Volksgesundheit gestern und heute: Sind Nichtraucher alle Nazis?

Menschen denken, träumen und handeln im Einklang mit dem, was sie essen. Das ist die Prämisse, die in „La Cucina Futurista“ ihren Niederschlag gefunden hat. La Cucina Futurista ist das Manifest von Filippo Tommaso Marinetti, dessen Ziel darin bestand, die Italiener durch Ernährung zu einem wehr- und kriegstauglichen Volk zu machen. Eines der Haupthindernisse dazu: Pasta. Dieselbe wollte Marinetti verbieten (und Benito Mussolini soll der Idee aufgeschlossen gegenüber gestanden haben), denn das Essen von Pasta ziehe Antriebslosigkeit, Pessimismus und das Fehlen von Leidenschaft nach sich.

Quelle: Proctor (1996: 1450).

Die Volksernährung, die Volksgesundheit lag nicht nur Mussolini in Italien am Herzen, sie lag auch den Nazis im angrenzenden Deutschen Reich am Herzen. So finden sich in Nazi-Deutschland bemerkenswerte Beispiele für aggressive Gesundheitskampagnen, mit denen die Nationalsozialisten ihre Bevölkerung zu einem gesunden Lebensstil, der auf viel Obst und Gemüse aufbaut und der Herrenrasse würdig war, erziehen wollen.

Besonders der Kampf gegen Krebs, den die Nazis geführt haben, hat einen gewissen Wiedererkennungswert und ganz offenkundig etliche Jahrzehnte später Pate gestanden als es darum ging, die individuellen Raucher dazu zu zwingen, sich Lungenkrebs aus anderen Quellen zu besorgen.

Lassen Sie die folgenden Informationen einfach auf sich wirken. Robert N. Proctor hat sie zusammengestellt. Wir geben sie hier nur wieder:

Der Krieg der Nazis gegen die Raucher:

Im Jahr 1938 hat die Deutsche Luftwaffe Rauchen in ihren Räumlichkeiten untersagt.

Die Post hat sich die Luftwaffe zum Vorbild genommen und es ihr gleichgetan.

1939 hat die NSDAP das Rauchen in allen ihren Räumlichkeiten verboten. Im selben Jahr hat Heinrich Himmler ein Rauchverbot für alle Mitglieder der SS erlassen.

Hermann Göring wollte nicht nachstehen und hat deutschen Soldaten das Rauchen in der Öffentlich untersagt.

In den 60 größten Städten Deutschlands wurde Rauchen in Straßenbahnen verboten (1941).

Quelle: Proctor (1996: 1452).

In Luftschutzbunkern war Rauchen verboten (1942).

Ab Juli 1943 war jedem Deutschen, der das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hatte, das Rauchen verboten.

1944 wurde Rauchen in allen Bussen und Bahnen in Deutschland verboten.

Franz H. Müller und Erich Schöninger haben 1939 bzw. 1943 erstmals Forschungsergebnisse vorgelegt, die Rauchen mit Lungenkrebs in Verbindung gebracht haben.

Die Nazi Propaganda hat die Nichtraucher Franco, Hitler und Mussolini den starken Rauchern Churchill, Roosevelt und Stalin gegenübergestellt.

Quelle: Proctor (1996: 1451)

Öffentliche Kampagnen in Deutschland haben sich schon damals des Mittels der Rollenmodelle bedient, um die Bevölkerung im vorgesehenen Sinne zu erziehen (siehe Poster links).

Genutzt hat es nichts. Der pro-Kopf-Verbrauch an Zigaretten ist im Zeitraum von 1932 bis 1939 von 570 auf 900 Zigaretten pro Jahr und Deutschem angestiegen. Smith, Ströbele und Egger (1995) argumentieren, dass der Anstieg eine Form des kulturellen Widerstands gegen das Nazi-Regime gewesen sei.

 

Am 20. Juni 1940 hat Hitler die Ausgabe von Tabak an Frontsoldaten angeordnet.


Proctor, Robert N. (1996). The anti-Tobacco Campaign of the Nazis: a Little Known Aspect of Public Health in Germany 1933-45. British Medical Journal 313(7070): 1450-1453.

Smith, G. Davy, Ströbele, S.A. & Egger Matthias (1995). Smoking and Death. British Medical Journal 310(6987): 396.


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