Denunziation ist notwendiger Bestandteil der Arbeit von Betriebsräten
Zu diesem Ergebnis muss man angesichts eines Vorgangs kommen, der auf Justillion berichtet wird.
Braunschweig.
100 Mitarbeiter der Wolters Brauerei sind bei einer Betriebsversammlung anwesend. Der Betriebsrat liest ein anonymes Schreiben vor, in dem Mitarbeiter namentlich angegriffen werden, als „überflüssig“, „ohne Ahnung“ und „nur quatschend“ bezeichnet werden. Auch der Vorwurf, ein Mitarbeiter fälsche die Statistiken, wurde von dem anonymen Schreiber erhoben.
Die Betriebsleitung nimmt dieses anonyme Schreiben zum Anlass, eine Belohnung von 2.000 Euro für denjenigen auszusetzen, der die Anonymität des Schreibers lüftet.
Gegen dieses Vorgehen hat der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht einen Eilantrag auf Unterlassung gestellt: Man werde durch das Vorgehen der Geschäftsleitung in seiner Arbeit behindert. Mitglieder des Betriebsrats „dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden“, so zitiert der Betriebsrat den Artikel 78 des Betriebsverfassungsgesetzes.
Die Geschäftsleitung hat es eingesehen und vor dem Arbeitsgericht eingelenkt. Die Belohnung von 2.000 Euro wurde gestrichen.
Und so haben wir das interessante Ergebnis, dass Denunziation einen elementaren Bestandteil der Arbeit von Betriebsräten darstellt. Ein Verbot von Denunziation käme einer „Benachteiligung“ der Mitglieder des Betriebsrates gleich. Ob die Gewerkschaftler hier wissen, was sie tun?
Die logische Struktur dieses Syllogismus der Denunziation lautet wie folgt:
Die Mitglieder des Betriebsrates dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden.
2000 Euro Belohnung für Hinweise auf einen anonymen Denunzianten stellen eine solche Benachteiligung dar.
Daraus folgt, dass Denunziation gewährleistet werden muss, weil sie für die Arbeit des Betriebsrats wichtig ist und ein Verbot der Denunziation eine Benachteiligung der Mitglieder des Betriebsrates darstellen würde.
Wundert sich noch jemand, dass in Deutschland eine Kultur der Denunziation blüht?
Scheinbar gilt es mittlerweile schon als besondere Leistung, aus der Anonymität heraus und so, dass man für seine Behauptungen nicht zur Rechenschaft gezogen und die Grundlage der Behauptungen nicht geprüft werden kann, andere namentlich zu denunzieren. In jedem Fall muss man feststellen, dass Betriebsratsmitglieder bei der Brauerei Wolters in Braunschweig anonyme Schreiben verlesen, in denen Dritte namentlich denunziert werden, was darauf schließen lässt, dass Anstand und Moral im Gegensatz zu Hopfen und Malz unbekannte Größen im Betriebsrat sind.
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Offenbar hat die Redaktion den Beitrag nicht zuende gelesen. Am Ende des Zwists steht nämlich ein Vergleich, bei dem die Geschäftsleitung zwar auf das “Kopfgeld” verzichtet. Im Gegenzug aber “sichere der Betriebsrat zu, solche Fälle in Zukunft zu vermeiden.” – also anonyme Anschuldigungen nicht mehr derart bekannt zu machen.
Die Schlussfolgerung, Denunziation gehöre zur Arbeitsweise eines Betriebsrats, geht damit vollkommen fehl, da sich mitnichten der Betriebsrat durchgesetzt hat, sondern beide Seiten Zugeständnisse machen mussten.
Ansonsten hätte das Gericht wahrscheinlich festgestellt, dass beide Seiten zur Störung des Betriebsfriedens beigetragen haben – die Denunziation ebenso wie die “Hexenjagd”, die durch das “Kopfgeld” ausgelöst hätte werden können.
Am Ende also viel Alarm um nichts.
Und was ändert dies an der Logik der Argumentation des Betriebsrats?
Richtig: Gar nichts!
Deren Logik ist unverändert: Der Betriebsrat denkt, Denunziation sei für die eigene Arbeit wichtig. Wenn er darauf verzichtet, anonyme Schreiben vorzulesen, heißt das übrigens nicht, dass er Abstand von Denunziation nimmt.
Insofern darf ich die Frage modifiziert zurückgeben: Haben Sie den Beitrag zuende gedacht?
Gegenfrage: Haben Sie den Beitrag verstanden?
Es geht nicht um die bloße Ansicht eines Betriebsrats. Die ist nämlich für die Gesellschaft in Deutschland vollkommen irrelevant. Es geht nicht um die ARGUMENTATION, sondern darum, dass diese Argumentation – vermeintlich – durch eine Gerichtsentscheidung Relevanz gewonnen hat. Und das ist der entscheidende Fehlschluss.
Als Betriebsrat kann ich viel behaupten und zitieren. (Nebenbei: Dass er sich gegen die zu einer Hexenjagd führende Belohnung der Geschäftsleitung stellt ist vollkommen richtig, ebenso wie deren Rückzieher.). Aber wenn am Ende ein derartiger Vergleich steht, dann hat sich diese Ansicht offenbar als nicht richtig herausgestellt.
In der ursprünglichen Quelle:
https://www.lto.de/recht/kurioses/k/arbg-braunschweig-beschwerde-betriebsrat-geschaeftsfuehrung-kopfgeld-zurueckgenommen/
stellt sich der Sachverhalt übrigens noch differenzierter dar.
Zitat:
“Demnach wird die Auslobung der Belohnung zurückgenommen. Im Gegenzug sichert der Betriebsrat zu, solche Fälle in Zukunft zu vermeiden. Zudem werde man der Belegschaft mitteilen, dass den betroffenen Mitarbeitern “ein unentschuldbares Unrecht widerfahren” sei. Der sogenannte Kummerkasten, über den Kritik den Betriebsrat erreicht, werde künftig 48 Stunden vor Betriebsversammlungen geschlossen, um das Gremium nicht unnötig unter Zeitdruck zu setzen.”
Subtext: Das Vorlesen anonymer Anschuldigungen mit Namensnennung war ein Fehler, der sich in Zukunft nicht zu wiederholen hat.
Für diesen Fehler hat sich der Betriebsrat übrigens schon vor der gerichtlichen Auseinandersetzung entschuldigt. Das beides illustriert m. E. ganz gut, wie der Betriebsrat (jetzt) zu Denunziation steht. Es hat nicht viel mit den hier gemachten Vorwürfen zu tun.
Da ich den Beitrag geschrieben habe, denke ich schon, dass ich ihn auch verstanden habe. Sind Sie sicher, dass Sie ihn verstanden haben?
Gegenfrage: Haben Sie unseren Beitrag verstanden, und verstanden, worum es UNS geht?? Anscheinend schreiben wir Beiträge entsprechend dem, worum es UNS geht, und nicht entsprechend dem, worum es IHNEN in einer Sache geht. Finden Sie das verwunderlich?
Jedenfalls handelt es sich nicht um einen “Fehlschluss”, wenn wir das argumentieren,
worum es UNS geht, nur, weil es Ihnen um etwas anderes zu gehen scheint!
Es handelt sich hier anscheinend vielmehr um einen Fall geistiger Unflexibilität auf Iher Seite.
Ich denke mal, ausnahmsweise, radikal zuende:
“Ehrenamtliche Mitarbeiter” des Betriebsrates = Blockwarte
Hatten wir sowas nicht schon mal hier?