Infantiler Machbarkeitsglaube: Komm’ wir wechseln das Geschlecht

“Nichts ist unmöglich” – so warb einst Toyota.

nothing is impossible 2Und manche scheinen diesen Marketing-Spruch ernst zu nehmen, und zwar in einer Weise, die in einen Machbarkeitsglauben mündet, der Wissenschaftler, die sich mit Moden und Trends in einer Gesellschaft, die sich mit den Prämissen beschäftigen, auf denen die soziale Inszenierung von Persönlichkeit basiert, eigentlich faszinieren müsste.

Tut er aber nicht, vermutlich deshalb, weil die meisten Stellenbesetzer auf entsprechenden Positionen in Soziologie, Kulturwissenschaft und Zeitgeschichte so sehr mit der Inszenierung der eigenen Wissenschaftlichkeit beschäftigt sind, dass sie gar keine Zeit mehr dafür haben, sich einer Fragestellung zu widmen.

Mit dem Machbarkeitsglauben geht ein Konstruktivismus einher, der selbst Pyrrho, den alten Skeptiker, aus der Fassung gebracht hätte, erstreckt sich die neue Form der Konstruktion, doch auf alles und jeden und spart selbst die Realität nicht aus. Wem die Realität nicht passt, der konstruiert sich eine neue Realität.

Was früher als Geisteskrankheit galt, als Indiz dafür, dass jemand nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, es ist heute an Hochschulen institutionalisiert, wo Lehrstuhlbesetzer verkünden, dass anything goes: Nichts ist mehr sicher und alles ist möglich, denn alles ist konstruiert, vom Geschlecht angefangen über die Wahrnehmung bis hin zur Realität. Vergessen sind die alten Empiriker, die noch wussten, dass die Realität z.B. durch Sprache beschrieben wird, aber nicht durch Sprache verändert oder gar geschaffen werden kann.

Hume treatiseDer Unverstand seiner Zeitgenossen hat David Hume dazu getrieben, Rosen zu züchten und Philosophie, Philosophie sein zu lassen. Angesichts des im radikalen Konstruktivismus gesammelten Unverstands moderner Zeiten ist nicht auszuschließen, dass Hume zu militanteren Mitteln greifen würde, müsste er mit ansehen, wie das, was er in seiner Untersuchung über den menschlichen Verstand gezeigt hat, in sein Gegenteil verkehrt und behauptet wird, der menschliche Verstand schreibe die Wirklichkeit vor, gehe der Realität vor.

Der neue Konstruktivismus, man könnte ihn auch als neue Überheblichkeit bezeichnen, wäre da nicht die mit ihm einhergehende Naivität und Unkenntnis, die z.B. in seinen Teilbereichen der Gender Studies oder dessen, wozu die Wissenssoziologie verkommen ist, vorhanden ist, jene Unkenntnis, die alles erfrieren lässt, was man gerade noch als Bezeichnung auf den Lippen hatte.

Nein, der neue Machbarkeitsglaube, er geht mit einer Unkenntnis einher, die nur noch durch die zugehörige Infantilität und Flucht vor der Realität übertroffen wird.

Die neuen Konstrukteure, sie müssen vor der Realität fliehen, denn die Realität bringt diese unangenehmen Fakten mit sich, Fakten, die einfach sind, völlig unkonstruierbar und da: So kann man konstruieren so lange man will, aber Tod und Verstümmelung, sie gehen nicht weg. Deshalb darf über Tod in der Welt der infantilen Machbarkeits-Konstrukteure nicht gesprochen werden und über Verstümmelung nur hinter vorgehaltener politischer Korrektheit, die den Verstümmelten, dem ein Arm fehlt, dann zum zu unrecht aufgrund fehlender Fähigkeiten von Ableisten Diskriminierten stempelt, der natürlich genau so Weltmeister im Boxen werden kann, wie jeder, der mit zwei Armen unterwegs ist.

nothing is impossible 1Die Infantilität, die diese Konstrukteure anleitet, sie führt dazu, dass sie die ersten sind, die Behinderte verspotten und diskriminieren, dadurch, dass sie sich weigern, Behinderte als Menschen anzuerkennen, die bestimmte Fähigkeiten eben nicht haben (andere dagegen schon). Man kann nun einmal einen fehlenden Arm nicht herbei-konstruieren.

Die Gefahr, die von den infantilen Konstrukteure ausgeht, sie ergibt sich gerade aus der Realitätsverweigerung, die mit dem Konstruktionseifer einhergeht, denn in der Welt der Konstruktionseiferer gibt es keine negativen Folgen, keine negativen Ereignisse, die mit dem verbunden sein können, was den Konstrukteuren wichtig ist.

In ihrer Welt gibt es Schönheitsoperationen. Dass Schönheitsoperationen, der Versuch, die eigene Person (und mit ihr die Persönlichkeit) als optimal zu konstruieren, regelmäßig in einem bemitleidenswerten und eine neue Hässlichkeit konstituierenden Plastik-Mutanten resultieren, der der Vorstellungswelt von HP Lovecraft oder von Hieronymus Bosch entsprungen sein könnte, das kommt in der Welt derer, die sich von dem chirurgischen Eingriff Äußerlichkeiten versprechen, die selbst dann, wenn sie eintreten würden, vom vorhandenen Intellekt ad absurdum geführt würden, nicht vor.

In der Welt der infantilen Konstrukteure gibt es sexuelle Orientierung und Homosexualität ohne Risiken und Nebenwirkungen, Die sexuelle Befreiung der 1970er sie findet unter Ignorierung von HIV/AIDS, meldepflichtigen Geschlechtskrankheiten und sonstigen übertragbaren Unappetitlichkeiten statt. Letztere kommen nur in der Realität vor. Die Konstruktion der Realität sie ist fun, XXL-fun, an dem man sich im wahrsten Sinne des Wortes totlachen kann.

Schließlich gibt es in der Welt der infantilen Konstrukteure nur das, was man will. Was man will, ist oft nicht, was man hat. Selbst im Hinblick auf die eigene Persönlichkeit, die eigene Person, ist oft Defizitäres zu berichten. Und wo früher Menschen mit ihren körperlichen oder psychischen Defiziten leben mussten oder zu leben gelernt haben, wo sie sich dem Leben gestellt haben, da herrscht heute der Fluchtinstinkt vor, der die Fluchtrichtung gleich vorgibt, hin in die schöne neue Welt der umfangreichen Machbarkeit, in der selbst Personen, die sich einbilden, ihre weibliche Psyche sei in einem männlichen Körper gefangen oder umgekehrt, die denken, ihre männliche Psychologie habe ein weibliches Gefängnis gefunden, an ihrer Misere etwas ändern können: per Geschlechtsumwandlung.

Man nehme ein paar Hormone, blocke andere Hormone und schon wird aus dem eingebildeten Mann im weiblichen Körper ein eingebildeter Mann im männlichen Körper bzw. aus der eingebildeten Frau im männlichen Körper eine eingebildete Frau im weiblichen Körper. So jedenfalls ist es in der eingebildeten Welt der realitätsflüchtenden Konstrukteure, des “nichts ist unmöglich”.

In der Realität, vor der die Konstrukteure flüchten, ist es jedoch anders. In dieser Realität verändert die Aufnahme von Testosteron und das Blocken von Östrogen, oder umgekehrt, die Chemie des Gehirns, und vermutlich ist die Chemie des Gehirns nicht alles, was verändert wird. Wer sagt denjenigen, die ihr biologisches Geschlecht an ihre Einbildung anpassen wollen, dass sie nach der Veränderung noch derselbe Mensch sind? Es ist ein weiterer Beleg für die Infantilität der Konstrukteure, dass ihnen solche Fragen nicht einmal in den Sinn kommen, nicht einmal dann, wenn Forschungsergebnisse wie die von Dr. Siegfried Kasper und Dr. Rupert Lanzenberger (sowie neun weitere Mitautoren), die im Wandel befindliche Transsexuelle beobachtet und untersucht haben, dies nahelegen.

RealitaetsverlustTranssexuelle auf dem Weg von einem Mann zu einer Frau zeigen ein reduziertes Niveau von SERT. Transsexuelle auf dem Weg von einer Frau zu einem Mann zeigen ein erhöhtes Niveau des Proteins SERT. SERT ist für die Aufnahme von Serotonin zuständig. SERT ist für erhöhte Resilienz, ein reduziertes Risiko für Stresssymptome und eine geringere Anfälligkeit für Depression und mentale Störungen verantwortlich. Transsexuelle verändern also nicht nur ihr biologisches Geschlecht, sondern auch ihre Gehirn-Chemie (und was sie sonst noch in ihrem Gehirn verändern, ist eine offene Frage). Im Ergebnis sind Transexuelle, die biologisch zum Mann geworden sind, weniger anfällig für Depression, mentale Störungen und resilienter gegenüber ihrer Umwelt, währen Transsexuelle, die nun biologisch zur Frau geworden sind, eher depressiv werden und mentale Störungen entwickeln, als dies vor ihrer Geschlechtsumwandlung der Fall war.

Infantiler Machbarkeitsglaube kennt nur Veränderungen zum Besseren. Er ist bar jeglicher Kenntnis unerwünschter und unbeabsichtigter Folgen und stampf mit dem Fuß gegen die Realität auf, in der diese Unanehmlichkeiten gegeben sind, eine Welt, in der Homosexuelle häufiger an HIV/AIDS erkranken und sterben als Heterosexuelle und eine Welt, in der Depressionen und mentale Störungen bei Frauen häufiger sind als bei Männern. Und das sind nur zwei der Risiken und Nebenwirkungen, die das Leben so mit sich bringt und von den infantile Konstrukteure nichts wissen bzw. dies sie nicht würden wahrhaben wollen, wären sie ihnen bekannt.

Kranz, Georg S. et al. (2015). High-Dose Testosterone Increases Serotonin Transporter Binding in Transgender People. Biological Psychiatry 78(8): 525-533.

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