UN-Migrationspakt: Mündige Bürger verursachen politischen Hühnerhaufen

In Sonntagsreden wünschen sich Politiker den mündigen Bürger. Ausdrücklich wünschen sie sich den mündigen Bürger. Wenn der mündige Bürger nach Handverlesung dann am Kaffeetisch mit den Bundespräsidenten sitzt, dann freuen sich die Politiker. Wenn Sie mündigen Bürgern erklären können, was das beste für die mündigen Bürger ist, dann sind Politiker zufrieden. Wenn sie über die Köpfe der Bürger hinweg Gesetze erlassen, Steuergelder verteilen und internationale Abkommen unterschreiben dürfen, dann sind Politiker ganz sie selbst und voll der Mundigkeit über die mündigen Bürger.

Aber wehe, der mündige Bürger fragt nach.

Wehe, er kritisiert.

Wehe, er verschafft sich einen eigenen Eindruck und formt auf dessen Basis eine abweichende Meinung.

Irreführende Information!

Katastrophe!

Hate Speech!

Stimmungsmache!

Populismus!

Rechtspopulismus!

 

Ein Bürger der kritisiert, der zu einer anderen Einschätzung aufgrund dessen, was bei der UN neuerdings „Global Compact“ heißt, kommt und das so wischi-waschi ist, dass man viel und gar nichts hineinlesen kann, der ist ein schlechter Bürger, einer, dem gedroht werden muss, einer, der belehrt werden muss, einer, der verunglimpft, in die rechte Ecke gestellt werden muss.

Das, was man früher politische Kultur genannt hat, es ist nicht einmal mehr in Ansätzen in Deutschland vorhanden, was auch kein Wunder ist, wenn man diejenigen in Rechnung stellt, die die Position eines Ministers zugeschanzt bekommen haben, oft genug aus Mangel an Alternativen, und die nun von sich denken, sie seien Minister, müssten keinerlei Leistung erbringen, um diese Position auch zu füllen.

Die harmlose Kritik, die vereinzelten Hinweise darauf, dass der Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration (Globaler Vertrag über die sichere, geregelte und regelmäßige / planmäßige Migration) den die UN ganz im Stillen in Marrakesch von Nationalstaaten unterzeichnen lassen will, ein so folgenreiches Thema behandelt, dass man ihn in aller Öffentlichkeit diskutieren muss, bevor man ihn unterzeichnen kann, die zaghafte Kritik an dem nominalen Geschwätz aus wolkenreichen Leerformeln und prätentiösen Worthülsen und der vereinzelte, vornehmlich von uns vorgetragene Hinweis, dass es nicht notwendig ist, die eigene Bevölkerung mit Regelungen zu Hate Speech zu überziehen oder die Medien zu einer genehmen Berichterstattung gleichzuschalten, wenn man angeblich nur Migration regeln will, unverbindlich noch dazu, haben bereits dazu geführt, dass sich die politische Klasse geriert wie ein Haufen Hühner, unter dem sich das Gerücht verbreitet hat, dass ein Fuchs im Hühnergewand unterwegs sei.

Allein die Aufregung und Empörung, die übliche Form der Denunziation von Kritikern, der Versuch, diese wieder ausnahmslos in die rechte Ecke zu schieben und darüber hinaus die vollständige Weigerung auch nur einen konstruktiven und konkreten Beitrag zur Diskussion des Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration zu leisten, muss auch beim letzten Optimisten den Verdacht nähren, dass hier etwas vertuscht werden soll.

Interessant an den „Aufklärungen“, die sich nun – wie von Geisterhand geführt – urplötzlich in nahezu allen Medien des Mainstreams finden, ist, dass so gut wie keine konkret aus dem Global Compact zitiert. Das tun nur Kritiker wie wir. Keiner der Befürworter versucht, Kritik am Gegenstand zu widerlegen, vielleicht, weil es nicht möglich ist?

Was jedoch am meisten verärgert ist die absolutistische Art und Weise, in der die politischen Darsteller meinen, mit ihrer Bevölkerung umspringen zu können. Als besonders gelungenes Beispiel für ein absolutistisches Relikt, das direkt aus dem 15. Jahrhundert in die Moderne gerettet wurde, haben wir zwei Verlautbarungen des ZDF und der CDU ausgewählt.

Beide zeichnet derselbe Versuch aus, Kritik dadurch auszuhebeln, dass man behauptet, sie sei ungerechtfertigt oder Behauptungen seien falsch. Belege dafür, dass Kritik ungerechtfertigt ist oder Behauptungen falsch sind, werden nicht vorgebracht. Es wird verkündet. Die Bürger sollen schlucken. Die CDU denkt, man müsse mündige Bürger noch dadurch verärgern, dass man einen belehrenden Stil anwendet: dumme Bürger fragen, die kluge CDU antwortet. Und nun haltet das Maul und lasst uns machen, denn: „Die Ziele des Pakts [UN-Migrationspakt] stehen im Einklang mit den Zielen, die die CDU im Koalitionsvertrag durchgesetzt hat“.

Na dann!

Die grundsätzlichen Streitpunkte, die die öffentliche Debatte derzeit beherrschen sind

  • die Frage nach der Souveränität von Staaten nach Unterzeichnung des Global Compact;
  • die Frage nach der Verbindlichkeit des Global Compact;
  • die Frage nach der Menge der Migranten;
  • die Frage nach dem Nutzen des Global Compact;
  • die Frage nach den Konsequenzen des Global Compact;

 

Souveränität und Verbindlichkeit;

Die Behauptungen, die man zu den beiden ersten Fragen in allen Medien lesen kann, lauten: Die Souveränität von Staaten wird durch die Unterzeichnung nicht beeinträchtigt, der Global Compact ist sowieso nicht bindend, kein Vertrag, obwohl er den Namen „Vertrag“ trägt. Das Auswärtige Amt hat sich in diesem Zusammenhang wieder besonders makaber geoutet:

„Das Abkommen sei ausdrücklich kein bindender völkerrechtlicher Vertrag, sondern eine politische Willenserklärung“, so ein Sprecher des Auswärtigen Amts.

Eine politische Willenserklärung ist demnach nicht bindend. Wenn etwas nicht bindend ist, kann man so wirklich alles behaupten, was man will. Ergo sind politische Willenserklärungen und Lügen nicht voneinander zu unterscheiden, jedenfalls im Auswärtigen Amt nicht.

Geht man direkt in den Text des Vertrages und analysiert die Verwendung des Begriffs „Souveränität“, dann findet sich der Begriff der Souveränität an drei Stellen im Vertrag, und zwar zu den Punkten 7, 15 und 27.

  1. It fosters international cooperation among all relevant actors on migration, acknowledging that no State can address migration alone, and upholds the sovereignty of States and their obligations under international law.

Der Vertrag befördert die internationale Kooperation aller für Migration relevanten Akteure, unter ausdrücklicher Anerkennung der Tatsache, dass kein Staat Migration alleine regeln kann, und er respektiert die nationale Souveränität der Staaten und deren Verpflichtungen unter internationalem Recht.

  1. National sovereignty: The Global Compact reaffirms the sovereign right of States to determine their national migration policy and their prerogative to govern migration within their jurisdiction, in conformity with international law.

Nationale Souveränität: Der Globale Vertrag bestätigt das Recht souveräner Staaten, nationale Regelungen für Migrationspolitik festzulegen und ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Staatsgebiets im Einklang mit internationalem Recht zu regeln.

  1. We further commit to implement border management policies that respect national sovereignty, the rule of law, obligations under international law, human rights of all migrants, regardless of their migration status, and are non-discriminatory, gender-responsive and child-sensitive.

Wir verpflichten uns darüber hinaus, Grenzschutzpolitiken zu implementieren, die die nationale Souveränität respektieren, dem Recht und den Verpflichtungen unter internationalem Recht gerecht werden, die die Menschenrechte der Migranten respektieren, unabhängig vom rechtlichen Status des Migranten und die nicht diskriminierend, gender-responsiv sind und die besonderen Bedürfnisse von Kindern in Rechnung stellen.

Alle Stellen, die wir hier zitiert haben, stellen die nationale Souveränität unter die Verpflichtung internationalen Rechts, ein Umstand, auf den wir bereits an anderer Stelle hingewiesen haben. Folglich wird die nationale Souveränität respektiert, so lange sie im Einklang mit internationalem Recht steht, nicht darüber hinaus.

Die Verpflichtung auf das internationale Recht sorgt auch dafür, dass der nicht-bindende Vertrag letztlich doch bindend ist, denn er erlaubt es jedem Unterzeichner mit Verweis auf das „internationale Recht“, Verpflichtungen anderer Unterzeichner einzufordern.

Und was sagt die CDU in ihrer Frage- und Antwortstunde zu beiden Themen:

„Nein. Der Pakt ist kein völkerrechtlicher Vertrag. Er ist rechtlich unverbindlich.“

„Nein, ganz im Gegenteil. Im Parkt werden diese beiden Rechte der Staaten [Souveränität und nationale Migrationspolitik] bekräftigt.“

Urteilen Sie selbst aufgrund der Textstellen aus dem „Vertrag“, der nur so heißt und gar kein Vertrag ist, welche Deutung die richtige ist, die der CDU oder unsere.

 

Die Anzahl der Migranten

Mit den an einigen Stellen im Internet zu findenden Behauptungen, der Global Compact sorge dafür, dass bis 2035 jährlich 2 Millionen Menschen nach Deutschland kommen, leisten diejenigen, die sie in die Welt gesetzt haben, der Kritik am Global Compact einen Bärendienst.

Natürlich haben sich die Befürworter sofort auf diese Falschmeldung gestürzt und auch die CDU formuliert:

„Nein. Der UN-Migrationspakt enthält keine Aufnahmezusagen.“

Und das stimmt. Wann hätte es je einen Vertrag gegeben, in dem konkrete Zahlen genannt wurden? Derartige Vereinbarungen finden sich gemeinhin in einem ZusatzPROTOKOLL, sofern es sie überhaupt gibt. Jedenfalls finden sich im gesamten Global Compact keinerlei Angaben zu Flüchtlingszahlen, lediglich der Hinweis, dass der Vertrag Millionen glücklich machen werde, nein: „ensuring that the words in this document translate into concrete actions for the benefit of millions of people in every region of the world.“

Eine typische Plattitüde mit keinerlei Gehalt.

 

Nutzen und Konsequenzen

Normalerweise werden Verträge abgeschlossen, um einen konkreten Nutzen damit zu erreichen. Ich verpflichte mich, Dir 1000 Euro zu zahlen, wenn Du mir 200 Flaschen Riesling lieferst. Normalerweise sind Verträge ja auch verbindlich. Wie man uns weismachen will, ist der Global Compact hier eine Ausnahme. Er ist nicht verbindlich und entsprechend auch kein richtiger Vertrag. Vielleicht liegt es daran, dass niemand so wirklich angeben kann, warum dieser Vertrag wichtig ist, welchen KONKRETEN Nutzen er mit sich bringt. Bei der CDU versucht man das wenigstens, scheitert jedoch kläglich:

„FRAGE: Was ist der politische Mehrwert des UN-Migrationspakts?

„ANTWORT: Der UN-Migrationspakt stärkt die internationale, regelbasierte Ordnung. Das ist ein wichtiges Interesse unseres Landes, das mehr als andere auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen ist.“

Kennen Sie Ordnungen, die nicht auf Regeln basieren? Eine spannende Frage: Kann es chaotische Ordnung geben? Natürlich nicht. Der erste Satz ist schlichter Unsinn. Er zeugt einmal mehr von der Unfähigkeit der Befürworter des Global Compact, auch nur einen konkreten Nutzen dafür anzugeben.

Man muss daraus schließen, dass es keinen benennbaren Nutzen gibt. Wenn es aber keinen benennbaren Nutzen gibt, dann stellt sich die Frage, warum man ein unverbindliches Unding, das trotz nicht bindender Wirkung Vertrag genannt wird, unterzeichnen soll, dessen Nutzen man nicht angeben kann und von dem man auch ansonsten nicht sagen kann, wozu es sinnvoll ist, jenseits der Tatsache, dass es Legionen von Sachbearbeitern seit 2017 mit einer Aufgabe auf Kosten der Steuerzahler versorgt hat.

Das bringt uns zurück zu einer Analyse des Nicht-Vertrags, der dennoch Vertrag heißt, die wir bereits an anderer Stelle geleistet haben. Damals sind wir u.a. zu dem Schluss gekommen, dass der Global Compact die Opferrolle, die für Frauen beginnend mit der UN-Konferenz in Peking, die in einer unverbindlichen und nicht-bindenden Plattform gemündet ist, die zwischenzeitlichen Grundlage aller Frauenbeförderungspolitik in Deutschland benutzt wird, auf Migranten übertragen will, um auf diese Weise der ua. Steuerzahlerschröpfungsindustrie neue Möglichkeiten der Selbstbereicherung zu geben.

Darüber hinaus hat es uns schon damals irritiert, dass in einem Vertrag, in dem es angeblich darum geht, Migration zu regeln, das Bild des edlen Wilden auf Migranten übertragen wird, einer Form des Orientalismus gehuldigt wird, die man nicht mehr für möglich gehalten hätte, hätte man sie nicht im Compact zu lesen bekommen. Dass sich unter Migranten auch Kriminelle oder Opportunisten befinden, scheint denen, die den Compact geschrieben haben, vollkommen unvorstellbar. Schon aufgrund dieser naiven und gefährlichen Weltfremdheit ist es notwendig, diesen Compact nicht zu unterzeichnen. Aber nicht nur werden im Compact Migranten gender reponsiv verklärt, die Aufnahmegesellschaft wird zum Problem erklärt und der Überwachung überantwortet. Wie erklärt man Passagen wie die folgende, in der konkrete Maßnahmen vorgedacht sind, wie man Kritik an Zuwanderung eindämmen, freie Meinungsäußerung beseitigen und Medien gleichschalten kann in einem Vertrag, einem unverbindlichen Vertrag, der sich angeblich mit Migration beschäftigt:

  1. Enact, implement or maintain legislation that penalizes hate crimes and aggravated hate crimes targeting migrants, and train law enforcement and other public officials to identify, prevent and respond to such crimes and other acts of violence that target migrants, as well as to provide medical, legal and psychosocial assistance for victims
  2. Empower migrants and communities to denounce any acts of incitement to violence directed towards migrants by informing them of available mechanisms for redress, and ensure that those who actively participate in the commission of a hate crime targeting migrants are held accountable, in accordance with national legislation, while upholding international human rights law, in particular the right to freedom of expression
  3. Promote independent, objective and quality reporting of media outlets, including internetbased information, including by sensitizing and educating media professionals on migration-related issues and terminology, investing in ethical reporting standards and advertising, and stopping allocation of public funding or material support to media outlets that systematically promote intolerance, xenophobia, racism and other forms of discrimination towards migrants, in full respect for the freedom of the media

Es ist ein fester Bestandteil des Global Compact, der sich angeblich mit der sicheren, geordneten und regelmäßigen / planmäßigen Migration befasst, 1) in der Aufnahmegesellschaft vorhandenen Widerstand zu kriminalisieren (eine Definition dessen, was Hasskriminalität sein soll, gibt es nach wie vor nicht); 2) Migranten ab Ankunft mit dem Recht zu versehen, jeden, der vermeintlich zur Gewalt gegen sie aufruft, anzuschwärzen, 3) Informationsangebote in Medien und im Internet darauf hin zu zensieren, dass sie nicht näher genannten ethischen Standards gerecht werden.

Wozu benötigt man eine solche Passage, wenn es darum geht, unverbindliche Zusammenarbeit zwischen weiterhin souveränen Staaten im Hinblick auf Migration zu regeln, unverbindlich natürlich?

Schon weil diese Frage ungeklärt ist, kann der Global Compact von einem verantwortlichen Politiker nicht befürwortet werden.

Weitere Informationen zum Global Compact

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