Die armselige Demokratie: Nationalsozialistische Fetische

Relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Strafbarkeit des Verbreitens und Verwendens von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Gegenstand hat.

Die derzeitige Rechtslage, so heißt es im Gesetzentwurf, “birgt die Gefahr …, dass Personen gezielt ins Ausland reisen, um dort straffrei Kennzeichen im Internet hochzuladen, deren Verwendung im Inland verboten wäre”. Und das ist eine Katastrophe, denn “insbesondere in sozialen Netzwerken” bereitgestellte Inhalte “können von einem unbegrenzten Adressatenkreis zur Kenntnis genommen werden”.

Lassen wir die Hypothese, nach der es auf der Erde eine unbegrenzte Anzahl Menschen gibt, einmal unbeachtet und werten sie als administrative Eselei, dann zeigt der Gesetzentwurf des Bundesrates die ganze Armseligkeit, die der deutsche demokratische Versuch derzeit angenommen hat, wollen die Bundesräte doch offensichtlich den Eindruck erwecken, die Demokratie sei in ihren Grundfesten gefährdet, wenn ein Deutscher nach Tschechien reist, sich dort in einem Internetcafe einen Zugang zu YouTube einrichtet und dort einen Account  “Arische Musikfraktion” gründet und “auf dieser Plattform u.a. Abbildungen von Hakenkreuzen hochlädt”. Derzeit ist dieser Deutsche nicht von Strafe bedroht. In Zukunft soll das anders werden. In Zukunft, so wollen es die Bundesräte, soll jeder, der “seine Lebensgrundlage im Inland” hat, sich dann strafbar machen, wenn er aus dem Ausland z.B. Hakenkreuze hochlädt.

Ist es wirklich so, dass der deutsche demokratische Versuch von Hakenkreuzen und Nazi-Emblemen vernichtet werden kann? Ist die Angst der Bundesräte, dass dann, wenn ein “unbegrenzter Adressatenkreis” Nazi-Embleme zur Kenntnis nehmen kann, die NSDAP aus den Ruinen des Dritten Reiches auferstehen würde und den deutschen demokratischen Versuch in nur wenigen Tagen zur Geschichte degradieren würde?

Welche mystische Kraft muss nur Symbolen der NSDAP innewohnen, wenn im Jahre 70 nach dem Ende des tausendjährigen Reiches die Vertreter der gewählten Landesregierungen fürchten, dass dann, wenn man Hakenkreuze, SS-Runen und sonstige Devotionalien des Nationalsozialismus zu ganz normalen Gegenständen machen würde, die Mehrheit der Deutschen zu nationalsozialistischen Parteigängern degenerieren würde?

Das scheint doch etwas viel Wertschätzung, die die Landesvertreter hier für NSDAP-Devotionalien aufbringen. Die entsprechenden Devotionalien scheine für sie den Status eines Fetisches zu besitzen, dem sie huldigen. Wie sonst kann man die Verklärung erklären, die einem Hakenkreuz, das seit tausenden von Jahren Bestandteil der menschlichen Symbolik ist und lange vor den Nationalsozialisten schon in Benutzung war, eine die Demokratie paralysierende Wirkung auf die Deutschen attestiert?

Es ist nachgerade grotesk, dass Landesvertreter, die für sich in Anspruch nehmen, rationale und mit Vernunft begabte Wesen zu sein, denken, Symbole hätten eine magische Wirkung, würden die Bevölkerung verhexen und Braunhemden zum Absatzschlager machen. Derartige Gedanken, wenn man sie denn als Gedanken bezeichnen kann, verweisen eher auf eine psychologische Störung, die man gemeinhin als Fixierung bezeichnet, eine Störung, die sich schnell zur Paranoia entwickeln kann.

Aber natürlich haben die Landesvertreter keine Paranoia. Nein, wirklich!

Warum wollen sie dann mit aller Macht nationalsozialistische Symbole zu einem Fetisch machen, einem modernen Tabu, wenn man so will, das nur unter dem Ladentisch angebetet werden darf – wenn überhaupt?

african fetishFetischismus wird im Wörterbuch der Religionen wie folgt definiert: “lat. factitius ‘künstlich gemacht, wirkungs- und zauberkräftig’ … wird seit Charles de Brossses (…) die Verehrung lebloser Dinge genannt, die entweder als bes. krafterfüllt (…) oder als Träger eines Geistes gelten … Zum Fetisch, den man geradezu als Mana-Objekt bezeichnen muss, kann jeder auffallende Gegenstand werden …” (181)

Stellen wir uns vor, in Deutschland gäbe es Meinungsfreiheit. Es gäbe keine verfassungswidrigen Symbole und Kennzeichen, deren Verwendung verboten ist, und es gäbe keine Propaganda, die verfolgt wird, und es gäbe keine extremistischen Aussagen, die man nicht machen darf: Hetzen und Hassen nach Herzenslust.

Was würde passieren?

Es gäbe ein paar Leute, die es schick fänden, sich mit Hakenkreuzen zu umgeben. Da nationalsozialistische Devotionalien aber ihren Symbolwert als verbotener Fetisch verloren hätten, wäre deren Anzahl nicht nur gering, sie würde immer geringer. Dann gäbe es ein paar Leute, die würden extremistische Aussagen machen. Nun werden extremistische Aussagen deshalb als extremistische Aussagen bezeichnet, weil sie von wenigen, Extremisten eben, gemacht werden und auf die Mehrheit der Bevölkerung entweder abstoßend oder dumm oder beides wirken. Entsprechend wird auch die Gruppe derjenigen, die extremistische Aussagen machen, überschaubar und klein bleiben, denn die Mehrheit der Bevölkerung liest lieber spannende Romane als extremistischen Unsinn.

Kurz: Würde man diesen ganzen Nazi-Verehrungs-Firelefanz aufgeben und den Umgang mit der Vergangenheit nicht verklären, sondern normalisieren, es würde genau nichts passieren.

Naja, nicht ganz.

All die Organisationen, deren Mitglieder sich dem Kampf gegen Rechts, gegen Nazis und gegen sonstige Monstren, die, wenn man sie nicht bekämpft, die deutsche Welt erobern, gewidmet haben, sie wären plötzlich ohne Einkommensquelle und hätten außerdem das, was ihnen die persönliche Identität gibt, verloren.

Ganze Bereiche in den Ministerien zur Volkserziehung würden geschlossen werden, denn die Milliarden, die derzeit für den Kampf gegen Rechts ausgegeben werden, sie würden eingespart und einer sinnvollen Verwendung zugeführt.

Die deutsche politische Klasse müsste sich eine positive Definition dessen, was an Deutschland demokratisch sein soll, überlegen, denn man könnte nicht mehr einfach so behaupten, man sei demokratisch, weil man gegen Nazis ist.

Zusammenfassend: Was also würde passieren, wenn man die Verehrung von Devotionalien aufgeben und deren Verwendung normalisieren würde?

Kostgänger des Staates müssten sich eine richtige Arbeit suchen.

Milliarden in Steuergeldern würden eingespart.

Politiker müssten sich überlegen, was Demokratie ist und wieso sie sich als Demokrat qualifizieren.

Es gäbe noch ein Häuflein von Extremisten, die es schick finden, Nazi-Devotionalien zu huldigen.

Aber natürlich gäbe es die Möglichkeit nicht mehr, unter dem Deckmantel des Kampfes gegen verfassungswidrige Organisationen Meinungsfreiheit zu beseitigen.

 

 

 

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