Persönlichkeitsveränderung nach Organtransplantation: Führen Fremdorgane ein Eigenleben?

Vor einigen Tagen haben wir auf dem Discovery Channel eine interessante Reportage gesehen, in deren Verlauf auf einen wissenschaftlichen Beitrag verwiesen wurde, den Paul Pearsall, Gary E. R. Schwartz und Linda G. S. Russek bereits im Jahre 2002 veröffentlicht haben.

Der Beitrag hat ein Thema zum Gegenstand, das man in der Schulmedizin nicht gerne hört, noch weniger gerne bespricht und in keinem Fall Ernst nehmen will: Zellulares Gedächtnis. Damit ist die Idee umschrieben, dass z.B. Organe über ein eine zellulare Erinnerung verfügen, die bei einer Transplantation mit übertragen wird.

Das klingt wie Science Fiction.

Horatio shakespeareEs ist aber keine, wie Pearsall, Schwartz und Russek in ihrem sehr vorsichtig gehaltenen Beitrag mit dem Titel „Changes in Heart Transplant Recipients That Parallel the Personalities of Their Donors“ zeigen. Der Beitrag basiert auf zehn Fallstudien, die aus einem Fundus von 74 entsprechenden Fällen, die sich bis 2002 bei Paul Pearsall angesammelt haben, ausgewählt wurden. Die zehn Fälle beschreiben zum Teil erstaunliche Veränderungen in den Persönlichkeiten der Empfänger von Spenderherzen, die in jedem Fall durch eine Befragung von Freunden, Bekannten oder Familienangehörigen bestätigt wurden.

  • Ein 56 Jahre alter Professor, der das Herz eines 34 Jahre alten Polizeibeamten erhalten hat, fängt nach der erfolgreichen Transplantation zu träumen an. Er sieht Lichtblitze, sein Gesicht wird warm und ihm erscheint eine Person, die er als „Jesus“ beschreibt. Die Frau des Polizeibeamten, dem posthum sein Herz entnommen wurde, erzählt, dass ihr Mann im Dienst erschossen wurde. Direkt ins Gesicht ihres Mannes habe der Mörder geschossen. Das Letzte, was ihr Mann gesehen haben müsse, sei ein Lichtblitz. Bei der Polizei habe man eine Vermutung darüber, wer der Täter sei, könne aber nichts beweisen. Der Täter sei langhaarig und habe tiefe dunkle Augen, er sehe fast aus, wie Jesus auf entsprechenden Darstellungen.

Zufall?

  • Ein 47 Jahre alter Mann erhält das Herz eines 14-jährigen Mädchens. Seine Frau berichtet davon, dass ihr Mann sich nach der Transplantation wie ein Teenager verhalte. Beim Bowling springe er wie ein Kind in der Gegend herum, er habe nach der Transplantation eine Disposition entwickelt, sich nach fast jedem Essen zu übergeben, wie ein essgestörter Teenager und das Schlimmste an ihm sei, dass er sich ein kindisches Kichern angewöhnt habe, das sie ärgerlich mache. Die Mutter des Mädchens, von dem das Spenderherz stammt, berichtet davon, dass ihre Tochter eine talentierte Turnerin gewesen sei, die zeitweise Probleme mit Anorexia gehabt habe, also mit Magersucht und sich häufig nach dem Essen übergeben habe. Was ihre Tochter besonders ausgezeichnet habe: ein albernes Kichern.

Zufall?

  • Ein 47 jähriger Metallarbeiter wird nach einer Herztransplantation zu einem Liebhaber klassischer Musik. Nicht nur das, der weiße Arbeiter befreundet eine Vielzahl Schwarzer und wird zum Favoriten seiner schwarzen Arbeitskollegen. Seine Frau berichtet, dass er sich plötzlich ausgesprochen wohl unter seinen schwarzen Arbeitskollegen fühlt, sie nach Hause einlädt und sie mit seiner neuen Vorliebe für klassische Musik, er, der noch vor seiner Transplantation nicht gewusst habe, dass es klassische Musik überhaupt gebe, zum Wahnsinn treibe.Der Metallarbeiter hat das Herz eines 17-Jährigen schwarzen Jungen erhalten, der auf offener Straße von Unbekannten erschossen wurde und dem eine große Karriere als Musiker vorhergesagt wurde: Er wird als Liebhaber klassischer Musik und großes Talent auf der Violine beschrieben.

Zufall?

Menschen, die nach einer Transplantation ihre Persönlichkeit ändern, scheinen nicht gerade selten zu sein. Und wenn korrekt ist, was Pearsall, Schwartz und Russek vermuten, dass nämlich die Bereitschaft unter den Empfängern von Spenderorganen über Veränderungen in ihrer Persönlichkeit zu sprechen, nicht gerade groß ist, dann ist das Dunkelfeld immens. Als Beispiel kann hier der oben dargestellte Fall des Professors gelten, der seine Träume für Halluzinationen gehalten hat und sie keinem seiner Ärzte erzählt hat, aus Angst, für verrückt erklärt zu werden.

Der soziale Druck im Hinblick auf das, was als Normal zu gelten hat, ist so hoch, dass man sich darüber wundern muss, dass Pearsall, Schwartz und Russek eine Zeitschrift gefunden haben, die ihren Beitrag veröffentlicht hat. Dass diese Zeitschrift ihren Sitz in den USA und nicht z.B. in Deutschland hat, ist dann schon weniger verwunderlich.

Pearsall, Schwartz und Russek versuchen auf Basis der Dynamic Energy Systems Theory Sinn aus ihren Ergebnissen zu machen. Demnach findet zwischen z.B. dem Herzen und dem Gehrin ein Informations- und Energieaustausch über elektromagnetische Energie statt. Das Gehirn, so die Hypothese weiter, prozessiert über elektromagnetische Resonanz die Informationen, die im Herz gespeichert sind, im Spenderherz in den vorliegenden Fällen, was erklären würde, wieso die Empfänger der Spenderherzen plötzlich über Informationen verfügen, die ihre Persönlichkeit verändern.

Wissenschaft hat immer davon gelebt, Grenzen zu verschieben. Die Forschung, die Pearsall, Schwartz und Russek vortragen, hat das Potential, Grenzen zu verschieben, jedenfalls dann, wenn es gelingt, eine offene Diskussion über mögliche Erklärungen der empirischen Fakten anzustoßen, die die Autoren in ihrem Beitrag berichten und die – darüber hinausgehend – wohl die geteilte Erfahrung vieler Empfänger von Spenderorganen darstellen.

There are even more things that Shakespeare could dream of …

Pearsall, Paul, Schwartz, Gary E. R. & Russek, Linda G. S. (2002). Change sin Heart Transplant Recipients That Parallel the Personalities of Their Donors. Journal of Near Death Experience 20(3): 191-206.

 


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