Attac(ke) auf Schüler: Österreich strebt nach Armut

Marx, Keynes, Hayek, Friedman, Felber – das ist die ökonomische Welt, wie sie österreichischen Schulbuchmachern gefällt. Sie kennen Felber nicht, Christian Felber, der hier in einer Reihe mit Hayek und Keynes und Friedman steht? Sie kennen keine ökonomische Theorie, kein ökonomisches Modell, keine ökonomische Forschung, die von Christian Felber stammt?

Das wundert uns nicht, nichts davon können sie kennen, denn es gibt nichts davon, keine ökonomische Theorie, keine ökonomische Forschung, kein ökonomisches Modell. Christian Felber hat nichts davon vorzuweisen. Warum er dennoch in die Phalanx von Ökonomen eingeordnet wird?

Christian-Felber-Lit.Cologne-2012.jpgFelber gehört zu den Gründern von Attac Österreich und popularisiert ein Wolkenkuckucksheim, das er Gemeinwohl-Ökonomie nennt. Deshalb muss er nach Ansicht von Sonja Hinteregger-Euller, die beim österreichischen Bundesministerium für Bildung (?) und Frauen Auskunft über Schulbücher gibt, in einem Schulbuch für Schüler der 7. und 8. Klassen enthalten sein.

Dazu Hinteregger-Euller: “Das Verständnis von heterodoxen Ökonomietheorien ist daher unerlässlich, da es in einem rezenten Ökonomieverständnis auch um die Dimensionen der Ökologie und des Gender geht”. [Rezent meint aktuell. Heterodox ist ein Begriff aus dem Kontext von Religionen und bezieht sich auf Glaubenslehren, die mit dem herrschenden Glauben nicht übereinstimmen. Offensichtlich ist es im Österreichischen Bildungsministerium normal, im Zusammenhang mit Wissenschaft auf eine religiöse Sprache zurückzugreifen.]

Warum auch nicht, wer Bildung und Frauen in einem Ministerium kombinieren kann, der kann auch Marx, Keynes und Felber kombinieren. Das macht schon Sinn, wenn man von Ökonomie keine Ahnung hat. Nun gibt es aber auch in Österreich noch Personen, die von Ökonomie etwas verstehen, die sich mit der Theoriegeschichte der Ökonomie auskennen und ganz allgemein ein Verständnis davon haben, was Wissenschaft ist und was nicht. Und das, was Christian Felber, Magister der romanischen Philologie, zusammenschreibt, wenn er über seinen Marketinggag “Gemeinwohl-Ökonomie” schreibt, das ist keine Wissenschaft. Entsprechend regt sich Widerstand, der sich in einem offenen Brief niedergeschlagen hat, auf den Ulrich Berger auf SciLogs heute hingewiesen hat.

Darin heißt es u.a.:

“Als Ökonomen lehnen wir die Auswahl von Christian Felber, der vorwiegend als politischer Aktivist auftritt, über keine ökonomische Ausbildung verfügt und keine wirtschaftswissenschaftliche Publikation vorweisen kann, daher ab. Die von Felber propagierte Gemeinwohltheorie erfüllt nicht die üblichen Kriterien der Wissenschaftlichkeit.”

Das ist eindeutig und basiert auf der Prämisse, dass in Schulbüchern Inhalte vermittelt werden sollen, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen. Das war vielleicht gestern so, ist es heute in Österreich (und nicht nur da) aber nicht mehr. Heute geht es darum, Schüler zu indoktrinieren und mit dem abzufüllen, das gerade als politisch opportun angesehen wird.

Und Gemeinwohl-Ökonomie ist sowas von politisch opportun und dabei vollkommen unwissenschaftlich, Gemeinwohl-Ökonomie appelliert direkt an den Sitz des Affekts im Gehirn und führt unter Umgehung aller mit dem Denken befasster Prozesse zu positiven Reaktionen bei denen, die es nicht gewohnt sind, ihr Gehirn zum Denken zu benutzen.

Um diese These zu belegen, genügt es, den Blick auf die angebliche Gemeinwohl-Ökonomie von Christian Felber zu richten. Darin heißt es u.a.:

  1. VWL f dummiesGemeinwohl-Ökonomie beruht auf Verfassungs- und Grundwerten die zu gelingenden Beziehungen führen.
  2. Der Anreiz für Unternehmen/Unternehmer besteht nicht mehr in Gewinn und Konkurrenz, sondern in Gemeinwohl und Kooperation.
  3. Das Bruttosozialprodukt wird durch das Gemeinwohl-Produkt abgelöst. Die unternehmerische Bilanz wird zur Gemeinwohl-Bilanz.
  4. Finanzmärkte werden abgeschafft [Dieser Punkt hat uns besonders erheitert, denn er beweist, dass der Philologe Felber ein Träumer sondergleichen ist. Was würden wohl seine Landsleute dazu sagen, wenn die Abschaffung der Finanzmärkte sie auf einen Schlag all ihres geliehenen Eigentum entledigen würde. Denn natürlich können Kredite, Hypotheken und Leasingverträge ohne Finanzmärkte nicht bestehen, müssen entsprechend gestrichen, zurückgerufen und gekündigt werden. Oder plant Felber mit der zwangsläufig folgenden Enteignungswelle, um Eigentum in Gemeinwohl zu überführen, das dann vom Felber-Trust verwaltet wird und gegen Mietzahlung an Gemeinwohl-Gläubige abgegeben wird?]
  5. “Die Einkommens- und Vermögensungleichheiten werden in demokratischer Diskussion und Entscheidung begrenzt: Die Maximal-Einkommen auf zum Beispiel das Zehnfache des gesetzlichen Mindestlohns.
  6. Demokratische Banken sind für ethische Sparanlagen zuständig und betreiben regionale Gemeinwohl-Börsen.
  7. Natur kann nicht zu Privateigentum werden. Wer ein Haus bauen will, muss das Land, auf dem sein Haus steht, mieten.
  8. Arbeit wird geteilt in Regel-Erwerbsarbeit, Fürsorgearbeit, Eigenarbeit und politische Gemeinwesenarbeit. Die Dauer der Regel-Erwerbsarbeit wird über das mehrheitlich gewünschte Maß bestimmt.

Ob sich Karl Marx in Gesellschaft eines Träumers oder eines politischen Opportunisten, wer weiß, wie Christian Felber wohlfühlen würde?

Bei so viel Unsinn weiß man gar nicht, wo man anfangen soll. Vielleicht bei ein paar grundlegenden Dingen:

Verfassungs- und Grundwerte sind nicht für gelingende Beziehungen verantwortlich. Oder haben Sie geheiratet, weil Ihr Partner sich zum Grundgesetz bekannt hat? Akteure und ihre Interessen sind für gelingende Beziehungen verantwortlich. Die Triebkraft menschlicher Aktivitäten, das was man als Conditio Humana bezeichnen kann, besteht u.a. darin, sich von anderen zu unterscheiden, sich mit ihnen zu messen, in irgendetwas besser als andere zu sein. Wer Konkurrenz aus menschlichen Gesellschaften streichen will, zeigt damit, dass er von Anthropologie und Sozialpsychologie überhaupt keine Ahnung hat und macht damit menschliches Zusammenleben unmöglich. Wie absurd die Vorstellung ist, man könne menschliche Gesellschaften nur auf Kooperation bauen, zeigt sich z.B. dann, wenn man sich vorstellt, die Attac-Mitglieder würden zur Kooperation mit dem AfD-Stadtverband Dresden gezwungen. Was dabei wohl herauskäme?

AnthemDas Problem besteht u.a. darin, dass sich die Interessen der Mitglieder von Attac und die Interessen der Mitglieder des AfD-Stadtverband Dresdens unterscheiden. Das ist bei Menschen so, dass sich ihre Interessen unterscheiden. Wer entsprechend Menschen ausschließlich Kooperation in dem von ihm erträumten Paradies verordnen will, der muss das Paradies zum Gefängnis umgestalten, muss den Menschen sagen, wie Kooperation stattzufinden hat, welchen Zielen Kooperation zu dienen hat, was erlaubt ist, was verboten ist und genau das ist es dann auch, was die Gemeinwohl-Ökonomie produzieren wird: Ein Gefängnis, gleich den Gefängnissen, in denen die DDR-Bürger oder die Bürger der Sowjetunion gehalten wurden. Ein Gefängnis, in dem ihnen vorgegeben wird, wie lange sie zu arbeiten haben, welche Gemeinwohl-orientierte oder Fürsorgearbeit sie in ihrer Freizeit zu verrichten haben, wonach sie streben dürfen, was die verdienen, besitzen und wie sie leben dürfen, denn alles, was es in der Gemeinwohl-Ökonomie an Maßnahmen gibt, muss dem Gott der Ökologie huldigen. Ist der Gott der Ansicht, die Tätigkeit von Hans Werner X verstößt gegen das Reinheitsgebot ökologisch einwandfreier gemeinwohlorientierter Betätigung, dann ist es um Hans Werner X oder seine Tätigkeit oder um beide geschehen. Denn die Natur ist wichtiger als das individuelle Leben. Nicht das gute Leben ist das Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie, sondern die „Reduktion des ökologischen Fußabdrucks“.

Die Gemeinwohl-Ökonomie, sie hat ein totalitäres System zum Ziel. Wieso? Ganz einfach: Jemand muss bestimmen, was Gemeinwohl ist. Wer soll das sein? Sie, wir, der Papst, Bill Gates oder Christian Felber oder die Mehrheit? Egal, wer es ist, wir haben die Wahl zwischen einer individuellen Diktatur und dem, was Alexis de Tocqueville die Despotie der Mehrheit genannt hat. Freiheit geht anders. Aber Freiheit ist nicht, was Felber in seinem Gemeinwohl-Gefängnis vorschwebt. Er will ein sozialistisches Trainingslager, in dem die Menschen in der vorgegebenen Weise glücklich und gleichgeschaltet sind, in der das Leben in etwa so geregelt ist, wie dies Ayn Rand in Anthem beschrieben hat.

Nichts wird dem Zufall überlassen, alles ist geplant und nachhaltig und mit minimalem ökologischem Fußabdruck. Und damit dies auch gelingen kann, werden bereits Schüler auf Linie gebracht: „19. Um die Werte der Gemeinwohl-Ökonomie von Kind an vertraut zu machen und zu praktizieren, muss auch das Bildungswesen gemeinwohlorientiert aufgebaut werden. Das verlangt eine andere Form von Schule mit anderen Inhalte, z. B. Gefühlskunde, Wertekunde, Kommunikationskunde, Demokratiekunde, Naturerfahrenskunde, Körpersensibilisierung und Kunsthandwerk.“ So steht es im Begleitpamphlet zur Gemeinwohl-Ökonomie.

Soll man lachen oder heulen? Soll man, ob dem, was man in einem Extrem als Naivität, im anderen als völlige Verkennung der menschlichen Natur und der Erfordernisse eines Lebens auf der Erde ansehen kann, in Mitleid ausbrechen? Nichts davon. Die Attacke auf das Denkvermögen, sie ist in vollem Gange. In Österreichs Schulen wird bereits gelehrt, dass der Unsinn von Felber auf gleicher Stufe anzusiedeln ist, wie der zwar empirische falsche, aber doch als theoretischer Versuch zählende Beitrag von John Maynard Keynes. Felber mit Hayek oder Friedman in einem Zug zu nennen, ist sowieso eine Unverschämtheit. Wehret den Anfängen, so können wir nur sagen, wehret den Anfängen einer Verdummung von Schülern, deren Ziel darin besteht, sie zu Gemeinwohl-infiltrierten Marionetten am Faden des Gemeinwohl-definierenden Staates zu machen, zu Zombies der Moderne, Gemeinwohl-Zombies.

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist nämlich gemeingefährlich!

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