Der Souverän wurde entmündigt: Dressierte Bürger machen Männchen
In unserer Jugend gab es das Bonmot der „normativen Kraft des Faktischen“. Die Idee dahinter: Man stelle Bürger vor vollendete Tatsachen, wettere den Sturm der Entrüstung – oder sitze ihn aus, wie später Helmut Kohl – und dann hat man, was man wollte. Gewohnheit holt auch die intensivste Erregung irgendwann ein. Niemand kann sich fortwährend über ein und denselben Gegenstand ärgern. Und ehe man sich versieht, ist aus dem Ärgernis eine Normalität geworden oder aus dem zeitlich befristeten Solidaritätszuschlag eine dauerhafte Steuer.
Nun kann man diese Vorgehensweise auch auf eine Meta-Ebene heben: Je häufiger man Bürger vor vollendete Tatsachen stellt, desto flauer werden die Stürme der Entrüstung, desto schneller ebben sie ab, desto schneller werden die Ärgernisse von der Gewohnheit zur Normalität erklärt.
Spätestens wenn dann eine Generation von Bürgern herangewachsen ist, die es normal findet, von Parteien vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, die nichts dabei findet, entmündigt zu werden, kein Problem damit hat, Freiheit für Regulation aufzugeben, dann ist der dressierte Bürger, der nickt und gute Miene zu allem macht, was ihm seine Parteien vorsetzen oder zumuten, Wirklichkeit geworden. Bis dann die nächste Generation kommt, die die larmoyante Generation vor ihnen zum K… findet und einen Lebensstil darauf gründet gegen alles zu sein, was vom Staat kommt (Manche von uns gehören zu einer solchen Generation und sind es noch … Wer erinnert sich?).
Einer, der schon im Jahre 2005 vom dressierten Bürger geschrieben hat, ist Reinhard K. Sprenger. Auch wenn wir die Konsequenzen, die Sprenger in seinem Buch aus einer gut zu lesenden und recht umfassenden Bestandsaufnahme der Dressurmaßnahmen, mit denen deutsche Parteien und ihre Helfershelfer versuchen, sich den Bürger nach ihrem Idealbild zu dressieren, in weiten Teilen für zu zahm halten und der Ansicht sind, Sprenger hätte den Mut, den er für weniger Staat und mehr Verantwortung der Bürger fordert, ruhig selbst beweisen können, ist sein Buch ein interessantes Zeitzeugnis. So schlimm war es zu Beginn der 2000er als Sprenger’s Buch erschienen ist. Heute sind wir 18 Jahre weiter, oder wie Helmut Kohl gesagt hätte. „Gestern standen wir am Abgrund. Heute sind wir einen Schritt weiter“.
„In diesem Buch will ich zeigen, wie sich die Deutschen unter dem lenkenden Einfluss des Staates in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Mein Hauptergebnis: Der Souverän hat abgedankt. Die Deutschen sind so unbeweglich, weil sie sich daran gewöhnt haben, bewegt zu werden. Der Verlust des Selbstvertrauens ist die Spätfolge staatlicher Dressur. ‚Ich? Dressiert? Niemals!‘ – so mögen Sie reagieren. Meine Beobachtung ist: Wir haben uns schon so an staatliche Entmündigung gewöhnt, dass sie uns kaum noch auffällt. Sie ist zur ‚Selbstverständlichkeit‘ geworden, unsere Sensoren sind mittlerweile abgestumpft. So wie die meisten Menschen zugeben, dass Werbung wirkt. Nur nicht auf sie.
Der Staat glaubt, das Problem seien Sie und ich; in Wahrheit ist er es. Die notwendigen Entscheidungen werden nicht getroffen, weil sie auf Selbstentmachtung des Staates hinausliefen. Das heißt aber auch: Es gibt keine Lösung ohne Entmachtung des Staates. Und auch diese Konsequenz wird einigen von ihnen nicht gefallen. Schnell kommen wir da in Zonen reflexhafter Abwehr, in verminte Wortfelder. Ist es denn nicht Aufgabe des Staates, das Verhalten der Menschen zu steuern? Für das Gemeinwohl zu sorgen? Für Recht und Ordnung? Bestätigen wir uns gleich am Anfang das Selbstverständliche: Ja, es gibt Menschen, die sich nicht selber helfen können. Ja, wir sind als Menschen auf die Gemeinschaft angewiesen. Ja, wir brauchen den Staat als Ordnungsmacht. Was wir nicht brauchen, ist ein Staat, der sich auf der einen Seite immer weiter vom Bürger entfernt, auf der anderen Seite immer tiefer in seine Lebenswelt hineinregiert, nach gut und schlecht sortiert, vorsorglich entmündigt und fürsorglich entschädigt. Wenn Deutschland wieder ein zuversichtliches, erfolgreiches, ein kraftvolles Land werden will, dann nur, wenn seine Bürger Zuversicht aus eigener Kraft und Leistung gewinnen. Wir dürfen uns selbst was zutrauen!“
Wie gesagt, Sprenger hat ein Zeitzeugnis verfasst, das wir für zu zahm halten, schon weil sich Sprenger um die spannenden Fragen herumdrückt.
Hier ein paar Herausforderungen:
Braucht man wirklichen einen Staat als Ordnungsmacht? Nein. Ordnungsmacht und Staat sind nicht synonym und waren es Jahrtausende lang auch nicht.
Sind wir als Menschen auf die Gemeinschaft angewiesen? Nein. Kooperation braucht keine Gemeinschaft, lediglich andere Menschen, die ein Interesse an einem Tausch haben.
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Au weia, ein Thema das weitere Bücher füllen würde. Da ich aber auch mal ein Kristallweizen im Schatten genießen möchte und hören, wie die Vögel sich unterhalten und die Hummeln sonor um die Blüten tanzen kann ich nur anmerken daß ich neben der ersten Sache immer noch nicht dazu gekommen bin die Angelegenheiten einzustellen die das staatlich bedingte Verbrechertum klar nachvollziehbar machen, und zwar mit Roß und Reiter. Zum “beweisen des Mutes” weiter unten, zum Artikel selbst:
Die Schilderung der Symptomatik ist a.m. Sicht treffend, diese Ebene der Beschreibung in sich verständlich nachvollziehbar; aber sie bleibt an der Oberfläche und ist damit unterschwellig irreführend:
Der Staat glaubt, das Problem seien Sie und ich; in Wahrheit ist er es.
Es gibt keinen Staat – in bold deshalb, weil man sich klar machen muß daß der “Staat” nicht ist als eine leere Hülle, die von Menschen zum funktionieren gebracht wird. Wer beim “Staat” hängen bleibt hat sich gedanklich schon falsch plaziert.
Konsequent: die Fehlfunktion liegt also nicht beim “Staat”, sondern denen, die unter dieser Fahne ihr Unwesen treiben.
Man mache sich klar: wären die Amtsträger (speziell der Justiz) redlich gäbe es all dies nicht: eine Weisungsbefugnis zu Verbrechen (Definition: StGB) gibt es nicht, wohl aber eine Mittäterschaft durch die Unterstützung etwa solche “Weisungen” nicht abzustellen. Mit welchem Pack man es tatsächlich zu tun hat ist im Vergleich ersichtlich wenn man etwa vom einfachen Soldaten verlangt sein Leben einzusetzen sich selbst aber nicht als “Soldat zur Bewahrung des Staates (nämlich der Organisation der Rechtsstaatlichkeit und deren Durchsetzung” versteht sondern als gutbesoldeter Lakai auf Persilscheine abstellt was ich nicht vertiefen möchte, es könnte justitiabel werden.
Aus der Nummer herauszukommen wird schwierig, mit den angebotenen Mitteln sowieso (und hier wissen die Galeerensklaven der Parteien nichts um die Absichten der Kapitäne). Es handelt sich um ein Massenphänomen, welches der Aufklärung nicht zugänglich ist womit sich die Frage stellt, welcher Rattenfänger (nicht diskriminierend, sondern funktional) über die mitreißendste Melodie verfügt.
Nicht meine Haltung aber aus der Warte des Elfenbeinturms betrachtet käme fast nur ein Reset durch Militärputsch in Frage, da anders die verbrecherischen Netze nicht zu zerreißen zu sein scheinen. (Wer hier weiterdenken will stößt auf EU, NATO etc. und kann sich einiges gleich selbst beantworten).
Auch der Ansatz, daß der “Staat” die Bürger dressiere halte ich für bedenkenswert, denn bei genauer Betrachtung handelt es sich um eine Selbstdressur über den Umweg der Amtsbefugnisse. Die, die an den Schaltstellen (Nervenknoten) des Systems sitzen – und ich meine hier nicht die oberste Schicht, die sich überwiegend daraus rekrutiert – setzen wenn nicht über Rechtsbruch dann der Deutungshoheit die Weichen.
Die Forderung man solle sich der Masse widersetzen ist ein hehres Ansinnen, vor allem dann, wenn die Protagonisten über die Konsequenzen sich verkrümeln. Wie das aussieht hat Mollath erfahren, er hatte noch das Glück daß sich jemand um ihn gekümmert hat. Für seine Lebensposition hat es freilich nichts geholfen, die ist – im Gegensatz zu den Urhebern in den Ämtern – per du.
Und das ist innergesellschaftlicher, nicht “staatlicher” Standard. Man kann sich widersetzen – aber wen interessierts? Ein wenig aus dem Nähkästchen: am 13 habe ich Termin beim Gerichtsvollzieher, der mir Haft angedroht hat dafür, daß ich ein Verbrechen (der Rechtsbeugung durch Richter des Finanzgerichts wie Bundesfinanzhofs) nicht auch noch über “Gebühren” finanziere (=Kurzform, ich habe angeboten zu bezahlen wenn er unterschreibt sich bewußt zu sein, daß er für Rechtsbruch vollstreckt. Die Gesamtsumme wird dann von der Regierung zurückzufordern sein).
Ich habe dies anklingen lassen, aber Interesse? Null-Komma-Null. Obwohl es nicht mal um eine persönliche Unterstützung geht (die übliche Unterstellung) sondern um das bürgerlich-freiheitliche Anliegen aufzuzeigen, wie die Dinge gehandhabt werden. Was die Koordinaten präzisiert, mir ansonsten aber egal ist (es reicht). It takes a thief to catch a thief, “friedlich” läßt sich das System der unredlichen Systembesetzer nur mit den Bordmittel bekämpfen. Die würden reichen, aber das Volk beschäftigt sich lieber mit Gackern und Fingerzeigen. Chicken Run eben.
Wer vermutet ich ließe hier heiße Luft ab dem sei versichert, daß er, Zeit s.o., das demnächst wird im Detail nachlesen können als Lehrstück daß wir es nicht mit Staatsdienern sondern gesellschaftlichen Parasiten zu tun haben und wie dies funktioniert.
Es gibt keine Lösung ohne Entmachtung des Staates.
Für mich ein unsinniger Satz, er sollte heißen: es gibt keine Lösung ohne die Beseitigung unredlicher Amtsgewalt. Und nun raten sie mal, wo man Dreh- und Angelpunkt findet.
Verehrter Michael Klein.
Sehr gern lese ich Ihren Blog und lese ihn mit Vergnügen. Die Ihren (Ihres Teams) Äusserungen zugrundeliegende Wissenschaftlichkeit und damit einhergehende präzise Analysefähigkeit bewundere ich und sie behilft mir auch in meinem Denken. (Fußnote: habe überlegt, ob ich erwähnen sollte, daß ich auch den Danisch lese… der macht das auf seine Weise.)
Nun habe ich nach längerer Zeit den obigen Artikel gelesen.
Er handelt einmal nicht vom Kommentar eines tagespolitischen Vorkommnisses sondern Es wird auf die eigene Souveränität abgehoben! Das finde ich recht. Macht kaum einer. Wird selbst bei Euch kaum wahrgenommen. ( Nur 1 Kommentar bislang )
Ich selbst bin dahindurchgegangen zu erfahren, daß Selbstversorgung und Autarkie nicht hinreichen können.
Ich bin erstaunt, das Ihnen der Sprenger zu zahm erscheint – aber dann gebe ich Ihnen doch Recht.
Zitat: “Sind wir als Menschen auf die Gemeinschaft angewiesen? Nein. Kooperation braucht keine Gemeinschaft, lediglich andere Menschen, die ein Interesse an einem Tausch haben.”
Dieses “Nein” stößt sofort auf. Das ist eine Schwierigkeit! Wie lieben wir doch die Verbundenheit und was eine Familie und die Elternśchaft mit uns machen. Und doch bleibt jeder das Zentrum des Universums.
Das erinnert mich sogleich hieran:
Carlos Castaneda:
Kontrollierte Torheit
Ein Wissender wählt den Weg mit Herz und folgt ihm, dann schaut er und freut sich und lacht; dann sieht er und weiß. Er weiß, daß sein Leben ohnehin gar zu bald enden wird. Er weiß, daß er, wie jeder andere auch, nirgendwo hingeht. Weil er sieht, weiß er, daß nichts wichtiger ist als alles andere. Mit anderen Worten, ein Wissender hat keine Ehre, keine Würde, keine Familie, keinen Namen, kein Land- sondern nur ein Leben, daß er leben muß. Und unter diesen Bedingungen ist seine einzige Verbindung zu seinen Mitmenschen die kontrollierte Torheit. Darum müht sich ein Wissender und schwitzt und plagt sich ab, und wenn man ihn anschaut, dann ist er wie jeder gewöhnliche Mensch, nur daß er die Torheit seines Lebens unter Kontrolle hat.
Wenn Ich Sie darin recht verstanden habe, dann möchte ich meinen, daß Sie dem Null-Punkt recht nahe gekommen sind! Dann empfinde ich das als eine sehr lebendige Position, aus der heraus Sie Ihren Auftritt gestalten. Vivat!
Alles Gute Ihnen!
wünscht
Holle