Menschenrechte: Das unüberhörbare Schweigen der Europäischen Union zu Katalonien

Die Katalanen wollen von Spanien unabhängig sein. Gemessen an der Wirtschaftskraft des Landes ist dies in etwa damit vergleichbar, dass Hessen sich von Deutschland unabhängig machen will.

Im Einklang mit demokratischen Gepflogenheiten soll über die Unabhängigkeit Kataloniens abgestimmt werden, d.h. die Regionalregierung in Barcelona versucht, sich ein Mandat für Verhandlungen über eine Unabhängigkeit geben zu lassen. Denn selbst wenn das Referendum damit enden würde, dass eine Mehrheit der Katalanen ihren Willen, unabhängig von Madrid zu sein, bekundet, wäre das nicht gleichbedeutend mit einer Unabhängigkeit. Für eine Unabhängigkeit bedarf es der entsprechenden völkerrechtlichen Anerkennung. Dass es eine solche durch die EU oder Nationalstaaten geben könnte, ist derzeit kaum zu erwarten.

Nun sollte man, angesichts dieser Konstellation erwarten, dass die spanische Regierung gelassen auf das Referendum blickt und dessen Ergebnis in Ruhe erwartet. Das Gegenteil ist der Fall. Die geballte Polizeimacht Spaniens wird aufgefahren, um zu verhindern, dass ein Referendum durchgeführt werden kann. Die Folgen davon sind vorhersehbar: Auseinandersetzungen, Verletzte, viel verbrannte Erde, verhärtete Fronten und wenig Möglichkeit, nach dem heutigen Tag noch miteinander zu reden.

Und weil das so vorhersehbar ist, fragt man sich, was die Machtdemonstration der spanischen Regierung bezwecken soll. Was bringt diejenigen, die sich in Staaten als Führer ihrer Bevölkerung ansehen dazu, Teile ihrer eigenen Bevölkerung zu beschimpfen, zu malträtieren und mit Polizeigewalt ruhig zu stellen?

Und was bringt die EU-Kommission, deren Präsident Jean-Claude Juncker immer als erster die Menschenrechte im Mund führt, wenn es gefahrlos z.B. gegenüber Ungarn, Polen oder Russland möglich ist, dazu, so unüberhörbar zu schweigen und selbst den Vertrag zu vergessen, dem seine Position ihre Existenz verdankt?

Wir erinnern an dieser Stelle an Artikel 2 des Lissabonner Vertrags, in dem es heißt:

“The Union is founded on the values of respect for human dignity, freedom, democracy, equality, the rule of law and respect for human rights, including the rights of persons belonging to minorities. These values are common to the Member States in a society in which pluralism, non-discrimination, tolerance, justice, solidarity and equality between women and men prevail.”

Wie es um die EU-geschützten Menschenrechte und die Menschenwürde in Spanien derzeit bestellt ist, kann man den folgenden willkürlich zusammengestellten Videos entnehmen:

Der im Tweet angesprochene Artikel des Lissabonner Vertrages lautet in seinem zweiten und dritten Absatz:

“2. The European Council, acting by unanimity on a proposal by one third of the Member States or by the European Commission and after obtaining the consent of the European Parliament, may determine the existence of a serious and persistent breach by a Member State of the values referred to in Article 2 after inviting the Member State in question to submit its observations.

3. Where a determination under paragraph 2 has been made, the Council, acting by a qualified majority, may decide to suspend certain of the rights deriving from the application of the Treaties to the Member State in question, including the voting rights of the representative of the government of that Member State in the Council. In doing so, the Council shall take into account the possible consequences of such a suspension on the rights and obligations of natural and legal persons.”

Das Referendum der Katalanen widerspricht wohl der spanischen Verfassung. Ein Verfassungsbruch wird gewöhnlich dann als gerechtfertigt angesehen, wenn diejenigen, die die Verfassung brechen, in ihren Menschenrechten bedroht oder geschädigt wurden.

Die spanische Regierung tut derzeit alles, um sich ins Unrecht zu setzen und das Referendum der Katalanen nachträglich zu legitimieren.

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