Die mysteriösen Finanzen der Hans-Böckler-Stiftung

Wer heute die Welt der Pressemeldungen, die von sich behaupten, aus der Wissenschaft zu stammen oder wissenschaftliche Ergebnisse zu verbreiten, querliest, der findet einen alten Ladenhüter, den diejenigen, die ihn an den Mann bringen wollen, so dringend loswerden wollen, dass sie ihn zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten in das Schaufenster ihres Etablissements stellen, um sich dann zu wundern, dass keine Kunden kommen.

logo_wsiDie Rede ist von den Frauen in den Chefetagen Europäischer Konzerne, in denen sie nach Erkenntnissen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung nur eine kleine Minderheit sind. “Noch extremer ist die Männerdominanz bei den Vorsitzenden der höchsten Entscheidungsgremien”, so wird lamentiert, ganz so als habe Geschlecht auch nur entfernt etwas mit Fähigkeit, Leistungsvermögen oder  Intelligenz zu tun. Aber scheinbar glaubt man das, bei der Hans-Böckler-Stiftung.

Lassen wir sie in ihrem Glauben und wenden wir uns der Frage zu, wer die Hans-Böckler-Stiftung eigentlich finanziert bzw. wie sich die Hans-Böckler-Stiftung finanziert – eine nicht ganz unerhebliche Frage, wenn man z.B. untersuchen will, warum sich die Hans-Böckler-Stiftung mit bestimmten Themen und nicht mit anderen Themen beschäftigt.

Zunächst zur Hans-Böckler-Stiftung als solcher. Was ist die Hans-Böckler-Stiftung eigentlich? Die offizielle Selbstbeschreibung hilft hier weiter:

“Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderwerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Die Stiftung arbeitet mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB projektbezogen zusammen, ist aber nicht von ihnen abhängig.”

Damit das klar ist: Die Hans-Böckler-Stiftung gehört organisatorisch zum Deutschen Gewerkschaftsbund. Mit ver.di oder der GEW arbeitet man zusammen, aber daraus erwachsen keine Ansprüche der Einzelgewerkschaften auf z.B. das bei der Hans-Böckler-Stiftung gehortete Kapital.

Und vermutlich, weil ver.di und GEW nicht zu trauen ist, hält die Hans-Böckler-Stiftung ihre Finanzen weitgehend geheim. Die offizielle Verlautbarung zu den Finanzen der Hans-Böckler-Stiftung liest sich wie folgt:

“Der Jahresetat [2011] der Hans-Böckler-Stiftung beträgt rund 55 Millionen Euro. Zwei Drittel davon stammen aus den Beiträgen der Förderer. Den größten Posten auf der Ausgabenseite bilden die Förderbeträge für Studierende mit gut 20 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln”.

logo_hbsNa wenn das keine Auskunft ist! Die Bilanz der Hans-Böckler-Stiftung lautet: Es gibt Einnahmen und Ausgaben. Nicht auszudenken irgend ein Unternehmen oder gar ein internationaler Konzern käme auf die Idee, seine Einnahmen und Ausgaben auf diese Art und Weise zu verschleiern, die Vermutung, hier solle Arbeitnehmern oder der Öffentlichkeit etwas Wichtiges vorenthalten werden oder hier seien dunkle Machenschaften am Werk, wäre sicher ganz schnell bei der Hand, sicher auch oder gerade von Seiten der Gewerkschaften.

Aber: Für manche unter den Gleichen gelten bekanntlich andere Regeln, und entsprechend findet man beim DGB wohl nichts dabei, die Finanzen der Hans-Böckler-Stiftung weitgehend vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Aber wir sind ungerecht. Die Hochglanzbroschüre, die der Außendarstellung dient, ist natürlich aufgepeppt und auszugsweise. Man will die Öffentlichkeit ja nicht mit Zahlen langweilen und hat sich die entsprechende Aufstellung für den Jahresbericht vorbehalten.

Nur, die Aussagen zu den Finanzen der Hans-Böckler-Stiftung, die der Jahresbericht enthält, sind auch nicht umfassender:

“Der Haushalt 2011/2012”, so steht am Seitenrand, “hatte ein Gesamtvolumen von 63,1 Mio. Euro”. Die Aussage wird ergänzt durch den folgenden Hinweis: “Gemäß Beschluss des DGB-Bundesausschusses führen Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten, Arbeitsdirektoren sowie Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer gewerkschaftlicher Unternehmen bestimmte Teile ihrer Vergütungen oder Einkünfte an die Hans-Böckler-Stiftung ab. Zusammen mit Zuwendungen sonstiger Förderer erreichten die Förderbeiträge 2011/12 ein Gesamtvolumen von 37,8 Mio. Euro”.

Um die Frage nach den “bestimmte[n] Teile[n]” zu klären, die die “Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten usw. abführen, um ein Gefühl für die Größenordnungen von Einkünften aus Aufsichtsratsmandaten zu bekommen, hier einige Informationen aus einem Arbeitspapier der Hans-Böckler-Stiftung:

  • einfache Aufsichtsratsmitglieder führen
    • BöcklerHansbei Vergütungen bis 3.500 Euro im Jahr pro Ausichtsratsmandat 10 Prozent des Bruttobetrages ab;
    • bei Vergütungen über 3.500 Euro bis 32.500 Euro sind zusätzlich zu dem unter Ziffer 1 genannten Betrag 95 Prozent der über 3.500 Euro liegenden Vergütungsbestandteile abzuführen;
    • bei Vergütungen über 32.500 Euro, ist alles, was über 32.500 Euro liegt, abzuführen;
  • Aufsichtsratsvorsitzende führen
    • bei Vergütungen bis 7.000 Euro im Jahr 10 Prozent des Bruttobetrages ab;
    • bei Vergütungen über 7.000 Euro bis 65.000 Euro werden zusätzlich 95% der über 7.000 Euro liegenden Vergütungsbeträge abgeführt;
    • bei Vergütungen über 65.000 Euro ist alles, was über 65.000 Euro liegt, abzuführen.

Die Summen, die von Gewerkschaftsfunktionären ganz nebenbei durch ihre Mitgliedschaft als Arbeitnehmervertreter in z.B. den Aufsichtsräten von Daimler (z.B: Jörg Hofmann oder Sabine Maaßen) oder der Deutschen Post DHL AG (z.B. Andrea Kocsis oder Andreas Schädler) bewegt werden, sind durchaus erheblich.

Allein die Abgaben an die Hans-Böckler-Stiftung summieren sich auf 37,8 Millionen Euro für das Bilanzierungsjahr 2011/2012, abzüglich der nicht ausgewiesenen Zuwendungen ungenannter “sonstiger Förderer”. Zu diesen 37,8 Millionen Euro tragen Steuerzahler über das Bundesministerium für Bildung und Forschung noch die Kleinigkeit von 22,2 Millionen Euro bei, so dass die Steuerzahler 35,2% der Mittel bereitstellen, die die Hans-Böckler-Stiftung verbraucht.

Von den 63,1 Millionen Gesamtvolumen des Jahreshaushalts 2011/2012  ist die Herkunft von nunmehr 60 Millionen Euro zumindest ansatzweise geklärt. Bleiben noch 3,1 Millionen Euro, die sich zu 0,8 Millionen über eingeworbene Drittmittel, von wem auch immer, erklären. Die nunmehr noch verbleibenden 2,3 Millionen Euro stammen zu 95,6% (2,2 Millionen) aus Zinseinnahmen, der Rest entstammt aus Rücklagen, die aufgelöst wurden.

labor-unionZinseinnahmen in Höhe von 2,2 Millionen Euro zeigen, dass die Hans-Böckler-Stiftung sich über die Jahre ihres Bestehens (seit 1977) zu einem kleinen Finanzimperium entwickelt hat, das über mehr Kapital(anlagen) verfügt als die meisten mittleren und kleinen Unternehmen als Jahresumsatz erwirtschaften. Selbst wenn man annimmt, dass die Geldanlagen der Hans-Böckler-Stiftung in konservativer Weise erfolgen, d.h. der Anteil des Kapitals, das in Aktienspekulationen investiert wird, eher gering ist, kommt man bei eben dieser konservativen Schätzung auf Basis eines Zinssatzes von nur rund 4% zu einem Guthaben von 55 Millionen Euro.

Wir sind bei unserer Berechnung davon ausgegangen, dass die Hans-Böckler-Stiftung als gemeinnützige Stiftung anerkannt ist und entsprechend keine Kapitalertragssteuer abführt.

Und gemeinnützig ist das, was die Hans-Böckler-Stiftung tut, natürlich, oder wollen Sie etwa auf die reguläre Veröffentlichung von Ladenhüter-Informationen über den Anteil von Frauen in Chefetagen verzichten? Oder auf die Durchführung von Fachtagungen wie:

  • WSI-Herbstforum 2011: Gespaltene Gesellschaft
  • Betriebsräte Tagung: Energiewende
  • Abrbeit – sicher aber fair!
  • Feministische Kritik in Zeiten der Prekarisierung
  • Aktionsforschung: Erfahrung, Kritik, Perspektiven
  • Betriebsräte als Innovationsbegleiter und Treiber betrieblicher Innovationsprozesse
  • Beschäftigung, Gleichstellung, Soziale Sicherheit
  • Prekarisierung und Sozialkritik (Autorinnenworkshop)
  • Habermas und der kritische Materialismus
  • Prekäre Arbeitsverhältnisse
  • Arbeitnehmerbewusstsein und Demokratie
  • New Sociology Childhood
  • Demokratie, Feministische Perspektiven auf Emanzipation und Demokratisierung

Darüber hinaus fördert die Hans-Böckler-Stiftung auch Studenten und Doktoranden mit entsprechenden Stipendien, wobei die Förderung eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder ein gesellschaftspolitisches oder gewerkschaftliches Engagement voraussetzt. Anders formuliert: Die Hans-Böckler-Stiftung rekrutiert über die Vergabe von Stipendien den eigenen Nachwuchs, nein, nicht die Hans-Böckler-Stiftung, die Steuerzahler tun dies, denn die 22,2 Millionen, die dem Haushalt der Stiftung im Jahre 2011/2012 zugeflossen sind, sind zweckgebunden, an die Studienförderung.

Wer sich darüber ärgert, dass es Filz, Nutznießernetzwerke und Kaderschmieden wie z.B. die Humboldt-Universität gibt, der hat nunmehr eine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun: Steuern nur noch zweckgebunden zahlen und sich versichern lassen, dass weder die Hans-Böckler-Stiftung noch die eingetragenen Vereine der Parteien, die von sich behaupten, die Stiftung von Konrad Adenauer, Friedrich Ebert, Heinrich Böll, Friedrich Naumann  oder Rosa Luxemburg zu sein, über die eigenen Steuerzahlungen finanziert werden – alternativ kann man natürlich auch eine Petition verfassen, deren Ziel darin besteht, die Finanzierung aus Steuermitteln von ideologischen Stiftungen oder Parteienvereinen zu verbieten.

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