Brexit-Bill: ARD feiert in Unkenntnis eine Niederlage als Sieg
Das Gesetz gegen den No Deal Brexit, das im Unterhaus von 328 Abgeordneten, die für sich in Anspruch nehmen, gewichtiger als 17,4 Millionen Wähler zu sein, durchgeprügelt werden soll, um Boris Johnsons Verhandlungsposition gegenüber der EU zu zerstören und von dem man sich fragt, wer tatsächlich als Mastermind hinter dem Gesetzentwurf steht, der auf ewig mit dem Namen von Hilary Benn verbunden sein wird (keine schöne Aussicht), die ARD feiert es wie einen Sieg, einen Sieg der Guten im Unterhaus, die das Ergebnis eines Referendums mit Füßen treten, über die Bösen, die doch tatsächlich den Willen der Mehrheit der britischen Wähler, die am Referendum im Juni 2016 teilgenommen haben, umsetzen wollen.
Wo kämen wir hin, wenn das, was Bürger mehrheitlich als Willen deklarieren, von den politisch-Selbstherrlichen und ihren ebenso in chronischem Narzissmus ertrunkenen Helfershelfern in den Medien einfach so akzeptiert und umgesetzt würde, von ihnen, die doch alles besser wissen, alles ganz genau wissen, wissen, was wir sollen, müssen und vor allem: dürfen?
Die Antwort ist natürlich: In eine Demokratie. Und Demokratie, das ist nun wirklich das Letzte auf der Agenda der ARD.
Nun feiern die Narzissmus-Trunkenen in den Redaktionen, die schon seit Wochen ihre Schadenfreude und ihre Boshaftigkeit über Boris Johnson ausgießen, ausgerechnet einen Gesetzentwurf, der nie Gesetz werden wird, der „dead on arrival“ ist, wie wir sagen.
Brexiteers in the Lords have now tabled 102 amendments. Each amendment must be debated and voted on, twice.
This would mean the Lords would have to sit for 24 hours every single day (100+ hours) until Saturday before the bill can be put back to the Commons.
A masterclass move.
— #StandUp4Brexit (@MoggMentum) September 4, 2019
Nicht nur die Remainers, die seit mehr als drei Jahren versuchen, den Brexit zu unterlaufen, kennen sich in der dark art des britischen parlamentarischen Systems aus, auch die Brexiters und mit Boris Johnson haben sie nun endlich einen Prime Minister, der es den Remainers mit gleicher Münze heimzahlt.
Der Gesetzentwurf, der mit dem Namen Hilary Benn verbunden ist, wird aus dem Oberhaus nicht rechtzeitig in das Unterhaus zurückkommen, um nicht der Prorogation zum Opfer zu fallen. Wie wir schon vor einiger Zeit berichtet haben, ist die Prorogation des Parlaments ein normaler Prozess, der im Britischen Unterhaus regelmäßig stattfindet und der dieses Jahr mit der Parteikongress-Saison verbunden wurde. Die Hygienemaßnahme besteht darin, dass angefangene Gesetzesvorhaben, die vom Unterhaus nicht beendet wurden, ersatzlos gestrichen, beerdigt werden.
Wir freuen uns schon auf das Epitaph der ARD-Narzissten, wenn sie feststellen, dass sie sich zu früh gefreut haben, wenn sie bemerken, welches Husarenstück Boris Johnson tatsächlich abgeliefert hat.
Er ist auf einen Schlag das Problem der Tory-Abgeordneten losgeworden, die in der Vergangenheit maßgeblich dafür waren, dass der Brexit nicht vollzogen werden konnte. Philip Hammond, Dominic Grieve, David Gauke, Ken Clarke, Sir Oliver Letwin, Sir Nicholas Soames und 15 weitere Tory-Abgeordnete sind Geschichte, d.h. deseated. Ihnen wurde der „Whip“ entzogen, d.h. sie können für die Conservatives nicht mehr kandidieren, in keiner Constituency. Im nächsten Parlament werden sie also nicht mehr als Tory-Abgeordnete zu finden sein. Gut, für Boris Johnson, für uns und die Demokratie.
Das bringt uns zum Thema Neuwahlen und zu der blöden Situation, in der sich die Labour Party wiederfindet, denn Labour will um Himmels Willen keine Neuwahlen. Seit Boris Johnson Prime Minister ist, sind die Conservatives in den Umfragen im Höhenflug, haben bis zu 14% Vorsprung vor Labour, genug Vorsprung, um eine schöne Mehrheit im nächsten House of Commons zu gewinnen, auf Kosten von Labour. Der Partei droht ein Meltdown ohne Gleichen. Also fürchtet Labour Neuwahlen wie der Teufel das Weihwasser.
Boris Johnson will aber Neuwahlen.
Labour will die Zustimmung zu Neuwahlen verweigern.
Boris Johnson kann Neuwahlen erzwingen, wenn er eine Vertrauensabstimmung ansetzt und verliert. Dann gibt es zwangsläufig Neuwahlen. Labour kann diese Neuwahlen nur verhindern, wenn Labourabgeordnete Johnson das Vertrauen aussprechen, denn Johnson wird seine eigene Fraktion natürlich darauf verpflichten, der Vertrauensabstimung fern zu bleiben. Wenn Labour Boris Johnson das Vertrauen ausspricht, dann kann Labour nichts dagegen haben, wenn Boris Johnson, immer vorausgesetzt, die EU bleibt bei ihrer bockigen Kleinkindhaltung, das Vereinigte Königreich per Hard Brexit aus dem Mitgliedsjoch befreit.
Eine schöne Situation, nicht für Labour, aber für uns. Und wetten: Davon haben Sie in deutschen Medien noch nichts gelesen oder gehört oder gesehen?
Nachtrag
Zwischenzeitlich gibt es eine weitere Wendung. Offenkundig hat die Regierung Johnson die beschriebene Situation im Oberhaus als Verhandlungseinsatz genutzt, um Labour die Zustimmung zu Neuwahlen abzuzwingen. Demnach sieht es im Moment wie folgt aus:
Die Benn-Bill soll bis Freitagabend 5 pm britische Zeit aus dem Ober- an das Unterhaus zurückgegeben werden, damit sie am Montag für Royal Assent vorbereitet werden kann, der wiederum die Voraussetzung für Neuwahlen ist. Da Labour die ganze Zeit behauptet hat, man werde Neuwahlen nicht blockieren, wenn sichergestellt ist, dass das UK während der Wahlen nicht per Hard Brexit die EU verlässt, kann sich Labour nun der Zustimmung zu Neuwahlen nicht mehr verschließen.
Die Benn-Bill sieht vor, dass die Regierung Johnson bis zum 17. Oktober einen neuen Deal mit der EU durch das Parlament bringt oder bis zum 19. Oktober dessen Zustimmung für einen Hard Brexit erhält und ansonsten bei der EU eine Verlängerung anstrebt. Offenkundig ist man im Team Johnson der Ansicht, ein nach Neuwahlen von Brexiters dominiertes Parlament werde entweder ersteres oder zweiteres bewerkstelligen.
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„Eine schöne Situation, nicht für Labour, aber für uns. Und wetten: Davon haben Sie in deutschen Medien noch nichts gelesen oder gehört oder gesehen?“
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Ganz genau, Herr Klein, genauso ist es. Das Verhalten der deutschen Politik und ihrer Hofberichterstatter wird mir langsam aber sicher unheimlich, weil diese gezielt bewusst falsch informieren und keine Gewissensbisse kennen. Das ist ein gefährlicher Boden für uns Bürger, da wir offenbar KEINEN Durchblick, in welcher Form auch immer, erhalten sollen. Als was wird Frau M. wohl in die Geschichte eingehen???
Ich habe vergessen, zu erwähnen, dass Sie, liebes Team von ScienceFiles, unersetzlich sind und das nicht nur in diesem Falle?
Machen wie Vorfahren unter den Nazis: Englisch lernen…ß)
Danke – danach habe ich gesucht!…ß)
Michael, die Journaille verwechselt den Tellerrand mit dem Horizont!
….weil der rotgrüne Klimaplanet eine Scheibe ist kann da schon mal passieren.
Was für ein Affentheater, die spinnen die Briten. Aber danke für die Info.
Ohne finanzielle Unterstützung aus Brüssel für Remainer gäbe es kein Affentheater…
Kenne ich das nicht irgendwoher?
Da mischen sich fremde Mächte in die Innenpolitik (Wahlen) eines Staates ein!?
33 – 25 = 8, ich sehe 8% Vorsprung für die Tories, nicht 14%. Mir ist noch nicht klar, inwiefern für Rest-EU ein no-deal Brexit besser wäre als ein geregelter. Immerhin gehört DE noch zur EU und nicht zum UK. Da habe ich wahrscheinlich was verpasst.
Sie haben Einiges verpasst. Im Text steht zum Beispiel “bis zu 14%”, die Abbildung zeigt ein Compositmas. Wir haben naemlich mehr als 1 Umfrageinstitut!
Na gut. Da könnte man ja auch sagen: durchschnittlich 8%-Punkte um es mit der Grafik abzustimmen. Wie auch immer es sei – mir ist der Brexit zwar sympathisch, sozusagen grundsätzlich, weil ich gegen Gigantismus bin. Für Deutschland wird er jedoch massive Nachteile bringen, denn ein potentieller Verbündeter für vernünftiges Wirtschaften in der EU fällt weg. Allerdings habe ich zunehmend den Eindruck, dass DE auch gar keine Verbündeten für Vernunft mehr sucht.
sorry, aber in diesem Fall rechnen Sie wie ein typischer Journalist; tatsächlich sind 33% rund 25 Prozent mehr als 25%
es ist 4:30 morgens …. ich hätte schreiben müssen: wenn man 25 Prozent von 33 Prozent abzieht, dann landet man bei etwa 25 Prozent. Umgekehrt wenn man zu 25 Prozent ca 33 Prozent addiert, dann kommt man auf ca 33 Prozent
jaja, 25 x 1,33 = ca. 33, das wissen wir. Ich hoffe, Sie haben dann später doch noch in den Schlaf gefunden, 😉 Kann einem ja auch wirklich den Schlaf rauben all diese Zahlen …
Ich hätte eine Frage zu dem Artikel: Im Falle, daß Johnson ein Mißtrauensvotum einberuft und dieses verliert, hätte die Opposition meines Wissens zwei Wochen Zeit, selbst eine Regierung zu bilden. Es wird oft geschrieben, daß sie viel zu zerstritten ist, um sich darauf zu einigen, wer welchen Posten bekommt und ähnliches, aber ist das nicht angesichts der Umstände gefährlich, so zu denken? Die Opposition eint der unbedingte Willen, zum einen den Brexit zu verhindern oder bis zur Unkenntlichkeit zu verwässern und zum anderen Boris Johnson eins auszuwischen. Ich finde, genügend Gründe, um doch zusammenzufinden. Und dann wäre ein gescheitertes Mißtrauensvotum ein Debakel.
Eine Schlüsselrolle fällt hier den Liberals zu. Diese sind nicht grundsätzlich gegen einen Brexit, wollen diesen jedoch mit einem Ausstiegsvertrag verknüpft wissen. Dagegen sind die anderen Oppositionsparteien geschlossen für einen Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Zielen. Zudem wäre ein anderer MP als Jeremy Corbyn mutmaßlich handlungsunfähig. Kaum anzunehmen, dass sich die LD und die anderen Parteien auf eine Regierung einigen können. Entgegen landläufig in deutschen Medien verbreiteten Ansichten hat also Boris Johnson tatsächlich alle Trümpfe weiterhin in der Hand.
Die LibDems sind geschlossen GEGEN einen Brexit.
Labour ist über den Brexit zerstritten.
Es gibt keine Mehrheit für welchen Kandidaten der Opposition im HoC auch immer.
Die offizielle LibDem Version ist tatsächlich die Stop Brexit Campaign. Bisher haben sich aber lediglich ca. 350.000 Briten der Kampagne angeschlossen. Die Meinungen innerhalb der Partei sind deutlich verschieden von der offiziellen Version. Das hat damit zu tun, dass alle der zur Zeit 15 LD-Abgeordneten nur äußerst knapp ihren Wahlkreis, zumeist gegen Tories, gewinnen konnten. Diese Abgeordneten sind dann das Zünglein an der Waage, zumal sich Corbyn einer Geschlossenheit in seinen Reihen nicht sicher sein kann.
Wenn ich richtig verstanden habe, war die Frage, ob das Italien-Kunststück auch in GB gelingen kann: ohne Neuwahlen (!) eine Regierungsmehrheit zu schmieden, auch mit miteinander eigentlich inkompatiblen Gruppen/Parteien, die direkt übernehmen und Brüssel gefällige Politik machen. Ich habe ein wenig den Eindruck, als wolle man Johnson das Schicksal Salvinis erleiden lassen. Ich habe aber keine Ahnung, welche Möglichkeiten Johnson von sich aus hat, solche Pläne zu unterlaufen. Auf die Zerstrittenheit seiner Gegner würde ich mich allerdings nur ungern verlassen müssen.
Es ist einfach köstlich!
Irgendwie kommt mir die Aktuelle Kamera vor wie ein depperter Mandant in einem Zivilprozess, der seinen eigenen Anwalt erfolgreich anlügt und übersieht, daß die Gegenseite bescheid weiß wo der Hase im Pfeffer liegt und dann den Sack mit Realität und Fakten zumacht.
Man frägt sich was soll das? Ok, die haben einen klaren Auftrag, aber:
Die frage ist falsch, denn man müßte den Mandanten untersuchen.
Wie auch immer.
ich hoffe rechtzeitig HIER zu erfahren, wann (nicht wenn!) die Altparteien-Echokammer sich outen muß, denn normalerweise tue ich mir das nicht mehr an.
Bei den Wahlsendungen am Tage des Herrn – die kaum zu ertragen waren – war das mal ne Ausnahme, aber wenn man sich diese dümmlichen Dreistigkeiten ständig antut könnte man schon mal seine gewaltfreien Phantasien vergessen und ein paar alte Schuhe zurücklegen.
Ach so, ja, wir hatten es bereits; aber heute paßt es wieder so richtig gut:
»Ich lege hier für den Fall meines Todes das Bekenntnis ab, dass ich die deutsche Nation wegen ihrer überschwänglichen Dummheit verachte und mich schäme, ihr anzugehören.«
Arthur Schopenhauer
Danke. Herr Klein.
Das hat auch bei mir einiges geradegerückt.
Hallo Herr Klein,
offensichtlich sehen Sie die Sache zu optimistisch und die ARD (und alle anderen Demokratie-Feinde) darf sich zurecht ein bisschen freuen, denn so wie es aussieht wird GB doch noch länger als bis zum 31.10. in der EU bleiben.
Außerdem verstehe ich nicht, was Sie an der Art, wie das brit. Parlament arbeitet, so gut finden. Mir fehlt dafür jedes, aber wirklich jedes, Verständnis!!! Die wissen nur, was sie NICHT wollen, aber auch das nicht mal richtig.
Man kann zum Brexit stehen wie man will, ABER es wurde vor der Abstimmung so gelogen, z.B. die 350 Millionen Pfund pro Woche für das Gesundheitssystem auf den Londoner Bussen, das man den Leuten jetzt noch eine Abstimmung geben sollte, Rein oder Raus mit ALLEN Konsequenzen und nicht vom Unterhaus entschieden !
Sie sind ein Opfer der deutschen Propagandamaschine. Es wurde im Brexit-Wahlkampf nicht gelogen. Für wie blöd halten Sie eigentlich britische Wähler?
Mehr dazu hier:
https://sciencefiles.org/2019/06/07/350-millionen-pfund-behauptung-die-halbwahrheit-der-ard/
Achso, die Busse die durch London fuhren mit den Aussagen waren also keine Lüge…
Ich lebe in London und Sie ?
Ich lebe in Wales und habe lange Jahre in Hampshire und kurz vor London gelebt. Und jetzt?
Auf dem Campaign-Bus stand:
We send the EU £350 million a week. Das ist korrekt.
Let’s fund our NHS instead.
Wo sehen Sie hier eine Lüge?
In alternativen deutschen Medien ist zu lesen, dass die Queen mit dem Brexit einverstand sein soll, weil es der Volkswille und GB endlich wieder eigene Einwanderungsregeln aufstellen können soll!
Michael Klein, was Du darüber etwas Genaueres?
Was HM vom Brexit hält, weiß offiziell niemand. Ich vermute, diese Meldungen gehen auf das hier zurück:
https://youtu.be/74r6z1hUjYQ
Zum ersten Mal wird in einer Queen Speech ein Datum für den Brexit genannt. Da die Queen Speech das Regierungsprogramm ist, ist klar, was die Regierung will, was die Queen davon hält indes nicht. Aber ich vermute, dass sie nichts gegen den Brexit einzuwenden hat, zumal sie noch weiß, dass man auch ohne die EU leben kann.
Danke!