Längsschnittstudie: Feinstaub macht dement

Es ist eine dieser kollektiven Studien, bei der das Abtippen der Autorenliste länger dauert als das Schreiben des gesamten Posts, die mit einem Ergebnis aufwartet, das bedenklich stimmen muss: Elissa H. Wilker und 12 weitere Autoren haben diesen Beitrag in der Zeitschrift “Stroke” und unter der Überschrift: “Long-Term Exposure to Fine Particular Matter, Residential Proximity to Major Roads and Measures of Brain Structure” veröffentlicht.

Und wer in einer Stadt wohnt, der sollte nicht nur genau lesen, er sollte auch seine kognitiven Funktionen täglich und aufs Neue prüfen, denn:

  • In Städten ist die Belastung mit Feinstaub aus Kohlekraftwerken, der Verbrennung von Holz, aus Diesel-Motoren uvm. besonders hoch.
  • Feinstaub geht nicht nur auf die Lunge, er geht auch aufs Gehirn. Das haben die 13 Autoren unter Federführung von Elissa H. Wilker von der Harvard T.H. Chan School of Public Health herausgefunden.
  • Besonders feiner Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von max. 2,5 Mikrometer schrumpft das Gehirn. Eine Erhöhung um 2 Mikrogramm Feinstaub (PM2.5) pro Kubikmeter Luft entspricht einer Schrumpfung des Gehirns um 0,32% und einer um 46% erhöhten Wahrscheinlichkeit, sogenannte verdeckte (oder stille) Hirnschläge zu erleiden.
  • Verdeckte Hirnschläge wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Demenz, Wahrnehmungs- und Koordinationsstörungen oder Depressionen.
  • Die Reduzierung des Gehirnvolumens entspricht einem Lebensjahr, d.h. 2 Mikrogramm zusätzlicher Feinstaub auf Dauer resultieren langfristig im Verlust von einem Lebensjahr für das Gehirn.

Feinstaub DeutschlandDie Ergebnisse sind keine Ergebnisse aus der Kategorie: Wir korrelieren wild herum, dabei wird schon etwas Sinnvolles herauskommen. Man kann sie also nicht einfach vom Tisch wischen. Die Ergebnisse, die Wilker und ihr Team präsentiert haben, basieren auf der Untersuchung von 943 gesunden und mindestens 60jährigen Probanden, die keinerlei Anzeichen von Demenz aufwiesen. Die Probanden wiederum sind Teilnehmer einer longitudinalen Gesundheitsstudie. Für sie liegen mindestens sieben Beobachtungszeitpunkte vor, so dass es möglich ist, ihre Gesundheitsgeschichte nachzuzeichnen und zu kontrollieren.

Das Gehirnvolumen wurde mittels Magnetresonanztomographie bestimmt. Die Messzeitpunkte reichen pro Probanten von 1995 bis 2005. Sonstige Faktoren, von denen bekannt ist, dass sie in einem Zusammenhang mit Demenz oder Wahrnehmungsstörungen stehen, z.B. Alter oder sozioökonomischer Status wurden konstant gehalten.

Es scheint, an der Erkenntnis, dass Feinstaub nicht nur auf die Lunge, sondern auch aufs Gehirn geht und dass entsprechend die Wahrscheinlichkeit, in einer Stadt auf einen Dementen, einen kognitiv Gestörten oder einen Wahrnehmungsgestörten zu treffen im Vergleich zu ländlichen Gegenden überproportional hoch ist, führt kein Weg vorbei.

Erschreckend.

Parlamente sind grundsätzlich in großen Städten.

Große Verwaltungen und Ministerien sind grundsätzlich in großen Städten.

Hochschulen sind grundsätzlich in Städten, in Berlin alleine drei Universitäten.

Angesichts der Ergebnisse von Wilker et al., angesichts dessen, was aus Parlamenten an die Öffentlichkeit dringt und angesichts dessen, was von manchen Universitäten zu hören ist, muss man sich fragen, ob es weiterhin möglich ist, die entsprechenden Institutionen in Städten zu belassen. Aber vielleicht ist das, was man aus Parlamenten und von z.B. Berliner Universitäten zu hören bekommt, auch schlicht ein Zeichen dafür, dass es – um auf der Grundlage der Ergebnisse von Wilker et al. zu sprechen – bereits zu spät ist.

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