Gewalt gegen Polizisten: Polizisten selbst schuld?

Wenn wissenschaftliche Texte zum sozialen Problem werden…

Abstracts sollen einen wissenschaftlichen Text zusammenfassen, seine wesentliche Erkenntnis präsentieren, dem Leser einen Anreiz geben, den Text auch zu lesen. Manche Abstracts schaffen das. Andere erreichen eher das Gegenteil.

Gewalt gegen Polizisten: Dramatischer Anstieg oder Veränderung aufgrund gesellschaftlicher Entwicklung“, so lautet der sehr unglückliche Titel eines Beitrags von Karlhans Liebl in der Zeitschrift „Soziale Probleme“.

Der Titel ist unglücklich weil er suggeriert, dass eine Zunahme von Gewalt gegen Polizisten entweder dramatisch oder eine Veränderung ist, die, weil sie nicht dramatisch ist, nur undramatisch und somit normal sein kann, was auch den Bezug zur gesellschaftlichen Entwicklung erklärt. Kurz: Gewalt gegen Polizisten ist oder wird normal, so die Kurzform des Titels.

Und es kommt noch dicker:

soziale probleme” Die Untersuchung zeigt in einer Fallstudie für den Freistaat Sachsen, dass die registrierten Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte in den letzten Jahren gestiegen sind. Gegenüber den Darstellungen in den Medien zeigt sich aber auch, dass sich die Zunahme der registrierten Fälle schwerpunktmäßig auf Beleidigungen der Beamtinnen und Beamten beziehen und nicht so sehr weniger auf schwerwiegende Gewaltdelikte. Die Analyse machte aber auch deutlich, dass in manchen Fällen auch ein fehlerhaftes Auftreten der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten eine Rolle für die Auslösung der Gewaltsituation gespielt hat. Andererseits wird aber auch die Notwendigkeit offensichtlich, die angezeigten Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte im Rahmen einer Dunkelfelduntersuchung mit den sich tatsächlich sich ereigneten Fällen zu vergleichen.“

In seinem Abstract zur Untersuchung, die eine Fallstudie über 10 Jahre für den Freistaat Sachsen ist, beschreibt Liebl zunächst, dass Gewalt gegen Polizeibeamten zugenommen hat. Und dann verließen sie ihn, u.a. die Deutschkenntnisse. Medien scheinen über etwas zu berichten, aber dieses Etwas ist nicht Gewalt, sondern Beleidigung, die Beleidigung von Polizeibeamten und die Fälle der Beleidigung von Polizeibeamten, sie scheinen noch stärker anzusteigen als die Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte und überhaupt ist Gewalt gegen Polizeibeamte häufig die Schuld der Polizeibeamten, die falsch, nein fehlerhaft, auftreten. Und dann hat Karlheinz Liebl vollständig vergessen, was er eigentlich schreiben will:

“Andererseits wird aber auch die Notwendigkeit offensichtlich, die angezeigten Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte im Rahmen einer Dunkelfelduntersuchung mit den sich tatsächlich sich ereigneten Fällen zu vergleichen“.

Das Einerseits muss nicht gesucht werden, es ist nicht vorhanden. Andererseits ist andererseits ohne einerseits. Dennoch macht andererseits deutlich, dass die Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte, die wir kennen, die angezeigt und registriert wurden, im Rahmen einer Dunkelfelduntersuchung, die sich mit den Fällen beschäftigt, die wir nicht kennen, deshalb Dunkelfeld, mit den „tatsächlich sich ereigneten Fällen“ verglichen werden müssen. Also die Bekannten müssen in einer Untersuchung der Unbekannten, mit den Bekannten, also mit sich selbst verglichen werden.

Dass bei Verlagen scheinbar keine Lektoren mehr beschäftigt werden, ist das eine. Das andere ist, dass Abstracts veröffentlicht werden, die so wirr und widersprüchlich sind, dass man den Eindruck gewinnen kann, der Autor wolle seinen Lesern die Ansicht nahelegen, dass Gewalt gegen Polizeibeamte einerseits nicht dramatisch und andererseits deren eigene Schuld sei.

Wie wäre es mit einem Dementi seitens des Verlags?

Und Karlhans Liebl sei ans Herz gelegt, sich mehr dem Deutschen als dessen VerunstaltungInnen zu widmen, damit wären sprachliche Katastrophen: „nicht so sehr weniger“ – vermutlich vermeidbar.


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