Kunst, die manche für Schmutz halten
Wann immer Menschen zusammenleben, besteht die Notwendigkeit, sich über grundlegende Dinge des Umgangs miteinander zu einigen. Wenn viele Menschen in Gesellschaft zusammenleben, besteht zudem die Notwendigkeit, die Verteilung gemeinsamer Ressourcen zu regeln. Und wenn Menschen in sogenannten modernen Staaten zusammenleben, in denen es rein statistisch gesehen einige gibt, die sich für Elite, Avantgarde oder in welcher Weise auf immer “more refined” als die anderen ansehen, besteht die Notwendigkeit, einen Weg zu finden, das, was angeblich und vielleicht auch tatsächlich elitär oder avantgardistisch oder innovativ ist, auch zu honorieren (oder auch nicht).
Auf einem Markt ist das kein Problem: Neue Innovationen, neue Techniken, sie verbreiten sich wie ein Lauffeuer – jedenfalls dann, wenn sie ein Bedürfnis erfüllen, wenn sie für die jeweiligen Käufer einen Nutzen bereitstellen.
Bei Kunst und künstlerischen Erzeugnissen ist dies zumeist anders: De Gustibus non est disputandum – über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – oder doch?
Kunst, Werke zeitgenössischer Künstler, sie schmücken häufig öffentliche Institutionen, Museen, Kunstakademien. Ihren Weg dorthin finden sie, weil Steuerzahler die Mittel aufbringen, die notwendig sind, um die Kunstwerke zu bezahlen, und dass es sich dabei um Kunstwerke handelt, dafür spricht, dass der Künstler, der die Kunst hergestellt hat, behauptet, es handle sich dabei um Kunst und er sei ein Künstler. Dafür spricht, dass diejenigen, die ihm Steuergelder für sein Kunstwerk überweisen, glauben, was er behauptet.
Zuweilen stellt sich jedoch ein, was Hans Christian Andersen in seinem Märchen vom Kaiser mit den neuen Kleidern beschrieben hat: Das Kunstwerk wird als solches nicht erkannt, so wie die neuen Kleider, die der Kaiser stolz zu präsentieren glaubte, von den Banausen auf der Straße nicht gesehen wurden.
Das wirft eine interessante Frage auf:
Was macht eigentlich ein Kunstwerk zu einem Kunstwerk?
Wird ein Kunstwerk zum Kunstwerk, weil sein Hersteller behauptet, es sei ein Kunstwerk?
Wird ein Kunstwerk zum Kunstwerk, weil ein Kumpel des Herstellers, der in einem öffentlichen Amt ist, dem Künstler glaubt, dass es ein Kunstwerk ist?
Wird ein Kunstwerk zum Kunstwerk, weil eine Anzahl von Personen, die sich zur Avantgarde für was auch immer erklärt haben, behaupten, das Kunstwerk sei ein Kunstwerk, ein solches Kunstwerk z.B.
Wird ein Kunstwerk zum Kunstwerk, weil eine große Anzahl von Bewunderern die Technik des Künstlers bewundern und nachvollziehen kann, weil das Kunstwerk als solches auch denen, die nicht dem Kreis der eingeweihten oder leichtgläubigen Auto-Elite angehören, als solches erkannt wird?
Das zum Beispiel:
Was ist von einem Kunstwerk zu halten, das von einem Hausmeister als Schmutz erkannt und beseitigt wird oder von einem Kunstwerk, das von einer Putzfrau aus einer Kirche entfernt wird, weil es nicht als Kunstwerk erkannt wurde. Ersteres ist der Fettecke von Joseph Beuys widerfahren, letzteres einer Installation von Romana Menze-Kuhn in einer Mannheimer Kirche:
“Verstehen kann die 1957 geborene Künstlerin den Vorfall nicht. Schließlich sei das Werk mit den auf dem Boden festgeklebten Folien, die skulptural so geformt gewesen seien wie Zuflucht suchende Menschen, als Einheit deutlich zu erkennen gewesen. “Ich habe mich schon sehr geärgert, das ist eine Respektlosigkeit. Man kann über Kunst denken wie man will, aber dass man in Kunst eingreift und etwas wegnimmt, das hat mich schon sehr empört.” Auch Pfarrer Gerd Frey-Seufert betonte, die Installation sei klar als Gesamtensemble zu erkennen gewesen. Die Reinigungsfirma sei informiert gewesen. Für die Putzfrau soll der Vorfall nach Frey-Seuferts Wunsch aber keine weiteren Folgen haben. “Das ist ihr peinlich genug.”
Warum sollte der Vorfall der Putzfrau peinlich sein?
Warum nicht der vermeintlichen Künstlerin, die Installationen erstellt, die als Kunst nicht unmittelbar ersichtlich sind oder, dem Pfarrer, der Installationen in seiner Kirche ausstellt, die Putzfrauen bei ihrer Arbeit im Weg sind? Die Antwort ist klar: Weil die Putzfrau dumm, Pfarrer und vermeintliche Künstlerin aber erleuchtet sind. Sie erkennen Kunstwerke selbst da, wo andere Unrat sehen und dass sie damit in der Öffentlichkeit, in öffentlichen Medien durchkommen zeigt, wer in Deutschland die Definitionsgewalt innehat. Nicht die Menschen, die vermeintliche Kunst als Müll erkennen, sondern diejenigen, die vermeintlichen Müll als Kunst erkennen.
Folgen Sie uns auf Telegram.“So ging der Kaiser unter dem prächtigen Thronhimmel, und alle Menschen auf der Straße und in den Fenstern sprachen: “Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich! Welche Schleppe er am Kleide hat! Wie schön sie sitzt!” Keiner wollte es sich merken lassen, daß er nichts sah; denn dann hätte er ja nicht zu seinem Amte getaugt oder wäre sehr dumm gewesen. Keine Kleider des Kaisers hatten solches Glück gemacht wie diese.
“Aber er hat ja gar nichts an!” sagte endlich ein kleines Kind. “Hört die Stimme der Unschuld!” sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.
“Aber er hat ja gar nichts an!” rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: ,Nun muß ich aushalten.’ Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.”
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“Die fassungslose Künstlerin integrierte daraufhin eine Mülltonne in ihre neue Installation.”
Das hätte sie passender nicht machen können.
Wohingehend die Putze de facto moderneren dekonstruktivistischen Paradigmen folgend, das Narrativ invertierte und die Installation in eine Mülltonne integrierte.
SCNR
Als es noch gratis möglich war besuchte ich das Frankfurter Museum für moderne Kunst. Dort gab es atemberaubende Kunstwerke zu bestaunen, so wie drei gefaltete und aufeinandergestapelte Staublappen oder sich begattende, trockene Brötchen, die mit Federn gespickt waren. Nun, ich muß wohl eine Banause sein, denn heute glaube ich, der Begriff Kunst kommt von dem Ausspruch: Kunst mer mal 100 Mark pumpen?
Ich würde die Intelligenz der Putzfrau nicht unterschätzen. Wahrscheinlich entschuldigt sie sich um das Risiko einer Klage oder eines Jobverlustes zu minimieren.
Wenn ich den Artikel auf heute.de richtig verstehe, dann handelt es sich bei dieser Art von Kunst um eine Bestätigung herrschender ideologischer Verhältnisse (“Zuflucht suchende Menschen” gelten bekanntlich als sankrosankt).
Gehen wir einen Schritt zurück und fragen uns: wie beurteilen wir heute beispielsweise die “Kunstwerke” des 1000-jährigen Reichs?! Oder, die monströsen Skulpturen nordkeoreanischer “Künstler” zu Ehren des “Geliebten Führers”?
Sehr guter Punkt, der die künstlerische Avantgarde dahinstellt, wo sie hingehört, in den politischen Mainstream, was nicht verwunderlich ist, da die künstlerische Avantgarde ja am Tropf des politischen Mainstream hängt.
Banausen!
Selbstverständlich handelt es sich bei den vorgestellten Exponaten um Kunst.
Große Kunst sogar.
In meinen Augen ist es eine große Kunst, dem Steuerzahler für so einen Sch…
soviel Geld aus der Nase zu ziehen.
Wie spottete doch Michael Klonovsky einmal: Moderne Kunst erinnert mich immer an den Bastel-Nachmittag im Irrenhaus!
Lieber Tapmedie ! Habe über ihren Kommentar recht herzlich lachen müssen – sehr gut ! Netter Nickname übrigens – haben sie auch Perry Rhodan ( hier : den Schwarmzyklus ) gelesen ?
Natürlich, sogar damals die Erstauflage: Im Schwarm gefangen PR 505!
Sie sind der Erste, der den Namen erkannt hat!
Mittlerweile höre ich PR nur noch, zum Lesen fehlt mir leider die Zeit.
Echt ? Gibt es die Serie noch ? Ich hatte einmal alle Erstauflgen bis so cirka band 900 oder 1000 ! Habe die sehr genossen !
Ich hätte dazu schreiben sollen, dass ich nur die älteren Silberbände höre,
z.Z. Band 46 (Hefte 407 ff.). Die neueren PR sind mir zu abgehoben.
Daneben lese ich noch (uralte) Ren Dhark Heftchen aus den 60ern. Kult!
und was ist mit Jack Vance und Isaac Asimov? — Übrigens hat Herr Asimov darauf hingewiesen , dass Schreiben , das es dem Leser leicht macht , viel schwieriger als das Wortgedrechsel bekannter Literaturnobelpreisträger ist. —
Mannheim hat auch so seine Kunsterfahrung mit dem Nichts:
In Abwandlung der Überschrift: Nichts, das manche für Kunst halten
http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article140084472/Und-ich-sage-dieses-Loch-ist-Kunst.html
Sie haben bei diesem Beitrag aber nicht an diese Aktion des Auweia-Künstlers gedacht? Oder doch?
http://www.bz-berlin.de/kultur/mehr-kultur/ai-weiwei-plant-mahnmal-fuer-ertrunkene-fluechtlinge
14.000 gebrauchte Rettungswesten, extra aus Griechenland angefahren!
Und wie sich alle um diese Kunst prügeln!
Bei Herrn Schulte und seinen Äußerungen denke ich immer an lustige Bootsfahrten, wie diese hier:
http://www.n-tv.de/politik/Politiker-fahren-Fluechtlingsboot-article16130796.html
oder an solche “sinnlichen Erlebnisse”, wie in Bochum:
http://www.welt.de/kultur/article146014062/Was-treibt-uns-hier-Mitgefuehl-oder-Kalkuel.html
Das war mit Abstand der lustigste Artikel den ich auf ScienceFiles gelesen habe. Hut ab! Normalerweise bringt mich das geschriebene Wort nicht zum Lachen.
“Kunst, die man erklären muß, ist keine!”
Ein wesentlicher Aspekt, weshalb grober Unfug als Kunst verkauft wird, fehlt noch. Moderne Kunst dient der Schwarzgeldwäsche. Bar bezahlt hängt das Kunstwerk im Wohnzimmer, um dann nach 5 Jahren mit einem kleinen Gewinn an den nächsten “Sammler” weiter verkauft zu werden. Dieser Ertrag ist dann gewaschen, denn man hat das Geld ja durch den erfolgreichen Verkauf eines Kunstwerks verdient.
Ich las gerade, dass daran gearbeitet wird Bar-Käufe zu mehr als 5000 € zu verbieten. Will ich also in Zukunft ein Auto zu 9000 € bar kaufen, handel ich mit dem Verkäufer folgendes aus: Er verkauft mir das Auto für 4500,- und ein von ihm geschaffenes Kunstwerk “Kugelschreibergekritzel auf Din A5 Notizblock, signiert” zu ebenfalls 4500 €. Dann habe ich zwei Geschäftsvorfälle die beide unter 5000,- € bleiben und ich kann beide bar bezahlen. Und wenn ich das Auto dann ein Jahr später wieder verkaufen will, biete ich es für 3000,- an und der Käufer erwirbt das Kunstwerk zusätzlich für 5000 €, schließlich wird moderne Kunst immer wertvoller!
Ich erinnere mich an die Vernissage einer Ausstellung “junger afrikanischer Expressionisten”, über die vor etlichen Jahren im Fernsehen berichtet wurden. Zu sehen waren nur bunte und wirre Schmierereien. Die erlauchte Kunstkennerschaft, die sich dort eingefunden hatte, wurde anschließend nach ihren Eindrücken befragt. Man interpretierte und debattierte und….. blamierte sich. Am Ende wurden nämlich alle aufgeklärt, um welche “Kunst” es sich da handelte. Man hatte einer Gruppe Schimpansen im Zoo Leinwand und Farbe zur Verfügung gestellt……
Es gibt jederzeit Kunst, die dir nicht zugänglich ist. Deine logische Konsequenz: kauf es halt nicht. Und es steht dir frei, dem Objekt, die Eigenschaft “Kunst” abzusprechen. Du erwartest von Kunst, “schön” zu sein, aber das Objekt gefällt nicht? Alles gut!
Die gegenwärtige Bildende Kunst – nicht-gegenständliche Malerei, Installationen, Collagen etc. – erzeugen einen nicht-verbale Wahrnehmung beim Betrachter. Ein Taumel von Assoziationen. Eine andersartige Wahrnehmung der Welt. Sie kommuniziert auf unerwartete Art mit der gelebten Realität – halt schlecht in Worte zu kleiden, aber unzweifelhaft vorhanden.
Brotlos ist Kunst für den, der – berechtigt oder nicht – sein Werk nicht vesilbern kann. Wir erinnern uns, von Gogh starb bitterarm, obwohl sein Werk heute als Kunst anerkannt ist.
Ein Kunstobjekt hat keinen Nutzwert wie z. B. eine Fleischgabel, je nach Grad der Anerkennung aber einen Marktwert, ähnlich einem Wertpapier, das gehandelt werden kann.
Mehr gibt es nicht zu sagen.
Da fällt mir natürlich sofort “Why Beauty Matters” von Roger Scruton (z.B.
ein.
Aber die Frage ist, warum vieles der modernen Kunst so befremdet und Widerstand erregt.
Mir ist bewusst, dass viele Bilder z.B die der Impressionisten die Heute durchweg als Kunst gelten zu ihrer Zeit heftigsten Widerstand erregten.
Aber mir will scheinen, dass ab beginnendem 20 Jh. die Kunst auch noch den Versuch offen zugänglich zu sein aufgegeben hat. Oder sogar explizit ablehnt.
Für die minderen Epigonen hat das den Vorzug, den “God works in mysterious ways!”-Fehlschluss nutzen zu können um mit Wortgeklingel Bedeutungslosigkeit ausgleichen zu können.
Man muß Kunst nicht verstehen, um sie genießen zu können. Das habe ich im Sommer im Sommer im Musée Guimet erfahren.
Die tieferen Bedeutungen der Bildersprache asiatischer Kunst sind mir nur annähernd vertraut, aber es war ein wahrer Rausch an ästhetischer Erfahrung.
Und wenn man bedenkt, dass die Sammlungen im Zeitalter des Imperialismus begonnen wurden, als europäische Kultur dominant war haben das die Menschen schon damals wohl so empfunden.
Bei moderner Kunst? Nichts Bleibendes, gar Langeweile.
Bei den mehr unappetitlichen Varianten Ekel.
Und wenn dann staatliche oder staatsnahe Institutionen für gefühlte Nichtigkeiten Millionen (Steuergelder) ausgeben macht es das nicht besser.
nanu , ich dachte der Kunstirrsinn sei sakrosankt?
Ist nicht , wer dagegen ist, bisher immer ein Rechter , Rechtsradikaler oder noch schlimmer? — Aber keine Sorge , schon Herr Kishon hat die moderne “Kunst” kritisiert und es hat keinen interessiert. —
Habe gelacht… und mich dann an meine Studienzeiten erinnert, als wir, auf der Suche nach kostenlosem Alkohol, gerne bei Vernissagen aufgeschlagen sind und nach zwei, drei Flaschen gutem Wein hat sich immer jemand gefunden, der – mit etwas schwerer Zunge – eine ganz außerordentlich philosophische Interpretation der Kunstwerke vorgetragen hat und tosenden Applaus der Kunstinteressierten erntete.
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Ende der 60er wurden auf einer Grünfläche am Rande unserer Kleinstadt ein halbes Dutzend skurriler Skulpturen als „moderne Kunstwerke“ auf kleine Betonsockel gestellt. Allerdings blieb ein Betonsockel leer, vielleicht hatte man sich verzählt oder der Etat reichte nicht mehr für das letzte „Kunstwerk“. Eines Tages stand dort aber ein weiteres skurriles Gebilde, ein Scherzbold hatte einen Heizkörper und einen alten Fahrradrahmen auf interessante Weise zusammengeschweißt und dort über Nacht befestigt. Ich war damals etwa 12 Jahre alt und amüsierte mich köstlich.
Es dauerte mehrere Wochen, bis man dieses Gebilde wieder entfernte. Und es dauerte etwa 25 Jahre bis man die restlichen „Kunstwerke“ entfernte. Ob diese in der Zeit einen Wertzuwachs verzeichneten, wie dies bei Kunstobjekten üblich ist, ist mir nicht bekannt.