Newspeak: Das Wörterbuch der politischen Korrektheit

Beim Statistischen Bundesamt sind Asylbewerber zu Schutzsuchenden mutiert. Wir haben gestern darüber berichtet – auch über die Logik dahinter: Schutzsuchende verlassen sich auf Gutmenschen, während Asylbewerber den Nachweis ihrer Asyl-Berechtigung erbringen müssen. Die Gewährung von Asyl ist ein Rechtsakt, die Gewährung von Schutz ein Akt der Willkür. In bestimmter Hinsicht verkehrt der Begriff „Schutzsuchende“ im Zusammenhang mit Asylbewerbern die Realität in ihr Gegenteil, vor allem wenn man bedenkt, dass manche der Schutzsuchenden kriminell sind und Straftaten verüben. Das wären dann Schutzsuchenden-Straftaten.

Da man bei politisch Korrekten auf alles vorbereitet sein muss, jederzeit gerüstet sein muss, um ihrem neuesten Irrsinn zu begegnen, haben wir uns entschieden, ein Wörterbuch der politisch Korrektheit anzuregen, in dem wir zunächst die sprachliche Perversität der Bewerber, die zu Suchenden geworden sind, durchspielen. Unsere Liste ist sicher nicht vollständig. Wer einen eigenen Beitrag hat, immer her damit (= kommentieren).

Die Crux an politischer Korrektheit besteht darin, Begriffe, die für politisch Korrekte böse klingen, weil sie zumindest teilweise noch demonstrativ sind, d.h. eine Beschreibung des zu Beschreibenden enthalten, so zu entstellen, dass der Zusammenhang zwischen dem Begriff und dem, was er eigentlich beschreiben soll, durch einen wohlklingenden, positiv konnotierten Begriff ersetzt wird.

In dieser Logik werden dann Unterdrückte zu Machtsuchenden, und Minderheiten zu Mehrheitssuchenden. Beide Begriffe „Unterdrückte und Minderheiten“ sind nicht nett, nicht schön, nicht politisch-korrekt apart. Machtsuchende als Begriff bringt das humanitäre Potential, das in allen Unterdrückten vorhanden ist, ebenso zum Ausdruck wie „Mehrheitssuchende“ anstelle von Minderheit.

Auch Begriffe wie Selbstmörder, Mörder, Einbrecher, Dieb oder Terrorist sind keine schönen, politisch-korrekt aparten Begriffe. Deshalb machen wir aus Selbstmördern Erlösungssuchende, das macht das Ende nicht so final. Diebe werden zu Eigentumsuchenden, was die Machtstrukturen der Gesellschaft, die einen Dieb erst dazu treiben, Dieb zu sein, deutlich macht. Ein Mörder wird zum Blutspendesuchenden, weil man nicht davon ausgehen kann, dass ein Mord einfach um des Mordens Willen verübt wird. Denn Menschen sind doch soziale Wesen! Und Terroristen werden zu Sinnsuchenden, schon weil – wie gesagt – Menschen soziale Wesen sind, die den Tod anderer Menschen nicht sinnlos herbeiführen. Und natürlich sind Terroristen auch Weihnachtsmarktbesuchende. Selbstmordterroristen werden zu Gott- oder Todsuchenden, je nach Denomination. Auch diese politisch-korrekte Umbenennung, bringt das Aparte des Suchenden zum Vorschein, das jeden Terroristen, ob er sich nun selbst in die Luft sprengt oder nicht, auszeichnet.

Die politisch-korrekte Neusprache macht aus der Antifa die Krawallsuchenden, was insofern misslich ist, als Krawall von manchen reaktionären Gesellschaftsmitgliedern negativ assoziiert wird, weshalb wir die Krawallsuchenden zu Vergnügungssuchenden oder Volksfestbesuchenden neusprachlich weiterentwickeln.

Alkoholiker ist auch so ein negativer Begriff, der in seiner stereotypen Unmenschlichkeit, denjenigen, der trinkt, zum Alkoholiker macht. Wir empfehlen den Rauschsuchenden an die Stelle des Alkoholikers zu setzen und dem Saufenden damit einen Sinn zu geben, ihn zu einem sinnsuchenden Rauschsuchenden zu machen. In gewisser Hinsicht suchen alle Drogensüchtigen einen Sinn, aber harte Drogensüchtige, Kokser oder diejenigen, die sich Heroin zumuten, suchen mehr: Sie suchen Inspiration. Inspirationssuchende ist damit der Begriff, der sich für eine politisch-korrekte und aparte Bezeichnung derer, die Drogen konsumieren, aufdrängt.

Die Möglichkeiten, die der Begriff „Suchender“ mit sich bringt, sind fast unbegrenzt: Aus Faulpelzen werden Arbeitssuchende, aus Lügnern Wahrheitssuchende, denn beide haben schlicht noch nicht gefunden, was sie eigentlich suchen.

Der Begriff des Suchenden ermöglicht es auch, jene garstigen Begriffe, die körperliche Unzulänglichkeiten mit aller Gewalt ihrer Empirie beschreiben durch apartere und einfühlsamere Begriffe zu ersetzen: Blinde werden zu Erleuchtungsuchenden, Gehbehinderte zu Haltsuchenden, Stumme zu Wortsuchenden und Stotterer zu Wortendesuchenden.

Die Möglichkeiten, die mit politisch-korrekten Verstandesversuchern verbunden sind, wie wir sie hier beschrieben haben, sie sind ungeahnt. Und wir ahnen tatsächlich nicht, was die Kommentare bringen mögen.

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