Talfahrt: Wie und warum der Spiegel abschmiert

Rund 700.000 Mal wurde der Spiegel im Jahr 2019 im Jahresdurchschnitt verkauft. Man kann durchaus der Meinung sein, das ist immer noch zu häufig, sollte aber bedenken, dass im Jahr 2003 noch 1,1 Millionen Printausgaben des Spiegel im Jahresdurchschnitt verkauft wurden. Das ergibt immerhin einen Rückgang von knappen 40% in der verkauften Auflage und ist so heftig, dass man kein Diplom in Ökonomie erwerben muss, um zu wissen, beim Spiegel ist die Kacke am Dampfen.

Man kann nun zudem mit der Feststellung Öl ins Feuer gießen, dass der größte Teil derer, die den Spiegel noch lesen, Wiederholungstäter sind, Bewohner des Echozimmers, in dem der Spiegel auch zuhause ist, was die Reichweite des Spiegels abermals einschränkt und nach unserer Schätzung dazu führt, dass das Wochenmagazin bestenfalls noch 5% der deutschen Bevölkerung über 16 Jahre als zahlungsbereite Leser zu gewinnen im Stande ist.

Das hat doch was.

Die Frage, warum der Spiegel in der Gunst der Leser in Richtung Talsohle unterwegs ist, ist relativ leicht zu beantworten: Mit Relotius wurde zu offensichtlich, dass auch Lügen in der Redaktion des Spiegels Verwendung finden, wenn es der eigenen Ideologie weiterzuhelfen verspricht, und ansonsten ist die Qualität der Texte, die im Augstein-Blatt veröffentlicht werden, in vielen Fällen so unterirdisch, dass Leser offenkundig massenhaft abgeschreckt werden.

Ein besonders augenfälliges Beispiel für einen miserablen Text, der nach unserer Ansicht nicht einmal in einer Schülerzeitung erscheinen dürfte, haben Susanne Götze und Annika Joeres, am 25. Januar geliefert. Bevor wir verraten, worum es in diesem Text geht, eine Demonstration des Spiegel-Problems am Beispiel wertender Begriffe. Wer sich noch entfernt daran erinnert, dass Journalismus darin besteht, Konsumenten der eigenen Erzeugnisse zu INFORMIEREN, der wird ausgehend von dieser Erinnerung nur wenig Mühe haben, bei der Folgerung anzukommen, dass Information den Verzicht von Bewertung voraussetzt.



Dass Leser informiert und nicht indoktriniert werden wollen, dass erwachsene Menschen Bewertung auf Grundlage von Informationen selbst treffen wollen und nicht von Journal-Ideologen paternalisiert werden wollen, das sind Erkenntnisse, die sich weder Götze noch Joeres bislang mitgeteilt haben, was vermutlich daran liegt, dass die Information von Konsumenten ein Mindestmaß an Kompetenz voraussetzt, während der letzte Trottel in der Lage sein wird, seine Bewertung selbst zu Dingen abzugeben, von denen er keine Ahnung hat und für die er sich nicht interessiert.

Wir präsentieren hier die Kurzfassung des Journalismus-Versuchs von Götze und Joeres und beschränken uns dabei auf die wertenden Begriffe und ihren Kontext:

“… Klimawandelleugner … Mittendrin: die Werteunion, selbsternannter … Ein stolzes Tier, … Unterstützer dieser Kampagne: die Werteunion Bayern, der rechtslastige Arbeitgeberverband DAV …informelles Bündnis zwischen Neuen Rechten und Klimawandelleugnern. … Die 16 sogenannten Klimafragen … legen es darauf an, Politiker von Gesetzen zum Klimaschutz abzubringen … Who’s who der deutschen Szene der Klimawandelleugner … des rechten Blogs ‘Tichys Einblick’ … rechtskonservative ehemalige CDU-Abgeordnete … des Klimaleugners Patrick Moore, … der den Klimawandel leugnet. … quasi dieselbe schwarz-braune Koalition … Wut auf die Energiewende und Umweltschützer … Klimawandelleugner in den USA oder europäische Rechtspopulisten. Er hetzt gegen die angebliche “Klimahysterie” … beschwor Freiheit … behaupten … im Widerspruch zum wissenschaftlichen Konsens … wächst der Unmut … Kampagnen der Ignoranz … hatte der Verein im vergangenen Jahr einen enormen Mitgliederzuwachs … Innerhalb der Partei ist die Bewegung übrigens nicht sonderlich beliebt”.

[Eine kleine Anmerkung zur Brachial-Propaganda aus dem Spiegel: mit der “rechtskonservativen ehemaligen CDU-Abgeordneten” ist Vera Lengsfeld gemeint, die natürlich auch ehemalige Abgeordnete von Bündnis90/Grüne ist. Aber das verschweigen Goetze und Joeres lieber, so wie sie verschweigen, dass Patrick Moore – im Gegensatz zu ihnen als studierter Biologe und in Ökologie Promovierter weiß, wovon er spricht und darüber hinaus Mitbegründer von Greenpeace ist. Abermals etwas, was die schwarz-weiße Welt der Klimawandel-Hysteriker durcheinander zu bringen verspricht und deshalb verschwiegen werden muss.]

Eigentlich hätte man es ganz kurz machen können und schreiben: Rechte, Rechstpopulisten, Klimwandelleugner, Werteunion, alles ein Brei. Sie wollen Zweifel an unserer Klimareligion säen, deshalb sind des Teufels, also rechts, rechtspopulistisch und böse.

Dem intellektuellen Niveau der Autorinnen wäre es vielleicht noch angemessener gewesen, wenn sie schlicht geschrieben hätten: Die Wertunion ist blöd, bäh!

Offenkundig besteht der ganze Zweck dessen, was man nur schwerlich einen Beitrag, der den Anspruch hat, Journalismus zu sein, nennen kann, darin, etwas zu diskreditieren. Doch wie so vielen, die sich beim Versuch, andere zu diskreditieren, so warmschreiben, dass ihnen der Speichel vor den Mund tritt, scheinen auch Götze und Joeres, den eigentlichen Gegenstand des Beitrags schon nach kurzer Zeit aus den Augen verloren zu haben.



Noch ein Konsens!

Das ist im übrigen und hier als Einschub gebracht, eine Beobachtung, die wir nun regelmäßig machen. Nicht einmal Richter an Landgerichten, bei denen man früher noch eine rudimentäre Ausbildung und Kompetenz voraussetzen konnte, sind heute noch in der Lage, den Gegenstand eines Verfahrens nach einer gelesenen Seite noch eruieren zu können. Sie verlieren sich in Nebensächlichkeiten und richten über Sachverhalte, die gar nicht zur Diskussion standen. Aber das nur am Rande.

Götze und Joeres wollen eigentlich ein ihrem Beitrag über die Initiative “Klimawandel.org” berichten (Wer sich dafür interessiert, was es mit Klimawandel.org auf sich hat, wir haben die Initiative hier besprochen). Klimawandel.org hat den Fraktionen im Bundestag 16 Fragen vorgelegt und wartet seither auf deren Beantwortung. Welche Fragen das sind, eine Information, die man in einem Beitrag, der sich mit just diesem Thema auseinandersetzt, erwarten würde, das verraten Götze und Joeres nicht. Es bleibt bei einer einzigen Erwähnung der 16 “sogenannten Fragen”, womit klar ist: es sind “sogenannte”, also keine richtigen Fragen, es sind fiese Hinterhältigkeiten, die darauf abzielen, Politiker davon abzubringen, Gesetze zum Klimaschutz zu unterstützen, so die Verschwörungstheorie aus dem Spiegel.

Dass man im Deutschland des Jahres 2020 durch 16 einfache Fragen Klimahysteriker in Aufruhr versetzen kann, das liegt natürlich daran, dass sie keine Antworten auf die entsprechenden Fragen haben, und so kommt es zu der absurden Situation, dass im Spiegel die Wahrnehmung eines bürgerlichen Rechts, nämlich des Rechts, die Abgeordneten des Bundestags um Antwort auf 16 Fragen und damit um Rechenschaftslegung zu bitten, als antidemokratischen Übung der Neuen Rechten denunziert wird, als Versuch der “Klimawandelleugner”, also Menschen, die von solchen Schmierfinken auf eine Stufe mit Holocaustleugnern gestellt werden, diffamiert wird. Dabei muss man wirklich kein Prophet sein, um treffsicher vorhersagen zu können, dass weder Götze noch Joeres das Humankapital besitzen, um auch nur eine der Fragen zu verstehen, zu begreifen [!sic] und zu beantworten. Die Wette steht!

Es reicht, den Text von beiden, der an Informationsarmut nicht zu übertreffen ist, zu lesen, um zu wissen, dass man es mit der häufig vorzufindenden Erbärmlichkeit von Personen zu tun hat, die in Positionen gerutscht sind, die ihnen abverlangen, wozu sie nicht fähig sind. Also wird bewertet und aus dem Text, der angeblich über Klimafragen.org berichten soll, wird ein Rant, in dem über diejenigen, die als Klimawandelleugner diffamiert werden, hergezogen, gehetzt wird. Anstelle der Information steht die Bewertung, anstelle der Auseinandersetzung mit dem, was von Klimawandel.org vorgetragen wird, steht dessen Denunziation.

Warum soll man derartigen Journalismus-Müll lesen? Eine Frage, die sich offensichtlich mehr als 400.000 ehemalige Leser des Spiegels allein in den letzten Jahren nicht beantworten konnten. Deshalb geht der Spiegel – wie man in der Pfalz sagt – die Bach hinunter, deshalb sinken die Leserzahlen, deshalb muss beim Spiegel gespart werden, deshalb wird das Personal immer schlechter bezahlt, deshalb findet ein Nachzugseffekt in Inkompetenz statt, deshalb werden noch mehr miserable Texte produziert, deshalb sinkt die Auflage weiter … ein Race to the bottom in Auflagezahl, intellektuell ist der Spiegel schon “ganz unten”.




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