Politisch-korrekter Karneval
Wir haben schon des Öfteren über das sozialpsychologische Konzept der Salience berichtet, jenes Konzept, das beschreibt, wie Aufmerksamkeit für bestimmte Dinge Relationen und Bewertungen beeinflusst. Das Standardbeispiel, das wir dazu gerne benutzen, ist die Urlaubsreise nach Neapel, bei der sich kaum jemand der Gefahr bewusst ist, die vom Vesuv ausgeht, dessen Ausbruch eigentlich überfällig ist. Wäre Urlaubern bekannt, dass sie, während sie Pompeji besichtigen, eine gute Chance haben, den Ausbruch von 79 nach Christus in Echtzeit und Live nachzustellen, was wäre wohl das Ergebnis?
Was würde es wohl für den Tourismus bedeuten, wenn die Bundesregierung, die Medien, die Parteien, ihre Vertreter auf Facebook und alle ganz besonders besorgten Gutmenschen vor einem Besuch Neapels und seiner Umgebung wegen der imminenten Gefahr eines Ausbruchs des Vesuvs warnen würden?
Das Ende des deutschen Tourismus nach Neapel.
Jetzt wird es schwierig. Transferaufgabe!
Bei einem winzigen Faschingsumzug in einem Ort, den kaum jemand kennt, fährt eine Panzerattrappe mit, die die Aufschrift “Ilmtaler Asylabwehr”, “Asylpaket III”, eine 142 und ein schwarzes Balkenkreuz der Wehrmacht ziert.
Florian Simbeck, Schauspieler, Kreistagsabgeordneter der SPD und Besucher des Faschingsumzugs in Steinkirchen (Oberbayern), er hat die Panzerattrappe flux photographiert, sich textlich dazu echauffiert und das Ganze auf seine Facebookseite gestellt, damit mehr als die 500 Zuschauer in Steinkirchen von der Panzerattrappe erfahren, sich mehr als die 500 Anwesenden über die Panzerattrappe echauffieren können.
Die Republik wacht, und Schauspieler wie Simbeck schaffen Salience, sorgen dafür, dass ein Miniaturvorfall zu einer nationalen Katastrophe aufgeblasen und aus allen Proportionen gesprengt werden kann, damit man sich wieder über etwas ereifern kann, was sowieso jeder wusste: Es gibt Menschen in Deutschland, die stehen Asylbewerbern, Flüchtlingen oder Ausländern als solchen nicht generell positiv gegenüber.
In einer normalen Gesellschaft weiß man das. In einer normalen Gesellschaft respektiert man das und drückt zuweilen auch einmal ein Auge zu, wenn die Form, in der die Gegenmeinung dargebracht wird, Geschmacksgrenzen verletzt. Nicht so in Deutschland.
Deutschland ist keine normale Gesellschaft. Deutschland ist eine Gesellschaft, in der man sich echauffieren muss. Ich echauffiere mich, also bin ich. Wer sich nicht richtig echauffiert, nicht andere als Personen darstellen kann, deren Wertigkeit die eigene, fleckenlose und untadelige Gestalt nicht entfernt erreichen kann, weil diese anderen z.B. Einstellungen äußern, von denen man sich durch den Verweis auf Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder Rechtsextremismus reinigen (Michael Klein schlägt vor: purifizieren) kann, dessen gute Existenz steht in Frage.
Und so echauffieren sich die guten Existenzen über jeden Firlefanz, sorgen dafür, dass noch der letzte Blödsinn eine nationale Aufmerksamkeit und einen nationalen Aufschrei all derer nach sich zieht, die nur darauf gewartet haben, aufschreien zu können, damit sie “siehst Du, wie schlimm es in Deutschland mit den Rassisten ist” oder Ähnliches absondern und sich gut, geadelt, purifiziert, vor allem aber auf der Seite der Guten und im Recht fühlen können, denn sie sind etwas Besseres, sie sind nicht etwa so fixiert auf etwas, was man als rassistisch vorführen kann, dass sie stundenlang suchen, um noch die letzte Kleinstbegebenheit ausweiden zu können.
Und ständig sorgen sie für Salience, verbreiten sie die Meldung, dass Deutschland voller Rassisten ist, dass sie überall lauern und man ständig auf der Hut sein muss, am besten, indem man vorbeugt, sich bewaffnet, vielleicht präventiv auf Personen schießt, die einem nicht ganz koscher vorkommen.
So sehr sind diese armen Existenzen vom Auffinden rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger benutzbarer Inhalte abhängig, dass zuweilen ihre Phantasie mit ihnen durchgeht, wie dies bei heute.de der Fall ist:
“Und auch im sächsischen Osterzgebirge waren in der Gemeinde Altenberg bei einem Umzug am Sonntag rassistische Schriftzüge zu sehen. Unter anderem wurde ein Tipi-Zelt zur Schau gestellt, das die Aufschrift trug: “Die Indianer konnten nichts gegen die Einwanderung tun. Heute leben sie in Reservaten.” Auf einem weiteren Wagen war “Lieber Rothaut statt Braunhaut” zu lesen. Ein Mann in Lumpen trug zudem ein Schild, auf dem “Bettelarm im eigenen Land, ach wäre ich doch nur e’ Migrant” geschrieben war.”
Zuweilen verhindert es die eigene Fixierung darauf, alles nur schlecht zu reden und hinter allem Rassismus sehen zu wollen, Mehrdeutigkeiten, die den Karneval auszeichnen, zu erkennen. Tatsächlich haben die Indianer dem gewaltsamen Ansturm der Europäer, die bei ihnen eingefallen sind, nicht Stand gehalten. Und manche von ihnen
leben heute in Reservaten. Das hat mit Rassismus nichts zu tun, denn es ist eine Beschreibung der Tatsachen.
“Lieber Rothaut als Braunhaut”, steht, wie heute.de selbst schreibt, auf einem weiteren, also einem anderen Wagen. Dass ein Zusammenhang besteht, steht für den manischen Rassismus-Sucher in der Redaktion außer Frage, deshalb verkennt er die ebenfalls mögliche Interpretation, nach der man lieber ein Kommunist als ein Nazi sein soll. Und der Bettelarme im eigenen Land, der sich wünscht, ein Migrant zu sein, er mag davon träumen, in die Türkei auszuwandern, um dort Klima, Land und Leute zu genießen.
Fixierte Rassismus-Fetischisten, wie sie derzeit in Deutschland Amok laufen, Fremdenfeindlichkeits-Fetischisten, die ihren Fetisch nach Auffinden landesweit zur Schau stellen müssen, sie vergiften die Stimmung im Land, sie sorgen dafür, dass sich bei manchen der Eindruck verstärkt, in einem Land voller Xenophober zu leben, während andere denken, in einem Land der Hobby-Blockwarte zu leben, die nichts besseres zu tun haben, als Kleinstbegebenheiten zum nationalen Notstand zu erheben. In jedem Fall treiben sie Keile in die Gesellschaft, ohne dass dazu irgendeine Notwendigkeit bestehen würde. Und auf diese Weise wird selbst am Karneval, wie Heike Diefenbach es formuliert hat, alles zur Inszenierung von Unversöhnlichkeiten missbraucht.
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Immerhin erlaubt die WeLT Hannelore Crolly eine herzhafte Meinung zum Thema, die wohl allein auf mainstreamiger publizistischer Flur bleiben wird:
Der Narr soll’s Maul halten!
Hieß es nicht nach dem Anschlag auf “Charlie Hebdo”, Satire müsse alles dürfen? Aber in der aktuellen Fastnacht wird wieder ängstlich darauf geachtet, dass niemand zu hart rangenommen wird.
http://www.welt.de/debatte/kolumnen/deutsch-sued-west/article151980143/Der-Narr-solls-Maul-halten.html
Leider scheint es, dass solcherart Befreiendes nur im Koppelgeschäft mit Plattheiten aus der untersten Schublade veröffentlicht werden kann (Armin Nassehi: Die Ressentiments der alten Männer).
scheint es steht uns noch schlimmeres bevor, die schlinge um unseren hals wird immer weiter zugezogen, bald fehlt uns die luft zum atmen ,auf in die dämokratie
Wikipedia:
“Florian Klaus Simbeck (* 27. Juni 1971 in München) ist ein deutscher Schauspieler, Comedian und Politiker (SPD). Bekannt wurde er durch die von ihm verkörperte Figur Stefan Lust als Partner von John Friedmann in dem Comedyduo Erkan und Stefan. ”
in der gleichen Quelle finden wir zu “Erkan & Stefan (Film)”, folgende Kritik:
„Belanglose Komödie, deren witzfreier Humor zwischen Geschmack- und Niveaulosigkeit angesiedelt ist. Die dilettantischen schauspielerischen Leistungen stehen im deutlichen Gegensatz zu den verhältnismäßig aufwendig inszenierten Bildern der Action-Handlung.“
– Lexikon des internationalen Films[2]
Die Kritiken zu den Nachfolgefilmen “Erkan und Stefan – Gegen die Mächte der Finsternis” und “Erkan & Stefan in Der Tod kommt krass” sind nicht viel besser.
Was will uns in diesem Zusammenhang die Kombination “Schauspieler – Comedian – Politiker (SPD)” sagen?
Dieses Denunziantentum ist das genaue Gegenteil von der angeblichen “Solidarität”, von der die Linke immer redet. Man sollte sich die Namen dieser Leute aufschreiben – für später. Die werden ihre Nürnberger Prozesse noch früh genug erleben.
Ich erwarte demnächst einen Wächterrat für unbotmäßige Umtriebe, oder wie ein Leser der ZEIT geschrieben hat: Vielleicht sollten Regierungspolitiker und Moralwächter die Umzüge zukünftig eigenhändig gestalten. Dem Volk kann man anscheinend gar nichts mehr selbst überlassen.
Die scheinheilige Aufregung der notorisch Aufgeregten ignoriert vor allem die Tatsache, dass Faschingsscherze meist mau sind, und so blieb die vermutliche Satire der Steinkirchner Faschingsgesellschaft auf die AFD unverstanden. Was wiederum zeigt, dass karnevaleskes Niveau für derlei affektierte Moralisten schon überirdisch ist.
Eine Sache ist in dem Zusammenhang gut:
Der Karneval ist politisch in seinen Ursprung rehabilitiert.
Seit Jahren war der verbundene Protest harmlos und immer schön brav an der “veröffentlichte Meinung” orientiert. Es war einfach nur eine Saufparty.
Das hat sich dieses Jahr geändert, denn der Widerstand gegen die “verordnete Meinung von Staatswegen” fand überall statt. Daher sieht das politische linke Etablishment den Karneval als Bedrohung.
Der Karneval macht seinen Namen alle Ehre.
Echauffieren ist der Zwilling der Lüge.
Ob der Mensch in seiner Unbedeutenheit sich mit fremden Federn Aufmerksamkeit verschaffen wollte oder ob dies seiner authentischen Einstellung entspricht bleibt offen.
Tatsächlich jedoch hat das Echauffieren auf weiter Flur jede Argumentations- und Debattenkultur platt gemacht, unsere Gesellschaft wird nicht mehr durch Überlegung, sondern durch Meinung gesteuert – und dies in ihren wichtigsten Bereichen mit Schlüsselfunktion. Beispiel? Genderisierung des Wissenschaftsbereich, Justiz, just name it ….
Mit eingehender Betrachtung eine umfangreiche Thematik, aber es scheint wohl lohnenswerter die Kartoffeln im Keller umzusetzen.
Der Don meint dazu:
http://blogs.faz.net/stuetzen/2016/02/09/ein-bescheidener-vorschlag-zum-verstaendigen-umgang-mit-bayern-panzern-und-kanonen-5996/
das schlimme an der Sache ist,das ich sage auch mal Gutmenschen es geschaft haben
die Staatsanwaltschaft Ingolstadt damit zu beschäftigen.
Ein guter Verteidiger macht dann den Staat wieder lächerlich weil dieser danach giert.
Es sind die letzten Zuckungen eines sterbenden Systems, die wir hier erleben. Denn je mehr ihr Ende naht, desto verzweifelter versuchen die Machthaber in Berlin das Volk in ihren Griff zu bekommen. Was allerdings nur bewirken wird, dass ihnen mehr und mehr Menschen durch die Finger schlüpfen. Immer mehr Menschen im Lande wachen auf und immer mehr friedlicher Widerstand formiert sich. Und je mehr Widerstand und Kritik es gibt, desto dünnhäutiger wird man in Berlin. Meiner Ansicht nach ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Frau Merkel der Polizei und der Armee befehlen wird, auf das eigene Volk zu schießen, wahrscheinlich bei einer PEGIDA-Demo und nachdem es durch Provokateure der Geheimdienste zu Gewalt gekommen ist.
Da haben Sie völlig recht. Und was mich bei Frau Merkel wundert: Sie hat das Ende der DDR doch miterlebt. Damals war es genauso wie heute: Es wurden immer mehr, die sich gegen das System aufgelehnt haben. Am Ende gibt es nicht einmal einen konkreten Anlass, der das System kippen lässt. Es ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Glaubt Sie wirklich, dass das nicht wieder so passieren kann?
Der Denunziant, der Denunziant, der ist der größte LUMP im Land !!!