ZDF: Ein Trash-Sender, der nach Bürgerkrieg lechzt

„Wir werden den Eindruck nicht los, dass es bei der ARD-Tagesschau Leute gibt, die jeden Tag aufs Neue hoffen, dass es in Nordirland zu Ausschreitungen kommt, dass der alte Nordirlandkonflikt, der mit dem Good Friday Agreement von 1998 beigelegt wurde, wieder aufflammt…“

Das haben wir am 19. April diesen Jahres geschrieben. Wir schreiben es heute wieder, dieses Mal mit Blick auf das ZDF, einem nach allem, was man an Bedeutung in das Wort „Trash“ legen kann, Trash-Sender, bei dem nicht nur Journalisten-Darsteller beschäftigt sind, die ihre Zuschauer belügen, sondern auch eine Reihe von Journalisten-Darsteller, die offensichtlich hoffen, dass es in Nordirland bald wieder einen blutigen Konflikt gibt.

Letztere haben das unten zu bewundernde Machwerk für ihre Zuschauer auf Facebook fabriziert, Zuschauer, die in der Regel nichts von der „Battle of the Bogside“ gehört haben, die nicht wissen, wo Derry liegt, das in Deutschland generell mit Londonderry benannt wird, die sicher keine Ahnung davon haben, welche Ursache der „Bürgerkrieg“ in Nordirland hatte, und entsprechend jeden Trash glauben, der ihnen von der heute-Redaktion vorgesetzt wird.

Die Geschichte, die das ZDF erzählen will, ist schnell zusammengefasst. Die Spannungen, die es Ausgang der 1960er Jahre in Derry gegeben hat, werden auf Auseinandersetzungen reduziert, die es um eine protestantische Parade gegeben haben soll, die angeblich am von Katholiken bewohnten Stadtteil Bogside vorbeigezogen ist: Die Apprentice Boy Parade, die jährlich durchgeführt wird und an die Belagerung der Stadt durch Truppen von James II unter Führung des Earl of Antrim im Jahre 1688 erinnert. Der Erzählung nach haben 13 Auszubildende (Apprentices) die Schlüssel der Stadt gestohlen und die Tore geschlossen. Derry war damit in offener Rebellion gegen James II, und der Earl of Antrim hatte zu wenig Truppen, um das zu ändern. Folglich ist er unverrichteter Dinge nach 105 Tagen Belagerung abgezogen. Die symbolische Bedeutung dieser kleinen Episode aus der Geschichte ergibt sich u.a. daraus, dass mit William of Orange und James II, ein Protestant Widersacher des letzten katholischen Königs in der Geschichte des Vereinigten Königreichs war.





Am 12. August des Jahres 1969 kam es anlässlich der „Apprentice Boys Parade“ in Derry zu heftigen Ausschreitungen, bei denen sich die Polizei auf der Seite der Protestanten fand, da sie von den katholischen Bewohnern Derrys zur Zielscheibe von allerlei Wurfgegenständen und Brandbomben gemacht wurde. Die Polizei hat damals übrigens nicht – wie das ZDF insinuiert, vornehmlich aus „Protestanten“ bestanden hat, schon weil die Polizeikräfte aus ganz Nordirland zusammengezogen werden mussten. Jenseits davon war die Polizei auf die Ausschreitungen in keiner Weise vorbereitet.

Die Ereignisse sind auch nicht vom Himmel gefallen. Sie haben eine Vorgeschichte, bei der die Überreste der IRA und Derry Aktivisten, so genannte civil rights activists, wie Eamonn McCann und Bernadette Devlin eine wichtige Rolle spielen. Die Auseinandersetzungen dauerten drei Tage an. Ob sie Startschuss und Ursache für den Nordirlandkonflikt, der in Britannien gemeinhin als „The Troubles“ bekannt ist, waren, ist eine umstrittene Frage. Alternative Daten sehen 1966 und die Gründung der Ulster Volunteer Force oder die Entsendung britischer Truppen nach Nordirland am 14. August 1969 als Ursache der nachfolgenden Auseinandersetzungen.

Derartige Fragen stellt man sich beim ZDF offensichtlich nicht, denn dort geht es darum, einmal mehr eine eindimensionale Geschichte zu erzählen. Sie geht wie folgt: 1969 marschieren Protestanten entlang eines katholischen Wohngebiets und provozieren. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen. Daraus resultiert der „Bürgerkrieg“ in Nordirland, der erst 1998 mit dem Good Friday Agreement beendet werden kann. „3.500 Menschen sterben“, so trieft das ZDF, bei dem man immer noch auf die Aufarbeitung der stalinistischen Säuberungen und der Toten an der Innerdeutschen Grenze wartet. Und dann geht es weiter:

„Heute – 50 Jahre nach dem[r] „Battle of the Bogside“ drohen neue Unruhen. Im April kommt es in Londonderry zu schweren Ausschreitungen. Bei Schüssen auf Polizisten stirbt dabei die Journalistin Lyra McKee. Zur Tat bekennt sich später eine kleine Gruppe Separatisten, die Neue IRA, die das Karfreitagsabkommen ablehnt“.

Nicht nur wird hier der Eindruck erweckt, „The Troubles“, seien ein Konflikt, der auf Provokationen von protestantischer Seite zurückgeht. Die an Einseitigkeit und Borniertheit kaum zu steigernde Erzählung geht weiter mit der Behauptung „schwere Ausschreitungen“, die es in der Nacht zum 19. April wieder in Derry gegeben haben soll, stellten den Frieden in Nordirland in Frage, und irgendwie sind die Neue IRA und Unabhängigkeitsbestrebungen mit von der Partie.

Vergessen Sie alles, was der öffentlich-rechtliche Trash-Sender, bei dem eigentlich nur der irre Hinweis fehlt, dass die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs vom BREXIT ausgehe, einen Hinweis, den die ARD sich damals nicht verkneifen konnte, ihnen hier erzählen will. Was tatsächlich in Derry, im Stadtteil Creggan in der Nacht zum 19. April geschehen ist, ist Folgendes:

Die Polizei hat in Creggan Häuser durchsucht. Denn in Creggan sollen mehrere Mitglieder der New Irish Republican Army (NIRA) leben. Gesucht haben die Polizeibeamten Waffen und Munition, denn an Ostern jährt sich das Easter Rising von 1916, und es wird befürchtet, dass die New Irish Republican Army dies zum Anlass für Anschläge nimmt.

Es gibt also keine schweren Ausschreitungen, vielmehr gab es nach Ansicht von Chief Constable Mark Hamilton ein koordiniertes Vorgehen von Mitgliedern der New IRA, um die Polizeibeamten daran zu hindern, weiter Häuser zu durchsuchen. Im Zuge dieser Aktion hat ein Bewaffneter wahllos auf Polizeiautos und Polizeibeamte geschossen. Dabei wurde die Journalistin getroffen.

Um die „Separatisten“; wie das ZDF verharmlosenden die Mörder der NIRA nennt, einschätzen zu können, muss man über dieses Grüppchen Folgendes wissen:

Die New IRA ist das Ergebnis eines Zusammenschlusses aus mehreren paramilitärischen Organisationen. Die Auseinandersetzung zwischen der Polizei und Angehörigen der NIRA ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die irischen und die britischen Sicherheitskräfte die Intensität ihres Vorgehens gegen die Gruppe erhöht haben und die Gruppe u.a. durch Festnahmen führender Mitglieder wie Michael McKevitt ausgedünnt wurde.

Die NIRA geht auf die Real Irish Republican Army (RIRA) zurück, die sich 1998 von der IRA abgespalten hat. Am 10. April des Jahres 1998 wurde das Good Friday Agreement zwischen der Britischen und der Irischen Regierung geschlossen (wie haben hier darüber berichtet). Das Abkommen wurde von nahezu allen nordirischen Parteien unterzeichnet, darunter Sinn Fein, der politische Arm der IRA.

Die RIRA hat sich noch 1998 unter der Führung von Michael McKevitt von der IRA getrennt, um den bewaffneten Kampf fortzuführen, dessen Ziel darin besteht, ein unabhängiges und geeintes Irland zu erstreiten. Die NIRA besteht in weiten Teilen aus Resten der RIRA, ergänzt um ein paar kleine paramilitärische Gruppen wie die Republican Action Against Drugs (RAAD). Der Zusammenschluss der RIRA mit der RAAD ist insofern ein Höhepunkt der Bigotterie als die RIRA einen Teil ihrer Geldmittel über den Handel mit Drogen generiert und immer wieder in Auseinandersetzungen und Morde in der Halbwelt der Drogenhändler verstrickt ist.





Seit 1998 gehen 33 Tote auf das Konto der RIRA/NIRA, das Omagh-Bombing vom 15. August 1998 bei dem 29 Menschen getötet und 220 verletzt wurden, ist der blutigste Terroranschlag der RIRA/NIRA. Hinzu kommen der Polizeibeamte Ronan Kerr, der durch eine Autobombe im Jahr 2011 getötet wurde, der Gefängniswärter David Black, der auf dem Weg zur Arbeit erschossen wurde und die Ermordung von zwei britischen Soldaten im Jahre 2009 (das sogenannte Massereene Barracks Shooting), die erschossen wurden, als sie eine Pizza-Lieferung entgegen nehmen wollten. Zwei weitere Soldaten wurden dabei verletzt.

Die Liste der RIRA/NIRA Aktionen ist lang. Sie umfasst das Versenden von Briefbomben, die Ermordung von Drogenhändlern und vieles mehr in nahezu kontinuierlicher Reihe von 1998 bis heute. Die „schweren Ausschreitungen“, die das ZDF erfunden hat, sind also eine der Aktionen der NIRA, wie sie seit 1998 mehr oder weniger regelmäßig zu berichten sind. Es fehlt ihnen somit die Außergewöhnlichkeit, die das ZDF suggerieren will, und es fehlt vor allem die Einzigartigkeit, aus der das ZDF die Bedrohung des Friedens in Nordirland konstruieren will.

Die NIRA finanziert sich wie die meisten Terrororganisationen durch organisierte Kriminalität: Schmuggel und Drogenhandel im Fall der NIRA. Hinzu kommen Geldgeber in den USA und auf dem Europäischen Kontinent, die den Terroristen unter die Arme greifen.

Tatsächlich ist die NIRA ein isolierter Haufen von Verbrechern, die ihre Kriminalität als politischen Kampf tarnen, ähnlich wie die kriminellen Clans, die der Polizei in Nordrhein-Westfalen zu schaffen machen.

Wir beobachten die Hoffnungen in deutschen Redaktionen auf Unfrieden und am besten bewaffnete Konflikte in anderen Ländern seit einiger Zeit. Vor allem Nordirland scheint bei öffentlich-rechtlichen Schmierfinken hoch im Kurs zu stehen. Es ist einfach nur widerlich, und das ZDF wird immer mehr zum Trash-Sender, dem gegenüber RTL wie der Olymp der korrekten Information wirkt.

Die von John Peto verfasste Dokumentation versucht, die Ereignisse aus dem Jahre 1969 nachzuarbeiten:

 

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