“Wir sind alle Umweltsäue …” Öffentlich-rechtliches Fiasko

Das missglückte Video das “WDR-Kinderchores” sorgt seit Tagen für Ärger und Aufregung und hat nun eine ebenso missglückte und offenkundig nicht abgesprochene Stellungnahmen nach sich gezogen.

Zunächst wollen wir, wie es so unsere Art ist, ein paar Informationen in den emotionalen Austausch einbringen.

Der WDR-Kinderchor, wie er offiziell heißt, ist ein Teil der 2002 gegründeten Chorakademie, die u.a. von der Stadt Dortmund gefördert wird. Seit es den WDR-Kinderchor gibt, mit 32.000 Euro mehr. Auf den 1.250 Seiten des Haushalts der Stadt Dortmund konnten wir leider keinerlei Kostenpunkt “Chorakademie” finden. Offenkundig werden die Zahlungen in einem größeren Posten versteckt. Ergo muss die Information, dass es 32.000 Euro mehr an Zuschuss sind, die letztlich auf den WDR-Kinderchor zurückzuführen sind, genügen. Denn: Auch dem Haushaltsplan des WDR, der keinerlei Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Bilanzierung oder einen Haushaltsplan gestellt werden, genügt, kann keinerlei Verweis auf die Mittel, die aufgewendet werden, um den WDR-Rundfunkchor, das WDR Sinfonieorchester, die WDR Big Band oder das WDR Funkhausorchester zu finanzieren, entnommen werden. Die Einzelposten werden im Gesamthaushalt versteckt, so dass viel mehr als die Tatsache, dass der WDR 2019 mit dem Kummereinkommen von 1,4 Milliarden Euro auskommen musste und 471.534.500 Euro davon für Personalkosten (in denen der Intendant nicht enthalten ist), aufgewendet wurden, der Travestie auf einen Haushaltsplan nicht entnommen werden kann.



Der WDR-Kinderchor wurde 2017/18 ins Leben gerufen. Chorleiter ist Zeljo Davutovic, dem auch die Aufgabe zugefallen ist, die Scherben, die das idiotische Lied, in dem die Oma zur Umweltsau erklärt wird, hinterlassen hat, zu beseitigen (dazu gleich mehr).

Der WDR-Kinderchor wird als großes Projekt des sozialen Ausgleichs verkauft. So heißt es auf der Seite des Chores:

“In der Spielzeit 2017/2018 wird erstmals der WDR Kinderchor zu hören sein. Für die bevorstehenden Konzerte proben die 9- bis 13-jährigen Kinder aller Schulformen und Sozialschichten aus dem Ruhrgebiet zweimal in der Woche in Dortmund und erhalten ergänzend Einzelunterricht. Zu den Aufgaben des neu gegründeten Chores unter der Leitung von Zeljo Davutovic zählt die Vorbereitung verschiedener Kinderchor- und Solopartien in den Bereichen Konzert, Oper, Kinderoper und Chorsinfonik.”

Indes führt die Stadt Dortmund den Chor unter der Rubrik “Mädchenchöre” und in der Tat finden sich keine Jungen im WDR-“Kinderchor”, so dass man feststellen muss, Jungen sind für den WDR keine relevanten Kinder und “Kinder aller Schulformen und Sozialschichten” sind ausschließlich weiblich. Eine deutlichere Ausgrenzung des für den WDR wohl minderwertigen Geschlechts, kann man sich kaum vorstellen. Aber vielleicht ist die Beschreibung des Mädchenchores als WDR-Kinderchor ja auch eine Satire, wie so vieles, was derzeit aus den WDR-Hallen nach draußen gelangt.



Damit sind wir bei der Oma, die von 9- bis 13-jährigen Mädchen mit so großer Begeisterung als Umweltsau beschimpft wird. Chorleiter Davutovic hat sich nunmehr gedrängt gesehen, eine Stellungnahme abzugeben. Hier ist sie.

Davutovic ist also, in Abweichung von der offiziellen Verteidigungslinie der Ansicht, das Lied sei eine Parodie, keine Satire. Was auch immer das Lied sein soll, es IST geschmacklos. Den Text des gesamten Liedes, in dem auch “Opis” mit ihrem Rollator von Omas überfahren werden, in dem also keine Geschmacklosigkeit ausgelassen wird, kann man übrigens hier komplett nachlesen. Wem noch nicht übel genug ist: Nur zu.

Kostprobe: Meine Oma fährt im SUV beim Arzt vor, überfährt dabei zwei Opis mit Rollator. Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau!

Die 9- bis 13-jährigen Kinder des Mädchenchores wurden, wie wir erfahren, angeblich deshalb nicht instrumentalisiert, weil der Text des Liedes mit ihnen und ihren Eltern besprochen worden sei. Nehmen wir an, diese Behauptung sei wahr. Es ist ein altbekanntes Ergebnis aus umfangreicher Familienforschung, dass vor allem Eltern ihre Kinder instrumentalisieren. Will man belegen, dass Kinder nicht instrumentalisiert worden sind, muss man somit ihr eigenes Urteil einholen, was voraussetzt, dass sie die Tragweite dessen, was sie tun sollen, überschauen. Bei 9- bis 13-jährigen wird man annehmen können, dass sie die Tragweite eines Liedes, des Reaktionen hervorgerufen hat, die selbst den Chorleiter nach eigener Angabe überrascht haben, sicher nicht vorhersehen können, sich also auf das Urteil von Erwachsenen – die ihnen erklären, “was die Parodie [nicht die Satire!] bezwecken soll”, verlassen. Das macht sie zu leicht einsetzbaren Instrumenten im ideologischen Kampf. Der WDR-Kinderchor wurde für den ideologischen Kampf eingesetzt, ergo wurden die Kinder instrumentalisiert, denn der Kampf um das Klima ist ein hoch ideologisierter Kampf. Darüber kann man nicht streiten.

Dessen ungeachtet müsste sich natürlich bei Kindern, denen in ihrer Erziehung auch nur Grundbestandteile von Anstand und Höflichkeit vermittelt wurden, jede Faser des eigenen Köpers dagegen sträuben, alte Menschen, Omas als Umweltsau zu beleidigen und “Opis” nebenbei überfahren zu lassen. Insofern kann man wohl konstatieren, dass es mit dem Anstand bei diesen 9- bis 13-jährigen Mädchen nicht weit her ist.



Die Stellungnahme des Chorleiters ist darüber hinaus eine dieser Stellungnahmen, die alles nur schlimmer machen. Wir wollen zwei der unausgegorenen Aussagen herausgreifen. Davutovic behauptet:

“Als die Anfrage zusammen mit Text und Lied aus der WDR 2 Redaktion kam, konnten die Kinder und Eltern freiwillig entscheiden, an dem Projekt teilzunehmen.”

Er nimmt für seine Stellungnahme ausdrücklich in Anspruch, sie aus Sicht der Chorakademie zu verfassen.

“Wir möchten uns aus Sicht der Chorakademie zu dem Video/Song „Meine Oma“ äußern, den WDR 2 mit Kindern unseres Chores produziert und ausgestrahlt hat.”

Die Stellungnahme von Davutovic steht unter dem folgenden Seitenbanner:

Die Chorakademie steht nicht umsonst am Kopf der Seite, denn sie ist das Dach, unter dem die Kooperation zwischen dem WDR und der Stadt Dortmund, die z.B. in der Gründung und Finanzierung eines wohl rein aus Mädchen bestehenden “WDR-Kinderchores” ihren Ausdruck findet, betrieben wird. Wäre die Chorakademie ein Unternehmen, dann wäre sie die Holding, unter deren Dach das Einzelunternehmen “WDR Kinderchor” geführt werden. Und natürlich wäre dann eine ordentliche Bilanzierung, ein ordentlicher Nachweis der Mittelverwendung unumgänglich. Schon deshalb ist die Chorakademie als eingetragener Verein gegründet worden.

Bei dieser Chorakademie hat man offenkundig überhaupt keine Ahnung davon, dass Kinder und Eltern freiwillig entscheiden konnten, an dem Projekt, das aus der Redaktion von WDR2 kam, teilzunehmen, denn die folgende, sehr deutliche Stellungnahme des Vorstands zum Umweltsau-Fiasko findet sich auf der Seite der Chorakademie:

Wäre im Vorfeld bereits Kontakt aufgenommen worden, müsste nicht im Nachhinein Kontakt aufgenommen werden – oder? Und man müsste sich nicht bei den Eltern und den Kindern entschuldigen, wenn beiden im Vorfeld erklärt worden wäre, “was die Parodie bezwecken soll”, wie Davutovic schreibt, schon gar nicht, wenn sie über ihre Teilnahme freiwillig entscheiden konnten.

Wer lügt hier?



Die zweite Peinlichkeit in der Stellungnahme von Davutovic findet sich in der folgenden Form:

“Der Begriff Oma ist aufgrund des Originaltextes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ Teil des parodierten Textes. Es geht nicht um die Oma, sondern um uns alle. Hier schließe ich mich persönlich ein. Ich möchte mich als beteiligter Musiker bei allen entschuldigen, die sich trotz der Einordnung als Satire von uns persönlich angegriffen fühlen.”

Das ist nun wirklich der dümmste Versuch, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, die man sich selbst gebastelt hat. Als Leser kann man sich nun entscheiden: Ist man ärgerlich darüber, dass nicht nur Omas, sondern wir alle als Umweltsau bezeichnet werden? Macht es die Behauptung, wir alle seien Umweltsäue besser, dass sich auch Herr Davutovic für eine Umweltsau hält oder wird man sauer, weil der Chorleiter offensichtlich versucht, auf billige Art und Weise davonzukommen?

Natürlich waren Omas als Vertreter der älteren Generation, also der Generation, die diesen Früchtchen das gepamperte Leben aufgebaut hat, das sie nun benutzen, um ihre Omas zu beleidigen und ihre “Opis” zu überfahren, wie lustig!, das Ziel, dieser an Geschmacklosigkeit kaum mehr zu überbietenden Stürmereske. Wie schreibt Davutovic zu Beginn seiner Stellungnahme, was das Ziel gewesen sei:

“Mit Überspitzung und Humor den Konflikt zwischen den Generationen aufs Korn nehmen.”

Als gäbe es einen solchen Konflikt. Deutlicher kann man nicht mehr sagen, dass die Beleidigung der älteren Generation das Ziel war. Bringt man die WDR-Aktion noch mit der FridaysForFuture-Aktion von vor Weihnachten in Verbindung:

dann gewinnt man einmal mehr den Eindruck einer konzertierten Aktion, die darauf abzielt, Konflikte zwischen Generationen heraufzubeschwören. Etwas Schäbigeres ist fast nicht vorstellbar.

Bleibt abschließend noch eine offene Frage: Wenn die ganze Aktion ihren Ausgangspunkt in der WDR2-Redaktion genommen hat: Wer ist für den Text verantwortlich, der in einer Weise menschenverachtend ist, die in einem normalen Land die politisch Verantwortlichen interessieren würde?

Wohlgemerkt, in einem normalen Land.




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