Vögel und Schmetterlinge: Artenverlust durch Umwelt- und Naturschutz
Ein Leser hat uns auf einen Artikel hingewiesen, den Werner Kunz, Professor für Biologie an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf in der Zeitschrift “Entomologie heute” veröffentlicht hat. Es ist u.a. deshalb ein bemerkenswerter Artikel, weil hier gegen den Mainstream gedacht wird, den Mainstream, der behauptet, wenn man die Natur und die Umwelt in eine natürliche Form bringe, wenn man aufforste, wenn man Kohle-Tagebaue schließe und re-naturiere, wenn man Naturschutzgebiete ausweise, die der Natur überlassen blieben, dann diene dies nicht zu letzt dem Tier-, dem Artenschutz, dann würden sich viele Schmetterlinge, Vögel und andere Tiere wieder ansiedeln, Bestände von Arten wieder wachsen, die zur Zeit auf roten Listen geführt werden.
Das Gegenteil ist der Fall, wie Kunz argumentiert und am Beispiel von Vögeln und Schmetterlingen zeigt.
Dazu trennt er zunächst zwischen Arten, die das offene Land als Lebensraum benötigen und solchen, die in Wäldern leben. Alle in Deutschland vom Aussterben bedrohten Schmetterlings- und Vogelarten, alle Schmetterlings- und Vogelarten, die bereits ausgestorben sind, finden sich unter Ersteren, keine unter Letzteren.
Im nächsten Schritt führt Kunz, der mit dem Begriff der „Art“ nicht glücklich ist, ihn aber wegen seiner Verbreitung beibehält, eine Trennung ein: Umweltschutz ist nicht gleich Artenschutz und Naturschutz ist schon gar nicht gleich Artenschutz.
Umweltschutz, wie er z.B. in erneuerbaren Energien seinen Niederschlag findet, hat mit Artenschutz nichts zu tun, wie die vielen Vögel und Fledermäuse, die Opfer von Windrädern werden, belegen. Gleichwohl, so Kunz, sei Umweltschutz erfolgreich. Die Luft sei sauberer als noch vor 50 Jahren, die Flüsse seien sauberer als vor 50 Jahren, Ortschaften und Straßen seien viel sauberer als noch vor 50 Jahren, dennoch sei die Artenvielfalt von Vögeln und Schmetterlingen in den letzten 50 Jahren zurückgegangen. Umweltschutz wirke sich offensichtlich nicht positiv auf die Artenvielfalt aus: „Viele Watvogelarten (Limicolae) finden mehr Nahrung in organisch ungereinigten Gewässern als in geklärten Gewässern“ (Kunz 2013: 168). Die Vorstellung von Umweltschutz, die Menschen haben, entspricht somit nicht den Bedürfnissen, die viele Vögel oder Schmetterlinge an ihre Umwelt stellen:
“Viele artenreiche Biotope aber sind weder Natur noch sind sie besonders ästhetisch. Dazu gehören Müllplätze, Rieselfelder, Abgrabungsflächen und Truppenübungsplätze, die oft besonders reich an gefährdeten Arten sind” (Kunz 2013: 169)
Noch schädlicher als der Umweltschutz wirkt sich der Naturschutz auf die Artenvielfalt bei Vögeln und Schmetterlingen aus. Naturschutz frönt in Deutschland immer noch der romantischen Vorstellung, nach der die Natur und vor allem der Wald das organische Gegenstück zu einer Industrialisierung und anorganischen Zivilisation des Menschen ist. Die Vorstellung, dass Wald der Inbegriff organischer Freiheit sei und das Gegenstück zu künstlichen Eingriffen des Menschen in seine Umwelt, ist das Ergebnis dieser romantischen Schwärmerei, die in der Forderung nach Aufforstung vom stillgelegten Tagebau oder vom Kieswerk gipfelt. Aufforstung führt jedoch zur Verdrängung der Schmetterlings- und Vogelarten, die offenes Land benötigen, die an Abbruchkanten oder Abgrabungsflächen siedeln. Auch die romantische Vorstellung, dass Naturschutz darin bestehe, Flächen sich selbst zu überlassen, hat erhebliche Folgen gerade für die Schmetterlings- und Vogelarten, die auf roten Listen zu finden sind. Sie benötigen in der Regel den kargen Boden und die offene Fläche. Beides wird in Naturschutzgebieten, die sich selbst überlassen bleiben, schnell von der Natur zurückerobert, mit dem Ergebnis, dass Schmetterlinge und Vögel verdrängt werden: „Ebenso sind viele Schmetterlingsarten der mitteleuropäischen Wälder auf forstliche Eingriffe angewiesen. Sie können nicht in einem dichten, dunklen Wald leben. Die meisten Tagfalter Mitteleuropas sind Lichtwaldarten, die warme, offene Lebensräume im Wald besiedeln“ (Kunz 2013: 169).
Natur- und Umweltschutz verbindet sich in unheilvoller Weise mit Stickstoff, dem Element, das über Kunstdünger auf Äcker und über Abgasrohre in die Luft abgegeben wird. Als Ergebnis hat sich im Verlauf von 50 Jahren der Stickstoffeintrag durch Regen ver25facht. Staat 1-2 kg Stickstoff pro Jahr regnen nun mehr als 40 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr auf Böden. Als Konsequenz sind karge Flächen fast vollständig verschwunden und mit ihnen die Schmetterlinge und Vögel, die auf sie angewiesen sind: „Flächen mit kargem Bewuchs sind heute selten geworden. Durch die Düngung aus der Luft wurde eine Katastrophe eingeleitet, die nach Auffassung einiger Autoren mehr Pflanzenarten verdrängt hat und damit Insekten beseitigt hat als alle Insektizide“ (Kunz 2013: 179).
Die Vorstellung, dass die Ausweisung von Naturschutzgebieten, der Schutz der Umwelt, die Klärung von Abwässern oder die Aufforstung von Tagebau und Abraumhalden auch Tieren, der Artenvielfalt von Tieren zu Gute kommt, ist somit ein Mythos, der auf die romantische Verklärung vieler Natur- und Umweltschützer zurückzuführen ist. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Truppenübungsplatz, der mit Bombentrichtern übersät und von Panzerspuren durchwühlt ist, ist der Artenvielfalt förderlicher als die meisten Naturschutzgebiete.
Folglich schreibt Kunz: „Um den gegenwärtigen Artenschwund in Mitteleuropa zu verstehen, bedarf es der Einsicht, dass der Artenreichtum der Offenlandarten früherer Jahrhunderte nicht auf einem intakten Naturhaushalt beruht hat, sondern im Gegenteil auf dessen Zerstörung […] Die frühere Entwicklung der Kulturlandschaft war nicht dadurch bestimmt, dass der Mensch die Natur fördern wollte, sondern jeder Eingriff in die Landschaftsgestaltung erfolgte aus Eigeninteresse der Bewirtschafter. Trotzdem [besser: gerade deswegen] entstanden durch diese Eingriffe viele artenreiche Habitate, jedoch nicht als Ergebnis einer naturschützerischen Zielsetzung, sondern als unbeabsichtigtes Nebenprodukt wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Zielsetzung. […] Keines dieser Habitate wurde mit dem Ziel geschaffen, den Artenreichtum in diesen Gebieten zu erhöhen. Aber alle diese artenreichen Biotope hatten eines gemeinsam: Es handelt sich um vom Menschen gemachte Habitate, nicht um Naturgebiete“ (Kunz 2013: .
Deshalb stehen am Ende des Beitrags von Kunz die folgenden Erkenntnis:
Wenn man Tieren, Schmetterlingen, Vögel, die vom Aussterben bedroht sind, helfen will, dann ist es zunächst notwendig Artenschutz von Natur- und Umweltschutz zu trennen. Da die beiden Letzteren Ersteren verunmöglichen, das Artensterben beschleunigen. Auf dieser Grundlage können dann der Natur Habitate abgerungen werden, die die bedrohten Arten zum Leben brauchen: „Aus der Perspektive des Schutzes gefährdeter Arten können die Tagebauabgrabungen im Köln-Jülicher Raum und der Kiesabbau am Niederrhein nicht als Zerstörung eingestuft werden, wie das heute noch von den Naturschutzverbänden getan wird, die dem Schutz der Umwelt und der Natur höhere Priorität einräumen, als dem Schutz der Arten“ (Kunz 2013: 189) – woran sich die Frage anschließt, für wen die entsprechenden Verbände Naturschutz betreiben wollen.
Fazit:
Natur- und Umweltschutz sind verantwortlicher für den Rückgang der Schmetterlings- und Vogelarten als der Einsatz von Insektiziden oder dergleichen. Der Eintrag von Stickstoff in die Böden tut ein übriges, und die Unfähigkeit von Naturschützern einzusehen, dass für manche Arten von Schmetterlinge und Vögeln genau die Art von „Natur“ überlebenswichtig ist, die sie als künstlich und unerträglich ansehen, hat zu einer Vernichtung von Lebensraum geführt, und Schmetterlings- und Vogelarten auf rote Listen befördert.
Einmal mehr zeigt sich, dass Gutmenschen eine Spur der Zerstörung hinter sich herziehen und die beste Absicht nichts nutzt, wenn es am notwendigen Wissen und an der notwendigen Einsicht fehlt.
Kunz, Werner (2013). Artenförderung durch technische Gestaltung der Habitate – Neue Wege für den Artenschutz. Entomologie heute 25: 161-192.
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Für Naturschützer vor Ort ist das keine neue Erkenntnis, allerdings ist bei den Parteien und leider auch bei den veröffentlichten Verlautbarungen der Naturschutzverbände der Gedanke unbekannt. Bei ersteren aus Ignoranz, bei zweiteren weil man mit idyllischen Naturbildern mehr monetäre Beiträge generieren kann. Beim staatlichen Naturschutz ist die Situation gespalten, man weiß darum, hält sich aber meist an die Gesetze, die wiederum von der Politik, d.h. von den Parteien gemacht werden.
Das ist falsch. Diejenigen z.B. in BUND u. NABU, die sich aktiv mit Naturschutz beschäftigen wissen das so ziemlich alle. Das sind aber nicht unbedingt die lautesten im Verein. Und der staatliche Naturschutz weiß das ebenfalls, da er das meiste Geld für die Erhaltung dieser Offenlandlebensräume ausgibt. Am rückständigsten was diesbezügliche Erkenntnisgewinne angeht sind eher stockkonservative, wissenschaftsfeindliche Jagdverbände (Bambi-Fraktion ;-)…
vor 60 Jahren schwirrten die Schmetterlinge jeder Couleur nur so um einen herum. Sie gehörten zu einem schönen Sommertag. Wenn man heute einen Schmetterling sieht, ist das eine “außergewöhnliche Erscheinung.”
So ist es wohl auch mit den Vögeln. Selbst die Spatzen, die von jedem Dach zwitscherten, sind am aussterben.
Trotzdem bekommt man krach mit den Nachbarn, wenn man die Vögel füttert, weil das wiederum die Tauben anlockt und die gehören ausgemerzt.
Warum führt man so eine Regelung nicht auch bei den Menschen durch. Die Nützlichen dürfen leben – die unnützlichen und evtl. gefährlichen Arten bekommen nichts mehr zu essen.
Wäre doch so einfach.
Diese Beobachtungen habe ich leider über 50 Jahre selber machen müssen. In meinem Beispiel geht es um die Lurche, welche durch sture “Naturschutz”-Maßnahmen bei uns im Deister stellenweise um geschätzte 90% vernichtet wurden. Auf Bitte habe ich einen Artikel in der Jahresbroschüre geschrieben mit dem Titel: “Vom Aussterben unserer Lurchbestände
Teilweise sogar massiv gefördert durch Naturschutzmaßnahmen, verschwanden bereits
viele Laichgebiete im Kleinen und Großen Deister.” und habe es mit Fotostrecken belegt.
In der Tat führte das zu einem Kontakt und einer Vorortbesichtigung mit Verantwortlichen. Dabei wurden die Probleme schnell offensichtlich. Ich wurde um Vorschläge gebeten, wie man es verbessern könnte – natürlich waren das künstliche Eingriffe, die u.a. der Philosophie stufeloser Fließgewässer wiedersprach. Nur wo ich oben künstlich Wasser abpumpe, muss ich weiter unten künstlich gegensteuern.
Der Vorschlag ging raus und ………. das war es dann.
Ich stelle das Material gerne zur Verfügung.
Die hier vorgestellten neue Erkenntnisse sind Naturschützern, wie Vorkommentatoren schon geschrieben haben, wohl bekannt. Allein die Terminologie, z.B. “Zerstörung von Natur zwecks Artenschutz” ist neu – und für Laien wahrscheinlich verwirrend.
Womöglich denkt derjenige dann, er leiste Artenschutz indem er einen Waldweg teert, ungenutzte Flächen “unkrautfrei” hält oder Straßenränder ständig mäht.
Naturschutzgebiete, die sich selbst, der natürlichen Sukzession, überlassen werden, sind m.E. selten. In Berlin z.B. ginge das gar nicht. Dort wüchsen irgendwann nur noch Robinien und Götterbäume, die kaum einer einheimischen Art als Lebensraum o. Futterpflanze dienen.
Meistens stellt man doch eher die artenreiche Kulturlandschaft wieder her, indem man z.B. Heideflächen beweiden lässt, damit sie nicht verbuschen und verwalden. Wiesen (und Straßen- oder Wegränder) müssen ein- oder zweischürig (ein- oder zweimal) im Jahr gemäht werden, sonst verwandeln sie sich zunächst in Stauden- und Strauchflächen (die für bestimmte Arten durchaus wertvoll sind), um schlussendlich zu verwalden.
Es müsste alle Übergänge geben, landschaftliche Vielfalt eben, und unmöglich ist das durchaus nicht, nicht einmal besonders schwierig.
Ein Waldrandökoton (Übergangsbereich) von 10 m Breite genügte schon, um randständige Baumvegetation (Birken, Weiden, Espen, evtl. Pappeln,Eichen, Kiefern) von einem Gebüschgürtel und den von einem Staudenstreifen abzulösen, der in eine karge, blütenreiche Wiese übergeht. Heute grenzt der Wald scharfrandig an den Acker. Da kann nichts leben.
Die Schlussfolgerung, dass die industrielle Landwirtschaft nicht wesentlicher Bestandteil des Problems ist, kann so nicht richtig sein. Man muss die heutige Landwirtschaft in großen Teilen als “hygienisch” ansehen. Das setzt sich aus dem Bestreben der konsequenten Reinheit der Monokulturen, der konsequenten Vergrößerung der Effizienz der Flächen mit Vergrößerung, Bereinigung von Rändern und Ecken sowie der Notwendigkeit, die übermäßigen Produkte der Tierhaltung zu verwerten, zusammen. Die industrielle Landwirtschaft lässt keine Teiche, Hecken, Feldwege und -ränder mehr zu, wobei selbst Grünland selten wird.
Wo finden Sie diese Schlussfolgerung?
Grünland besteht heutzutage aus wenigen Hochleistungsgrasarten. Da sind keine Kräuter mehr dazwischen.
Feldraine und Hecken wirken als Nützlingsbiotope und Windfänger eigentlich ertragssteigernd. Selbst bei völlig mechanisiertem Feld- und Ackerbau (selbstfahrende Kombinen) könnten sie vorhanden sein. Man müsste nur Durchbrüche lassen, durch die die Kombine aufs nächste Feld gelangt.
Einige Anmerkungen dazu:
Der Artikel trifft den Punkt nicht ganz. Nahezu jedem, der sich intensiver mit Arten- und Naturschutz beschäftigt, ist die Problematik des Begriffs NATURschutz seit jeher klar. Trotzdem wurde er als (unscharfer) Arbeitsbegriff, der zwei verschiedene Dinge umfasst, weiter verwendet.
1. Eigentlicher Naturschutz ist, wenn es um Lebensräume geht, die den potenziellen natürlichen Verhältnissen nahe sind (z.B.: Felsbildungen u. ihre typische Vegetation, Flusskiesbänke, Ur/Naturwälder). Hier ist Naturschutz ziemlich billig zu haben. Einfach NICHTS machen.
Und 2.: Naturschutz bei dem es in Wirklichkeit um den Schutz von Kulturlandschaftsbestandteilen geht. Hier funktioniert der Schutz nur, wenn die traditionelle Bewirtschaftung, die diese Landschaftbestandteile erst hervorgebracht hat, weiterhin erfolgt.
Hier müssen erhebliche Gelder fließen (Erstpflegemaßnahmen, Bewirtschaftungsverträge, allg. Subventionen…), wenn man die Biodiversität erhalten will.
Sonderfall ist die natur-/artenschutzfachliche Behandlung entstandener „Landschaftswunden“.
Die angeblich so neuen Erkenntnisse des Artikels sind in Fachkreisen schon seit 30 Jahren allgemein bekannt und werden auch von Fachbehörden und den Naturschutzfachleuten in den Umweltverbänden seit dem praktisch angewendet.
Nur den eher wenig mit dem Thema vertrauten Laien muss man ständig erkären, warum man mal wieder im „Natur“-schutzgebiet massenhaft Bäume und Büsche abholzt, was hier in BaWü oft geschieht, um z.B. einem Schäfer die Bewirtschaftung einer artenreichen (weil mageren) Weidefläche weiter zu ermöglichen. (BtW: Mein Argument gegen den Wolf ist, dass die letzten Schäfer, die die letzten Reste artenreicher Offenlandflächen bisher in mühevoller Knochenarbeit erhalten haben, durch dieses zusätzliche Erschwernis endgültig aufgeben werden).
Dass „Landschaftswunden“ wie z. B. alte Steinbrüche nicht verfüllt werden sollen weiß man auch schon seit mind. 30 Jahren. Seit Jahren gibt es Projekte die solche Flächen als große Extensivweiden nutzen, um so eine halboffene Landschaft zu erreichen, die genügend Lebensraum auch für Trockenheits- u. Hitzespezialisten bietet, anstatt komplett zuzuwachsen.
Das Problem ist einfach, dass sich leider nur sehr wenig Leute mit Arten-/Lebensraumschutz
richtig beschäftigen, weshalb viele diesbezüglichen Binsenweißheiten wenig bekannt sind.
Wer erinnert nicht sich nicht an Geißlers ungläubiges Staunen während der Stuttgart21-Schlichtung, als ihm ein Artenkundler erklärte, dass ausgerechnet das trockenheiße u. nährstoffarme Gleisvorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs ein Lebensraum mit extrem hoher Biodiversität sei.
Die Vernichtung des Artenreichtums auf landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen hat mit dem Übergang von der Festmist- zur Schwemmistwirtschaft und dem Wandel von der Heu- zur Silagewirtschaft zu tun. Anders: Die massive Aufdüngung der Wiesen in Verbindung mit früherer und öfterer Mahd hat die blühenden Wiesenkräuter ausgerottet.
Wo aber nichts blüht gibt es auch keine Insekten u. wo es keine Insekten gibt können Vögel auch keine Brut ernähren, selbst wenn es überall massenhaft Hecken gibt, die sich ideal als Bruthabitate eignen würden.
Btw:
Nicht die Windräder – vor allem ist es die moderne Glasarchitektur, die tötet!
Die Verluste von Tieren durch Windräder sind zwar zu beklagen aber minimal im Vergleich zu den Verlusten, die durch Glasfassaden enstehen. Besonders betrüblich daran ist, dass man genau weiß, wie man durch Verwendung bestimmter (Struktur-)Glasarten… diese minimieren könnte.Trotzdem werden solche nur selten verwendet. Interessiert halt keinen. Wichtg ist nur, dass es gut ausssieht.
Nachtrag:
Insofern ist die gewählte Artikelüberschrift schlicht falsch und manipulativ, weil sie suggeriert, dass Natur- und Umweltschützer halt mal wieder zu blöd zu allem waren und bisher alles falsch gemacht hätten. Das träfe aber nur dann zu, wenn die Naturschützer ihrer bisherige Arbeit den engen Naturschutzbegriff zugrunde gelegt hätten, den der Entomologe Kunz verwendet und etwas eigenmächtig durchsetzen will. Wie ich oben geschildert habe, war dies aber niemals der Fall.
Soeben fällt mir eine Broschüre in die Hände „Brachland als Lebensraum“ (AID 91). Darin wir im Kapitel „Sonderfall Pionierland – ein Stiefkind des Naturschutzes“ genau das für Steinbrüche, Kies u. Lehmgruben… vorgeschlagen, was im Artikel als brandneue Erkenntnis verkauft wird.
Erscheinungsjahr: 1982!
Die Naturschützer/innen sind nicht blöd. Hier geht es, – so wie ich das sehe, um vieles mehr. Wir betrachten uns und unsere technische Tätigkeit, als etwas feindliches für die Natur und haben wirklich idealistische Vorstellung, wie die Natur sein soll. Dagegen finden die Arten immer neue Plätze für Verbreitung. Auch dort, wo der Mensch in die Natur “eindringt”. Ich sehe die Tätigkeit des Menschen als ein Bestandteil eines natürlichen Vorganges. Aber, das ist schon Philosophie….
entweder hat der autor versucht mit der pro-landwirtschaft-argumentation die landwirte zur auseinandersetzung mit dem naturschutz zu bewegen oder er hat versucht den naturschutz als solchen in frage zu stellen, weil er wissentlich oder unwissentlich die natürlichen offenlandschaften wie: vegetationslose wanderdünen, vegetationslose temporär überflutete flussufer/schlick/schlamm/sand-/schotterbänke, temporär überflutete niedermoore, baumlose heideflächen auf armen sandböden die auch bei natürlichen buschbränden zu rohbodenstandorten wurden usw. einfach nicht benannt und so den eindruck hinterlassen, dass deutschland außer den küsten keine natürlichen offenlandbiotope hat und demzufolge keine berechtigung die deutsche kulturlandschaft unter naturschutz zu stellen