Prof. Richard J. Evans: Mord verjährt nicht. Anklage gegen KZ-Wächter nach mehr als 70 Jahren
Heute ist Holocaust-Memorial Day.
Am 27. Januar 1945 wurde Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit.
Letzte Woche war in der ARD-Tagesschau ein Beitrag zu lesen, in dem es um die Anklage gegen zwei heute 93 und 94jährige Männer geht, die als SS-Wachmänner ihren Dienst im Konzentrationslager Stutthof in Polen verrichtet haben. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat eine entsprechende Anklage erhoben,
„Im November 2017 hat die Staatsanwaltschaft Dortmund Anklage gegen zwei ehemalige SS-Wachmänner wegen der Beihilfe zum hundertfachen Mord erhoben. Die beiden aus Wuppertal und dem Münsterland stammenden Rentner waren als junge Männer im Konzentrationslager Stutthof im Norden Polens eingesetzt.“
Wir haben vor diesem Hintergrund Prof. Richard J. Evans, den wohl renommiertesten Historiker in Sachen “Drittes Reich”, eine Reihe von Fragen gestellt.
Wir geben seine Antwort hier im Wortlaut wieder.
Wir haben Richard Evans gefragt, (1) ob es für einen SS-Mann möglich gewesen wäre, um eine Versetzung von seinem Posten als Wachmann im Konzentrationslager zu bitten, ohne mit erheblichen Konsequenzen rechnen zu müssen. (2) Wir haben zudem gefragt, ob man Wachmänner in einem KZ grundsätzlich wegen Beihilfe zum Mord anklagen kann und ob aus der entsprechenden Argumentation nicht zwangsläufig resultieren würde, dass man auch die Lokführer, die Züge voller Häftlinge nach Stutthof oder in andere Konzentrationslager gefahren haben, wegen Beihilfe zum Mord anklagen müsste. (3) Schließlich haben wir ihn um eine grundsätzliche Stellungnahme dazu gebeten, dass zwei 93 und 94 Jahre alte Männer nach nunmehr 71 Jahren wegen Beihilfe zum Mord angeklagt werden.
Thank you for putting these interesting questions to me. The locus classicus for discussion of these issues is the essay on “Command and Compliances” in “The Anatomy of the SS State”, published decades ago and originating in expert witness reports from the Frankfurt Auschwitz trials in 1964.
Concentration camp guards were not ordinary soldiers doing their compulsory military service. They were members of the SS, which means they were volunteers and had been through ideological training.
Nevertheless, if they asked to be transferred from camp duties they could do so. Indeed, since the camps were a bit of a backwater in the SS as a whole, they could have gained some prestige by asking to fight at the front in the Waffen-SS. That wasn’t the only option, of course, and it wasn’t a safe one either; death rates from combat in the SS were very high.
The SS men in the camps were all involved in the brutal and sometimes lethal maltreatment of prisoners, as a series of trials of Stutthof guards showed after the war (up to 1953). It was not of course an extermination camp with gas chambers but a regular concentration camp. However, over 60,000 inmates, half of them Jewish, died in Stutthof and its many subcamps, mainly from raging typhus epidemics which the staff made no attempt to control, from beatings, shootings, malnutrition and overwork (“extermination through labour”).
Train drivers who took prisoners to the camps are in a different category. So far as I am aware, they did not beat or maltreat the people they transported. At Stutthof the prisoners were routinely savagely beaten when they arrived. Almost all of them were Poles and Russians until 1944, when transports began arriving from Auschwitz, which was under threat of conquest by the advancing Red Army.
I don’t think there’s anything wrong with prosecuting people for crimes allegedly committed 70 years ago. A murder is a murder and the culprits should be brought to justice, however long it takes.
Hope this helps.
Kind regardsRichard J Evans
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Dann unterstützen Sie ScienceFiles!
Anregungen? Hinweise? Kontaktieren Sie ScienceFiles
©ScienceFiles
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen. ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden. Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.
Wir haben drei sichere Spendenmöglichkeiten:
Donorbox
Unterstützen Sie ScienceFiles
Unsere eigene ScienceFiles-Spendenfunktion
Unser Spendenkonto bei Halifax:
ScienceFiles Spendenkonto:
HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
- IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
- BIC: HLFXGB21B24
Unser Spendenkonto bei Halifax:
ScienceFiles Spendenkonto: HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):- IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
- BIC: HLFXGB21B24
Danke, aus meiner Sicht der Beitrag am heutigen Tag, der am sinnhaftesten zu diesem Thema veröffentlicht wurde.
Die neue Erbsünde hat nun die alte und verbrauchte abgelöst.
@ gunst01
Wenn man diese alten Männer jetzt nach 70 Jahren verurteilt, hätte man den gesamten noch lebenden “Mithelfer-Aparat” mit vor Gericht stellen müssen.
Und wieso kommen diese Leute erst heute – nach 70 – Jahren vor Gericht?
Da stimmt doch etwas ganz und gar nicht.
Eine “Erbsünde” im biblischen Sinne gibt es nicht. Das ist nachzulesen in 5. Buch Mose – 24:16
Die Söhne müssen also nicht für die Sünden der Väter herhalten und umgekehrt.
Also erstmal hat heute Kaiser Wilhelm II , letzter legaler und legitimer Staatsführer Deutschlands seinen 159. Gebutstag und weil seitdem nichts mehr von Format dawar der Verantwortung für das Volk übernommen hat, das es ihm angetragen hat, erstmal ein dreifaches Hurra und ein vielfaches Prosit auf einen Mann,dessen grösster Fehler Nibelungentreue war.
Ausserdem feiern wir heute Mozarts 262er Geburtstag.
[auf Wunsch entfernt]
Es ist anzunehmen, dass diese älteren Herren sich ihr Leben lang mit den Wirren dieser Zeit herumgeschlagen haben, sich oft den inneren Dämonen gestellt hatten und sich oft nd oft selbst die Schuldfrage gestellt hatten. Aus diesem Grunde verjährte Mord früher, denn wirklich kranke Mörder sind selten.(ok, waren es bis vor kurzer Zeit hierzulande.) Daher denke ich, dass diese Männer sich ihren Taten längst gestellt haben und dass diese bei weitem nicht die Phantasie linker Linker erreichen.
Alles sehr merkwürdig, diese Rechtsprechung. Angehörige der Volksarmee der DDR, haben über 800 Menschen erschossen, weil diese die DDR verlassen wollten. Wurden diese Täter bestraft? Nein! Diese Taten verstießen sogar gegen das Völkeerrecht
( Selbstbestimmungsrecht der Völker) – so sehe ich das!
Wie habe ich das zu verstehen? Ein SS-Wachmann darf nur genau dann wegen Beihilfe zum Mord angeklagt werden, wenn auch ein DDR-Grenzschützer angeklagt wird? Da hätten wir dann aber das Problem, dass wir (nach ihre Zählung) bei 800 SS-Wachmännern aufhören müssten.
Unabhängig davon, was haben DDR-Grenzschützer mit SS-Wachmännern zu tun? Darf, ihrer Logik folgend, ein islamistischer Terrorist nur genau dann angeklagt werden, wenn auch ein christlicher/buddhistischer/hinduistischer Terrorist angeklagt wird?
Wollen Sie darauf hinaus, dass Sie es unerträglich finden, dass manche Grenzschützer in den Mauerschützprozesse freigesprochen worden sind? Aber das waren doch rechtsstaatliche Gerichtsverfahren?
Jetzt müsste eigentlich ein Artikel folgen, in welchem die Haftung der Frau Merkel und einiger ihrer Erfüllungsgehilfen an Hand der Urteilsbegründung dargestellt wird.
Bei dieser Rechts-(Links-) Lage könnte ich heute als einfacher Grenzbeamter nicht mehr ruhig schlafen. Selbst wenn der Grenzbeamte strafrechtlich gut wegkommt, bei diesen absichtlichen und fortgesetzten Rechtsverstößen ist die Pension in keiner Weise mehr sicher.
Mitgegangen, mitgehangen ! ….und zu lange und feige geschwiegen,
Mein Großvater war zwischen 39 und 45 im KZ , aber deutschen Widerstandskämpfer wird die Anerkennung bis heute versagt ! Warum ? WEIL DIE LINKEN NAZIS , SCHON WIDERMAL DIE MACH5 ERGRIFFEN HABEN ?
Mord – auch der Mord 2. Grade im Sinne des US-Rechts, um den es hier geht – kann als nicht verjährbar definiert werden. Dann ist die Verurteilung auch nach 70 Jahren sinnvoll.
Nur je länger die Zeit dazwischen, desto mehr muss Justitia blind sein – in ALLEN Fällen, die sich da inzwischen angesammelt haben, gegenüber ALLEN Tätern, unabhängig von der Anzahl Getöteter etc.
Und genau hier ist das Problem: Was ist mit den juristichen Tricksereien in Bezug auf Guantanomo Bay, was mit den Kolleteralschäden der Drohnenangriffe, was mit ebenfalls erst sehr spät aufgedeckten hstorischen Kriegsverbrechen anderer Nationen? Gut, wir verurteilen eben nur in Deutschland Deutsche! Wir verhaften kaum jemand auf der Durchreise befindlichen, soweit wir könnten – zumindest nicht, wenn es diplomatisch kritisch wäre. Aber auch – wie weiter oben erwähnt – nicht mal alle deutschen Verantwortlichen.
Soweit eben genau hier anders gearbeitet wird, dann eben Gerichtsverhandlung, Urteil für die Gerechtigkeit im Einzelfall und danach die Begnadigung für die Gerechtigkeit, dass eigentlich alle gleich behandelt werden müssten – aber man es nicht will oder kann.
Und dann ganz dringend zumindest die oben erwähnten Deutschen sofort zur Anklage bringen, damit die beiden Verurteilten noch erLeben können, dass vor diesem Gesetz wirlich alle gleich sind. Das wirklich jeder dieser Mittäter, sei es Mauerschütze -die beiden hatten wohl nicht geschossen- Befehlender jeglicher Stellung etc. verurteilt wird, unabhängig seiner politischen Herkunft, Hintergrund usw.
Okay, ist nicht wirklich wichtig, aber um der Wahrheit willen: 1. Stutthof ist ein Ort im Gebiet der Freien Stadt Danzig, die mit Kriegsbeginn wieder deutsch wurde. Spötter könnten behaupten, nicht Polen sondern Danzig sei “das erste Opfer Hitlers” im II. WK gewesen. Mitnichten lag Stutthof während der KZ-Zeit jedoch “im Norden Polens” oder “in Polen”. Dazu kam es erst, als Sowjets und Polen dieses Gebiet geraubt hatten.
2. Die Befreiung Auschwitz´ durch die Rote Armee ist eine gern geglaubte Mär. Die Rote Armee hat während ihrer Existenz von 1917-1946 niemanden befreit; sie hat nur besetzt, unterjocht und gemordet.
Die Betreiber des KZ hatten sich bereits 10 Tage vor Ankunft der Russen aus dem Staub gemacht und das Lager sich selbst überlassen. War also nichts mit “Befreiung”.
Beleidigungen zum Thema lassen sich vermeiden, wilde Behauptungen – sollte schärfer definiert werden – aber ohne “strafbare Inhalte” – eine für sich selbst sprechende Phrase übrigens – geht es nun einmal nicht. Darum lassen wir’s halt …
Triggerwarnung: Sie betreten vermintes Gelände!
Interessant ist das Averb im vorletzten Satz des englischen Zitats von Richard J Evans.