Die Saat der Dummheit, bei der WELT geht sie auf – oder: Obama als Pyromane

Clemens Wergin sieht in der WELT “Trumps Saat des Hasses” aufgehen.
Wir sehen die Saat der Dummheit bei der WELT sprießen. 

In ihrem Buch „Die Wörter, der Zauber, der Tod. Der Hexenglaube im Hainland von Westfrankreich“ beschreibt Jeanne Favret-Saada in großer Ausführlichkeit, wie der Glaube an Hexerei funktioniert. Dem Wort, das angeblich insistiert, dem Blick, der angeblich tötet, der Berührung, die angeblich Leiden verursacht, dem Hexer, der angeblich die Ursache des Übels ist, stehen die Leichtgläubigen und die Dummen gegenüber, diejenigen, die sich nur zu gerne verhexen lassen, die auf der Suche sind, um die Schuld am eigenen Missgeschick, die Last der eigenen Unfähigkeit oder die Folgen eines im Kleinen als Katastrophe erfahrenen Ereignisses anderen aufzubürden.

Das ist der Stoff, aus dem Pogrome sind; Wenn Missernten oder Neid auf den Erfolg anderer, sich in gewalttätigen Übergriffen auf Gruppen entlädt, die mindestens ein gemeinsames Merkmal teilen: Die anders, außenstehend, abweichend sind. Das ist der Stoff, aus dem die Hexenverfolgung des Mittelalters gewoben ist, der Außenstehende, Alleinstehende, Alte und Wandernde zum Opfer gefallen sind und die sofort ein Ende gefunden hat, als die der Hexerei Bezichtigten unter Bürgermeistern oder Adeligen zu finden waren.

Der Glaube an Hexerei ist nicht nur für die Gläubigen ein starkes Mittel, eigenen Neid oder eigene Unfähigkeit zu projizieren, der Glaube an Hexerei ist auch für Opportunisten, die eine Gelegenheit sehen, Konkurrenten aus dem Weg zu räumen, ein effizientes Mittel.

Aber natürlich sind wir heute säkularisiert. Die Welt ist entzaubert, wie Max Weber zu Beginn des 20. Jahrhunderts festgestellt hat. Aber das heißt nicht, dass niemand mehr an Hexerei glaubt. Die Studie von Favret Saada, die den Hexenglauben in Frankreich beschreibt, stammt aus den 1970er Jahren. Und selbst wenn man nicht mehr direkt an Hexen glaubt, so ist der Glaube an heilende Steine, revitalisiertes Wasser oder an das Horoskop in der Zeitung doch nur eine andere Form des Glaubens.

Unter denen, die sich für intellektuell halten, hat der Hexenglaube eine ganz besondere Form angenommen. Da ist zum Beispiel Karl Marx, der glaubt, dass die Geschichte der Menschheit sich als Klassenantagonismus angemessen beschreiben lässt, als das Ergebnis von zwei Mächten, eine dunkel eine hell, eine unterdrückend, eine unterdrückt. Ein moderner Hexenglaube, der viel Zulauf hat und viel Gelegenheit gibt, den eigenen Neid, die eigene Missgunst, den eigenen Opportunismus auszuleben, während man z.B. Autos anzündet.

Und dann gibt es den Hexenglauben, der besonders von Politikern und Journalisten gepflegt wird, der Hexenglaube, der seine Wurzeln in der apotropäischen Magie hat, wie sie in den Gender Studies und anderen konstruktivistischen Versuchen der intellektuellen Selbstzerstörung gepflegt wird: Worte, so der Glaube, bewegen Berge, naja, vielleicht nicht Berge, aber doch zumindest weniger sichtbare Dinge wie Atmosphären oder gesellschaftliche Klimata. Letztere werden grundsätzlich erfühlt und ihre Veränderung grundsätzlich bedauert. Gesellschaftliche Klimata sind die Äther des Bösen, der Botenstoff, den die Linke erfunden hat, um der Rechten alle möglichen Untaten andichten zu können.

Da ist zum Beispiel Clemens Wergin, Journalist bei der WELT. Sein Hexenglaube führt ihn dazu, „keinen Zweifel“ mehr daran zu haben, ja jeden, der zweifelt, zu diskreditieren, denn „es kann jedenfalls kein Zweifel daran bestehen, dass Trump das gesellschaftliche Klima verändert hat und dass er gruppenbezogenen Hass auf eine Art und Weise enttabuisiert hat, die den rechtsextremen Rand elektrisiert“.

Das ist nun fortgeschrittener Hexenglaube. Der Äther des gesellschaftlichen Klimas, er ist ein besonders guter Botenstoff für Hass. Der Hass, der vor Trump an der Reise im gesellschaftlichen Klima gehindert wurde, z.B. deshalb, weil vor Trump Hass gänzlich unbekannt und die Welt ein einziger Ort der vor-Trump-Freude war, er kann nun ungehindert in der Gesellschaft reisen und sich auf Gruppen kaprizieren. Denn, der Kern des Hexenglaubens ist, dass das Wort des Großmeister Trump die Schleuse des gesellschaftlichen Klimas öffnet, den Hass einlässt und wenn er schon einmal da ist, der Hass, dann tut er das, was er am besten kann: hassen.

Weil der hassende Hass aber ein rechter Hass ist, hasst er nur diejenigen, die Rechte nicht mögen. Wie gesagt, vor Trump gab es keinen Hass, Trump ist ein Rechter, also kann es nur rechten Hass geben, der wegen Trump im gesellschaftlichen Klima prosperiert.

Um seinen Anflug von Irrsinn in der Welt auch richtig zu zelebrieren, gibt sich Wergin wirklich Mühe. Er zitiert Studien: Angriff auf Juden hätten zugenommen in den USA im Vergleich der Jahre 2016 und 2017. Vor allem George Soros stünde in der Kritik. Auch terroristische Anschläge in den USA seien 2017 angestiegen, so weiß Wergin. Wie gesagt, er gibt sich wirklich Mühe, seinen Hexenglauben zu begründen.

Zu schade, dass wir seine Begründung nun zertrümmern müssen.

Fangen wir mit den terroristischen Anschlägen an. Es gibt nicht nur in den USA einen Anstieg terroristischer Anschläge, sondern auch in anderen westlichen Industrienationen, in Deutschland zum Beispiel, wie wir hier gezeigt haben.

Wenn man nicht annehmen will, dass das, was Trump in den USA sagt, nicht nur in den USA das öffentliche Klima so verändert, dass der Hass der rechtsextremen Terroristen oder wen auch immer Wergin hier im Auge hat, sich nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland Bahn brechen sieht, dann stellt sich die Frage, durch welche magische Kraft Trump es schafft, dem Hass nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland freie Bahn im gesellschaftlichen Äther zu verschaffen.

Für den Antisemitismus kommt die European Union Agency for Fundamental Rights (2017) zu dem Schluss, dass er in den letzten Jahren in nahezu allen Ländern der Europäischen Union gestiegen ist. Den Analysen zufolge steigt Antisemitismus seit spätestens 2012 an, was nicht nur bedeutet, dass Donald Trump seine Wirkung auf das gesellschaftliche Klima von den USA aus in allen europäischen Staaten entfaltet, er hat dies auch schon getan, als er noch nicht Präsident der USA gewesen ist, lange bevor er nominiert wurde, als ihn in Europa noch niemand kannte. Das ist der Stoff aus dem Hexenglaube und Hexenverfolgung sind.

Bleibt noch, dass es unter Trump angeblich so viele rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten in den USA gegeben haben soll, wie noch nie zuvor.

Das will Wergin seinen Lesern einreden. Von seinen Lesern erwartet er, dass sie seinen Hexenglauben teilen, den Glauben, dass Trumps Worte das gesellschaftliche Klima so verändern, dass sich die rechtsextremen Gewalttäter aus ihren Löchern trauen und Anschläge verüben. Das tun sie zwar nicht um „Government Buildings sky high“ zu bomben, wie dies Timothy McVeigh in Oklahoma getan hat. Damals 1995 hat der Rechtsextremist McVeigh mit einem Anschlag 168 Menschen getötet. Wergin wird diesen Anschlag wohl darauf zurückführen, dass McVeigh schon 1995 wusste, dass Donald Trump im Jahre 2017 US-Präsident sein wird.

Denn, so schreibt Wergin, der rechtsextreme Rand ist elektrisiert durch Trump. McVeigh war es schon 1995, die Spätzünder sind es erst heute, und deshalb führen sie Anschläge durch, dass es kracht.

Leider erweist sich der Hexenglaube von Wergin auch in diesem Punkt als falsch. William Perkin, Assistant Professor of Criminal Justice an der Seattle University, Joshua D. Freilich, Professor of Criminal Justice an der City University of New York und Steven Charmak, Professor of Criminal Justice an der Michigan State University haben geprüft, ob es seit der Amsteinführung von Trump tatsächlich mehr Anschläge von Rechtsextremen gibt als dies vor Trump der Fall war.

Ergebnis: Es gibt seit Donald Trump US-Präsident ist, nicht mehr Anschläge von rechts als zuvor:

“We also compared U.S. presidents first years in office, since critics suggested President Donald Trump stoked such violence. Extreme far-right homicides in 2017 were half than that of President Barrack Obama’s first year in 2000 – eight versus 16, respectively. On the face of it, it appears the election of America’s first African-American president may have mobilized far-right extremists more than a president perceived by some as sympathetic to their grievances”.

Damit ist der Hexenglaube von Clemens Wergin endgültig als der Unfug bloßgestellt, der er nun einmal ist. Was kann Wergin nun tun?

Er kann seinen Hexenglauben anpassen und nunmehr behaupten, dass Barrack Obama der Anfang allen Übels ist und mit seiner Präsidentschaft die rechtsextreme Gewalt angefangen habe. Damit wäre Obama in Wergin Sprache der „Pyromane, der sich als Feuerwehrmann“ ausgibt.

Er kann seinen Hexenglauben modifizieren und feststellen, dass die fatale Wirkung von Trump nicht in Handlungen zu sehen ist, sondern, eben einfach da ist.

Oder er kann ab sofort und für hoffentlich lange, den Mund halten und über den Blödsinn nachdenken, den er als typischer Vertreter der Erregungsjournalie mit seinem Hexenglauben in die Welt gesetzt hat. Vielleicht ist er sogar zu einem Scham ähnlichen Gefühl fähig.

European Union Agency for Fundamental Rights (2017). Antisemitism. Overview of Data Available in the European Union 2006-2017. Vienna: FRA.

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