Sauerkraut-Nazis

Ab sofort können wir alle Versuche, Nazis zu bekämpfen bzw. gegen Antisemitismus vorzubeugen, beenden. Alle entsprechenden Versuche sind unnötig. Denn: Nazis und Antisemiten sind das Ergebnis von Sauerkrautsaft.

Das glauben Sie nicht?

Nun, denn: Claude Messner und Adrian Brügger, die am Institute of Consumer Behavior der Universität Bern beschäftigt sind, haben dieses erstaunliche Ergebnis gerade in der Zeitschrift “Psychology” veröffentlicht – ja, wirklich! 

Double facepalmMessner und Brügger, von der Universität Bern, haben 111 Studenten einer Universität in der Schweiz, deren Standort die Berner uns nicht nennen wollen, einem Test unterzogen, einem Geschmackstest. Ein Drittel von ihnen musste Sauerkrautsaft trinken, ein Drittel Nestle Eistee und ein Drittel durstig bleiben.

Wer Sauerkrautsaft trinkt, der gilt als moralisch dem Nestle Eisteetrinker überlegen. Das haben die Forscher als weitere revolutionäre Erkenntnis zuvor aus den Antworten von “128 Swiss students” entnommen.

Wer nun denkt, Sauerkrautsaft zu trinken, mache ihn zum besseren Menschen, der hat sich getäuscht, denn Sauerkrautsaft trinken lässt den inneren Schweinehund, der in uns allen lebt, heraus, den inneren Nazi- und Antisemitenschweinehund.

Denn: Das Trinken des moralisch hochwertigen Gebräus aus Weißkohl, das nicht unbedingt durch seine geschmacklichen Eigenschaften überzeugt, es hat zur Folge, dass der innere Nazi-Schweinhund erwacht und nun denkt, er habe eine rassistische Aussage oder eine ethnozentristische oder eine antisemitische Aussage frei. Derart enthemmt ist der innere Nazi-Schweinehund, dass die Sauerkrauttrinker im Experiment von Messner und Brügger in einer Varianzanalyse deren F-Wert (2,108) bereits die ganze Armseligkeit der Studie anzeigt, “more strongly … right-wing statements” zustimmen.

Einen Mittelwert von 4,46 haben die Sauerkrautsafttrinker. Dagegen haben die Nestle Teetrinker einen Mittelwert von nur 3,82 auf welcher Skala auch immer. Da sieht man, wie verheerend sich Sauerkrautsaft auf die ideologische Gesundheit auswirkt. Sauerkrautsaft gehört verboten, löst sein Konsum doch moralische Enthemmtheit aus, die zu rechtsextremen Einstellungen führt.

Versammlung der Sauerkrauttrinker Deutschlands
Versammlung der Sauerkrauttrinker Deutschlands

Zumindest sind Sauerkrautsaft-Flaschen in Zukunft nur noch mit dem Aufdruck zu verkaufen: Schon ein Glas dieses Vitamin-C reichen Getränks kann sie zum Nazi machen! Und endlich haben wir eine Erklärung für das Dritte Reich. Es war nicht die Magie von Hitlers Augen, nicht der Antisemitismus mancher Deutscher, keine autoritären Persönlichkeiten und kleinen Verwaltungslichter und auch kein endemischer Neid, nein, es war der Sauerkrautkonsum, als Saft oder zur Bratwurst. Die GIs haben es schon immer gewusst und deshalb von den Krauts gesprochen.

Aber, wie gesagt, die Studie hat auch ihre positive Seite: Wir können alle, die ihr Geld damit verdienen, Rechtsextremismus und Nazis zu bekämpfen, auf den Arbeitsmarkt entlassen und die Amadeu-Antonio-Stiftung schließen. Hey, die Amadeu-Antonio-Stiftung schließen…. eigentlich ist das eine sehr gute Studie, die Messner und Brügger da ausgeführt haben …

Nein, ist sie natürlich nicht und nicht einmal die Möglichkeit, die Amadeu-Antonio-Stiftung zu schließen, macht die Studie zu einer guten Studie. Die Studie ist vollständiger Unsinn, eine hermetische Fleischwolfstudie, bei der die beiden Autoren ihre krausen Ideen vorne hineinstecken und hinten wieder abholen. Mit Wissenschaft hat das Ganze überhaupt nichts zu tun. Es ist junk science, eine neue Form von junk science, die man als gutter junk science bezeichnen kann, in Anlehnung an die britische Kategorie der gutter press.

Ein solcher Unsinn hat in einer wissenschaftlichen Zeitschrift nichts verloren. Da dieser Unsinn in Psychology abgedruckt wurde, muss man davon ausgehen, dass Psychology keine wissenschaftliche Zeitschrift ist, sondern eine gutter junk science press.

Über diesen Unsinn, den Claude Messner und Adrian Brügger verbreiten, hat auch Rudolf Taschner in der Österreichischen Die Presse geschrieben.

Und nein, die Studie von Messner und Brügger ist kein Witz. Sie ist ernst gemeint: Messner, Claude & Brügger, Adrian (2015). Nazis by Kraut: A Playful Application of Moral Self-Licensing. Psychology 6: 1144-1149.

Zur Studie: Die beiden angeblichen Wissenschaftler haben tatsächlich ein Experiment gemacht, Studenten in drei Gruppen geteilt, einer Sauerkrautsaft, einer Nestle Eistee und einer nichts zu trinken gegeben. Dann mussten alle drei Gruppen Aussagen bewerten, auf einer Skala, von der die Autoren ihren Lesern nicht sagen, welche Werte sie umfasst. Unter den Aussagen, die zu bewerten waren, waren u.a. die folgenden:

  1. Wenn ich eine Frau mit Burqa sehe, fühle ich mich unwohl.
  2. Ausländer, die in der Schweiz leben, belasten die sozialen Sicherungssysteme.
  3. Angesichts der Politik Israels kann ich Abneigungen gegenüber Juden verstehen.
  4. Alle öffentlichen Gebäude behindertengerecht zu machen ist übertrieben.

Wer den Aussagen eher zustimmt oder zustimmt, der gilt den Autoren:

  1. als jemand der andere Kulturen abwertet,
  2. als jemand der Menschen aus anderen Nationen abwertet,
  3. als Antisemit,
  4. als jemand, der die Menschlichkeit anderer abwertet.

Allein diese Interpretation der Aussagen macht deutlich, dass Messner und Brügger keine Wissenschaftler sind, sondern mit ihrer Forschung versuchen, auf sich billige ideologische Weise zu produzieren und Effekte in den Medien zu erheischen, denn:

  1. Wer sich beim Anblick eines Burqa unwohl fühlt, der fühlt sich unwohl, mehr nicht.
  2. Dass manche Ausländer, die in der Schweiz leben, ebenso wie manche Schweizer die sozialen Sicherungssysteme belasten, ist eine Tatsache und kein Ethnozentrismus (die sozialen Sicherungssysteme wurden geschaffen, um belastet zu werden).
  3. Dass die Politik Israels, vor allem die Errichtung eines Gefangenlagers im Gaza Streifen nicht bei allen auf Beifall stößt und entsprechend zu Antipathien bei denen führen kann, die Israelis mit Juden gleichsetzen, ist ein rational nachvollziehbarer Gedankengang.
  4. Dass es aus ökonomischen Gründen nicht sinnvoll ist, generell alle öffentlichen Gebäude behindertengerecht zu machen, auch wenn z.B. im Musterungsamt der Schweizer Armee nie Behinderte zu finden sind, ist offenkundig.

Insofern fragt man sich, ob die politisch korrekte Studie von Messner und Brügger nicht bereits die Grenze zur totalitären Studie überschritten hat.

Der letzte Schritt zur Junk Science besteht darin, dass die Studie keinerlei theoretische Fundierung hat. Warum Sauerkrautsaft überhaupt einen Einfluss auf die Bewertung der oben dargestellten Aussagen haben soll, bleibt völlig unklar und die im Text auffindbare Argumentation mit einem “moralischen Konto” ist ein gutes Beispiel für eine Tautologie, die unbedarften Lesern als Theorie untergeschoben werden soll.

Vielen Dank an einen Leser von ScienceFiles, der uns auf diese Junk Studie hingewiesen hat.

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