Berlin: “Mietenwahnsinn” in Rudis Resterampe
13.000 Berliner haben es in übereinstimmende Berichte unterschiedlicher Medien geschafft. Sie demonstrierten gegen den “Mietenwahnsinn”, den es in Berlin geben soll, die ungebührliche Erhöhung von Mieten, die sie sehen. Die Niveauanpassung, die andere sehen.
Tatsächlich sind die Mieten in Berlin nicht Spitze, sondern bestenfalls Mittelmaß. Im internationalen Vergleich rangiert die deutsche Hauptstadt diesbezüglich unter ferner liefen. Hamburg und Frankfurt sind die einzigen deutschen Städte, die es in die Liste der Top-30 teuersten Mietstädte schaffen. Die Liste wird angeführt von London, Moskau, Paris, St. Petersburg und Istanbul.
Auch gemessen am innerdeutschen Vergleich, ist Berlin nicht Spitze. Wir haben in der folgenden Abbildung den durchschnittlichen Preis für eine mittlere Mietwohnung von rund 60 Quadratmetern für verschiedene Städte in Deutschland zusammengetragen. Das Ergebnis sieht Berlin auf einer Ebene mit Köln und Heidelberg und deutlich hinter Tübingen, Würzburg, Hamburg, Freiburg, Frankfurt, Stuttgart und München. Der Berliner Mietenwahnsinn findet demnach mehr im Kopf als in der Realität statt. Die Preissteigerungen, die der Berliner Mietspiegel bis 2016 ausweist (seither gehen die Mietpreise wieder zurück), sind demnach eher eine Anpassung an zumindest das Preisniveau, das in Deutschland in Großstädten und solchen, die es sein wollen, herrscht. Wer Hauptstadt sein will, muss zumindest ansatzweise wie eine Hauptstadt erscheinen, wie Warschau, Wien, Athen, Bukarest, die es alle unter die 30 teuersten Mietstädte schaffen.
Hauptstädte, so die eigentliche Idee, sind die Orte, an denen das Leben eines Landes pulsiert. Orte der Wirtschaft, des Umsatzes, Orte, an denen Yuppies hohe Einkommen erzielen, Hochglanzbauten zu sehen sind, Löhne, Preise und Produktivität das Maß für den Rest des Landes abgeben.
In Berlin ist das nicht so.
Berlin ist die einzige Hauptstadt in Europa, die das Umland Geld kostet. Gäbe es Berlin von heute auf morgen nicht mehr, Deutschland hätte 0.2% des gesamten Bruttosozialproduktes eines Jahres mehr zu verteilen. Andere Länder könnten sich das plötzlich Verschwinden ihrer Hauptstadt nicht leisten. Das britische Bruttosozialprodukt würde ohne London um 11,2% sinken, das französische ohne Paris um 15%, dass Tschechische ohne Prag um 14,2% und das griechische ohne Athen um 19.9%. Europäische Hauptstädte generieren in der Regel einen Mehrwert für ihr Land, nur Berlin nicht. Berlin kostet Geld, es bringt keines.
Dass Berlin eher Provinz als Hauptstadt ist, schlägt sich auch in der Wertschöpfung der Berliner nieder. Rund 31.000 Euro Wertschöpfung sind es pro Kopf. In Ludwigshafen sind es mit gut 71.000 Euro mehr als doppelt so viel. Selbst in Pirmasens, Jena und Neumünster ist die pro-Kopf Wertschöpfung höher als in Berlin. Entsprechend ist Berlin auch bei der Kaufkraft seiner Bevölkerung eher Schlusslicht als führend. Mit 21.033 Euro pro Kopf und Jahr bleibt Berlin deutlich hinter München (30.998 Euro), Frankfurt a.M. (26.265 Euro), Hamburg (25.242 Euro), Köln (24.498 Euro) und Nürnberg (23.881 Euro) zurück und findet sich auf einer Ebene mit Dortmund (21.090 Euro) und Dresden 20.948 Euro.
Berliner, so scheint es, kämpfen mit einer Ungleichzeitigkeit. Prachtbauten von Ministerien und Anstalten des öffentlichen Rechts, Botschaften, Dependenzen von Stiftungen, Gewerkschaften, Parteien, Bundes- und Landesämter, sie alle treiben die Mietpreise in die Höhe aber die Einkommensverhältnisse der Berliner halten offensichtlich nicht mit. Berlin ist eben nach wie vor Provinz und diejenigen, die heute denken, sie würden einen Mietenwahnsinn erleben, weil ihnen der Vergleich mit richtigen Groß- oder Hauptstädten wie Frankfurt, Hamburg, München, Istanbul, Amsterdam, Oslo, Bukarest, Paris oder London fehlt, können sich bei den Politikern bedanken, die aus der Provinzstadt Berlin eine Hauptstadt Berlin machen wollen. Wie immer, wenn man eine Stadt im Erscheinungsbild aufwerten will, geht dies mit Preissteigerungen und einer Verdrängung einher. Wer sich die steigenden Preise nicht leisten kann, muss in Randbezirke oder ins Umland abwandern und Platz machen, für diejenigen, die es sich leisten können (sofern es sie gibt).
Das nennt man auch Veränderung durch Mobilität.
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Ich komme ursprünglich aus Berlin, und nach meiner Erfahrung sind sowohl Mieten als auch Kaufpreise deutlich weiter gestreut als z. B. in München. Man kann in Berlin durchaus preiswert zur Miete wohnen, aber eben nicht mitten in einem angesagten Szene Bezirk. Es ist wieder das typische Anspruchsdenken. Wohnen wollen wie die High Society, darf aber nichts kosten.
Wertschöpfung in Berlin. Bei denen, die wirklich wertschöpfen, ist der Betrag natürlich höher als die hier angegebenen 31.000€. Allerdings hat Berlin wohl einen H4er-Quote von 30% und steigend. Dazu das Anspruchsdenken, daß es die Sozialwohnung mittendrin sein muß, die ja das Amt bezahlt. Und schwupps ist der der Durchschnitt schön gesenkt. Als im Wahlkampf vor der Senatswahl von Berlin der AfD-Kandidat Pazderski forderte, Familien beim Kauf von Wohnungen zu unterstützen, wurde er von denen niedergemacht, die heute regieren. Es sind diese Regierenden, die über Jahre das Berliner Tafelsilber – städtische Wohnungen – verscherbelt haben an die, die über die Zeit ihrer Investitionen mit Mietsteigerungen reinholen wollen. So ist das nun mal im pöhsen, pöhsen Kapitalismus. Wer aber selber kauft statt mietet, kann sich über die seine eigene Wohnung abzahlen und auch erkennen, was die in der Anschaffung so kostet. Und dann mal an die Kinder vererben…
Ich stimme mit dem Artikel grundsätzlich überein, nur eine Sache hat mich irritiert: Sie schreiben, das Hamburg und Frankfurt die beiden einzigen deutschen Städte seien, die in den Top 30 der weltweit teuersten vertreten seien. Laut der im Artikel gezeigten Grafik ist aber München mit 18,21 € klarer Spitzenreiter in Deutschland, was die Durchschnittsmieten angeht. Warum ist also München nicht in den verlinkten Top 30 vertreten?
Das ist eine Frage, die nur finanzen.net beantworten kann (siehe Link).
Als ich erfuhr, dieses Berlin wird wieder Haupstadt und hier hat der Mephisto der BRD, genannt Schäuble, erheblichen Anteil, war ich entsetzt. Von diesem Berlin gingen seit der Kaiserzeit immer die Katastrophen aus und so wird es wieder sein. Allein Merkel ist schon eine solche. Wo bleiben diese 13000 Transverempfänger, SED Altgenossen und Antifanten, wenn es geht gegen Merkel zu demonstrieren. Ich könnte es begrüßen, würde Berlin, als Faß ohne Boden, pltatt gemacht.
In Berlin will man seine lange kultivierten Privilegien verteidigen und das stößt sich nun an der Realität. Es besteht aber Hoffnung. In Hamburg hat sich das Correktiv Recherchekollektiv des Themas angenommen und will mit der SPD-MOPO gemeinsam “Transparenz” in die Mietendebatte bringen, da “die Mieten durch die Decke gehen”. Dann kann ja wenigstesn dort nichts mehr schiefgehen.
Das Hauptproblem in Berlin ist aber anders als in Hamburg, daß viel zu wenig Wohnungen gebaut werden und die linksgrüne Poltik sich zuvorderst um die Bestandsmieter kümmert. Wohnungsbau ist bei Lompscher, die als Bausenatorin gilt, die nicht baut, zweitrangig.
Die “zu-hohe-Mieten”-Propaganda-Demo lief gestern sogar in “Logo”, den KiKa-Nachrichten. Der Kinderkanal trimmt die Kleinen schon früh auf “die bösen Kapitalisten der Staat muss was tun”.
Bei einem anderen Portal verriet ich folgende Geheimnisse:
(Zitat)
Bislang wurde noch nie transparent gemacht, wie der gezahlte „Mietzins“ sich zusammensetzt.
Es heisst immer „Monatsmiete“ plus Nebenkostenvorauszahlung, zu der es eine detaillierte Jahresabrechnung gibt.
Doch woraus setzt sich der eigentliche monatliche „Mietzins“ zusammen?
Unsere Familie hatte zusammen mit der Verwandtschaft über eine gem. Gesellschaft nach dem Krieg viel in ganze Wohnblöcke investiert. Neben etwas Eigenkapital wurden dazu auch Bankkredite mit einer Laufzeit von ~25 Jahren eingesetzt. Somit enthielt der Mietzins auch eine Verzinsung des Eigenkapitals sowie Anteile zur Tilgung des Bankdarlehns. Dazu noch Rücklagen für Reparaturen und spätere Renovierungen bzw. Modernisierungen sowie Verwaltungskosten und Anteile der sog. Herstellungskosten etc pp.
Ein etwa in 1960 erstelltes Objekt war etwa in 1985 schuldenfrei. Trotzdem lief der (mittlerweile teils auch angehobene) Mietzins in der alten Höhe weiter. Die Rendite erhöhte sich schlagartig um den Anteil, der sonst an das finanzierende Institut abgeflossen wäre. Er konnte nun helfen, bei Neubauprojekten – zu denen nun ebenfalls Kredite aufgenommen wurden – die Laufzeit der Darlehn sehr deutlich zu verkürzen. Dort zahlten dann die neuen Mieter sowie die Mieter in den schuldenfreien alten Objekten Anteile zur Tilgung von Darlehn für die neuen Wohnblocks.
1990 wurde ein großer Teil der Mietobjekte radikal modernisiert, was aus unseren üppigen Rücklagen – die aus gezahlten Mieten angesammelt waren – bequem finanziert werden konnte. Dabei wurden in vielen Objekten kleine Wohnungen etagenweise in größere Wohnungen umgewandelt und teilweise hofseitig auch Balkone angehängt.
Natürlich wurde jetzt der Mietzins für die äußerst begehrten größeren und hochmodernen Einheiten angehoben. Aneinander stoßende Gärten wurden eingeebnet und in eine große Rasenfläche verwandelt. Deshalb stiegen allein schon für regelmäßige Gärtnerarbeiten auch die Nebenkostenumlagen.
Es braucht sich also niemand darüber wundern, warum Mietobjekte sich als eine wahre Goldgrube erweisen können.
Bei einer Versammlung der Anteilseigner der Gesellschaft wurde erwogen, den auffallend langjährigen Mietern in den „Altobjekten“ – sofern sie Rentner geworden waren – einen erheblichen Teil des Mietzinses zu erlassen… – also die Mieten drastisch zu senken. Davon wurde nur deshalb abgesehen, weil ein Sturm in den Medien und Ärger mit gewissen Verbänden befürchtet wurde. – Wir wollten nicht als „Nestbeschmutzer“ dastehen und gebrandmarkt werden…
(Zitat Ende)
Es ist, wenn man nicht auf breiter Front einen Riesenärger
bekommen möchte, nicht einmal möglich, Mieten zu senken.
Bei den Anteilseignern der o.g. Gesellschaft ist jetzt in der Diskussion, keine Neubauvorhaben mehr zu planen, den kleinen Rest noch laufender Kredite aus den immensen Rücklagen (die keine Verzinsung mehr bringen) zu tilgen und den Mietern je nach deren Mietdauer den Mietzins sehr deutlich zu senken.
Sämtliche Modernisierungen sind abgeschlossen. Im Mietzins sind nur noch Rücklagen für Reparaturen und Verwaltungskosten enthalten. Alles andere läuft über sehr detaillierte, begründete und leicht nachvollziehbare Nebenkostenabrechnungen.
Wir sind grundsätzlich zu dem Entschluss gelangt, dass es unmoralisch ist, mit dem Mietzins auch Umlagen für die Tilgung von Krediten zu erheben, die längst nicht mehr existieren und deshalb auch keine Belastungen mehr darstellen.
Wir sind uns bewusst, dass wir auf grandiose Mitnahmeeffekte aus der gegenwärtigen Wohnungsnot verzichten und uns dadurch Millionen auch vom Staat entgehen lassen. Doch der „Staat“ – das sind auch „wir“…
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Die Reaktionen bei dem Portal waren ernüchternd:
Man versteht das einfach nicht und reagiert ignorant am Thema vorbei.
MfG