Rechtsextremismus-Hype: Wie seit Jahren Rechtsextremismus geschaffen wird

Wer von unseren Lesern war dieses Jahr im Süden Italiens?

In Pompeij? In Neapel? In Sorrento? Amalfi?

Wer hat einen kleinen Abstecher auf den Vesuv gemacht?

Mt_Vesuvius_EruptingUnd wer hat dabei gedacht, dass er sich in Lebensgefahr begibt, bzw. darauf vertraut, dass der Vesus, der eigentlich überfällig ist, nicht gerade in dem Moment ausbricht, in dem er sich am Kraterrand befindet?

Gleichzeitig und Hand aufs Herz, wer von unseren Lesern hat Angst, dass er Opfer von Identitätsdiebstahl im Internet wird oder dass das Flüchtlingsheim um die Ecke angezündet wird?

Wissenschaftler diskutieren unterschiedliche Einschätzungen des Risikos, das mit einer Handlung verbunden ist, inadäquate Wahrnehmungen der Gefahr, in die man sich begibt, unter dem Stichwort der Salience. Salience beschreibt die Präsenz eines Themas, die Bedeutung, Normalität und Aktualität, die ein Thema in den Augen von Beobachtern hat.

Wer die Medien verfolgt, kann leicht den Eindruck haben, dass Deutschland in zwei Hälften geteilt ist. Eine Hälfte, nennen wir sie die böse Hälfte, ist vehement gegen Flüchtlinge eingestellt, demonstriert gegen Flüchtlinge bzw. sympatisiert mit denen, die demonstrieren, die andere Hälfte ist die Kopfschüttel-Hälfte, die sich über die andere Hälfte echauffiert und die erste Hälfte gerne in die Wüste schicken würde, sie in jedem Fall gerne unsichtbar und unhörbar machen würde.

Dieser Eindruck, den man leicht aus den Medien gewinnen kann, hat vermutlich (oder hoffentlich) nicht viel mit der Realität zu tun. Er ist das Ergebnis der Prominenz die, des Sendeplatzes der einem Thema, in diesem Fall dem Thema “Flüchtlinge” eingeräumt wird. So sind es z.B. die Flüchtlinge, wegen derer vermutlich Steuern erhöht werden müssen, nicht etwa die Tatsache, dass Steuergelder für Gender Mainstreaming, die politischen Vereine der Parteien und den Unterhalt von allerlei Netzwerken und Stiftungen und Organisationen, die sich zu Freunden von Flüchtlingen erklärt haben und diejenigen bekämpfen, bekehren oder mundtot machen wollen, die ein Problem mit Flüchtlingen haben oder Kritik in welcher Weise auch immer äußern, verschwendet werden.

Die aus Steuergeldern unterhaltenen Netzwerke, Stiftungen, Organisationen und politischen Vereine der Parteien wiederum, die haben ein Interesse daran, dass die Themen, die ihre Finanzierung sichern, in den Medien und der Wahrnehmung der Bevölkerung verankert werden.

Lebt eine Stiftung davon, die “Nazis” oder den “Rechtsextremismus” zu bekämpfen, dann ist es natürlich wichtig, dass die Gefahr, die von Nazis und von Rechtsextremisten ausgeht, als immens dargestellt wird. Das Flüchtlingsthema ist bestens dazu geeignet, diese Gefahr aufzubauschen, die Gefahr, die von einem Haufen Rechtsextremer ausgeht, der nimmt man die Berichte des Bundesverfassungsschutzes zum Ausgangspunkt tatsächlich weniger gefährlich ist als Linksextreme.

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Aber: Linksextreme kommen in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vor und die Organisationen und Stiftungen, die sich dem Kampf gegen Linksextremismus verschrieben haben, die muss man suchen (und selbst dann findet man keine, wir haben jedenfalls keine gefunden). Organisationen, die Nazis, Rechstextreme in Broschüren, Maßnahmen, Tagungen, Veranstaltungen, Netzwerktreffen, Erziehungsprogrammen für Jugendliche, Ausstiegshilfen für Kinder und Jugendliche und wer weiß, mit was noch allem, bekämpfen wollen, sind dagegen Legion.

Die interessante Frage ist die Frage, wie ein Thema es schafft, zum Hype zu werden. Wie war es möglich, den Rechtsextremismus in Deutschland zu einem Popanz aufzubauen, dem in etwa die Gefährlichkeit von al-Quaida zugeschrieben wird?

Die Antwort auf diese Frage verweist auf eine unheilige Allianz zwischen Organisationen, die mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus ihr Geld deshalb verdienen, und Wissenschaftlern an Hochschulen, die beide ein Thema hochgeredet bzw. hochgeschrieben haben, ohne dass es eine Begründung dafür gegeben hat.

Wir haben, um diese Hypothese zu prüfen, eine Auszählung (in Google Scholar) der wissenschaftlichen Beiträge (Zeitschriften, Bücher, Aufsätze, graue Papiere) zum Thema “Rechtsextremismus” vorgenommen (berücksichtigt wurden nur Beiträge in deutscher Sprache) und gleichzeitig und zu Kontrollzwecken die wissenschaftlichen Beiträge ausgezählt, die es im selben Zeitraum zum Thema “Linksextremismus” gab. Diesem Vorgehen unterliegt die Hypothese, dass das Thema “Rechtsextremismus” häufiger behandelt wird als das Thema Linksextremismus, weil sich mit dem Thema “Rechtsextremismus” deutlich mehr Steuergelder loseisen lassen als mit dem Thema “Linksextremismus”.

Die folgende Abbildung zeigt für den Zeitraum von 1980 bis 2014 die Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den Themen “Rechtsextremismus” und “Linksextremismus”.

Sie ist ein Beispiel dafür, wie ein Hype entsteht.

Rechtsextremismus hypeBeeindruckend – oder? Während das wissenschaftliche Interesse an Linksextremismus mehr oder weniger gleichbleibend kaum vorhanden ist, hat das entsprechende Interesse an Rechtsextremismus eine Reihe von Schüben erfahren.

Seit der Vereinigung nimmt die Anzahl der wissenschaftlichen Beiträge zum Thema Rechtsextremismus kontinuierlich zu, so dass man denken könnte, seit der Vereinigung gibt es ein Interesse daran, den Rechtsextremismus groß zu schreiben. Zuerst Anfang der 1990er Jahre, dann Anfang der 2000er und schließlich um 2010 gibt es regelrechte Sprünge in der Zahl der Publikationen von 153 im Jahre 1992 auf 345 im Jahre 1993, von 311 im Jahre 1999 auf 685 im Jahre 2002, von 817 im Jahre 2012 auf 1.270 im Jahre 2013. Rechtsextremismus ist zunehmend ein Mode-Thema der Sozialwissenschaften. Die Zahl der Beiträge ist ungefähr in dem Maße gestiegen, in dem die Hohe der Steuergelder gestiegen ist, die für Maßnahmen gegen Rechtsextremismus bereitgestellt wurden.

Da es für entsprechende Broschüren, Maßnahmen, Tagungen, Veranstaltungen, Netzwerktreffen, Erziehungsprogrammen für Jugendliche, Ausstiegshilfen für Kinder und Jugendliche, die sich gegen Linksextremismus richten, kaum einen Blumentopf zu gewinnen gibt, hält sich auch das vermeintlich wissenschaftliche Interesse an Linksextremismus in Grenzen. Vermutlich ist die Anzahl der Veröffentlichungen zum Thema Linksextremismus, die zwischen 2 (1981) und 124 (2011) liegt, ungefähr die Anzahl von Beiträgen, die man erwarten würde, wenn das Thema nicht von anderen als wissenschaftlichen Interessen getragen würde.

Andere als wissenschaftliche Interessen, wirtschaftliche und ideologische Interessen, spielen jedoch bei der Schaffung von Rechtsextremismus, bei der Produktion eines Rechtsextremismus-Veröffentlichungs-Hype eine große Rolle, wie die vielen Aktivisten, die von der Bekämpfung des Rechtsextremismus leben, bezeugen können.

netz-gegen-nazis_largeNun hat Salience, von der wir zu Anfang gesprochen haben, einen Nebeneffekt, der misslich ist: Wenn man Rechtsextremismus zu einem Popanz aufbaut, der seinem realen Gefährdungspotential nicht ansatzweise gerecht wird, dann mag dies den Zugang zu Steuergeldern, um Rechtsextremismus zu bekämpfen, erleichtern. Der geschaffene Popanz vermittelt aber Dritten den Eindruck, dass Rechtsextremisten in Deutschland an jeder Hausecke zu finden sei, man keinen Schritt mehr gehen könne, ohne auf einen Rechtsextremen zu treffen, dass Rechstextremisten die Normalität in Deutschland geworden sind. An diesem Eindruck haben die vermeintlichen Wissenschaftler, die den Rechtsextremismus zum Phänomen der Mitte erklärt haben, einen wenig rühmlichen Anteil.

Ist der Eindruck, dass Rechtsextremismus weit verbreitet ist, erst einmal entstanden, dann baut dieser Eindruck Hemmschwellen bei denjenigen ab, die ein gewisses Potential zu Straftaten inkorporiert haben oder die nach einer Legitimation für Straftaten gesucht haben, die sie schon seit längerem begehen wollten. In den USA ist dies als Copycat-Criminality bekannt, in Deutschland ist es – wie so vieles, was in der Realität beobachtet wird – kaum bekannt.

Entsprechend kommen wir zu einem politisch nicht korrekten Schluss, der die moralische Verantwortung für die Zunahme von Brandanschlägen auf ausgewiesene Flüchtlingsunterkünfte nicht bei denen sieht, die gegen Flüchtlinge demonstrieren oder den Zuzug kritisieren, sondern bei all denen, die mitgeholfen haben, Rechtsextremismus in Deutschland von einer Randerscheinung, die außerhalb der Wehrsportgruppe Hoffmann niemanden interessiert hat, zu einer Mode, einem Trend groß zu schreiben, dem zwar immer noch eine kleine Zahl überzeugter Rechtsextremer gegenübersteht, dem sich aber eine zunehmende Zahl von Mitläufern beigesellt, die mit Rechtsextremismus nichts am Hut haben, ihn aber aufgrund des Hypes, der um Rechtsextremismus gemacht wird, einerseits als Legitimation für die eigene Kriminalität benutzen können, andererseits als Symbol für den Widerstand gegen was auch immer.

Das haben die Warner vor dem Rechtsextremismus, die mit dem Warnen ihren Lebensunterhalt sichern, wirklich gut gemacht!

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