Grönemeyers Sportpalastrede 

Heiko Maas gefällt es.

Im Wortlaut:

“wenn Politiker schwächeln…

… dann liegt es an uns zu diktieren, wie ne Gesellschaft auszusehen hat.“

Wir sind also wieder soweit, dass diejenigen, die von sich behaupten, sie wären mehr, den anderen, von denen sie denken, sie seien weniger, diktieren wollen, „wie ne Gesellschaft auszusehen hat“, also was gesagt werden darf und was nicht, welche Meinung zugelassen ist und welche nicht, welches Verhalten erlaubt ist und welches nicht ….

Man weiß nicht, was verstörender ist. Die Tatsache, dass Heiko Maas, der sich vergeblich bemüht, die Schuhe eines Außenministers zu füllen, diesen totalitären Aufruf von Herbert Grönemeyer teilt und offenkundig positiv findet, oder die johlende Menge zu hören, denn diese johlende Menge, sie erinnert so fatal an die letzte große Rede, in der diktiert wurde, wie wir uns verhalten müssen und in der ein „Einpeitscher“ der zustimmend schreienden Massen es geschafft hat, eine totalitäre Idee bejubelt zu bekommen.





Aber natürlich lässt sich die Verstörung noch steigern, wenn man bedenkt, dass hier vornehmlich junge Leute dem Totalitarismus eines betagten Sängers, der offenkundig wie die Rolling Stones auf der Bühne sterben will, zujubeln, einem Senioren-Rocker, der nach dem Konzert wieder nach London in sein Haus fliegt und es sich im freien angelsächsischen Westen bequem macht, um von dort aus die Stimmung in Österreich und Deutschland zu genießen, die er gerade angeheizt hat.

Hier das Original, an das uns Grönemeyers-Brandrede erinnert.

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Im Zeitalter der Identitätspolitik ist es offenkundig so, dass Gutmenschen wie Grönemeyer, ihre besondere Gutheit dadurch zur Schau stellen, dass sie denen, die von dem, was nach Grönemeyer die politisch-korrekte Meinung ist, abweichen, elementare Freiheitsrechte verweigern.

Poppers Toleranzparadox ist genau für Gutmenschen wie Grönemeyer gemacht. Zur Erinnerung, Popper hat nicht argumentiert, dass man Personen, deren Meinungen und Überzeugungen vor Intoleranz strotzen nicht tolerieren soll, er hat gesagt, dass man denen gegenüber nicht tolerant sein darf, die versuchen, elementare Freiheitsrechte zu zerstören, deren Intoleranz nicht nur eine in Meinung und Überzeugung, sondern eine in Handlung ist.



Poppers Paradoxon der Toleranz: 

„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden von Toleranz. Denn wenn wir die unbeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranten zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

Hier endet in der Regel das, was es in das Bewusstsein derer geschafft hat, die Popper missbrauchen. Aber Popper führt weiter aus:

„Damit möchte ich nicht sagen, dass wir z.B. intolerante Philosophien auf jeden Fall gewaltsam unterdrücken sollten; solange wir ihnen durch rationale Argumente bekommen können und solange wir sie durch die öffentliche Meinung in Schranken halten können, wäre ihre Unterdrückung sicher höchst unvernünftig. Aber wir sollten für uns das Recht in Anspruch nehmen, sie, wenn nötig, mit Gewalt zu unterdrücken, denn es kann sich leicht herausstellen, dass ihre Vertreter nicht bereit sind, mit uns auf der Ebene rationaler Diskussion zusammenzutreffen, und beginnen, das Argumentieren als solches zu verwerfen; sie können ihren Anhängern verbieten, auf rationale Argumente – die sie ein Täuschungsmanöver nennen – zu hören, und sie werden ihnen vielleicht den Rat geben, Argumente mit Fäusten und Pistolen zu beantworten.

Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden. Wir sollten geltend machen, dass sich jede Bewegung, die die Intoleranz predigt, außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten eine Aufforderung zur Intoleranz und Verfolgung als ebenso verbrecherisch behandeln wie eine Aufforderung zum Mord, zum Raub oder zur Wiedereinführung des Sklavenhandels“ (Popper, 1992: 333).

Intoleranz wird bei Popper eindeutig definiert als:

  • Verweigerung der rationalen Diskussion;
  • Verwerfung des Argumentieren als solchem,
  • Aufruf an die eigenen Anhänger, ideologischen Gegnern mit Gewalt zu begegnen bzw. Legitimation von Gewalt gegen ideologische Gegner.

Zwei Kriterien sind somit die einzig denkbare Rechtfertigung für Popper, die das Recht „die Unduldsamen nicht zu dulden“ und wenn nötig „mit Gewalt zu unterdrücken“ auslösen:

  • Die Verweigerung der rationalen Diskussion
  • und die Propagierung von Gewalt an ihrer Stelle.

Grönemeyer ist ein Beispiel für Intoleranz, die nach Popper nicht geduldet werden darf.

Maas als derjenige, der die Intoleranz von Grönemeyer offensichtlich gut findet, ist einer der Mitläufer, für die wir und Popper das gleiche empfinden: Verachtung. Wir schreiben unsere Verachtung in diesen Post, Popper hat sie im zweiten Teil der Offenen Gesellschaft ausführlich in Worte gefasst, mit Bezug auf Hegel zum Beispiel.



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