Wüten intellektuell Benachteiligte (nicht nur) im Ländle?

Das ist ein Baum.

Das ist ein Haus.

Das ist ein Neger.

FibelDrei Sätze, die alle eine Beschreibung beinhalten, eine Zuschreibung. Das Wort Baum, Haus, Neger wird einem Objekt zugeschrieben. Das ist so, in der deutschen Sprache. Es gibt Worte, die bezeichnen etwas. Eigentlich ist das in allen Sprachen so, dass Worte etwas bezeichnen. Es ist geradezu der Sinn einer Sprache als Fundus einer Vielzahl von Bezeichnenden zu dienen.

Der Baum ist zu hoch.

Das Haus ist hässlich.

Der Neger ist attraktiv.

Drei Sätze, die zu der Bezeichnung noch eine Wertung beinhalten. Der Baum wird als zu hoch bewertet, das Haus als hässlich und der Neger als attraktiv. Die Bewertung ist etwas Zusätzliches, etwas, das dem bezeichnenden Wort nicht imanent ist. Ein Neger ist nicht per se attraktiv, ein Haus nicht per se hässlich und ein Baum nicht per se zu hoch. Schlimmer noch: die entsprechende Bewertung hat mit dem bezeichnenden Wort gar nichts zu tun. Sie wird an das vom Wort Bezeichnete herantgetragen, von demjenigen, der die Bewertung vornimmt.

Die Nazis haben entsprechende Bewertungen an Bücher herangetragen, die sie als entartete Literatur bewertet haben. In der DDR hat man Bewertungen an Bücher herangetragen, die als Schund- und Schmutzliteratur eingeordnet wurden. In Bad Dürrheim hat man die Bewertung, nunmehr als falsches “Wording” bezeichnet, an Bücher herangetragen. In allen drei Fällen wurden die Bücher vernichtet.

Roland Tichy hat entsprechend seinen Beitrag dazu, dass in Bad Dürrheim 3.200 Bücher aus einer öffentlichen Bücherei entfernt und vernichtet wurden, in einem Büchervernichtungslager vermutlich, nicht ohne Grund an der Bücherverbrennung der Nazis ausgerichtet. Nicht nur ist das Ergebnis dasselbe, auch die Motivation ist dieselbe: Bücher, die Inhalte vermitteln, die denjenigen, die sich gerade an der Macht wähnen, nicht genehm sind, werden vernichtet.

Ein Vorgang, der aus wissenschaftlicher Perspektive u.a. die folgenden zwei Punkte beinhaltet:

(1) Die Büchervernichtung ist ein Beispiel für das, was Hannah Arendt die Banalität des Bösen genannt hat. Deshalb ist der Vergleich, den Tichy mit dem Dritten Reich zieht, gerechtfertigt.

(2) Die Büchervernichtung ist ein Beleg dafür, dass intellektuell Benachteiligte es in Entscheidungspositionen geschafft haben.

Die Banalität des Bösen

Wie konnte das Dritte Reich geschehen? Diese Frage, sie bewegt zumindest im nicht deutschsprachigen Ausland nach wie vor viele. Hannah Arendt hat auf diese Frage eine Antwort gegeben, die nicht so populär ist, wie die komplette Übertragung allen Übels auf wenige Nazis um Adolf Hitler, die mit magischen Kräften begabt sind und es schaffen, ein Volk von nach der Volkszählung von 1939 rund 80 Millionen (inkl. Österreich) zu Taten anzustiften, die die meisten der Täter angeblich gar nicht wollen.

Hite Nazi occultDass die Nazis sich eher durch Dummheit als durch Magie ausgezeichnet haben, ist ein zwischenzeitlich gut belegter Befund der historischen Forschung. Dass sie ihre Macht vornehmlich dem vorauseilenden Gehorsam ihrer Bevölkerung, dem Auftauchen der Nazi-Blockwarte und ideologischen Parteikommissare in den meisten Nachbarschaften zu verdanken haben, ist ein ebenfalls und vornehmlich durch die Arbeiten von Ian Kerschaw gut belegter Befund.

Die Banalität des Bösen, sie wütet in den zwischenmenschlichen, in den alltäglichen Beziehungen zwischen z.B. dem öffentlichen Bediensteten und den Bürgern oder zwischen Nachbarn. Die Banalität des Bösen, sie ist ein Prozess der kontinuierlichen Steigerung, sie beginnt bei der Aussonderung von Juden als solchen bei der Vermengung der Beschreibung “Jude” mit einer Bewertung von Juden. Dann kommen in schneller Folge die Entfernung falscher, weil jüdischer Erzeugnisse aus dem öffentlichen Leben (u.a. in Form einer Bücherverbrennung), die Zuschreibung eines außer-gesellschaftlichen Status an Juden (Volksschädlinge damals, Anti-Politischkorrekte heute), die Juden werden aus dem öffentlichen Leben entfernt (Berufsverbote), bei Juden wird nicht mehr gekauft, der Nachbar, der sich noch mit Juden trifft, wird denunziert und im Ende werden Juden deportiert und kaum jemanden interessiert es.

Die Banalität des Bösen, sie beschreibt eine Spirale der Eskalation. Vereinzelte Stimmen, die für die Beseitigung von falschen Deutschen aus der Gesellschaft argumentieren, (oder die Beseitigung von falschen Begriffen aus Büchern fordern), werden zunächst als abstrus belächelt. Dann beginnen erste Behörden damit, Juden zu diskriminieren, Vermieter vermieten nicht mehr an Juden, Deutsche kaufen nicht mehr bei Juden (oder erste Verlage entfernen missliebige Begriffe aus Büchern, die Diskussion um die falschen Begriffe wird aus der Abstrusität in die Normalität überführt und erste Behörden beginnen damit, Bibliotheken, die Bücher mit falschem “Wording” beinhalten, zu reinigen), die Bücherverbrennung ist dann der nächste Schritt und der Schritt, an dem sich der derzeitige Feldzug der wiederum intellektuell Benachteiligten befindet.

Prozedural und formal betrachtet ist es frappant, wie ähnilch sich die Entwicklungen im Dritten Reich und im Deutschland der Jetzt-Zeit sind.

Intellektuell Benachteiligte in Entscheidungspositionen

Es gehört zu den Entwicklungsleistungen eines Menschen, zur Unterscheidung zwischen Bezeichnung und Bewertung fähig zu sein. Wer dies nicht ist, ist zurückgeblieben. Wer denkt, Begriffe und ihre Bewertung seien eins, der hat diese Entwicklungsleistung nicht erbracht.

Arendt_totalitarismusDass sich Personen, die zu dieser rudimentären intellektuellen Leistung nicht in der Lage sind, in Positionen finden, dass es ihnen möglich ist, in die geistige Gesundheit derer, die sie umgeben, dadurch zu intervenieren, dass sie ihren Spleen zur Normalität erklären, zeigt, dass die Abstrusität wieder salonfähig geworden ist. Salonfähig kann Abstrusität nur dann werden, wenn intellektuell Benachteiligte Zugang zu Entscheidungspositionen haben und es schaffen, die Umsetzung ihres Spleens durch Opportunisten mit politischen Gefallen oder sonstwie zu entlohnen.

Wie es geschehen konnte, dass in Deutschland eine Klasse intellektuell Benachteiligter in Entscheidungspositionen gelangen konnte, ist eine Frage, die hier nicht geklärt werden kann. Dass sie es geschafft haben, machen Aktionen wie die aus Bad Dürrheim deutlich.

Und wie immer, wenn intellektuell Benachteiligte entscheiden, versuchen sie, ihre intellektuelle Benachteiligung zum Standard zu erheben. Im Dritten Reich hat dies funktioniert, weil der vorauseilende Gehorsam unter Beamten und Angestellten und unter ganz normalen Bürgern, die sich vom Nachbeten der NS-Litanei einen Vorteil versprochen haben, den Erfolg herbeigeführt hat.

Ob sich die Geschichte in diesem Punkt wiederholt? Wer weiss. Dass es eine Horde von vorauseilend Gehorsamen gibt und von Personen, die in der politisch korrekten Litanei firm sind, sich von deren Aufsagen einen politischen und vor allem finanziellen Vorteil versprechen, das kann kaum geleugnet werden.

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