euro kostet, sich über drei Blöcke erstreckt und 8 Tage erstreckt, an Lehrer. Durchgeführt wird die Fortbildungsreihe von Olaf Stuve und Katarina Debus von Dissens, die ihren Lebensunterhalt mit entsprechenden Fortbildungsreihen verdienen.

Die drei Module, aus denen die Fortbildungsreihe besteht, dienen dem Kennenlernen und der Einführung in relevante Themenfelder wie Neonazismus, Geschlecht und geschlechterreflektierte Pädagogik (Modul 1), der Diskussion über Männlichkeits- und Weiblichkeitsanforderungen und deren Bedeutung für pädagogisches Handeln (Modul 2) sowie der freien Diskussion von “offenen Themen” (Modul 3). [Welche Qualifikation die beiden Durchführenden im Hinblick auf die entsprechenden Themen haben, ist vollkommen unklar, wenngleich für Modul 3 nicht weiter relevant.]

Toleranz foerdernDie Rechtfertigung für die Fortbildung leitet sich daraus ab, dass sich “herausgestellt” hat, dass “geschlechterreflektierende Ansätze” in der “Neonazismusprävention” “fehlen bzw. zu entwickeln sind”. Man sieht hier deutlich, dass keinerlei Begründung dafür notwendig ist, warum man geschlechterreflexiv, was auch immer das sein soll, sein muss, welcher Nutzen und welche Konsequenzen daraus entstehen. Es reicht, das Fehlen zu bemerken und schon hat man eine Finanzierung durch das Bundesprogramm, das “Kompetenz stärken” will, wessen auch immer, sicher.

Die wissenschaftliche Fundierung des Projekts findet sich auf der Seite “Vielfalt_Macht_Schule” in genau zwei Beiträgen, einer füllt gerade einmal eine Seite und ist in E&W der Zeitschrift der GEW Niedersachsen veröffentlicht, ein anderer umfasst immerhin fünf Seiten und ist in der Offenen Jugendarbeit 4/2012 erschienen.

Verfasst haben den Text “(R)echte Kerle? Geschlechterreflektierende Pädagogik als Prävention von Rechtsextremismus” Juliane Lang und Vivien Laumann, also nicht die beiden, die nunmehr die Fortbildungseminare auf dieser Grundlage durchführen. Beide Texte sollen wohl so etwas wie eine wissenschaftliche Fundierung vorgaukeln, vorgaukeln deshalb, weil der Text in E&W nicht mehr als ein Werbetext für die Fortbildung ist, während der Text in der Offenen Jugendarbeit so redundant ist, dass man die fünf Seiten auf wenige Aussagen zusammenfassen kann:

logo offene Jugendarbeit
Gefördert durch das BMFSFJ – wie könnte es auch anders sein?

Rechte, Rechtsextreme oder rechtsxtreme Parteien, so genau wissen das die Verfasserinnen offensichtlich auch nicht, aber irgend etwas wird schon zutreffen (wozu bemühen sich eigentlich Politikwissenschaftler, die im Bereich des Rechtsextremismus forschen, ihren Gegenstand von dem abzugrenzen, was als Neue Rechte, rechte Ideologie oder auch nur Konservatismus bekannt ist, der zuweilen auch als rechts gilt?), diese Recht(sextrem)en wirken auf Jugendliche, und zwar männliche und weibliche Jugendliche deshalb attraktiv, weil sie feste Rollenbilder von Männlichkeit und Weiblichkeit vermitteln sollen. Während Autoren wie Lang und Laumann wissen, dass ja alles, vor allem die Sexualität und die Geschlechtsrollen immer differenzierter und vielfältiger, ja diverser wird und Jugendliche überfordert sind, mit all den Ansprüchen, die die so komplexe deutsche (Sprach-)Welt an sie stellt, wissen Rechtsextreme dies auszunutzen, so die Autoren.

Rechtsextreme (oder Rechte oder wer auch immer) bieten klare Bilder von Männlichkeit (die Weiblichkeit ist im Text verloren gegangen). Männlichkeit (also rechte oder falsche Männlichkeit) ist dann gegeben, wenn Männer Stärke zeigen müssen, wenn sie in der Lage sein müssen, eigene Schwächen selbst zu überwinden (also ohne die Hilfe von Leuten wie Lang und Laumann), wenn sie wehrhaft sein müssen (was auch immer das sein mag) und finanzielle Potenz besitzen müssen, bevor sie eine Familie gründen (wo im Zeitalter des Transfers doch jeder darauf vertrauen kann, die eigene Fortpflanzung durch die Gesellschaft finanziert zu bekommen). Dies also ist das, was es durch geschlechterreflektierende Pädagogik zu bekämpfen gilt, auf dass es für Schüler nicht attraktiv werde.

Und wie macht man das? Das ist das große Geheimnis derer, die diese Fortbildungsprogramme anbieten, die mit großer Sicherheit nicht evaluiert werden [Falls sich jemand findet, der z.B. an der Fortbildung im Jagdschloss Glienicke (Feburar, Mai und Juni jeweils zwei Tage) teilnimmt und uns seinen Erfahrungsbericht schicken will, wir freuen uns darauf.]. Aus dem vorhandenen Text lässt sich nur herausfinden, dass “eine Entlastung von Männlichkeitsanforderungen durch eine identitätskritische Jugendarbeit einen wichtigen Teil zu einer als Primärprävention verstandenen Rechtsextremismusprävention beitragen kann” (18).

Bemühen Sie sich nicht, den Sinn der nominalen Ansammlung im zweiten Teil der Wortsammlung zu erkunden. Es gibt keinen. Der zweite Teil dient einfach nur dem Begriffsdropping, mit dem sich die Autoren als kenntnisreich in was auch immer ausweisen wollen. Relevant am zitierten Unsinn ist lediglich die Entlastung von Männlichkeitsanforderungen, also davon, dass Jungen/Männer versuchen, Stärke gegenüber sich selbst und anderen zu beweisen, Schwächen selbst zu überwinden, sie nur dann eine Familie gründen, wenn sie es sich leisten können und dass sie wehrhaft (was auch immer es bedeuten mag) sind.

Und wie überwindet man diese rechten Männlichkeitsanforderungen? Durch, man lese und staune: eine nicht-diskriminierende und geschlechtergerechte Sprache (19) und durch Primärprävention, nicht etwa Sekundär- oder Tertiärprävention, obwohl sich damit mit Sicherheit auch ein Auskommen sichern ließe.

Der Fall beschreibt in drastischer Weise, wie auf der Basis einer behaupteten Lücke, von der niemand weiß, ob sie überhaupt relevant wäre, selbst wenn es sie gäbe, die Notwendigkeit konstruiert wird, eine Fortbildung für Lehrer zu konzipieren, die offensichtlich auf keinerlei wissenschaftlicher Basis beruht: Niemand weiß, wozu außer den Dissens e.V.lern ein Auskommen zu sichern, sie eigentlich dienen soll, was sie bewirken soll, ob sie notwendig ist usw. Die Tage auf dem Jagdschloss Glienicke werden also angefüllt sein von geschlechterreflektierendem Geschwätz und die Steuerzahler finanzieren dieses Geschwätz.

Sie tun es, weil eine Diffamierungs-Spirale inszeniert wurde, die gezeigt hat, wie notwendig dieses Geschwätz ist, und sie tun es, weil niemand sich um die Speckgürtel kümmert, die sich um BMBF und BMFSFJ angelagert haben (Was macht eigentlich der Bund der Steuerzahler?) und die mit obskuren Fortbildungsmaßnahmen einerseits nutznießen und andererseits dienlich sind, denn das Vorhandensein dieser Fortbildungsmaßnahmen rechtfertig die Diffamierungs-Spirale post-hoc: Gäbe es keine schrecklichen Probleme mit z.B. Rechten, Homophoben, Ant-XYs oder Faschisten, dann gäbe es doch sicher auch keine entsprechenden Fortbildungsseminare für Lehrer – oder?

Diese zirkuläre Logik, die einzig dem Missbrauch von Steuergeldern dient, ist die Grundlage dessen, was man als perpetuum mobile des Nutznießens bezeichnen kann.

©ScienceFiles

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