Demokratie als Happening? Hannovers demokratische Illiteraten

Es hat ganz den Anschein.

Ausgangspunkt ist eine Einladung zu einem Pressetermin. Vertreter derselben, die das Bedürfnis verspüren, ihren Lesern die Konterfeis des Oberbürgermeisters von Hannover, „Stefan Schostok, der Ersten Stadträtin Sabine Tegtmeyer-Dette in Vertretung für die Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf sowie dem Personal und Kulturdezernenten Harald Härke“ zuzumuten, können sich am 2. Juni um 9.00 Uhr im neuen Rathaus von Hannover die entsprechende Munition holen, um auch noch den letzten Leser zu vergraulen.

Hannover Demokratiefestival 1Der Smilietermin ist der Auftakt zu ein einer Veranstaltung, die in Hannover als „Demokratiefestival“ bezeichnet wird. Irgendwie gehe es beim dem Festival, so die Überzeugung der Veranstalter, um Demokratie: „Ziel der Veranstaltung ist es“, so die Pressemitteilung aus Hannover, die uns ein geschätzter Kollege zugeschickt hat, “ein starkes Signal gegen Intoleranz, Rechtsextremismus und andere extremistisch geprägte Ideologien zu setzen. Zielgruppen sind alle Schulen, Berufsbildenden Schulen, Jugendtreffs sowie Jugend- und Kultureinrichtungen sowie Sprachlernklassen“.

Diese Zielsetzung erklärt, dass sich im Programm des Demokratiefestivals in Hannover so gar nichts finden lässt, was man als eine positive Bestimmung von Demokratie ansehen könnte. Demokratie, es mag den Hannoveranern entfallen sein, ist eine Regierungsform, bei der die Regierung durch die Wähler bestimmt und abgewählt werden kann. Wähler sind entsprechend der Souverän, und mehr gibt es über Demokratie nicht zu sagen.

Auf die Idee, dass Demokratie eine Regierungsform ist, bei der die Wähler Souverän sind, kommt man nicht unbedingt, wenn man sieht, was Hannover für die anvisierten Jugendlichen zum Demokratiefestival serviert:

“Setz[‘] Dich ein für Demokratie”, so lautet die Aufforderung, deren Umsetzung darin besteht, mit Klebebändern Sitzobjekte herzustellen und damit in Schulen ein Zeichen für Demokratie zu setzen.

Demokratie besteht also darin, mit Klebeband zu hantieren?

“Stimm‘ Dich ein für Demokratie”, so fordert das Programm (ohne Ausfallstrich übrigens). Die Einstimmung besteht darin, Texte zum Thema Demokratie zu schreiben und diese „sogar dem Publikum vorzutragen“. Demokratie als Bühnenperformance?

“Stillstehen für Demokratie”, ist der nächste Schnickschnack: Jugendliche sollen in Posen wie Schaufensterpuppen erscheinen, ein Selfie-knipsen und so ein Zeichen für die Demokratie setzen. Demokratie als Smartphone-Selbst-Inszenierung?

Unter dem Stichwort: „Eine starke Demokratie“ werden zwei Filme von Flüchtlingen gezeigt, in denen die Flüchtlinge ihre Träume und Wünsche und Hoffnungen erzählen. Demokratie als individuelles Wunschkonzert von Flüchtlingen?

Schließlich gibt es die bewegte Demokratie, also Tanz.

  • Demokratie, wie sie in Hannover am 2. Juni vermittelt werden soll, ist demnach:
  • Mit Klebebändern hantieren;
  • Eine Bühnenperformance;
  • Eine Smartphone-Selbstinszenierung
  • Tanz
  • Ein Wunschkonzert von Flüchtlingen

Irgendwie gewinnt man den Eindruck, dass die Hannoveraner nicht so wirklich wissen, was der Begriff “Demokratie” bezeichnet, und deshalb auf das zurückgreifen, was man von mittelmäßigen Event-Agenturen als mittelmäßige Veranstaltung zu nahezu jedem Gegenstand kaufen kann. Es fehlen nur die Fingerfarben, mit denen Demokratie an Scheiben geschmiert werden kann.

Die völlige Unfähigkeit, Demokratie positiv zu bestimmen, setzt sich fort in einer Ausstellung über die Rolle der Polizei im Nationalsozialismus und in einem Vortrag über “Islamofaschismus”. Beides ist nicht Demokratie. Das wissen wir. Aber was ist Demokratie? Die Hannoveraner haben keine Ahnung.

Hannover Demokratiefestival 2Sie benutzen ihr Festival vielmehr dazu, ideologische Indoktrination in Workshops anzubieten, Workshops, in denen die Rolle des Individuums in der Familie bestimmt werden soll, nicht etwa die Bedeutung von autonomen Akteuren für eine Gesellschaft; Workshops, die Gewalt und Aggression thematisieren und fragen, wie man Gewaltprävention und demokratische Werte im Eishockey vermitteln kann (auf so einen Unsinn muss man erst einmal kommen). Schließlich sollen junge Migranten zu Toleranz erzogen werden, junge männliche Migranten natürlich, denn weibliche Migranten müssen schon in einem anderen Workshop vor einer Zwangsehe geschützt werden.

Der Eindruck, dass in Hannover das Rathaus von demokratischen Illiteraten besetzt ist, die ihr Nichtverständnis als Happening unter der Überschrift „Kampf gegen Recht und für Toleranz“ verkaufen wollen, er ist durch das Programm dieses „Demokratiefestivals“ so fest eingegraben, dass man ihn, wollte man ihn erschüttern, erst einmal archäologisch vorbehandeln müsste.

Bleibt festzustellen, dass in Hannover Demokratie aus mehr oder weniger affigen Betätigungen (Wir entschuldigen uns bei allen Affen) zu bestehen scheint, die mit einem erheblichen Schuss Indoktrination angereichert werden. Dasselbe Festival könnte man in Pol Potts Kambodscha, in Mao Zedongs China oder in Hugo Chavez‘ Venezuela abhalten.

Niemand würde den Unterschied bemerken.

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