Du sollst keine weißen, männlichen Wissenschaftler zitieren – Neues aus dem Irrenhaus

„Vom Normalen zum Neurotischen gibt es einen kontinuierlichen Übergang. Davon streng abgegrenzt werden die Psychosen. Diese extrem pathologischen Reaktionen sind möglicherweise die Ursache dafür, dass die Person den Kontakt mit der Realität verliert. Deshalb ist eine intensive Behandlung und manchmal die Hospitalisierung notwendig.“

Vom wem stammt dieses Zitat?
Nein, nicht der Name ist interessant.

War es ein Weißer, der diese Zeilen, die wir zitiert haben, zu Papier gebracht hat? War es ein Mann? War es, intersektionaler Horror: ein weißer Mann, der das geschrieben hat?
Wenn Letzteres zutrifft, dann ist dieses Zitat schlecht. Es darf nicht mehr genutzt werden – jedenfalls dann, wenn es Carrie Mott und Daniel Cochayne geht. In ihrem Beitrag „Citation matters: mobilizing the politics of citation towards a practice of ‚conscientious‘ engagement” versuchen die Autoren nämlich zu argumentieren, dass das Zitieren von wissenschaftlichen Beiträgen weißer Männer dazu führt, dass wissenschaftliche Beiträge von weißen Männern zitiert werden. Und das ist schlecht.

Nein, es handelt sich dieses Mal nicht um Satire. Der Beitrag ist ernst gemeint.

Szenenwechsel.
Harold Garfinkel hat einige empirische Untersuchungen im Rahmen seiner Studies in Ethnomethodlogy durchgeführt. Darunter ist auch der Fall eines Mannes, der in einer geschlossenen Anstalt untergebracht ist. Dieser Mann war in der Lage, eine vollkommen rationale Argumentation darüber zu führen, dass er in seinem täglichen Leben vom CIA überwacht wird. Jede kleine Alltäglichkeit hat seinen Verdacht erweckt und wurde perfekt in sein Überzeugungssystem integriert. Daraus ist ein kohärentes, in sich geschlossenes Weltbild der Verfolgung entstanden, das dem Mann die Fähigkeit genommen hat, im täglichen Leben noch als normal durchzugehen. Deshalb hat ihn Garfinkel in einem Irrenhaus gefunden. Das Beispiel zeigt, dass es möglich ist, auf Grundlage falscher Prämissen, die z.B. aus Einbildungen und Phantasien gewonnen werden, ein den Gesetzen der Rationalität folgendes Überzeugungssystem zu zimmern, das in sich stimmig, aber nichtsdestotrotz der Ausdruck einer Psychose ist.

Früher fand man die Beispiele für derartige Psychosen in den entsprechenden Anstalten.

Für Carrie Mott und Daniel Cockayne ist die wissenschaftliche Welt, in der sie sich (erstaunlicherweise freiwillig) bewegen, eine Welt der weißen Männer, eine Welt der Hegemonie weißer Männer, eine Welt, in der weiße hegemoniale Männer Artikel schreiben, die von anderen zitiert werden und auf diese Weise die Herrschaft der weißen hegemonialen Männer in der Wissenschaft zementieren. Das nennen Mott und Cockayne „performativ“.

Performativ ist eine Floskel, die von Genderisten häufig und mehr oder weniger korrekt benutzt wird. Was sie damit beschreiben wollen, ist ein sich selbst verstärkender Prozess, in dem das Zitieren eines weißen Mannes wie Albert Einstein dazu führt, dass sein Artikel: „Die Allgemeine Relativitätstheorie“, auch von anderen zitiert wird, was wiederum dazu führt, dass andere den Artikel zitieren und im Ende dazu, dass sich die Allgemeine Relativitätstheorie, jenes Werk eines weißen Mannes durchsetzt, zur wissenschaftlichen Benchmark wird, an der sich andere Ansätze messen lassen müssen und dass niemand auf die Idee kommt, anti-rassistische und feministische Alternativen dazu zu zitieren. Das beklagen Mott und Cockayne, wenn sie davon schreiben, dass Zitieren „performativ“ sei. Das Zitieren von “weißen hegemonialen Männern” führt dazu, dass das, was weiße Männer geschrieben haben, zur wissenschaftlichen „Autorität“ wird, an die andere glauben.

Haben wir etwas vergessen?
Halt, es sind für Mott und Cockayne nicht nur weiße, hegemoniale Männer die für die Verbreitung z.B. der Allgemeinen Relativitätstheorie verantwortlich sind, der Neoliberalismus ist auch schuld.

Wussten wir doch, dass wir etwas vergessen haben.
Wenn man die hegemonialen weißen Männer und den Neoliberalismus, der auch das wissenschaftliche Zitieren zu verantworten hat, zusammenschüttet, dann kommt Folgendes dabei heraus:

“Citational performativity is ‘successful’ when it reinforces existing hegemony and authority, and ‘works’ by repeating (and covering over) already accumulated authority. We advocate a turn away from obvious ‘successful’ citational performances that demure to sameness, whiteness, maleness, and cisnormativity, arguing instead that an ethical citational practice actually fails to perform these prior standards of authority (13-14).”

Damit sind wir zurück bei Garfinkel und seinen ethnomethodologischen Studien und bei der Möglichkeit, Irrsinn zu argumentieren, denn:
Wenn man davon ausgeht, dass in wissenschaftlichen Aufsätzen zitiert, um des Zitierens willen, zitiert wird, um sich anzudienen und seine Zugehörigkeit auszudrücken, dann haben Mott und Cockayne vielleicht einen Punkt.

Sicher gibt es Opportunisten, die sich darin versuchen, einen wissenschaftlichen Beitrag nur dadurch zu erstellen, dass sie sich mit „name dropping“ anzudienen versuchen.

Während man dem Beitrag von Mott und Cockayne entnehmen muss, dass für Genderisten der Zweck eines Beitrags darin besteht, sich über Zitieren anzudienen, schreiben normale Wissenschaftler ihre Beiträge, um die Ergebnisse ihrer Forschung mitzuteilen. Daher zitieren sie diejenigen Wissenschaftler, die theoretische und empirische Vorarbeiten geleistet haben, die für das Verständnis ihrer Fragestellung und Ergebnisse wichtig sind.

Diese Praxis, die Mott und Cockayne vollständig fremd zu sein scheint, ist auf die Inhalte wissenschaftlicher Beiträge gerichtet, nicht auf die Hautfarbe und das Geschlecht dessen, der den Beitrag geschrieben hat. Während Mott und Cockayne einen genetischen Fehlschluss zur allein gültigen Verfahrensweise in den Wissenschaften erheben wollen, versuchen normale Wissenschaftler Fehlschlüsse gerade zu vermeiden: Im Idealfall kritisieren sie vorhandene Forschungsergebnisse (unter Zitation der Urheber) und prüfen deren Behauptungen über die Empirie.

Es geht in der Wissenschaft darum, Inhalte zu argumentieren, nicht darum, nach Hautfarbe und Geschlecht dessen, der die Inhalte erstellt hat, zu differenzieren. Derartig abseitige Ideen können nur aus dem Kreis einer wissenschaftsfernen Sekte wie dem Genderismus kommen, dessen Gläubige der Ansicht sind, primäre und sekundäre Geschlechtsteile übten einen Einfluss auf die Ergebnisse von Denkprozessen aus und letztere seien zudem durch die Hautfarbe eines Wissenschaftlern beeinflusst.

Derartiger Unfug sollte eigentlich dazu führen, dass die Urheber abgeholt und in einer entsprechenden Verwahranstalt untergebracht werden. Tatsächlich können die Urheber dieses Unfugs ihr Unwesen an Hochschulen treiben. In der post-modernen Welt des Konstruktivismus ist auch der Irrsinn an Hochschulen heimisch geworden.

Historiker tun sich gewöhnlich schwer damit, den Niedergang von Kulturen zu erklären. Die derzeitigen Idiotien, die in Form von Gender Studies, Konstruktivismus, Anti-Rassimus oder Whiteness-Studies an Hochschulen betrieben werden, geben einen guten Anhaltspunkt dafür, welche Ursachen der geistige Niedergang, der dem Niedergang ganzer Gesellschaften vorausgeht, hat:

Es beginnt damit, dass Fehlschlüsse zur Grundlage ganzer Fachbereiche werden – , genetische Fehlschlüsse insbesondere, also z.B. der Fehlschluss Geschlecht oder Hautfarbe habe einen Einfluss auf die Fähigkeit rationalen Denkens und wissenschaftlichen Arbeitens.

Tatsächlich ist es in der Regel so, dass diejenigen, die zu faul oder zu dumm sind, die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und die Mühsal wissenschaftlich sauberer Argumentation auf sich zu nehmen, für sich beanspruchen, sie hätten etwas Neues, einen neuen Ismus gefunden, der neue Erkenntnisse ermögliche, die regelmäßig nicht benannt werden können oder einmal mehr Trivialitäten formuliert, die seit Jahrhunderten bekannt sind. Die Neuheit verbiete es mit den Methoden und Techniken der normalen Wissenschaft zu arbeiten und das Neue an normalwissenschaftlichen Standards zu messen. Hans Albert hat dies Kritikimmunisierung genannt.

Sind die entsprechenden Wortgebilde erst einmal an Hochschulen etabliert, dann finden sich auch die entsprechenden Jünger ein, Studenten etwa, die auf der Flucht vor Zahlen nach Studienfächern Ausschau halten, die einen akademischen Abschluss dafür versprechen, dass man erzählt, was einem in den Kopf kommt, und sich keinerlei Beschränkung etwa dadurch auferlegt, die Kopfgeburt mit der Realität in Einklang zu bringen.

Mit dem Heer der Studenten von Fächern wie Gender Studies oder anderen Fächern, für die kein Verwendungszusammenhang vorhanden ist, entsteht ein Druck auf den Arbeitsmarkt, der dann, wenn ein funktionierendes Lobbysystem vorhanden ist, in eine öffentliche Finanzierung für Pöstchen mündet, die außer denen, die sie besetzen, niemand braucht. Als Resultat schießen die entsprechenden Pöstchen, die beraten, wie man Gender oder Ethnie bei dies und das richtig berücksichtigt, aus dem Boden.

Das Angebot schafft sich seine Nachfrage darüber, dass es verpflichtend gemacht wird, über Gesetze in der Regel. So werden Gleichstellungsbeauftragte und sonstige Personen etabliert, die niemand braucht, ausschließlich zu dem Zweck, vorhanden zu sein und jährlich darüber jammern zu können, dass immer noch keine Gleichstellung bei was auch immer erreicht sei.

Das Gejammer wird zum gesellschaftlichen Problem aufgebauscht, mehr Positionen an Hochschulen geschaffen, die Unfug vermitteln und entsprechende Studenten, deren Sinn nicht nach der Mühsal von Wissenschaft, sondern nach den Freuden des Müßiggangs ist, anzieht und mit einem Abschluss versorgt, der sie zu nichts, was gesellschaftlich produktiv wäre, qualifiziert. Also bevölkern sie die Stellen, die eigens geschaffen wurden, um die mangelnde Gleichheit nach Geschlecht, Hautfarbe oder was auch immer zu beklagen und tun, wozu sie ausgebildet wurden: klagen.

Im Ergebnis etabliert sich ein selbstverstärkender Prozess, der entweder dadurch seinen Abschluss findet, dass die gesellschaftlichen Kosten, die durch die systematische Produktion von intellektuellem Ausschuss entstehen, zu hoch sind oder diejenigen, die die Kosten zu tragen haben, in Streik treten und dafür sorgen, dass der Spuk sein Ende nimmt.

Derzeit sind wir von beiden Endszenarien noch weit entfernt. Derzeit gibt es an Hochschulen Personen wie Mott und Cockayne, die ihre Unkenntnis darüber, was der Gegenstand von Wissenschaft ist, zu Papier bringen und in Zeitschriften, die eigens gegründet wurden, um die Unkenntnis darüber, was der Gegenstand von Wissenschaft ist, auch publizieren zu können. Derzeit muss man sich damit auseinander setzen, dass es in der wissenschaftlichen Welt Personen gibt, die allen Ernstes der Ansicht sind, Hautfarbe und Geschlecht würden Forschungsergebnisse beeinflussen. Derzeit müsste Garfinkel auf der Suche nach Forschungsobjekten nicht in Irrenhäuser ausweichen.

Das Zitat zu Anfang dieses Posts stammt übrigens von Philip Zimbardo (Psychologie, S. 612), einem weißen, hegemonialen, neoliberalen Mann. Das war dem Text deutlich anzusehen – oder etwa nicht?

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