Willkür im Strafrecht: Kann ein Bombenbauer strafunmündig sein?

Ein 12 Jahre alter Junge hat in Ludwigshafen versucht, mit zwei Sprengsätzen zumindest Schaden anzurichten, wenn nicht Menschen zu verletzen oder gar zu töten. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen übernommen:

Gottfredson crime“Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt im Fall eines Zwölfjährigen, der versucht haben soll, einen Bombenanschlag auf den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen zu verüben. Das bestätigte Hubert Ströber, Leitender Oberstaatsanwalt in Frankenthal. Details nannte er nicht und verwies auf Karlsruhe. Wie das Nachrichtenmagazin “Focus” berichtet, soll der Zwölfjährige von der Terrormiliz IS radikalisiert worden sein und am 26. November einen Nagelbombenanschlag auf den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen verübt haben, der jedoch scheiterte. Am 5. Dezember soll er dann einen Sprengsatz in einem Gebüsch nahe des Rathaus-Centers deponiert haben, den Spezialisten der Polizei unschädlich machen konnten. Ströber kündigte an, keine Ermittlungen einzuleiten, da der Zwölfjährige strafunmündig sei. Das Jugendamt werde sich um den Jungen kümmern, sagte er.”

Wir haben heute einmal über den ideologischen Humbug, „soll von der Terrormiliz IS radikalisiert worden sein“, hinweggelesen, schon weil es keinerlei Belege dafür gibt, dass die Kausalität in der behaupteten Richtung verläuft. Im Gegenteil gehen die meisten kriminologischen Theorien davon aus, dass Täter über einen Willen verfügen. Sie treffen die Entscheidung, sich delinquent verhalten zu wollen, selbst. Niemand redet ihnen diese Entscheidung ein. Es mag sein, dass es Jugendlichen, die in einem Milieu aufwachsen, in dem delinquentes Verhalten normales Verhalten darstellt, eher naheliegt, sich deliquent als sich nicht delinquent zu verhalten – wie dies die Theorie der differentiellen Assoziation vorhersagt. Aber selbst dann, wenn man davon ausgehen kann, dass die Menge der Handlungsalternativen, die einem Akteur zur Verfügung stehen, durch das Milieu, in dem er aufwächst, stark in Richtung delinquenten Verhaltens sozialisiert ist, trifft doch der Akteur die Entscheidung, kriminelle Handlungen auszuführen und niemand sonst. Kurz: Die ätherische Übertragung von Kriminalität ist eine Vorstellung, die man im Mittelalter vielleicht noch akzeptiert hätte. Heute ist diese Vorstellung nur noch lächerlich.

Die eigentliche Frage, die sich mit dem 12jährigen Bombenbauer aus Ludwigshafen verbindet, der offenkundig eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, ist die Frage der Strafmündigkeit.

Man kann diese Frage prinzipiell beantworten, wie das in Deutschland geschieht. Entsprechend gelten Jugendliche bis zum Erreichen des 14. Lebensjahres als strafunmündig. Warum? Niemand weiß es.

nagelbombeDass 14. Jahre eine willkürliche Grenze für Strafmündigkeit sind, die man auch hätte anders ziehen können, wird daran deutlich, dass Strafmündigkeit im Vereinigten Königreich, z.B. bei 10 Jahren einsetzt. Ab 10 Jahre gilt man also nicht mehr als verantwortungsloser Zellhaufen, sondern als Mensch, der für seine Handlungen verantwortlich ist. In Deutschland, ist das anders, schon um den vielen Schergen des Jugendamtes Arbeit zu verschaffen.

Man kann die Frage der Strafmündigkeit auch am Einzelfall entscheiden, also entlang der Frage, ob ein Jugendlicher die geistige Reife aufweist, um zu wissen, dass das, was er getan oder zu tun beabsichtigt hat, strafbares Verhalten war, schon es weil andere an Leib und Leben oder am Eigentum geschädigt hat oder hätte schädigen können. Eine solche einzelfallbezogene Entscheidung darüber, ob eine Strafmündigkeit vorliegt, wird in Rechnung stellen müssen, dass der 12jährige, den deutsche Juristen für strafunmündig ansehen müssen, weil er eben 12 Jahre alt ist, in der Lage war, zwei Nagelbomben herzustellen, einmal um damit Menschen auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt zu schädigen und einmal, um am Rathaus Center in Ludwigshafen Sach- und Personenschaden anzurichten.

shoemaker-juvenile-delinquenczWer in der Lage ist, zweimal eine Nagelbombe zu bauen, der ist auch in der Lage, sich vor Gericht zu verantworten. Denn er hat gezeigt, dass er zu zielgerichtetem Handeln in der Lage ist, wobei das Ziel in beiden Fällen darin bestand, anderen zu schaden. Dass es nicht in Ordnung ist, Leib, Leben und Eigentum Dritter zu schädigen oder zu gefährden, ist auch einem 12jährigen bekannt, entsprechend ist die Überstellung des 12jährigen zum Jugendamt, ein schlechter Witz, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge haben wird, dass der 12jährige, dann mit 14 und wegen neuerlicher Straftaten vor einem Jugendrichter landen wird.

Vor rund 15 Jahren hat ein Redaktionsmitglied von ScienceFiles vor dem Amtsgericht Chemnitz eine Verhandlung gegen einen Jugendlichen aus Freiberg miterlebt. Der Jugendliche, der zum Tatzeitpunkt kurz vor der Volljährigkeit war, hatte nicht nur eine Latte von Vorstrafen, er hatte auch ein Kind, einen aus der Erinnerung 10jährigen verprügelt, so erheblich, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig war. Angesichts der Vorstrafen und der Schwere der Körperverletzung wäre dem Jugendrichter eigentlich keine Wahl geblieben als den jugendilchen Gewalttäter über die Grenze der zwei Jahre Jugendstrafe, ab der eine Inhaftierung obligatorisch ist, zu befördern. Doch der Jugendrichter war allerlei Druck seitens der Jugendgerichtshilfe, also seitens des Jugendamts ausgesetzt. Ausgesetzt wurde entsprechend auch die Jugendstrafe gegen den gewalttäten Jugendlichen, und zwar zur Bewährung.

Die Bewährung das Jugendlichen bestand darin, einem anderen Jugendlichen eine Eisenstange ins Gesicht zu schlagen. 14 Tage später war er dann in Haft und ein weiteres Gewaltopfer im Krankenhaus, eines, das vermeidbar gewesen wäre. Aber in Deutschland herrscht der Mythos der kleinen Kindlein, die keiner Fliege etwas zu leide tun können, wenn sie vom Jugendamt betreut werden. Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein als dieser Mythos, weshalb es an der Zeit ist, nicht nur das Jugendstrafrecht abzuschaffen und dem Jugendamt jeden Einfluss im Rahmen von Gerichtsverhandlungen zu nehmen, sondern die Strafmündigkeit an der tatsächlichen Reife eines Jugendlichen auszurichten und nicht an einer willkürlich gesetzten Altersgrenze.

Und ein 12jähriger, der zwei Nagelbomben bauen und platzieren kann, hat definitiv die Reife, um einzusehen, dass er nicht Pokemon in die Luft jagt, sondern reale Menschen. Er ist eine Gefahr für die Allgemeinheit und gehört in ein Gefängnis, nicht in die Hände des Jugendamts, das für sich genommen auch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, wie nicht nur der Fall aus Chemnitz zeigt.

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