Inkompetenz in belehrendem Ton: Das Framing der Amadeu-Antonio-Stiftung

Zwei Entscheidungsprobleme:


Problem A:

Die Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) soll mit Steuergeldern dafür finanziert werden, Rechtsextremismus zu bekämpfen. Zwei Programme stehen zur Auswahl:

Programm A kostet eine Million Euro und führt dazu, dass zwei Rechtsextreme vom Unheil bekehrt werden.

Programm B kostet eine Millionen Euro. Wenn es eingesetzt wird, dann werden mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel 6 Rechtsextreme bekehrt und mit einer Wahrscheinlichkeit on zwei Dritteln kein Rechtsextremer.

Welches Programm wählen Sie, A oder B?


Problem B:

Abermals soll die Amadeu-Antonio-Stiftung mit Steuergeld dafür finanziert werden, Rechtsextremismus zu bekämpfen. Zwei Programme stehen wieder zur Auswahl:

Programm A kostet eine Million Euro. Es ist bei 4 von 6 Rechtsextremen wirkungslos.

Programm B kostet eine Million Euro. Es führt mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel dazu, dass 6 von 6 Rechtsextremen bekehrt werden und ist mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln wirkungslos.

Welches Programm wählen Sie, A oder B?


Das beschriebene Entscheidungsproblem ist ein Beispiel für Framing. Framing bezieht sich darauf, dass man durch die Formulierung eines Problems, die Überzeugung und die Handlungsentscheidung von Menschen beeinflussen zu können glaubt. Das oben dargestellte Framingproblem ist unsere Variante des „asian disease problem“, das Amos Tversky und Daniel Kahneman entwickelt und getestet haben. Die unterschiedliche Formulierung der beiden identischen Probleme hat zum Ergebnis, dass eine Mehrheit der Probanden, denen Tversky und Kahneman die beiden Entscheidungsrobleme vorgelegt haben, bei Problem A Programm A wählt, während bei Problem B Programm B von einer Mehrheit gewählt wird.





Framing ist somit ein Konzept, das beschreibt, wie man menschliche Überzeugungen bzw. Handlungsentscheidungen durch Formulierungen von Entscheidungsproblemen beeinflussen kann. Entsprechend haben Tversky und Kahneman geschrieben:

„Prospect theory distinguishes two phases in the choice process: a phase of framing and editing, followed by a phase of evaluation. The first phase consists of a preliminary analysis of the decision problem, which frames the effective acts, contingencies and outcomes. Framing is controlled by the manner in which the choice problem is presented, as well as by norms, habits and expectancies of the decision maker”.

Framing ist also nur im Zusammenhang mit Handlungssituationen überhaupt von Bedeutung. Es ist ein Konzept, das die Formulierung der Handlungsalternativen oder besser: Die Präsentation von Handlungsalternativen betrifft, und es ist darüber hinaus ein Konzept, dessen Wirksamkeit von den Normen, Gewohnheiten, Erwartungen, Kenntnissen dessen abhängt, der „geframed“ werden soll.

Im Zusammenhang mit Organspende wird derzeit diskutiert, ob Bürger erklären sollen, dass sie ein Organ spenden wollen oder ob sie erklären sollen, dass sie kein Organ spenden wollen. Von der unterschiedlichen Erklärung, die mit unterschiedlichen Vorgaben einhergeht, denn einmal ist die Organspende die Vorgabe, einmal nicht, erwarten sich diejenigen, die Framing als Manipulationsmittel einsetzen wollen, natürlich mehr gespendete Organe oder was auch immer es ist, das ihnen einen Nutzen verschafft.

Framing ist ein manipulatives Mittel, eine manipulative Präsentation einer Handlungssituation, deren Erfolg davon abhängt, dass derjenige, der geframed werden soll, es nicht bemerkt.

Insofern verbinden sich mit Framing eine Reihe von ethischen Problemen, vor allem das ethische Problem, dass es in der Regel nur für Sozialisten einen gangbaren Weg darstellt, sich durch das Belügen oder Manipulieren von Bürgern einen Vorteil zu verschaffen.

Soweit zum Konzept des Framings.

Wie viele Begriffe, so hat auch der Begriff des Framings das Schicksal erlitten, von Ideologen entdeckt zu werden. Die ARD dilettiert mit einem Framing-Manual, das aus Geldern der Gebührenzahler teuer finanziert wurde. Die Neuen Medienmacher wollen anderen erklären, was Framing bedeutet, obwohl sie selbst eine Erklärung notwendig hätten, was Framing eigentlich ist und wenn Karl Lauterbach oder die AAS den Begriff des Framings verwenden, dann weiß man, jetzt sind Hopfen und Malz verloren, jetzt sind wir im Bereich der Dunning-Kruger-Kurve, in dem die felsenfeste Überzeugung, ein Konzept zu beherrschen, auf die vollkommene Inkompetenz des Überzeugten mit Bezug auf eben dieses Konzept trifft.

Karl Lauterbach haben wir hier bereits verarztet.

Und nun hat uns die AAS die folgende an Falschheit nicht mehr zu übertreffende Erklärung des Konzepts von „Framing“ zugemutet:

Framing ist ein Werkzeug der strategischen Kommunikation. Sein Zweck ist es, durch die sorgfältige Auswahl der eigenen Worte und Narrative Assoziationen und Kontexte hervorzurufen, die die eigene Einstellung stützen.“

Dieser Mist steht in einer Broschüre, in der die AAS Andere über die richtige Art des Umgangs mit der AfD belehren will. Es ist eben so: je geringer die Kompetenz, desto größer die Überzeugung, man könne andere belehren, und die AAS hat aus dem Belehren anderer ein gutes Geschäft gemacht.

Zurück zum Framing.

Framing ist KEIN Werkzeug der strategischen Kommunikation.

Sein Zweck ist nicht die sorgfältige Auswahl der eigenen Worte und Narrative, um bei denen, an die die Worte gerichtet sind, Assoziationen hervorzurufen.

Kontexte kann man nicht hervorrufen.

Und selbstverständlich zielt Framing nicht darauf, Einstellungen, noch dazu die eigenen, zu stützen. Wozu sollte man die eigenen Einstellungen per Framing Anderer stützen wollen.

Es ist schwierig so viele Fehler in zwei kurze Sätze über Framing zu packen. AAS schafft das. AAS ist eine Echokammer der Schwätzperten, in der offenkundig darüber gewetteifert wird, wer den größten Blödsinn über ein Konzept in die Welt setzen kann, das zwei Sozialpsychologen, Amos Tversky und Daniel Kahneman einst entwickelt haben, um ein Problem zu verdeutlichen, das sich mit den Annahmen verbindet, die in Modellen der neoklassichen Ökonomie vorhanden sind, in denen der vollinformierte und logisch konsistent entscheidende rationale Akteur die Grundlage aller Handlungsmodellierung bildet.



Dass man bei der AAS keine Ahnung hat, mit welchen Konzepten man hier hantiert, zeigt sich nichtzuletzt daran, dass die Kenntnislosen ausgerechnet ein Konzept benutzen, das man aus ihrer Sicht als neoliberal bezeichnen muss.

Aber so ist das eben, jeder denkt, er könne alles. Befragungen kann jeder Hirni durchführen, Interviews führen, pah, jede Klitsche der Marktforschung, ja selbst Genderisten sind der Meinung, sie könnten das, und natürlich weiß auch jeder immer alle Hintergründe zu den Begriffen und Konzepten, die er im Mund führt. Aber manchmal geht es, wie bei der AAS, schief, manchmal werden Schwätzperten als die leeren Spruchbeutel enttarnt, die sie nun einmal sind.

Wenn ein belehrender Duktus am Beginn einer Broschüre steht, in der andere über den richtigen Umgang mit der AfD belehrt werden sollen und sich nach nur zwei Sätzen herausstellt, dass der Schwätzperte, der hier erfolglos versucht hat, nicht nur die deutsche Sprache zu meistern, sondern auch einen gelehrten Eindruck zu machen, nichts anderes ist als eben ein Schwätzperte, einer dessen Kompetenz im umgekehrten Verhältnis zu seiner Überzeugung steht, dann muss man nicht weiterlesen, dann kann man die angebliche Broschüre einstampfen, zum Ausgleich für wackelnde Stuhlbeine einsetzen oder als Heizmittel im offenen Kamin.

Nur schade, dass vermutlich Steuergelder für dieses Meisterwerk der Schwätzpertokratie verbraten wurden, was abgesehen davon, sofern sie verbraten wurden, ein Beleg für politische Korruption ist. Aber: Seit der Frauenanteil im öffentlichen Leben steigt, steigt auch die Toleranz gegenüber Korruption und Lüge, man nennt Lügen nun, „strategische Kommunikation … durch die sorgfältige Auswahl der eigenen Worte“.



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