Es reicht: Wider die ARD-Propaganda gegen den Brexit

Wann immer wir mit Deutschen in Deutschland reden, im Internet, am Telefon, sind wir erstaunt darüber, welches Bild sie vom Brexit und von der Stimmung in Britannien haben. Zwar ist uns die weit verbreitete Unkenntnis darüber, was es mit dem Backstop in Irland auf sich hat, schon des Öfteren begegnet und auch die vielen halbwahren und schiefen Artikel, die Tagesschau oder ZDF und deren Journalisten-Mob zu Brexit beizutragen haben, und zwar ausschließlich aus einer Perspektive und vor der Prämisse, dass der Brexit ein Häresie ohne gleichen am heiligen Tabernakel der Europäischen Einigung darstellt, sind uns bekannt.

Das Ausmaß der Propaganda, das auf Deutsche dann einprasselt, wenn sie sich ihren Medien aussetzen, ist uns indes unbekannt – Gott sei Dank unbekannt.

Doch selbst die Gnade der ausländischen Residenz, die uns den täglichen Propaganda-Krieg in den deutschen angeblichen Qualitätsmedien erspart, hat jetzt eine Grenze erreicht. Der Herz-Schmerz-Manipulations-Beitrag, den Thomas Spickhofen, der angeblich im ARD-Studio in London sitzen soll, zusammengeschrieben hat, hat die Grenze überschritten.

Das Land fühlt sich anders an“, so lautet der unsinnige Titel über seinem Beitrag. Unsinnig deshalb, weil es wohl keinen lebenden Menschen gibt, der wissen kann, wie sich ein Land anfühlt. Er mag wissen, welche Eindrücke ihm sein Leben in einem bestimmten eng umrissenen lokalen Gebiet vermittelt, aber wie sich „das Land anfühlt“, das kann er nicht wissen. Wer anderes behauptet, ist bedenklich in die Nähe von Wahnsinn getriftet.

Dass sich das „Land anders anfühlt“, das will Spickhofen durch ein Mitglied des „Entenclubs“ in Forest Hill belegen. Forest Hill liegt im Süden von London, für alle, die London nicht kennen, der Süden ist der Teil, der „affluent“ ist. Die „richtigen“ Londoner leben im Norden und unterstützen Tottenham Hotspurs oder den FC Arsenal. Im „Entenclub“, den die deutsche evangelische Gemeinde in London betreibt, hat Spickhofen eine „Sarah“ aufgetan. “Sarah …hat beschlossen, mit ihrer Familien nach Deutschland zurückzukehren“, weil „sich das Land anders anfühlt“. Woran macht “Sarah” das fest: An der Abstimmung zum Brexit. Das Ergebnis hat sie verstört, und sie hat sich gesagt, „vielleicht kennen wir das Land ja doch nicht so gut“. Die Einsicht hat leider nicht weit getragen, wie die Behauptung „das Land habe sich verändert“ zeigt.

Wen das Abstimmungsergebnis des Referendums am 23. Juni des Jahres 2016 überrascht hat, der kann offenkundig nicht viel Anstrengung unternommen haben, um mit den Menschen, die in Britannien leben, zu reden. Vielleicht hat er zu viel Zeit in der Echokammer des “Entenclubs” in Forest Hill verbracht, in dieser behüteten deutschen Exil-Enklave, in der man anscheinend so tun kann, als würde man in Britannien leben, aber sich dennoch nicht auf Land und Leute einlassen muss, fremd bleiben kann. 

“Sarah”, von der man als Leser gerne erfahren hätte, nach welchen Kritieren Spickhofen ausgerechnet sie ausgewählt hat, kann nicht nur das Land erfühlen, sie meint auch zu wissen, dass „die Engländer bevorzugt behandelt” würden “im Vergleich zu Ausländern“, und zwar genau seit der Abstimmung im Juni 2016 und genau im Cafe-Geschäft im Krankenhaus. „Man spürt das.“ Dass die Behandlung weniger auf ihren Status als Ausländer, den Sarah vor sich herzutragen scheint, als auf ihre Person zurückzuführen ist, kommt der “fühlenden Sarah” nicht in den Sinn.

Angesichts so viel intuitiver Einbildung, die ein deutscher Redakteur glaubt seinen Lesern zumuten zu können, fragt man sich, ob es sinnvoll ist, die Vernunft und die Fakten zu berichten, aus jenem Land, in dem wir nun seit 13 Jahren leben, 13 Jahre, in denen sich absolut nichts verändert hat, was das tägliche Leben betrifft. Unsere “favorite place”, Orte, an denen wir uns regelmäßig einfinden, sind – wenn überhaupt – more dear to us – geworden. In unserem Stamm-Café werden wir bestenfalls noch freundlicher bedient, denn wenn man mehrere Jahre in derselben Umgebung ist, lernt man zwangsläufig Leute kennen, wird wiedererkannt, findet Anschluss, es sei denn, man ist eine “fühlende Sarah”.

Die Leichtigkeit des Daseins in Britannien, sie ist eher größer denn kleiner geworden. Kontakt zu bekommen, wenn man “out and about” ist, ist nach wie vor kein Problem, was möglicherweise auch daran liegt, dass wir uns auf Britannien als Land eingelassen haben und uns nicht in den “Entenclub in Forest Hill” zurückziehen, um unser Deutschsein als unterscheidendes Merkmal zu feiern, oder die deutsche evangelische Kirchengemeinde zum Ausfüllen von Aufenthaltsberechtigungen anzuhalten.

Aber halt.

Spätestens hier im Beitrag von Spickhofen ist uns dann der Kragen geplatzt.

Deutsche brauchen keine Aufenthaltsberechtigungen im Vereinigten Königreich – nach wie vor nicht. Sie können einreisen und ausreisen wie sie wollen.

HM Visas and Immigration

Was also wird da in Forest Hill ausgefüllt? Und wo kommt die Unsicherheit her, die – wie Spickhofen suggerieren will – angeblich so verbreitet ist, weil man nicht wisse, wie es nun weitergehe?

Wie oft soll die Britische Regierung, HM Visas and Immigration, Theresa May und wer noch alles noch erklären, dass sich für die EU-Bürger, die in Britannien leben, bis zum 30. Juni 2021 überhaupt nichts ändert, auch dann nicht, wenn es zu einem hard brexit kommt (Der Brexiteer Dominic Raab spricht in diesem Zusammenhang gar von einer moralischen Verpflichtung, die gegenüber den EU-Bürgern bestehe, die im UK leben)? Wie oft soll das Settlement Scheme noch ausgebreitet und diskutiert werden, in dem klar und deutlich steht, dass wer vor dem 31. Dezember 2020 in Britannien gelebt hat, automatisch Settlement Status erhält, wenn er fünf Jahre zuvor in Britannien gelebt hat und pre-settlement Status, wenn das nicht der Fall ist?

Your rights and status

The rights and status of EU citizens living in the UK will remain the same until 30 June 2021.

If you apply to the EU Settlement Scheme successfully, you’ll be able to continue living and working in the UK after 30 June 2021.

You’ll be given either:

  • settled status
  • pre-settled status

You will not be asked to choose which you’re applying for.

Settled status

You’ll usually get settled status if you’ve:

  • started living in the UK by 31 December 2020
  • lived in the UK for a continuous 5-year period (‘continuous residence’)

Five years’ continuous residence means that for 5 years in a row you’ve been in the UK for at least 6 months in any 12 month period, except for:

  • one period of up to 12 months for an important reason (for example, childbirth, serious illness, study, vocational training or an overseas work posting)
  • compulsory military service of any length

You will only need to apply to the EU Settlement Scheme once if you get settled status.

Your rights with settled status

If you have settled status you can stay in the UK as long as you like.

You can also:

  • apply for British citizenship, if you’re eligible
  • work in the UK
  • use the NHS
  • enrol in education or continue studying
  • access public funds such as benefits and pensions, if you’re eligible for them
  • travel in and out of the UK

You can also bring close family members to the UK after 31 December 2020 if both of the following apply:

  • your relationship with them began before 31 December 2020
  • you are still in the relationship when they apply to join you

If your relationship with them began after 31 December 2020, your family member will be able to come here on a family visa.

Any children born in the UK while you’re living here will automatically be British citizens.

You should be able to spend up to 5 years in a row outside the UK without losing your settled status.

How long you can live outside the UK is still subject to approval by Parliament.

Pre-settled status

If you do not have 5 years’ continuous residence, you’ll usually get ‘pre-settled status’ instead.

You can stay in the UK for a further 5 years from the date you get pre-settled status, but you must apply again and get settled status if you want to stay here for longer than that.

Changing your pre-settled status to settled status

You can apply to change your status as soon as you’ve got 5 years’ continuous residence. If you apply after April 2019, it will be free.

Vermutlich sind solche harten Fakten nichts, im Vergleich zum Gefühl von “Sarah”, die in Forest Hill bei der deutschen evangelischen Kirchengemeinde ihre Ängste oder soll man sagen: Hysterie auslebt. Dass “Sarah” so ungehindert die Hysterie in der ARD ausleben kann, so ungehindert fühlen kann „dass Engländer bevorzugt werden“ und „das Land sich verändert hat“, dass Spickhofen die Aussagen zu keinem Zeitpunkt in einen Kontext einordnet, vielmehr versucht zu suggerieren, das was Sarah aus dem “deutschen evangelischen Entenclub in Forest Hill” erzählt, sei in irgend einer Weise verallgemeinerbar, gebe auch nur in Teilen wieder, was in Britannien, einem Land das auch außerhalb von London noch bewohnt sein soll, „but of course“, so hat schon Sir Arnold gesagt, „we don’t know about that“, derzeit an Stimmung herrscht, ist ein absoluter Tiefpunkt dessen, was in Deutschland wohl immer noch als Journalismus angesehen wird.

Für wie dumm glaubt Spickhofen eigentlich, seine Leser verkaufen zu können?

Wir haben uns in den letzten Jahren an einiges gewöhnt, was einst vorzeigbaren Journalismus zu Junk-Journalismus reduziert hat.

  • Es wird nicht mehr recherchiert.
  • Es werden Einzelfälle zu allgemeinen Aussagen aufgeblasen.
  • Die beiden Seiten einer Medaille, die es nach wie vor zu jedem Thema gibt, kommen generell nicht mehr vor, die Berichterstattung konzentriert sich regelmäßig nur auf eine Seite und widmet sich entweder ausschließlich dem Beklagen des Negativen oder dem Bejubeln des Positiven.
  • Junk-Journalismus wie der, den Spickhofen verbreitet, zeichnet sich durch die Auswahl von möglichst abstrusen Extrembeispielen, die der ideologischen Nachricht, die verbreitet werden soll, dienlich ist, aus.
  • Ziel von Junk-Journalismus ist Propaganda, nicht Information.

Folglich muss der, der sich informieren will, die öffentlich-rechtlichen Medien, deren Informationsauftrag wieder zu einem Propaganda-Auftrag geworden ist, meiden.

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