Auch Lichtgestalten ertrinken im Einheits-Zeitgeist

Erinnern Sie sich noch an den Hype, der um Barack Obama veranstaltet wurde, wie er zur Lichtgestalt, zum Jesus der Minderheiten und Diskriminierten stilisiert wurde, um dann vom Nobelpreiskommittee, das wie ein Surfer immer die Wellen des Zeitgeistes reitet und dabei regelmäßig auf Ufersand aufläuft, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet zu werden?

Die Liste der Friedensnobelpreisträger, vor allem in neuerer Zeit, ist wirklich interessant und sei Interessierten als Lektüre empfohlen. Auf ihr finden sich so illustre Organisationen wie die UN oder die Europäische Union, Sie reicht von Muhammad Yunus bis zu Mutter Theresa und sieht Barack H. Obama in den Fussstapfen von Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson.

ObamaDoch zurück zu Barack H. Obama. Wie fast jeder Politiker (und mit ziemlicher Sicherheit jeder Politiker der letzten 20 Jahre), so hat auch die Lichtgestalt Barack Obama viel Helligkeit verloren und ist über die letzten Jahre im Schatten versunken, im Schatten der Alltagspolitik, der kleinen Ränkespiele, des politischen Nepo- und Opportunismus und vor allem: im Gehege der Isomorphie.

Isomorphie ist eines, wenn nicht das Konzept, das moderne Gesellschaften am besten beschreibt. Es geht zurück auf einen Beitrag von Paul J. DiMaggio und Walter W. Powell, der im Jahre 1983 in der American Sociological Review veröffentlicht wurde. Verkürzt und überspitzt formuliert könnte man die Fragestellung, die DiMaggio und Powell faszniert hat, wie folgt beschreiben: Warum werden sich moderne Gesellschaften und ihre Organisationen immer ähnlicher, warum verschwindet die Vielfalt, wird sie ersetzt durch einen Einheitsbrei, der an Uniformität kaum mehr zu überbieten ist?

Während spätere Arbeiten, die im Rahmen des Neo-Institutionalismus erstellt wurden (z.B. Boli & Thomas, 1997), vor allem auf die Rolle von Internationalen Organisationen abstellen, governmental und non-governmental (WWF, Greenpeace, Amnesty International, UN, UNESCO), wenn es darum geht, die internationale Gleichschaltung in Langeweile zu erklären, haben DiMaggio und Powell sich für die grundlegenden Prozesse interessiert und darauf ihr Konzept der Isomorphie begründet.

Isomorphie gibt es in drei Formen:

  • als mimetische Isomorphie oder schlicht Nachahmung; internationale Organisationen kopieren sich gegenseitig, um auf diese Weise Risiken auszuschließen. Als Nebeneffekt des Ausschlusses von Risiken schließen sie Innovationen und Neues aus.
  • als normative Isomorphie, die vornehmlich über die Personalebene wirkt, die Ebene, auf der sich die selben austauschbaren Gestalten einfinden, bei denen man Schwierigkeiten hat, zu entscheiden ob sie nun in einem Gremium der UN, von Greenpeace oder der European Casino Association sitzen bzw. dafür sprechen. Mit dem uniformen Personal, das in immer größerem Ausmaß internationale Organisationen bevölkert, kommen uniforme Ideen, verschwinden neue und witzige Ideen, hält die Routine der Langeweile Einzug. Deshalb kann man vorhersagen, was Greenpeace, UN, Attac oder der Naturschutzbund zur vermeintlichen Finanzkrise zu sagen haben.
  • als Zwang, der sich aus Regulationen ergibt, die international verbindlich gemacht werden: eine EUweite Frauenquote für Unternehmen, Nachhaltigkeit als Unternehmensziel von der UN verordnet, das Verbot von Zigarettenwerbung, die Koppelung von Kampf gegen Diskriminierung mit allem Möglichen von der sexuellen Orientierung bis zur Bewerbung als Zahnarzthelfer… auch hier stellt sich ein uniformes Ergebnis ein: eine regulative Monokultur.

DiMaggio und Powells Konzept ist ein Wurf, wie er nur selten gelingt. Dafür gebührt beiden Autoren Hochachtung.

Das schöne an Konzepten wie dem von DiMaggio und Powell ist ihre breite Anwendbarkeit. Zum Beispiel kann man damit das Verblassen von Lichtgestalten Marke Obama erklären, ihre Entwicklung vom assignierten Propheten zum Paria. Dazu benötigt man nur eine Pressemeldung wie diese: “Science not only for men, says Obama”.

Auch Obama ist nun von der internationalen Hysterie eingeholt worden, deren Ausgangspunkt die unsinnige Annahme darstellt, die Tatsache, dass Naturwissenschaften in weiten Teilen (übrigens ausgerechnet in der angeblich so maskulinen arabischen Welt nicht) männlich dominiert sind und dass diese Dominanz weibliche Aspiranten davon abhält, sich einzubringen.

absolutely_nothing_road_signDas kommt einem doch bekannt vor – oder? Es ist derselbe Unsinn, der in Deutschland als “MINT” durch die Welt geistert und als Grundlage für eine Reihe von Programmen dient, die Mädchen oder Frauen fördern sollen und doch nur den Effekt haben, dass sie Jungen oder Männer abschrecken und wenn dies nicht gelingt, diskriminieren und daher Qualifikationen verschwenden. Der selbe Unsinn findet sich bei EU und UN in entsprechenden Maßnahmen, die darauf abzielen, die Diskriminierung von Frauen zu beseitigen, die extra erfunden werden musste, damit man sie beseitigen kann. Erkennen kann man den gleichen Ursprung dieses Unsinns an seinen Prämissen, seiner Ideologie der Gleichstellung und seinem Anti-Individualismus, oder wie Obama sagt:

“Right now, fewer than one in five bachelor’s degrees in engineering or computer science are earned by women. … That means we’ve got half the field – or half our team we’re not putting on the field”.

Dass es individuelle Präferenzen gibt, dass es gar von vermeintlich wohlmeinenden Egalitaristen und Anti-Individualisten ersonnene Anreizstrukturen gibt, wie sie Catherine Hakim (2002) beschrieben hat,  die dafür sorgen, dass nach Geschlecht differenzierte Anreize zur Aufnahme einer Arbeit und zum Verfolgen einer Karriere geschaffen werden, kommt den modernen Egalitaristen nicht in den Sinn. Sie schwelgen in einem einzigartigen Gleichstellungsrausch, der Gruppen im Aggregat dieselben Wünsche und Fähigkeiten zuschreibt, eine Idee, auf die sie überraschender Weise gar nicht kommen, wenn es um die Wünsche und Fähigkeiten geht, die Politiker und Kriminelle unterscheiden (angeblich). Gesellschaft existiert für die Würdenträger des modernen Anti-Indiviudalismus nur in Form von Gruppen und die Mittelwerte und die Standardabweichung zwischen diesen Gruppen haben im Hinblick auf alle erdenklichen Dinge dem zu entsprechend, was politisch opportun ist. So will es er internationale Einheitsbrei.

Obama CartoonDie Frage, was dazu geführt hat, dass auch Lichtgestalten wie Obama im Einheitsbrei versinken, und dafür sorgen, dass die Erde immer mehr zur Monokultur der Langeweile und der Hirngespinste wird, ist mit DiMaggio und Powell leicht zu beantworten: Pressure Groups, internationale Vereinigungen, Frauenrechtler und NGOs campen vor den Türen der Exekutive und der Legislative, sie infiltrieren jede internationale Organisation mit ihren Interessen und ihrem Personal, schaffen es, z.B. die Millennium-Ziele zu bestimmen und sorgen auf diese Weise dafür, dass die Welt ein Einheitsbrei wird, gebaut auf der dystopischen Illusion allgemeiner Gleichstellung und getrieben von einem menschenverachtenden Anti-Individualismus, der in zukünftigen Generationen, sofern der derzeitige Angriff auf die Integrität der Menschheit überlebbar ist, nur mit Kopfschütteln, ob dieses dunklen Zeitalters goutiert werden wird.

Warum, so bleibt abschließend zu fragen, ist ausgerechnet eine Frauenförderung basierend auf einer erfundenen Diskrimierung von Frauen so erfolgreich, wenn es darum geht, Gruppen, Organisationen, Exekutiven und Legislativen in westlichen Staaten zu inkubieren. Eine Antwort auf diese Frage ist nicht einfach und nach unserem Wissen bislang noch nicht einmal versucht worden. Also versuchen wir es einmal:

Frauenförderung vermengt auf ungute Art Opferstatus, Trägheit und Gutmenschentum. Eine ganze Reihe von Frauen fühlt sich so wohl in einem selbst zugeschriebenen Opferstatus, dass sie auch nichts dagegen einzuwenden haben, von Gutmenschen paternalisiert zu werden, vor allem dann nicht, wenn diese Paternalisierung mit handfesten materiellen Vorteilen einhergeht. Und die Gutmenschen stürzen sich auf Frauenthemen ob der damit verbundenen mythologischen Reinheit, die sich aus dem Neuen Testament ableiten lässt und weil man mit der Frauenbewegung ein williges Opfer bereit hat, dessen Mitglieder sich nur zu gerne an die Hand nehmen und fördern lassen, die geradezu nach dem pater familias, der sie durchfüttert, hungern, nur um nicht in die kalte Welt des Wettbewerbs, dem sie sich nicht gewachsen fühlen, eintauchen zu müssen.

Von hier kann man die Erklärung verallgemeinern und die Attraktivität von Egalitarismus als Ergebnis einer Angst vor Konkurrenz, eines Strebens nach Festschreibung von Nutznießer-Strukturen, von denen man profitiert oder profitieren will, erklären. Über internationale Nutznießer-Allianzen wird die Förderung der eigenen Interessen und somit die Sicherung des eigenen Auskommens verbindlich gemacht, die gesellschaftlichen Strukturen werden festgeschrieben, und es wird verhindert, dass Neues und am Ende für den eigenen Status Gefährliches auftaucht und am Ende noch Einfluss gewinnt. Hier treffen sich die Egalitaristen, die von ihrer Konkurrenz-Angst getrieben, Wettbewerb unterbinden wollen, mit Berufspolitikern, für die neue Ideen von jeher die Gefahr waren, die ihrer Machterhaltung im Wege standen und die die Angst vor Konkurrenz teilen, denn außer Politik haben Berufspolitiker ja nichts gelernt.

©ScienceFiles, 2014

 

Boli, John & Thomas, George M. (1997). World Culture in the World Polity: A Century of International Non-Governmental Organizations. American Sociological Review 62(2): 171-190.

DiMaggio, Paul J. & Powell, Walter (1983). The Iron Cage Revisited: Institutional Isomorphism and Collective Rationality in Organizational Fields. American Sociological Review 48(2): 147-160.

Hakim, Catherine (2002) Work-Lifestyle Choices in the 21st Century. Preference Theory. Oxford: Oxford University Press

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