MayDay, wenn öffentlich-rechtliche Hirne nur noch Rechtspopulismus denken können

Während es sich in Großbritannien anfühlt, als sei eine Zentnerlast von den Schultern der Bürger gefallen, scheint man auf dem Kontinent vom angekündigten Rücktritt Theresa Mays überrascht worden zu sein. Anders ist die „Analyse“ in der Tagesschau, die in vollkommener Unkenntnis des politischen Systems des Vereinigten Königreichs, in dem der Premier Minister IMMER auch Vorsitzender seiner Partei ist, glänzt, kaum zu erklären, und anders ist auch der den Tatsachen völlig unangemessene Kommentar, den Annette Dittert, die im ARD-Studio in London wohl versucht, jede Information von außerhalb fernzuhalten, nicht mehr zu verstehen.

Man liest den Kommentar und denkt, Dittert muss in einer anderen Realität, einer rechtspopulistischen Realität unterwegs sein.

Sozialpsychologen, angefangen von Gordon Allport (Prejudices and Perception) über Leon Festinger (Cognitive Dissonance) bis zu Irving L. Janis (Group Think) haben die Prozesse beschrieben, die dazu führen, dass Individuen die Realität, die sie umgibt, nicht mehr korrekt wahrnehmen, dass sie Fakten verdrehen, ignorieren, sich eine Realität zurechtbiegen, bis sie dann entweder gegen eine reale Wand laufen und wieder zur Besinnung kommen oder in einer geschlossenen Anstalt die weichen Wände bearbeiten.

Dittert sucht noch nach ihrer Wand.

May habe den Artikel 50 zu einem Zeitpunkt ausgelöst, zu dem sie nicht wusste, wohin die Reise geht, behauptet Dittert.

Selten etwas dämlicheres gelesen. Da es Menschen nicht gegeben ist, in die Zukunft zu schauen, ist es kaum möglich zu wissen, wohin die Reise geht, wenn man neue Wege geht, um einmal im Bild zu bleiben. Im vorliegenden Fall war jedoch klar, wohin die Reise führt: Aus der EU. Dittert will dies offensichtlich nicht wahrhaben.

Interessanterweise scheint Dittert zu denken, May sei mit den Befugnissen einer Alleinherrscherin ausgestattet. Tatsächlich war das Auslösen von Artikel 50 keine Privatentscheidung von May, sondern eine Entscheidung des Kabinetts, die im House of Commons mit einer Mehrheit von 498 zu 114 Abgeordneten bestätigt wurde. Wir sind die älteste parlamentarische Demokratie, trotz der Queen.





Wenn man glaubt, es geht nicht mehr dümmer, kommt der nächste Dittert:

„Um dem rechten populistischen Flügel ihrer Partei zu gefallen, machte sie dann aus dem Referendum allzu bereitwillig ein Votum für die Rückbesinnung auf den englischen Nationalismus.“

So ist das, wenn Linke ihren eigenen Vorurteilen und Scharaden auf den Leim gehen. Tatsächlich hat die Frage der Immigration im Rahmen von Brexit nur am Rand eine Rolle gespielt und nicht einmal May hat diese Rolle besonders betont. Natürlich haben interessierte Kreise unmittelbar nach dem Referendum, das gegen einen EU-Verbleib ausgegangen ist, versucht, Meldungen zu streuen, in denen von zunehmendem Rassismus und zunehmender Gewalt gegen Ausländer die Rede war. Die Versuche sind verpufft, wie so viele lancierte Lügenkampagnen.

Im Übrigen ist allein die Rede von einem „englischen Nationalismus“ Grund genug, Dittert, die offenkundig über keine grundlegenden Kenntnisse über den Ort verfügt, an dem sie ihren Hintern plattdrückt, abzulösen.

Wir erinnern uns an eine kleine Teerunde in Hampshire. Unsere Gastgeberin kam im Laufe des Gesprächs darauf zu sprechen, dass Engländer im Gegensatz zu Walisern und Schotten und selbst Nordiren über keine positive Definition ihres „Englischseins“ verfügten, keine Symbole der eigenen Englischheit, geschweige denn eines Nationalismus‘. Vor allem: England ist nur ein Teil von Großbritannien, was Dittert in ihrem Londoner ARD-Echozimmer offensichtlich entgangen ist. Selbst wenn es einen englischen Nationalismus gäbe, so wäre er für das United Kingdom unerheblich. Aber es gibt nicht einmal einen britischen Nationalismus, der mit der Bedeutung und den Inhalten verbunden wäre, die dem Begriff „Nationalismus“ in Deutschland angedichtet werden.

Die einzige Form vielleicht englischen Nationalismus’, die uns bekannt ist:

Denn im Gegensatz zu Kontinentaleuropa gibt es im Vereinigten Königreich die herrschende Maxime der Fairness, die es erfordert, dass bevor an Leute verteilt wird, die nichts zur Verteilungsmasse beigetragen haben, erst einmal diejenigen versorgt werden, die dazu beigetragen haben. Wenn das Nationalismus ist, ist Gerechtigkeit gerade zum Gegenstand des Nationalismus erklärt worden.

Was noch mehr erschrecken muss als die Unfähigkeit eines Korrespondenten eines öffentlich-rechtlichen Senders, der von Gebührenzahlern ausgehalten wird, zwischen England, Wales, Schottland, Nordirland und dem Vereinigten Königreich zu differenzieren, ist das Übertragen der europäischen Hassbegriffe auf das Vereinigte Königreich.

Wenn Dittert tatsächlich geistig im Vereinigten Königreich anwesend war, dann muss sie mitbekommen haben, dass der vor allem von Linksaußen Owen Jones im Guardian betriebene Versuch, Brexit-Befürworter in die rechte Ecke zu stellen, massiv in die Hose gegangen ist. Es mag sein, dass Begriffe wie „rechter populistischer Flügel“ auf dem Kontinent dazu geeignet sind, Personen durch Zuordnung und ohne irgendeine Form der Argumentation zu diskreditieren, im Vereinigten Königreich ist das nicht der Fall, wie Dittert wüsste, wenn sie geistig anwesend wäre.

Aber selbst wenn man diejenigen, die für den Brexit eingetreten sind, Michael Gove, Boris Johnson, Jacob Rees-Mogg als Rechtspopulisten verunglimpfen wollte, so wäre die Behauptung, May habe sich in die Arme ausgerechnet von Johnson oder Rees-Mogg geworfen, an Unsinn kaum mehr steigerbar.

Was denkt Dittert eigentlich, warum May und nicht Johnson Premierminister geworden, ist, warum Johnson als Außenminister im Kabinett May zurückgetreten ist? Woher kommt der heftige Widerstand von mehr als einem Drittel der Konservativen Abgeordneten, die in der European Research Group zusammengeschlossen sind? Hat die dreimalige Niederlage, die May im House of Commons mit dem Withdrawal Agreement erlitten hat, vielleicht etwas damit zu tun, was in dem Withdrawal Agreement steht, und der Rücktritt Mays damit, dass sie in den Verhandlungen gegenüber der EU viel zu weich aufgetreten ist und im Vereinigten Königreich in weiten Teilen als eine Art Gewährsmann der Europäischen Union, als eine Art Manchurian Candidate angesehen wird, der das Königreich in koloniale Abhängigkeit von der EU verscherbeln will? Im Gegensatz zu Europäern sind Briten keine Freunde von Kolonialismus (Danke an Dr. Diefenbach für den Hinweis).

Es ist erschreckend, wie es angeblichen Journalisten gelingt, nichts von dem, was sie umgibt, wahrzunehmen oder wie bemüht sie sind, ihre ideologische Sicht auf die Realität durchzusetzen und dabei nicht einmal davor zurückzuschrecken, offenkundige Fake News zu verbreiten. Dittert schreibt:

„Stattdessen spaltete sie das Land noch tiefer, indem sie die nationalistischen Parolen des rechten Rands ihrer Partei immer wieder in den Mittelpunkt ihrer Rhetorik stellte“.

Wir fordern Annette Dittert hiermit auf, auch nur eine „nationalistische Parole“ zu nennen, die May in den Mittelpunkt ihrer Rhetorik gestellt haben soll. Bis zur Benennung mindestens einer dieser angeblich „nationalistischen Parolen“ stellen wir in den Raum, dass Dittert eine Lügnerin ist, deren Bemühen dahin geht, der deutschen Öffentlichkeit eine britische Realität zu präsentieren, die es außerhalb des Schädels von Dittert bestenfalls als Spurenelemente bei ähnlich verirrten Gestalten gibt.

Ein Kommentar ist der Ort, an dem ein informierter Journalist auf Grundlage seiner Informationen eine begründete Bewertung abgibt, er ist nicht der Ort, an dem ein Journalist-Darsteller seiner Phantasie freien Lauf lässt und die Diskreditierungen anbringt, der er schon immer einmal loswerden wollte.


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