Politische Marktschreier: Die andere Seite der Steuer-Medaille

Selbst die ARD sieht sich derzeit genötigt darüber zu berichten, dass eine neue Studie der OECD zeigt, dass die Erwerbseinkommen von Arbeitnehmern in Deutschland so hoch besteuert werden, wie sonst nur noch in Belgien und Österreich. Dass nicht nur die Arbeitseinkommen in Deutschland vom Staat geschröpft werden, um damit so unglaublich wichtige Dinge, wie die Nutznießernetzwerke, in denen sich eine Vielzahl so genannter Multiplikatoren für Gender, Homosexualität oder gegen Rassismus oder Rechtsextremismus, oder war es rechts?, wie auch immer engagieren, darüber haben wir schon vor einiger Zeit berichtet.

Was vom Euro bleibtUnd nun, da auch die OECD die hohen Steuern in Deutschland beklagt, nun warten wir schon seit einiger Zeit auf die Marktschreier der Parteien, die sich regelmäßig in der verbalen Bekämpfung von Missständen hervortun, die Gesetze verschärfen wollen, um damit kein Mehr an Sicherheit, aber ein Mehr an Überwachung zu schaffen, die so gerne fordern, die Steuern für Reiche zu erhöhen, Steuerflucht mit Terrorismus auf eine Stufe zu stellen oder generell immer dann lautstark sind, wenn es darum geht, andere zu maßregeln, andere, von denen sie denken, dass sie zu viel ihres Einkommens für sich behalten wollen.

Nur dann, wenn es an das Einkommen von Parteien geht, das über das Einkommen des Staates, also über vornehmlich Steuern finanziert wird, dann wird es plötzlich ruhig um die Marktschreier, dann fordern sie keine Steuerreduzierung, keine Entlastung der Arbeitseinkommen, keine Reduzierung des Steuersatzes. Man ist sich eben selbst der nächste – als Politiker.

Dass es Politikern in der Regel darum geht, das eigene Einkommen zu maximieren und nicht darum, gesellschaftliche Wohlfahrt zu maximieren, zeigt sich schon daran, dass die Gesetzgebung darauf ausgerichtet ist, entweder eine gesellschaftliche Gruppe besser zu stellen (etwa durch Umverteilung von der arbeitenden Bevölkerung zu Vollzeitmüttern) oder darauf eine andere gesellschaftliche Gruppe schlechter zu stellen (etwa Kinderlose bei der Pflegeversicherung). In keinem Fall geht es Politikern darum, einen Ausgleich unterschiedlicher Interessen herbeizuführen, wie man schon daran sieht, dass immer nur eine Seite der Steuer- und Abgabenmedaille betrachtet wird.

Bentham legislation.jpgDabei hat Jeremy Bentham schon im 17. Jahrhundert u.a. darauf hingewiesen, dass die Maximierung der öffentlichen Wohlfahrt anhand des “Greatest Happiness Principle”, also anhand des Ziels, für alle in einer Gesellschaft das größtmögliche Maß an Glück zu gewährleisten, nur dann gelingen kann, wenn (1) diejenigen, die Gesetze erlassen, vermeiden, was Bentham ipse dixitism genannt hat, nämlich auf Grundlage eigener Vorlieben zu entscheiden oder mit Blick auf die Vorlieben ihrer Klientel und wenn (2) die staatliche Intervention in das Leben der Bürger auch beide Seiten, die von einer Regelung betroffen sind, in Rechnung stellt.

Geht es also z.B. darum, den Transfern von Geld in Steueroasen zu verbieten, dann ist zu berücksichtigen: (1) der Zugewinn an Nutzen (Glück), den diejenigen haben, die durch den Transfer von Geld in Steueroasen geschädigt werden und (2) der Verlust an Nutzen (Glück), den diejenigen haben, denen nun der Transfer von Geld in Steueroasen verboten ist. Nur wenn der Zugewinn den Verlust übersteigt, ist eine staatliche Intervention nach Ansicht von Bentham legitim.

Nun kann man leicht nach einer Gesetzesverschärfung rufen, zu belegen, dass durch den Transfer von Geld in Steueroasen denen, die nicht am Transfer beteiligt sind, ein Schaden entsteht, ist schon schwieriger und vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Studien (z.B. Desai, Foley und Hines, 2006, 2005), die gezeigt haben, dass Steueroasen gerade notwendig sind, um das unsäglich hohe Steuerniveau von Staaten wie Deutschland zu kompensieren, fast unmöglich, denn: Die Zinsen und der Gewinn aus nicht gezahlten Steuern, den Unternehmen in Steueroasen erwirtschaften, setzen sie in der Regel in Ländern wie Deutschland in kapitalintensive Tätigkeiten wie die Entwicklung neuer Produkte ein. Macht man die Möglichkeit, Geld in Steueroasen zu transferieren unmöglich, reduziert man damit die Investitionen in kapitalintensive Tätigkeiten.

Mit anderen Worten: die Marktschreier der Parteien, sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen. Das an sich wäre kein Problem, vielmehr die Lösung eines Problems, säßen nicht alle andern mit auf dem Ast. Wie heißt es so schön: Mitgegangen, mitgehangen, und insofern bekommen deutsche Wähler wohl derzeit die Quittung dafür, dass die Kompetenz von Kandidaten bei der Vergabe der Stimme keine Rolle spielt.

Vielleicht fordern deshalb 91% der 1.775 Befragten, die bislang an unserer neuesten Befragung teilgenommen haben, dass Kandidaten, die sich in den Bundestag oder einen Landtag wählen lassen wollen, über mindestens 5 Jahre  Berufserfahrung verfügen und 79,6% der Befragten, dass die Kandidaten ihre intellektuelle Eignung für das Amt eines Abgeordneten nachweisen müssen.

Literatur

Desai, Mihir, Foley, C. Fritz & Hines, James R. (2006). Do Tax Havens Divert Economic Activity? Economics Letters 90: 219-224.

Desai, Mihir A., Foley, C. Fritz & Hines, James R. (2005). The Demand for Tax Havens. Journal of Public Economics 90 (3): 513-531.

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