Groß, schnell, gefährlich, eingeschleppt: Hyalomma-Zecken in Deutschland

Zecken an sich sind schwierig tolerierbare Existenzen, wie alle schmarotzenden Lebensformen, die nicht nur anderen die Lebensenergie absaugen, sondern sie dabei oft genug krankmachen.

Quelle

Hyalomma-Zecken sind wahre Experten auf diesem Gebiet. Nicht nur sind die Zecken, die ungefähr dreimal so groß sind wie ein Holzbock, die bekannteste der einheimischen Zecken, sie sind auch schnell, aggressiv und zielorientiert, wenn sie erst einmal ein Saugopfer identifiziert haben.

An sich sind die Monster vor allem in Afrika verbreitet, finden sich aber auch auf der arabischen Halbinsel, in Griechenland, der Türkei und Südostasien. Hyalomma Zecken sind wahre Spezialisten im Übertragen von Krankheiten, allen voran das Krim Kongo hämorrhagische Fieber, das vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit wie folgt beschrieben wird:

„Die ersten Symptome treten sehr abrupt in Form von hohem Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, Kopf-, Nacken, Rücken- und Muskelschmerzen, Schwindel und Lichtempfindlichkeit [auf]. Die nächste Phase ist gekennzeichnet durch starke Stimmungsschwankungen, gefolgt von einer Phase der Schläfrigkeit. Bei einem schweren Verlauf kommt es zur Beeinträchtigung von verschiedenen Organen (Leber, Milz, Nieren) und zu Blutungen (daher die Bezeichnung «hämorrhagisches Fieber»). Die Sterblichkeit kann bis zu 40% betragen. Es gibt keine spezifische Therapie, wobei der Einsatz von Ribarivin wirksam scheint. Die Therapie erfolgt in erster Linie symptomatisch.“

Daneben gibt es „mildere“ Formen der Erkrankung wie das Zecken-Fleckfieber, das ebenfalls mit starkem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Schüttelfrost einhergeht, Lethargie und eine verlangsamte Auffassungsgabe stellen sich im Laufe der Zeit ebenso ein, wie ein fleckiger Ganzkörper-Ausschlag. Die Entzündung von u.a. Leber und Nieren ist eine Folge, die im Zusammenhang mit Zecken-Fleckfieber auftritt.

Hyalomma-Zecken sind somit Zeitgenossen, denen man, wie eigentlich allen Zecken, nicht begegnen will. Die Wahrscheinlichkeit, ihnen zu begegnen, ist jedoch in den letzten Jahren gestiegen. Zwar wurden auch in der Vergangenheit schon 1939 auf Bornholm und in der Folge in Deutschland, den Niederlanden, in Norwegen und Schweden, das Vorkommen von Hyalomma-Zecken berichtet. Dabei handelte es sich jedoch um Einzeltiere.

Die Ergebnisse, die Chitimia-Dobler und 12 Ko-Autoren berichten, sind daher insofern beunruhigend als sie auf der Untersuchung von insgesamt 35 Hyalomma Zecken basieren, die 2018 in Deutschland gesammelt wurden. Die Forscher aus Hohenheim, München und Hannover bitten Ärzte und vor allem Tierärzte, denen ungewöhnliche Zecken unterkommen, diese zur Untersuchung einzuschicken. 2018 kamen auf diese Weise so viele Hyalomma-Zecken wie noch nie zuvor bei den Forschern an.

Die Orte, an denen die Zecken gefunden wurden, sind auf der folgenden Abbildung dargestellt.

Quelle: Chitimia-Dobler et al. (2019)

Die Hyalomma-Zecke konnte somit ausschließlich für Westdeutschland nachgewiesen werden. Sie wurde an den Flußläufen von Rhein, Main und Weser gefunden, so dass die Forscher der Ansicht sind, bei den Zecken handele es um blinde Passagiere, die als Nymphen eine Passage bei Zugvögeln erschlichen haben, um sich anschließend in Deutschland niederzulassen. Hier, so vermuten die Forscher, haben sie den Winter überlebt, so dass es wahrscheinlich ist, dass erstmals eine „permanent Hyalomma population“ in Deutschland vorhanden ist.

Die Suche nach den Ursachen fängt in aller Regel bei der Frage an, wie die Zecken nach Deutschland gelangen konnten und wie sie es geschafft haben, in Deutschland zu überleben.

Wir haben oben schon angesprochen, dass die Zecken von Zugvögeln unwillentlich nach Deutschland gebracht werden. Eine Studie aus dem Vereinigten Königreich hat gezeigt, dass rund 21% der Zugvögel, die aus Afrika in das Vereinigte Königreich einreisen, mit Nymphen der Hyalomma-Zecken infiziert sind (Jameson et al. 2012). Es ist kaum anzunehmen, dass die Infektionsrate unter Zugvögeln, die nach Deutschland kommen, geringer ist.

Ein anderer Weg, auf dem Hyalomma-Zecken nach Deutschland gelangen können, ist als Hitchhiker von Menschen. In einem der ersten wissenschaftlich dokumentierten Fälle berichten Mathison et al. (2015) davon, dass ein US-amerikanischer Photograph von einer Tour durch Äthiopien eine Hyalomma Zecke, die sich in seinen verlängerten Rücken gefressen hatte, mitgebracht hat. Die Migration von Zecken als blinder Passagier am menschlichen Körper ist also möglich.

Die Frage, wie die Tierchen in Deutschland heimisch werden, ist in erster Linie die Frage, wie sie es verhindern, im Winter zu erfrieren oder aus anderen Gründen einzugehen. Die Antwort auf diese Frage ist für den SWR, der in seinem Wissen-Programm die Kunde von der Hyalomma-Zecke verbreitet hat, beantwortet.





„2015 wurde die Riesenzecke zum ersten Mal in Deutschland gesichtet. Bislang war es eigentlich zu kalt in Deutschland, die Hyalomma-Zecken überlebten den Winter nicht. Doch durch die steigenden Temperaturen und die milderen Winter könnten sich die Tiere hier etablieren. Zeckenforscher der Universität Hohenheim in Stuttgart und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr sind davon überzeugt, dass die Tiere den letzten Winter erstmalig unbeschadet überstanden haben.“

Der Klimawandel, die steigenden Temperaturen sind für Journalisten zur Allzweckerklärung für jede Entwicklung geworden, die sie als negativ ansehen. Nur ist diese Erklärung einmal mehr falsch, wie ein kurzer Blick (Recherche nennt sich das) in das Informationsangebot des European Centre for Disease Prevention and Control zeigt:

“Engorged nymphs and unfed adults are capable of overwintering, however mortality rates are increased for engorged nymphs compared to unfed adults. Populations are reported as surviving at temperatures down to -20°C in Russia. Below this, population crashes have been reported“.

Temperaturen von weniger als -20 Grad sind in Deutschland eher selten, vor allem in den Ebenen von Rhein, Main und Weser, wo die Zecken gefunden wurden. Es ist also eher die Frage, wie die Zecken es schaffen, aus dem Nymphenstadium rechzeitig in ein ausgewachsenes Stadium zu gelangen, um auf diese Weise ihre Überlebenswahrscheinlichkeit im Winter zu erhöhen. Chitimia-Dobler et al. (2019) bieten als Erklärung die „combination of dry and hot conditions“ an, die 2018 in Deutschland geherrscht haben. Sollte ihre Erklärung richtig sein, dann hat sich das Problem der Hyalomma-Zecke im nasskalten Sommer 2019 erledigt.

Erledigt hat sich in jedem Fall und einmal mehr der Klimawandel-Reflex, der die öffentlich-rechtlichen Sender befallen hat: Nein, die Hyalomma-Zecken sind nicht wegen des Klimawandels in Deutschland heimisch, sofern sie es überhaupt sind, was sich erst noch zeigen wird. Der Klimawandel spielt dieselbe Rolle, die die Zuwanderung von Migranten aus den Gebieten, in denen die Hyalomma-Zecke heimisch ist, spielt.

Aber natürlich ist es politisch-korrekt, überall den angeblich von Menschen zu verantwortenden Klimawandel ins Spiel zu bringen und politisch vollkommen unkorrekt auf Risiken, die sich mit Massenmigrationen verbinden, hinzuweisen.

Gut, dass nichts mit nichts zusammenhängt.


Literatur

Chitimia-Dobler, Lidia et al. (2019). Imported Hyalomma Ticks in Germany in 2018. Parasites & Vectors 12: 134.
https://parasitesandvectors.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13071-019-3380-4

Jameson LJ, Morgan PJ, Medlock JM, Watola G, Vaux AGC. Importation of Hyalomma marginatum, Vector of Crimean-Congo Haemorrhagic Fever virus, into United Kingdom by migratory birds. Ticks Tick Borne Diseases. 3(1):95–9.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2230096

Mathison, Blaine A., Gerth, Willia J., Roitt, Bobbi S. & Baugh, Stephen (2015(, Introduction of the Exotic Tick Hyalomma truncatum on a Human with Travel to Ethiopia: A Case Report. Ticks, Tick Borne Diseases 6(2): 152-154.



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