Anbiederungspreis: Die Rede des Jahres von Cem Özdemir

Das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen hat den Preis für die Rede des Jahres 2018 an den Grünen Politiker Cem Özdemir verliehen. Özdemir, so Olaf Kramer, Professor für Rhetorik an der Universität Tübingen in seiner Begründung, habe einen „herausragenden Debattenbeitrag“ geliefert, in dem es ihm gelungen sei, die „Emotionalität seines Beitrags mit starken Argumenten zu unterbauen“. Das wird beim SWR so an die Leser durchgereicht. Sich ein eigenes Urteil zu bilden, dazu ist beim SWR wohl niemand im Stande (oder willens).

Wir haben die Rede gelesen und im Folgenden analysiert. Es findet sich nicht ein einziges Argument in der Rede, dafür finden sich sehr viele unbegründete, emotionale Behauptungen. Die Rede gehört somit in den Bereich der verbalen Onanie, denn außer denen, die die Bewertungen von Özdemir teilen, hat niemand etwas davon. Die Rede ist zudem ungeeignet, den Zweck einer Rede, Aussagen vorzubringen, sie zu begründen und das Ergebnis der Begründung zu bewerten, um einen AUSTAUSCH zu ermöglichen, zu erfüllen.

Wer einer solchen Rede einen Preis verleiht und diesen Preis mit „starken Argumenten“ begründet, wenngleich die Rede keinerlei Argument enthält, ist aus unserer Sicht ein Anbiederer, dem wir den Anbiederungspreis verleihen.

Ein Argument, das vorweg, besteht aus einer Aussage und ihrer (prüfbaren) Begründung. Das: „Wer Preise verleiht, um sich an der politisch-korrekten Meinung anzubiedern und Punkte bei mehrheitlich grünen Studenten zu machen, ist ein Opportunist“, ist ein Argument.

Behauptungen (Du bist ein Opportunist) sind ebenso wenig ein Argument wie Gefühlsäußerungen (Ich finde Opportunisten abstoßend).

Und nun zur Analyse der Rede.

In roter Farbe finden sich unsere Anmerkungen:


„Das Wort hat der Abgeordnete Cem Özdemir für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!“

Man muss sich vergegenwärtigen, worüber wir heute tatsächlich reden. Wir reden über die Arbeit und die Artikel eines deutschen Journalisten.

[Aussage;]

So etwas kennen wir sonst nur aus autoritären Ländern.

[Unbelegte Behauptung;]

Der Deutsche Bundestag hingegen benotet nicht die Arbeit von Journalisten und Journalistinnen. Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland ist das Parlament keine oberste Zensurbehörde. So etwas gibt es nur in den Ländern, die Sie bewundern. Deutschland gehört nicht dazu.

[Unbelegte Behauptung; Unterstellung; Fehlschluss; Nachweislich falsche Behauptung, denn, wie man hier nachlesen kann, hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien formuliert, die das im Bundestag durchgewunkene Netzwerkdurchsetzungsgesetz zum Zensurgesetz machen.]

 

In unserem Land, der Bundesrepublik Deutschland, gibt es nicht die Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen. Bei uns gibt es Pressefreiheit, ein Wort, das in Ihrem Wortschatz ganz offensichtlich nicht vorhanden ist.

[Unterstellung; Unterstellung – Die Ausgrenzung von „Sie“ aus „unserem Land“ ist das, was die Amadeu-Antonio-Stiftung als Rassismus bezeichnet (Wir – die).]

Die Pressefreiheit werden wir Ihnen gegenüber genauso verteidigen wie gegenüber Ihren Genossen in der Türkei, die Deniz Yücel ein Jahr seines Lebens geklaut haben.

[Ankündigung – angesichts von vom ZDF bekannten Praktiken, Kritiker von Stiftungen, die das Bundesministerium für FSFJ finanziert, einen Maulkorb zu verpassen, verwundert der bislang ausstehende Kampf gegen den entsprechenden Eingriff in die Pressefreiheit.]

Wir sind froh, dass Deniz Yücel frei ist. Damit kein Missverständnis entsteht: Genauso froh wären wir, wenn er Gustav Müller oder sonst wie heißen würde; denn jeder Bürger dieses Landes hat es verdient, dass sich dieses Land für ihn einsetzt; das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Jeder weiß es, außer Ihnen.

[Verkündung und sinnlose Leerformel: dass sich „dieses Land“ für einen Massenmörder, der in den USA im Gefängnis sitzt, einsetzt, ist eher unwahrscheinlich, wem es wahrscheinlich vorkommt, der stelle sich vor, der Massenmörder sei ein Neonazi. Abgesehen davon, wenn es eine Selbstverständlichkeit ist, muss es nicht ausgeführt werden.]

Wir alle, der demokratische Teil dieses Hauses, setzen uns dafür ein, dass die anderen Journalisten, die ebenfalls in Haft sind, aber keinen deutschen Pass haben, freigelassen werden – sie haben es genauso verdient –; denn Journalismus ist kein Verbrechen.

[Wir-Die-Rassismus; Vollmundige Ankündigung; Falschaussage; Journalismus per se ist kein Verbrechen, aber Journalismus kann dann, wenn bewusst falsche Dinge behauptet werden, eine Straftat darstellen.]

Aber zur Wahrheit gehört leider auch: Das Land hat sich in dem einen Jahr, in dem Deniz Yücel im Gefängnis war, dramatisch verändert, und davon zeugt diese Debatte. Denn mittlerweile sitzen Abgeordnete in diesem Haus, die ich nicht anders als Rassisten bezeichnen kann. Wer sich so gebiert, ist ein Rassist.

[Behauptung; Diffamierung; Die Bezeichnung der neuen Abgeordneten als „Rassisten“ ist insofern witzig, als Özdemir selbst mit dieser Rede Kriterien des Rassismus erfüllt.]

Ich meine diese Damen und Herren hier ganz rechts. Ich stehe am Mikrofon und Gott sei Dank können Sie es mir nicht abstellen. Ich weiß, in dem Regime, von dem Sie träumen, könnte man das Mikrofon abstellen; aber das kann man hier Gott sei Dank nicht. Sie werden es nicht schaffen, das zu ändern. Glauben Sie es mir!

[Unterstellung; Prognose; Appell an den Glauben;]

Sie wollen bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht.

[Unbelegte Behauptung;]

Wie kann jemand, der Deutschland, der unsere gemeinsame Heimat so verachtet, wie Sie es tun, darüber bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist?

[Unbelegte Behauptung als Frage verpackt;]

Ich sage Ihnen mal eins: Wenn Sie darüber bestimmen würden, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist, dann wäre das ungefähr so, als wenn man Rassisten an das Ausstiegstelefon für Neonazis setzen würde.

[Unbelegte Behauptung und rhetorische Leerformel, die man willkürlich füllen kann, etwa: Özdemir einen Preis für die beste Rede zu verleihen, wäre ungefähr so, als wenn man einen Stotterer zum Schnellsprecher des Jahres ernennen wollte.]

Übrigens, wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen: Ich habe sie. Ich kann sie Ihnen gern zur Verfügung stellen.

[Doppelter Strohmann: Erst anderen etwas unterstellen und ihnen dann die Lösung für die Unterstellung anbieten; hintenrum Diffamierung, wie sie Feiglinge benutzen oder ein Outing (woher hat Özdemir die Nummer)?]

Sie alle von der AfD, wie Sie da sitzen, würden, wenn Sie ehrlich wären, zugeben, dass Sie dieses Land verachten.

[Unbegründete Behauptung; Unterstellung;]

Sie verachten alles, wofür dieses Land in der ganzen Welt geachtet und respektiert wird. Dazu gehört beispielsweise unsere Erinnerungskultur, auf die ich als Bürger dieses Landes stolz bin.

[Unbegründete Behauptung; Unterstellung;]

Dazu gehört die Vielfalt in diesem Land, auf die ich genauso stolz bin. Dazu gehören Bayern, Schwaben, dazu gehören aber auch Menschen, deren Vorfahren aus Russland kommen, und dazu gehören Menschen, deren Vorfahren aus Anatolien kommen und die jetzt genauso stolz darauf sind, Bürger dieses Landes zu sein.

[Aufzählung im Rahmen einer weiterhin unbegründeten Behauptung; Eine Begründung erfordert die Angabe eines Warum. Warum z.B. gehören nicht auch Neonazis zur Erinnerungskultur Deutschlands?]

Dazu gehört – das muss ich schon einmal sagen; da fühle ich mich auch als Fußballfan persönlich angesprochen – unsere großartige Nationalmannschaft. Wenn Sie ehrlich sind: Sie drücken doch den Russen die Daumen und nicht unserer deutschen Nationalmannschaft. Geben Sie es doch zu!

[Populismus; Versuch sich bei Fußballfans anzubiedern; Unterstellung;]

Dieses Hohe Haus verachten Sie genauso, wie Sie die Werte der Aufklärung verachten. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie diejenigen, die Deniz Yücel verhaften ließen. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie Erdogan, der Deniz Yücel für ein Jahr seines Lebens verhaften ließ. Ich sage es einmal in einem Satz: Die AKP hat einen Ableger in Deutschland. Er heißt AfD, und er sitzt hier.

[Diffamierung am Fließband; faules Holz = genetische Veranlagung zum Bösen = Rassismus; Unterstellung]

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Sie hatten ja vor kurzem einen politischen Aschermittwoch. Mich hat das eher an eine Rede im Sportpalast erinnert. Ich will Ihnen zurufen: Unser Deutschland, dieses Deutschland, ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird.

[Hier ist unklar, ob sich die Erinnerung an die Goebbels Rede auf den politischen Aschermittwoch oder den Zuruf von Özdemir bezieht, zumal die Sportpalastrede ja durch einen bestimmten Zuruf berühmt geworden ist. Insofern muss man diese Passage als rhetorischen Versuch, der massiv in die Hose gegangen ist, ansehen (oder als Zynismus).]

Ihr tobender Mob wollte am Aschermittwoch, dass ich abgeschoben werde. Das geht leichter, als Sie sich das vorstellen. Am kommenden Samstag bin ich wieder in meiner Heimat.

[Betroffenheitsemotionalität; Persönliche Aussage;]

Ich fliege nach Stuttgart. Dort nehme ich die S-Bahn, und ich steige am Endbahnhof Bad Urach aus. Da ist meine schwäbische Heimat, und die lasse ich mir von Ihnen nicht kaputtmachen.

[Ankündigung – Drohung?]

In der Rede, die das „Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen“ preisgekrönt hat, weil „die Emotionalität“ des Beitrages „mit starken Argumenten“ unterbaut worden sein soll, findet sich kein einziges Argument. Es finden sich unbelegte Behauptungen, Diffamierungen, Ankündigungen und Prognosen, aber kein Argument. Es finden sich nicht einmal rhetorische Stilmittel jenseits der billigen Managerpraxis: „Wenn Sie ehrlich sind …“, die bestenfalls bei Grenzdebilen zum Erfolg führt. Der einzige Versuch eines rhetorischen Mittels, der im verdeckten Vergleich mit Goebbels zu finden ist, ist ordentlich in die Hose gegangen.

Wer eine solche bestenfalls peinliche Rede, an deren Ende der Redner zudem zeigt, dass er alle Diffamierungen aus persönlicher Verletzung von sich gegeben hat und emotional heftig berührt ist, mit einem Preis krönt, den er mit der Stärke der Argumente begründet, der ist entweder inkompetent oder er will sich anschleimen wobei Letzteres, weil jeder, der die Rede von Özdemir liest, sofort sieht, dass keinerlei Argumente darin vorkommen, die Inkompetenz bereits voraussetzt.

Deshalb verleihen wir den undotierten Anbiederungspreis an Olaf Kramer, Professor für Rhetorik in Tübingen.

Der Preis ist undotiert, weil wir Anbiederung nicht auch noch belohnen wollen.

Für die Tübinger Studenten im Seminar für Allgemeine Rhetorik bleibt nur zu hoffen, dass sie ein Logikbuch in die Hand bekommen, um eine Idee davon zu gewinnen, was ein Argument ist.

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