Angst vor Wutbürgern: Die Anomie der Manipulateure

Machen wir doch einmal ein bischen Soziologie – als Bericht dessen, was wir gerade im ScienceFiles-Breakfast-Club diskutiert haben:

Zunächst ein paar Randbedingungen:

  • ScienceFiles_Breakfastclub(1) Politiker kann man auch werden, ohne eine abgeschlossene Ausbildung, ohne Berufserfahrung und ohne jemals gearbeitet zu haben. Die Zahl derer, die nach dem abgebrochenen Studium in die Politik gehen und die Zahl derer, die außer Politik nichts können, sofern man Politik können muss, ist über die letzten Jahre stetig gestiegen.
  • (2) Die Zahl von System-Wissenschaftlern (ein Begriff, den ein Kommentator benutzt hat und der perfekt passt), also von Wissenschaftlern deren Wohl und Wehe davon abhängt, dass sie eine Position im wissenschaftlichen Betrieb erreichen und ansonsten nicht negativ auffallen, etwa in dem sie abweichende Meinungen vertreten, Meinungen, die ihrem Dienstherrn im Kultusministerium missfallen könnten, hat über die letzten Jahrzehnte und aufgrund von staatlichen Eingriffen in Hochschulen, durch z.B. das Professorinnenprogramm oder die Art der Mittelzuweisung, zugenommen. Zwangsläufig ist die Zahl derer, die aufgrund von Kompetenz und Qualifikation in eine wissenschaftliche Position gelangt sind, zurückgegangen.
  • (3) Hochschulen produzieren in weiten Teilen am Markt vorbei, d.h. sie bilden Studenten aus, die niemand braucht. Wir haben diese Menge von Studenten, die Gender Studies, Sozialpädagogik, soziale Arbeit, Kultur-, Kommunikations- oder Medienwissenschaften oder sonstige Fächer studiert haben, für die keine oder nur eine sehr geringe Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt besteht, als Akademisches Hartz IV bezeichnet.

Da unsere Beschreibung dieser Akademiker in prekären Verhältnissen zwischenzeitlich von Systemwissenschaftlern aufgenommen wurde, müssen wir klarstellen, dass wir den Begriff als deskriptiven Begriff eingeführt und aus Strukturen abgeleitet haben. Prekäre akademische Hartz-IVler zeichnen sich entsprechend dadurch aus, dass sie entweder mangels nachgefragter Qualifikation auf einen sekundären Beschäftigungsmarkt, der eigens für sie von staatlichen Stellen geschaffen wurde, verdingen müssen oder dadurch, dass sie es über staatliche Alimentierung und eben nicht über vorhandene Qualifikation in Positionen an Hochschulen geschafft haben.

  • (4) Für akademische Hartz-IVler, die auf dem primären Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können, ist ein sekundärer, ausschließlich staatlich finanzierter Beschäftigungsmarkt geschaffen worden, der dazu dient, staatliche Versuche, in das Leben der Bürger zu intervenieren, mit vermeintlich wissenschaftlicher Legitimation zu versorgen. Die entsprechenden akademischen Hartz-IVler finden sich in Instituten, die den Speckgürtel des BMFSFJ bevölkern und gegen Rechtsextremismus, für Migranten oder erneuerbare Energien, gegen Homophobie oder für Gender Mainstreaming agitieren.
  • (5) Die Kontrolle über die Mittel, die Hochschulen zur Verfügung stehen, wird von Kultusministerien genutzt, um akademische Hartz-IV-Vasallen, die aus eigener Qualifikation keine Chance auf eine Position in einer meritokratisch verfassten wissenschaftlichen Institution hätten, auf Positionen an Hochschulen zu hieven. Die Beispiele für entsprechende Günstlinge ministerialer Eingriffe finden sich in den Gender Studies, im Rahmen des Professorinnenprogramms, sie finden sich über die Finanzierung von Drittmittelprojekten durch Ministerien, deren einziger Zweck darin besteht, eine Legitimationsstudie für das entsprechende Ministerium zu erstellen und in vielen anderen Bereichen.
  • (6) Die Verbreitung von akademischen Hartz-IVlern auch an Hochschulen hat dazu geführt, dass sich ein akademisches Prekariat an Hochschulen ausgebildet hat. Wissenschaftler werden nicht mehr für Leistung belohnt, sondern für Anbiederung oder dafür, dass sie das richtige Geschlecht aufweisen oder homosexuell sind. Dafür werden Sonderprofessuren eingerichtet oder andere Positionen geschaffen, die sich in noch größerer Abhängigkeit von den Launen der Ministerialen befinden als dies für beamtete Wissenschaftler ohnehin der Fall ist.
  • (7) Die Verbreitung von Ministeriums-Vasallen, die z.B. auf Kosten des BMFSFJ durch Deutschland ziehen, um den Studiengang “Gender Studies” landauf landab in das Curriculum zu zwingen, hat ein Klima der Leistungsfeindlichkeit und des Duckmäusertums an Hochschulen befördert. Hinzu kommt, dass die ärmliche W3-Besoldung nur noch für akademische Hartz-IVler einen Anreiz darstellt, deren nicht vorhandene Kompetenzen ihnen jeden Zugang zum primären Arbeitsmarkt versperren.
  • (8) Das Klima der Leistungsfeindlichkeit und des Duckmäusertum führt dazu, dass von Hochschulen fast nur noch politisch korrekte und politisch konforme Aussagen zu hören sind. Ausnahmen sind Professoren, die noch im alten C-Entlohnungssystem sind, wie Werner Patzelt, oder Professoren, wie Günter Buchholz, die der staatlichen Gängelung an Hochschulen und der hinter dem Rücken ausgeübten Repressalien durch Kollegen, die Abweichung nicht dulden, durch Emeritierung entgangen sind.
  • (9) Nicht mehr Wissen und die Suche nach Erkenntnis ist Gegenstand der Tätigkeit an Hochschulen, sondern Legitimation politischer Vorgaben und Vermittlung als politisch korrekt befundener Ideologien.
  • (10) Hochschulen dienen der Legitimation des Versuchs derjenigen, die Politiker mimen, ihre Bevölkerung zu manipulieren.
  • Colemann(11) Journalisten erfüllen eine entsprechende Rolle. Sie sind diejenigen, die auf Informationen von Politikern und politische Gefallen angewiesen sind. Informationen erhalten Journalisten, die wohlgefällig sind. Kritischer Journalismus wird bestraft, durch Informationsentzug oder durch Nachsitzen wie bei Frank Plasberg (Hart aber fair).
  • (12) Journalisten erfüllen eine kritische Funktion, denn die Versuche der Politiker, Deutsche zu manipulieren, sind vom Zugriff auf die Medien und ihre Reichweite abhängig.
  • (13) Die Reduzierung von Journalismus auf eine bloße Sprecherfunktion, die darin besteht, vorgefertigte Pressemeldungen, die über dpa oder direkt von Ministerien lanciert werden, abzudrucken, ebenso wie die schlechte Bezahlung der meisten Journalisten hat dazu geführt, dass auch Journalismus nur noch für Personen interessant ist, deren Qualifikation nicht dazu ausreicht, um auf dem primären Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
  • (14) Politik, weite Teile der System-Wissenschaft und des Jorunalismus haben sich zu einem Market for Lemons entwickelt. Die Akteure auf diesem Markt teilen eine prekäre Situation, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass die fehlenden Kompetenzen die Sicherheit der eigenen Position davon abhängig macht, dass sie nicht hinterfragt wird.

Diese 14 Thesen stellen für uns Randbedingungen dar, unter denen Akteure handeln. In der Regel verhalten Sie sich konform, wie dies bereits im Rahmen einiger der Thesen beschrieben wurde. Die Randbedingungen beeinflussen das Handeln der Akteure, die ihnen unterworfen sind. Von diesen Akteuren nehmen wir an, dass sie sich innerhalb ihrer Systemlogik rational verhalten.

Interessant wird das Verhalten von Politikern, Systemwissenschaftlern und Journalisten dann, wenn ein neuer, ein abweichender Stimulus auftaucht, der als Gefahr wahrgenommen wird.

Ein solcher Stimulus hat z.B. im Begriff der Lügenpresse seinen Niederschlag gefunden. Den Begriff der Lügenpresse muss man als Soziologe als Ausdruck dafür nehmen, dass Bürger mit der Art und Weise, wie sie unterrichtet werden, nicht zufrieden sind. Sie hinterfragen die Art und Weise der Berichterstattung, weisen auf Widersprüche und Fehler, auf Manipulationsversuche und darauf hin, dass die Intelligenz derjenigen, die Medien ausgesetzt sind, vermutlich im Durchschnitt höher ist als die Intelligenz derer, die Medien gestalten.

Nicht nur Journalisten werden kritisch hinterfragt, auch Politiker und Systemwissenschaftler. Nicht zuletzt Blogs wie ScienceFiles haben es sich zur Aufgabe gemacht, zum einen die Nieten an Hochschulen erkennbar zu machen, zum anderen die Selbstbedienung, die Parteien derzeit an Steuergeldern betreiben und den intellektuellen Absturz dessen, was in Deutschland Politik sein soll, darzustellen und zu kritisieren.

Und diese Kritik entfaltet ihre Wirkung, wie sich zum einen daran zeigt, dass Systemwissenschaftler und Journalisten herbeieilen, um kritische Bürger zunächst als Wutbürger zu beschimpfen und dann als deprivierte, dumme und verbitterte Versager zu diskreditieren [Die Vasallen des Staates tun offensichtlich alles, um die Anliegen der so diffamierten nicht als legitim erscheinen zu lassen.]

Die Pauschalität der Beleidigungen, die sich generell gegen alle richtet, die auf die Straße gehen, die Politiker kritisieren und die Journalisten Fehlinformationen nachweisen, ist bemerkenswert. Selbst als Chaoten von Blockupy die Innenstadt von Frankfurt zerlegt haben und Polizeiautos in Flammen aufgegangen sind, wurde fein säuberlich zwischen Chaoten und richtigen Demonstranten, die ein legitimes Interesse zum Ausdruck bringen wollten, unterschieden. Bei vermeintlich rechten Demonstranten, die durch Dresden laufen oder gegen Flüchtlinge demonstrieren, ist dies nicht der Fall. Hier reichen ein paar Chaoten um alle Demonstranten als illegitime Wutbürger zu brandmarken.

Die Brandmarkung erfolgt auf geschlossener Front. Angebliche Soziologen differenzieren nicht und haben keinerlei Problem damit, die Erforschung eines Phänomens mit der Beschimpfung der Träger des Phänomens zu vertauschen. Angebliche Journalisten berichten von Übergriffen und interviewen generell niemanden, der ein möglicherweise legitimes Interesse zum Ausdruck bringen könnte. Und Politiker sind einheitlich schockiert und betroffen. Das vollkommene Fehlen von Kompetenzen und Qualifikationen, es ist offensichtlich:

JobcenterViele Wissenschaftler sind zu bloßen Sprechern ihrer politischen Herren geworden, die soziale Phänomene nicht mehr zu erklären, sondern zu diskreditieren suchen. Als prekäre Systemwissenschaftler ist ihre Professur eben der ständigen Gefahr einer Abwicklung, der anonymen Überwachung, der Denunziation oder der Dienstaufsichtsbeschwerde ausgesetzt. Besser man ist vorauseilend gehorsam. Als akademische Hartz-IVler im Institutsdienst sind sie von ihren politischen Auftraggebern aus den Stiftungen der Parteien oder aus Ministerien direkt abhängig.

Journalisten sind nicht mehr an Geschichten und Reportagen interessiert, nicht mehr an den zwei Seiten, die einen Konflikt ausmachen, sondern daran, die Guten und die Bösen deutlich herauszustellen, damit der Virus der Kritik nicht noch auf Bevölkerungsteile übergreift, die bislang durch Desinteresse ausgezeichnet sind.

Und Politiker? Nun, Politiker, die vergessen, dass sie doch eigentlich die gewählten Vertreter des ganzen Volkes sind. Das macht Politik und eine Regierung eigentlich aus, dass ihre Vertreter die Kompetenz und den Willen haben, die gesamte Bevölkerung so weit wie möglich zufrieden zu stellen oder doch zumindest den Eindruck zu vermitteln, dass sie die Anliegen aller Mitglieder der Bevölkerung zur Kenntnis nehmen und als legitim akzeptieren.

Die allenthalben fehlenden Kompetenzen resultieren in Anomie. Anomie kann man als Handlungsunfähigkeit angesichts eines Handlungsdrucks definieren. Fähige und kompetente Handlungen angesichts von vielen Tausend Bürgern auf der Straße wären für Soziologen die Analyse der Motive, der Versuch, die Ursachen der Unzufriedenheit und die Beweggründe der Demonstranten zu erforschen. So wie dies Werner Patzelt tut. Die Anomie der Systemwissenschaftler sie zeigt sich darin, dass ihnen nur einfällt, die Bürger zu beschimpfen, sie als Wutbürger abzukanzeln und zu hoffen, dass die Sprachmagie dazu ausreicht, die Wutbürger zu vertreiben und vor allem dazu, die Aufmerksamkeit nicht auf die eigene prekäre Situation zu lenken (die vielleicht erklärt, warum sie so wütend auf die Teile der Bevölkerung sind, die nicht in Abhängigkeit vom Staat ihr Dasein fristen, wie dies für sie der Fall ist).

Journalisten, die nicht in Anomie befangen sind und sich für einen Gegenstand interessieren, berichten von dem, was vorgeht, zeigen z.B. den Querschnitt derjenigen, die demonstrieren und berichten von den Übergriffen, die erfolgt sind, in unabhängiger und zumindest ansatzweise un-ideologischer Manier. Angesichts dieser legitimen Erwartungen der Bürger an die Art und Weise der Berichterstattung durch die Presse, sind deren Vertreter anomisch, was sich in Berichten nach Vorschrift niederschlägt, die in einen vorgefertigten Rahmen gestellt und zu Berichten über Wutbürger gemacht werden, immer in der Hoffnung, die Adressaten der Berichte würden den billigen Manipulationsversuch nicht durchschauen und nicht merken, dass die Berichterstattung gefärbt ist und nicht der Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse dient, ganz so, wie es im Ausdruck “Lügenpresse” zum Ausdruck kommt.

Politiker, die nicht in Anomie versinken, würden sich erinnern, dass es die Führungsstärke ist, die Politiker angeblich auszeichnet. Führungsstärke muss man dummer Weise vor Ort durchsetzen, und zwar als der Vertreter aller Deutschen, der man als Regierungsvertreter nun einmal sein muss. Anomische Politiker verkriechen sich in ihren gepanzerten Fahrzeugen und huldigen der Menge lieber wie der Papst, wenn er den Segen Urbi et Orbi erteilt. Mit dem Mann auf der Straße, wollen anomische Politiker nichts zu tun haben. Er macht ihnen Angst, weil ihnen die soziale Kompetenz fehlt, mit ihm umzugehen, ihn zu adressieren, mit ihm zu sprechen. Deshalb wird er als Pack oder als Wutbürger beschimpft und somit zu einem Wesen degradiert, mit dem man nicht sprechen kann. Anomische Politiker versuchen sich durch Stigmatisierung aus der Verantwortung zu stehlen und hoffen, dass es niemand merkt.

Alle drei Handlungsweisen sind in keiner Weise dazu geeignet, die Kritik an den jeweiligen Vertretern ihrer Profession verstummen zu lassen – im Gegenteil. Das eben ist das Problem mit Anomie – die Ursache geht dadurch, dass man sie ignoriert, nicht weg. Nicht einmal, wenn man Kritiker, Demonstranten und Chaoten über einen Kamm schert und allesamt als Wutbürger beschimpft, geht die Ursache weg – ganz im Gegenteil.

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