Realsatire: Geschlechterreflektierte Pädagogik gegen Rechts

Wir sind ja bekannt dafür, dass wir unseren Lesern zuweilen etwas vorsetzen, was sich bei näherem Betrachten als Satire herausstellt. Aber nichts ist besser als Real-Satire. Das, was wir unseren Lesern nun mit auf den Weg ins Wochenende geben, das hätten wir gar nicht erfinden können. Ehrlich. Es ist einfach zu köstlich.

Es geht um geschlechterreflektierte Pädagogik gegen Rechts, wogegen sonst?

Zu diesem Thema findet am 9. Oktober 2015 in Berlin eine Tagung statt, die u.a. von Steuerzahlern über den Umweg von Rosa-Luxemburg-Stiftung und Heinrich-Böll-Stiftung finanziert wird.

Geschlechtergerechte PaedagogikDie Tagungsbeschreibung beginnt damit, völlig unreflektiert, “[g]anz eigene Wortschöpfungen wie ‘Genderismus’, ‘MenschInnen’ und ‘Frühsexualisierung'” der “extremen Rechten” zuzuweisen. Der Begriff der Frühsexualisierung hat übrigens eine ziemlich lange Geschichte und vor allem Alexander Mitscherlich hat ihn sehr gerne benutzt. Alexander Mitscherlich war also ein Vertreter der extremen Rechten. Und an dieser Stelle denkt man, dieses Programm der Tagung, es ist nichts anderes als der sattsam bekannte Versuch, einerseits die eigene Phantasielosigkeit gutmenschelnder Langweiler zu feiern und andererseits alles, was einem nicht passt, als rechtsextrem zu brandmarken.

Aber seid gewarnt: Wer nun das Tagungsprogramm aus der Hand legt, dem entgeht Realsatire vom Feinsten, Realsatire, bei der man nicht nur Lachkrämpfen gegensteuern muss, sondern sich auch die Frage nicht verkneifen kann, um was es sich bei dieser Tagung tatsächlich handelt.

Auf in die Workshops.

Workshop 2 handelt von den “Männlichkeiten in Haftanstalten” und von den kreativen Mitteln des dialogischen Theaters und Michael Klein, der vor einigen Jahren einige Jahre als Gerichtsreporter gearbeitet hat, kann sich die Kommentare der jugendlichen Straftäter z.B. in der JVA Torgau, wenn sie mit den kreativen Mitteln des dialogischen Theaters in ihrem grauen Haftalltag beglückt werden, nur allzu lebhaft vorstellen, vor allem was einem gewissen Ramon (Grüße übrigens an Ramon) dazu einfällt … aber lassen wir das.

Mehr Ernst beim Post!

Der Workshop zu den Männlichkeiten in Haftanstalten gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, die Übungen und Sequenzen zu spielen und zu sequenzieren, die Ricardo Mike und Till Baumann im Knast mit den jugendlichen Knackis spielen … angeblich (Mit Ramon?)

Orginalton:

“Forumtheater ist Teil des Theaters der Unterdrückten, das vom brasilianischen Theatermacher Augusto Boal begründet wurde. Nach Boals Worten kann Theater im Gefängnis Freiräume schaffen, in denen Menschen ihre Erinnerungen und Gefühle, ihre Vorstellungskraft, ihre Gedanken über die Vergangenheit und die Gegenwart befreien und in denen sie ihre Zukunft erfinden können, anstatt auf sie zu warten. Diese Freiräume können zum Experimentierraum werden, in dem Fragen aufgeworfen und Antworten erspielt werden und Impulse für das reale Leben gegeben werden können.”

Theater schafft im Gefängnis Freiräume! Vor oder nach den Einschlusszeiten?

Theater, nein, Forumtheater befreit Vergangenheit und Gegenwart und erfindet die Zukunft, also die Forumtheaterspieler tun das. Hoffentlich weiß das der JVA-Angestellte und denkt nicht, Maik X, der sich gerade seine Zukunft in Freiheit erfunden hat, sei weiterhin inhaftiert.

Ja, und dann erspielen wir Antworten auf Fragen, die in den freigeräumten Experimentierräumen aufgeworfen wurden. Und wir hoffen auf Impulse aus dem off. Piep, ein Impuls, Piep, noch ein Impuls … Vielleicht warten wir doch besser auf die Haftentlassung, um dann die Freiheit als Experimentierraum für die täglichen Fragen nach Lebensunterhalt und Berufstätigkeit zu nutzen …

Kaffeepause!

Michaela Köttig von der berüchtigten Frankfurt an der Oder “University of Applied Science” kann nicht Theaterspielen. Schon gar nicht im Knast. Schade. Dennoch lernt man bei ihr im Workshop 6 etwas, etwas zu Handlungsdilemmata (z.B.: das Dilemma all derjenigen, die sich irrtümlich in Workshop 6 verirrt haben: “Should I stay or Should I go…?”)

Nein, im Ernst und im Originalton:

scully facepalm“Ich möchte Jugendliche stärken, sie unterstützen, sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten erkennen lassen und darin empowern, sich gesellschaftlich einzumischen.

Ja, aber… gilt dies auch im Bereich Rechtsextremismus so uneingeschränkt?
Ergibt sich hier nicht ein Dilemma, das darin besteht, Jugendliche einerseits zu stärken und auf der anderen Seite damit möglicherweise auch zu erreichen, dass sie die neu gewonnenen Kräfte für die Umsetzung ihrer ideologischen Ziele und in die Ausgrenzung und Diskriminierung von Anderen einsetzen?!

Im Rahmen dieses Workshops sollen unterschiedliche Dilemmata im Arbeitsfeld geschlechterreflektierte Rechtsextremismusprävention erarbeitet und daran anschließend Überlegungen angestellt werden, wie dem begegnet werden kann.”

Combat Rock!

Was möchten Sie?

Haben Sie auch Wünsche?

Bieten Sie einen Workshop an! Sagen Sie anderen, was Sie möchten. Vielleicht findet sich jemand, der das auch “möchte”. Dann sind Sie schon zu zweit. Zu zweit kann man prima darüber fachsimpeln, dass dann, wenn man jemandem Wissen vermittelt, immer vorausgesetzt, man vermittelt Wissen, also wenn man Wissen vermitteln würde, Wissen zum Vermitteln hätte und es vermitteln wollte und vor allem: könnte, quasi Freiräume zur Aufnahme des zu vermittelnden Wissens in den Köpfen der Unvermittelten schaffen könnte, dann ginge von diesem Wissen die generelle Gefahr aus, dass es von dem, der es vermittelt bekommen haben würde, wenn es es gäbe, dass es von demjenigen missbräuchlich vermittelt und verwendet wird.

Was also tun, wenn man, wie Michaela Köttig etwas möchte, was andere vielleicht nicht oder missbrauchen möchten, wenn es erst einmal gemocht geworden ist?

Ein Dilemma, das aus der Stärkung der Jugendlichen, die Köttig möchte, resultiert. Denn, werden Jugendliche gestärkt, dann sind sie gestärkt, wie und womit auch immer. So gestärkt können sie gestärkt auftreten und die neue Stärke in rechtsextremes Handeln ummünzen. Und dann wäre Köttig schuld, weil Köttig sich von fiesen hinterhältigen, wenngleich schwachen Rechtsextremen hat in deren Stärkung tricksen lassen, was zwangsläufig bedeutet, dass jeder noch so kleine Rechtsextreme der Frau Köttig kognitiv überlegen sein muss.

Die Tagungsgebühr beträgt übrigens 10 oder 20 Euro, je nach “Selbsteinschätzung”. Was kostet ein Abend bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft?

Das Highlight zum Schluss:

Katharina Debus und Vivien Laumann von Dissens e.V., einem Institut für Bildung und Forschung, jedenfalls nach Selbstbeschreibung, geben einen Knaller nach dem nächsten, ein wahres Feuerwerk des Unsinns von sich.

Los geht’s:

dissens“Die Kritische Psychologie beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der subjektiven Funktionalität diskriminierenden Verhaltens. Dieses Verhalten kann in dem Versuch begründet sein, Handlungsfähigkeit unter gesellschaftlichen Bedingungen (Kapitalismus, Sexismus, Hetero-/Cis-Sexismus, Rassismus, Ableismus, Klassismus etc.) herzustellen, die in vielerlei Hinsicht ohnmächtig machen, Handlungsspielräume einschränken und/oder überfordern.”

Die Frage, ob und wenn ja, welcher Zweck mit einem Verhalten verbunden ist, ist nicht nur eine Frage, die die kritische Psychologie beschäftigt. Es ist eigentlich eine Frage, die ganze Forschungsbereiche begründet hat, von der Psychologie bis zur Soziologie.

Vielleicht wäre etwas weniger “subjekte Funktionalität” und etwas mehr Begriffsverstehen hier besser gewesen, schon weil es sich damit hätte vermeiden lassen, den nachfolgenden Unsinn zu schreiben, den von Kapitalismus, Sexismus, Rassismus, Ableismus usw. Das sind die einzigen -ismen, die Debus und Laumann einfallen, in ihr Feindbild passen?

Wir würden ergänzen: Katechismus, Revisionismus, Katholizismus, Feminismus, Sozialismus, Genderismus, Intellektualismus, Idiotismus, Funktionalismus, Konstruktivismus oder Post-Strukturalismus, Perfektionismus, Totalitarismus, Faschismus, Kommunismus, Stalinismus, Linksextremismus, Institutionalismus. Sind das keine Einschränkungen von Handlungsspielräumen, z.B. weil sie vom Bundesminsterium für FSFJ, an dessen Tropf Dissens e.V. hängt, nicht gefördert werden?

Aber lassen wir das zu Gunsten des absoluten Höhepunkts, den abermals Debus und Laumann liefern. In einem erfolglosen Ringen mit der deutschen Sprache, haben sie Folgendes zu Papier gebracht:

Double facepalm“Auf diskriminierendes Verhalten wird in der Pädagogik, wenn nicht durch Wegsehen, dann häufig durch Aufklärung und/oder Grenzsetzungen reagiert. Beides ist sinnvoll bzw. notwendig, reicht aber häufig nicht aus, nämlich dann, wenn es bei diesen Verhaltensweisen nicht in erster Linie um einen Mangel an Wissen oder Problembewusstsein geht.”

Jetzt schauen Pädagogen schon weg, und was ist? Es reicht nicht aus. Debus und Laumann reicht es nicht aus wegzuschauen, nein sie wollen zusätzlich aufklären und Grenzen setzen, zusätzlich zum Wegsehen. Man kann sich den Workshop richtig vor seinem geistigen Auge vorstellen: Die eine Hälfte der Teilnehmer schaut, nein sieht weg, während sie von der anderen Hälfte abwechselnd aufgeklärt wird bzw. ihr Grenzen gesetzt werden.

Es lebe der Unsinn!
Auf nach Berlin am 9. Oktober 2015.
Ab in die Werkstatt der Kulturen in der Wissmannstr. 32 in Berlin-Neukölln.
Es gibt Realsatire am laufenden Band.

Dieter Hildebrandt würde blass, würde er noch leben.

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