1.7 Millionen Euro für diesen Ethikrat?

Der Deutsche Bundestag unterhält seit 2007 einen Ethikrat, damit der Ethikrat, dem Bundestag, Rat in Sachen Ethik gibt.

1,695 Millionen Euro kostet der Rat in Sachen Ethik die Steuerzahler.

26 Mitglieder des Ethikrates kann man mit 1,695 Millionen Euro finanzieren, eine Pressestelle, ein Büro und ein paar Angestellte. Und damit der Rat in Sachen Ethik auch relevanter Ethik-Rat ist, gibt es einen Auftrag:

deutscherethikrat“Der Deutsche Ethikrat verfolgt die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Gesellschaft, die sich im Zusammenhang mit der Forschung und den Entwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften und ihrer Anwendung auf den Menschen ergeben. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere:

  1. Information der Öffentlichkeit und Förderung der Diskussion in der Gesellschaft unter Einbeziehung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen;
  2. Erarbeitung von Stellungnahmen sowie von Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln;
  3. Zusammenarbeit mit nationalen Ethikräten und vergleichbaren Einrichtungen anderer Staaten und internationaler Organisationen.”

Ob der Deutsche Ethikrat die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen, und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Gesellschaft, die sich im Zusammenhang mit der Forschung und den Entwicklungen … und so weiter ergeben, auch einholt, das ist eine Frage, die wir nicht beantworten können. Belassen wir es bei der Feststellung, dass die Mitglieder des Ethikrates hinter den entsprechenden Fragen her sind.

Bleiben wir bei den drei “insbesondere Aufgaben”.

  1. Wer schon einmal etwas vom Ethikrat gehört hat, vom Ethikrat informiert wurde, bitte melden, sofern er zur Öffentilchkeit oder einer der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gehört, die vom Ethikrat einbezogen wurden.
  2. Der Ethikrat erweist sich hier als Zulieferer von Legitimation. Bürger: “Ich finde dieses Gesetz nicht ethisch”. Parlamentarier: “Kann gar nicht sein, der Ethikrat hat ausdrücklich zugestimmt”.
  3. Wie immer, wenn Steuerzahler etwas finanzieren, finanzieren sie damit eine Vernetzung dieses Etwas mit anderen Etwasen, die von sich behaupten, sie seien dem finanzierten Etwas ähnlich. Was aus der Netzwerkbildung der Etwase erwächst – wir wissen es nicht, aber vielleicht weiß es ja einer unserer Leser.

SchischkoffNun denkt man bei Ethik, jedenfalls wir tun das, an Fragen des Sollens, an normative Fragen, immerhin ist Ethik die “Sittenlehre [des Aristoteles]” und somit eine “praktische Philosophie, denn sie sucht nach einer Antwort auf die Frage. was sollen wir tun. Für die kantische Ethik ist die Antwort auf diese Frage durch den kategorischen Imperativ gegeben, Die Ethik lehrt, die jeweilige Situation zu beurteilen, und das ethisch (sittlich) richtige Handeln zu ermöglichen” (Schischkoff, 1991: 184).

So betrachtet, ist Ethik eine Aufgabe, die jeder von uns bewältigen könnte und sollte, indem er sich fragt, ob sein Handeln ethischen Maßstäben genügt, ob er, um mit Kant zu sprechen, damit leben könnte, dass sein Handeln zum allgemeinen Gesetz des Handelns wird, dem er dann selbst unterworfen wäre.

Offensichtlich sind Bundestagsabgeordnete nicht von sich aus, zu solchen Erwägungen in der Lage, brauchen sie doch einen Ethikrat, der ihnen sagt, was schicklich, anständig, ethisch ist und was nicht. Damit kommt dem Ethikrat die wichtige Aufgabe der sittlichen Erziehung der Bundestagsabgeordneten zu, und das macht dann neugierig darauf, wer im Ethikrat versammelt ist.

Wir haben die Mitglieder des Ethikrates im Hinblick auf ihre berufliche Qualifikation ausgezählt. Herausgekommen ist Folgendes:

Der Ethikrat hat 26 Mitglieder

  • 10 (38,5%) sind Mediziner;
  • 9 (34,6%) sind Juristen, darunter 4 Bundesbeamte außer Dienst;
  • 6 (23,1%) sind Theologen;
  • 1 (3,8%) ist Philosoph;

Es ist schon interessant, dass man in Deutschland der Ansicht ist, in ethischen Fragen seien Mediziner, Juristen und Theologen in erster Linie  Experten, eine Ansicht, die man nicht anders als amüsiert zur Kenntnis nehmen kann: Mediziner fragen sich eher selten was sie tun sollen, vielmehr kennt man Mediziner vornehmlich als diejenigen, die uns sagen, was wir tun sollen. Juristen sind kraft ihrer Ausbildung vollkommen ungeeignet ethische Fragen zu beantworten. Sie können vorgegebene Fälle lösen und rechtliche Folgen beurteilen (vorausgesetzt, es gibt ein Gesetz), aber sie scheinen nicht unbedingt diejenigen zu sein, denen man ethische Fragen von Ernährung oder die Frage, ob man Sterbehilfe legalisieren soll, übergeben wollte und Theologen, nun Theologen haben keine ethischen Fragen, die wissen schon, denn es steht alles in ihrem heiligen Buch. Entsprechend werden ethische Fragen im Beichstuhl geklärt.

Der arme Philosoph. Er wirkt wie ein Soldat, der die letzte Brücke, die die Zivilisation von der Wildnis trennt, gegen eine Horde von Barbaren verteidigen muss.

Angesichts der Besetzung des Ethikrats, dessen Mitglieder, sagen wir, nicht unbedingt ausgewiesene Experten in ethischen Fragen sind, stellt sich der Ethikrat eher wie eine Interessenvertretung von Medizinern, Juristen und Theologen dar, die sicherstellen wollen, dass die Interessen ihrer Berufsgruppen berücksichtigt werden. Insgesamt scheint der Ethikrat nichts anderes zu sein als eine Legitimationsveranstaltung, die dazu dient, Gesetzentwürfe dann, wenn sie kontrovers sein könnten, mit dem Segen der Ethik-Räte zu versorgen.

Es ist in Deutschland üblich, Gremien zu bilden und in diese Gremien Personen zu berufen, von denen niemand so richtig weiß, warum sie und keine anderen berufen wurden. Der Jungenbeirat des Bundesministeriums für FSFJ ist ein Beispiel, der Ethikrat ist ein anderes. Räte scheinen das zu sein, was man im englischen einen Quango nennt, eine Form des Tausches, politische Gefälligkeit gegen den Platz am kalten Buffet. Das erklärt, warum es Politikern so sehr gefällt, Räte einzusetzen. Und es lässt vermuten, dass der Nutzen, der den Kosten für z.B. den Ethikrat in Höhe von 1,695 Millionen Euro gegenübersteht, hinter diesen Kosten zurückbleibt, und zwar deutlich.

Eine andere Frage ist: Warum sind in Ethikräten keine Arbeiter vertreten? Warum finden sich keine Kraftfahrer oder Produktionsarbeiter oder Chemiefacharbeiter oder Köche oder Bedienungen oder Handwerker oder Postboten oder Malermeister oder Dachdecker? Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ethische Fragen von diesen Personen nicht mindestens so kompetent diskutiert werden können, wie von Staatssekretären a.D., Medizinern, Weihbischöfen oder Juristen.

Aber natürlich geht das nicht. Arbeiter im Ethikrat, was für eine Idee. Die ganze Veranstaltung basiert auf der Symbolik der eingebildeten Überlegenheit, der zugeschriebenen Qualifikation kraft tertiärer Bildung. Wo kämen wir hin, wenn ethische Fragen von jedem dahergelaufenen Arbeiter mitdiskutiert würden?

In eine Demokratie, und das wäre nicht mit den angeblichen ethischen Kriterien der Politiker-Klasse und ihrer Vasallen in den Räten der Republik, der Räte-Republik vereinbar.

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