Nachhilfe für das ahnungslose Lann Hornscheidt

Unter der Überschrift “Gendergerechte Sprache?” dilettiert das Lann Hornscheidt in Sozialwissenschaft, behauptet: soziale Veränderung zeige sich im Versuch sprachlicher Veränderung und Sprache müsste so beschaffen sein, dass sich jeder (auch der größte Irre) gemeint fühlen könne.

Was davon wissenschaftlich zu halten ist, schreibt Dr. habil. Heike Diefenbach in einem Beitrag, den man nur unter den Titel: “Nachhilfe für das ahnungslose Lann Hornscheidt” bringen kann.

Damit zur Nachhilfe:

social psychology for dummiesEs zeigt sich wieder einmal, dass Leute, die derzeit Professuren besetzen, häufig keinerlei Hintergrund in irgendeiner Form von Theorie oder empirischer Forschung haben – und noch weniger logisch zu denken im Stande sind.

Wenn Profx Lann Hornscheidt meint: “Soziale Veränderung zeigt sich im Versuch sprachlicher Veränderung”, dann stellen sich nämlich spontan die folgenden Fragen – zumindest für Wissenschaftler:

  • 1. Warum sollte das so sein? Welche sozio-linguistische Theorie (und ich meine: THEORIE, nicht den Namen von irgendjemandem, der zufällig denselben Eindruck vom Lauf der Dinge hatte wie Profx!) lässt diesen Zusammenhang erwarten?
  • 2. Auf welcher empirischen Evidenz beruht dieser Satz, d.h. aufgrund welcher Daten aus empirischer Forschung meint Profx, dies behaupten zu können?
  • Und 3. – und hier kommen die Fragwürdigkeiten mit Bezug auf Logik zum Vorschein: Meint Profx tatsächlich und ernsthaft, dass der Satz, den es formuliert, ein allgemeines Gesetz ausdrückt?

Damit wiederum würde Profx behaupten, dass

  • a) sich sprachliche Veränderungen im allgemeinen Sprachgebrauch in einer Gesellschaft nicht vollziehen können, ohne dass ihnen nennenswerte soziale Veränderungen ursächlich zugrunde liegen bzw. ohne dass sich hierin soziale Veränderungen zeigen, und dass
  • b) sich soziale Veränderungen vollziehen können, ohne dass sich dies in nennenswerten sprachlichen Veränderungen niederschlägt.

Wenn man Profx allgemeinen Satz als einen halbwegs nachvollziehbaren Satz retten wollte, dann müsste man seine Interpretation so weit fassen, dass er nichts weiter als eine Trivialität wäre, oder schlicht falsch, wenn man es genau nimmt: man müsste dann sagen, dass z.B. der Begriff “Sozialversicherung” die soziale Veränderung anzeigt, die in der Einführung der (Zwangs-)Sozialversicherung bestand – das wäre trivial, oder man müsste einwenden, dass der Begriff vor der Einführung der Sozialversicherung existierte, weil man sonst nicht hätte darüber diskutieren können – dann ist der Satz auch bei sehr weiter Interpretation falsch.

Soviel dazu.

Weiterhin ist es unwissenschaftlich zu behaupten, eine nennenswerte Menge von Leute oder Leute würden sich regelmäßig ausgeschlossen fühlen, wenn bestimmte Begriffe verwendet werden – wieder stellt sich

  • 1. die Frage nach einer Theorie, die eine so starke Behauptung begründen könnte. Es müsste eine sozialpsychologische Theorie oder genauer: eine Identitätstheorie sein, die außerdem den Anschluss an eine linguistische Theorie herstellt;
  • 2. die Frage nach der empirischen Evidenz, auf die Profx diese Behauptung gründen will, wenn sie mehr sein soll als der idiosynkratische Glaubenssatz von jemandem, der aus unerfindlichen Gründen eine Professur besetzt (Profx kann sich aufgrund eigener Argumentation hier wohl nicht angesprochen fühlen, weil “jemand” mit “er” einhergeht, und es ja nicht “er” sein kann, oder!?)

Nun noch ein Hinweis an Profx:

Falls sich jemand nicht angesprochen fühlt, wenn er weiblich ist und mit “liebe Bürger” angesprochen wird, dann ist aus soziologischer Sicht zu bedenken, dass das eine Interpretation ist, die ein soziales Problem darstellen könnte, weil sie einen Selbstausschluss bedeutet, der völlig unnötig ist. Er kann daher eigentlich nur eine massive Entfremdung von sich selbst oder von der Gesellschaft, die einen umgibt, anzeigen, denn “Bürger” ist eine klar definierte Beziehung zwischen der Institution “Staat” und den Menschen, die Rechte ihr gegenüber haben, aber auch Pflichten.

Das Geschlechtsteil, nein, Entschuldigung: die eigene Gender-Konstruktion, hat damit nichts zu tun. Wer das nicht versteht (bzw. seine Bürgerrechte nicht unabhängig von seinem Geschlecht einklagt), unterschätzt seine Position, wenn nicht seinen Einfluss, massiv. Darüber hinaus gibt er allen anderen ein schlechtes Beispiel, weil er suggeriert, sie wären ebenso ohne Einfluss und ohne Rechte und Pflichten wie derjenige, der meint, er sei mit “liebe Bürger” nicht angesprochen, denn schließlich gilt (- und nun zu den sprachlichen Aspekten):

  • Deutsch fuer Anfaenger“Bürger” ist ein Kollektivbegriff, der das Kollektiv der Bürger bezeichnet. Hätte man eine Ahnung von Lingusitik und – noch besser – von anderen Sprachen, wäre einem der Unterschied zwischen einem Plural und einem Kollektivbegriff klar (übrigens ist es auch in den Sozialwissenschaften sehr wichtig, beides auseinanderzuhalten!);
    • Im Arabischen z.B. gibt es das Wort “schadjara” für “Baum”. Will man eine Reihe ganz konkreter Bäume bezeichnen, z.B. diejenigen, die im eigenen Garten stehen, dann spricht man von den(jenigen) Bäumen im Plural, also von “schadjaraat”. Spricht man jedoch von Bäumen als Baumheit, dann gibt es hierfür den Kollektivbegriff “schadjar”. Einen männlichen Baum oder männliche Bäume gibt es nicht, es gibt einzelne oder mehrere konkrete Bäume, die mit weiblichen Formen bezeichnet werden, und die Baumheit, für dies es einen Kollektivbegriff gibt.
    • “Bürger” ist ein Kollektivbegriff in diesem Sinn, also, wenn man so sagen möchte, für “Bürgerheit”. Seltsamerweise kennt das Deutsche in einigen, wenigen Fällen, zwei Begriffe für Kollektive, so z.B. “Mensch” und “Menschheit”, was bei einigen Leuten dazu führt, dass sie meinen, der eine Kollektivbegriff (“Mensch”) müsse dann notwenig einen einzigen männlichen Menschen bezeichnen, weil die Wortform derjenigen entspricht, die man für einen einzigen männlichen Menschen benutzt.
    • Wie der geteilte Sprachgebrauch in deutschsprachigen Ländern zeigt, ist dies aber nicht so bzw. wird keineswegs von einer nennenswerten Anzahl von Leuten so verstanden. Sie alle wissen, dass es Kollektivbegriffe gibt, die manchmal ein grammatikalisch männliches, manchmal ein grammatikalisch weibliches Geschlecht haben (“Mensch”, aber “Katze”).

Wer also meint, er müsse an der deutschen Sprache herumbasteln, weil sie weiblichen Menschen Anlass gäbe, sich ausgeschlossen zu fühlen, hat erstens einen eingeschränkten Horizont (wie gesagt; es gibt eben Katzen, Rinder und Hühner – wo sind da die männlichen Exemplare in der deutschen Sprache vertreten??) und zweitens so wenig Sprachgefühl, dass er einen Singular oder einen Plural nicht von einem Kollektivbegriff unterscheiden kann. Das ist also sein eigenes Problem, nicht das anderer Leute oder das einer ganzen Gesellschaft.

1984Sein Sprachproblem plustert er nun auf und knüpft alle möglichen, aber theoretisch wie empirisch haltlosen Behauptungen daran, um eine soziale Veränderung herbeizuführen, und zwar diejenige, dass bald jeder auf seine eigene Weise durch Selbstausschluss ein Gefühl von Diskriminierung entwickeln kann, das ihn leiden oder schimpfen oder hassen lässt, wo dies gar keinen Anlass hat. Ich glaube, eine treffende Bezeichnung hierfür lautet “Brunnenvergifter”, was ich vermutlich nicht sagen sollte, weil es aus einem konkreten historischen Kontext stammt, – so wie “Kolonien” – nur: beide Begriffe stehen mit historischen Fakten in Verbindung!

Wer sie außer Gebrauch sehen möchte, ist damit bereit, Geschichte zu unterschlagen, wenn nicht zu fälschen. Wem dies zu welchen Zwecken nützen mag, lässt sich u.a. George Orwells “1984” entnehmen….

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